Abschnitt 6

In Betreff des Preises in Wismar können wir für das fünfzehnte Jahrhundert nur beibringen, daß man dort 1469 das Stübchen Rheinwein mit 6 S. 8 bezahlen mußte. Im Jahre 1515 galt dasselbe 6 S. und der Malvasier 8 S. (der Scheffel Weizen beiläufig bemerkt 4 S.), aber der Rheinwein stieg von 8 S. im Jahre 1465 auf 10 S. im Jahre 1570; Bastert wurde 1567 für 16 S., Malvasier und Refall für 1 M. 4 und 1568 Muscatel für 1 M. 8 verkauft. Mit der reißend zunehmenden Verschlechterung des Geldes hoben sich dann die Preise bedeutend; 1631 flgd. galt Rheinwein schon 3 M. im Keller und ebensoviel Pedro Ximenes, während man für Malvasier und Alicante 3 M. 8 bezahlte. In dem Contracte von 1693 sind als Preise für Rheinwein 3 M. 8, für Xeres-Sect 3 M., für Canarien-Sect 3 M. 8 und ebensoviel für Bastert, ferner für „Spanischen Wein“ 3 M. und für Alicante und Malvasier 4 M. bis auf Weiteres festgesetzt, doch stand man schon im Jahre darauf von dieser und sonstiger Taxe ab. Des folgenden Pächters Forderung von 4 bis 6 M. für das Stübchen trinkbaren Rheinweins fand man freilich excessiv, doch scheint der Preis von 2 Th. für das Stübchen guten Weins das ganze achtzehnte Jahrhundert hindurch bestanden zu haben. Im Allgemeinen sind aber die Pächter bis 1712 verpflichtet worden, für den Wein nicht mehr zu nehmen, als derselbe in Lübek und Rostock galt 19).

Lückenhaft wie diejenigen über die Preise im Rathskeller sind auch die Nachrichten, welche sich in Bezug auf den Umsatz erhalten haben. Allerdings aber ist in der Zeit, wo der Rath den Keller noch selbst hielt, eingekauft vom Juli ab


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Diese letzte Reihe mag freilich nicht vollständig sein, denn sie stützt sich nur auf einzelne Paßbriefe, aber auch so nimmt sie sich stattlich genug aus, wenn wir dagegen erfahren, daß, als Weltner 1712 den Keller räumen mußte, sich nicht mehr darin fand als 2 1/2 Ohm Rheinwein zu 2 Th. das Stübchen, 7 1/2 Ohm junger Rheinwein und 1 Ohm Communionwein zu 4 M., an Südweinen aber nicht so viel, daß es der Mühe werth gewesen wäre, die Menge zu notiren. Uebrigens wurde der eingekaufte Wein keineswegs ausschließlich in der Stadt verbraucht, in der allerdings aber

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verzapft worden sind, sondern es gingen auch größere Quantitäten nach Auswärts, falls für den städtischen Verbrauch hinreichend vorhanden war. Mag freilich ein Vertrag mit dem Kloster Doberan von 1522, Oct. 5 und Nov. 22, durch welchen der Rath sich verpachtete, demselben gegen eine jährliche Zahlung von 20 M. den Communionwein zu liefern, nicht perfect geworden sein, so wurden doch im sechszehnten Jahrhunderte die benachbarten Landstädte und Edelleute vielfach aus dem Keller versorgt. So hat 1564 der Schwerinsche Rath 10 O. 18 St. erhalten, 1566 der zu Güstrow 11 1/2 O., 1567 der Bützowsche 4 O. 8 St. Im Jahre 1568 wurden an den Rath zu Schwerin, den zu Bützow und Sievert von Oertzen zusammen 31 O. 1 1/2 St., an Christoph Goldschmidt zu Schwerin 20 O. 9 St. verkauft; 1569 gingen nach Schwerin 16 O. 24 St. und 1570 wurden im Großen 73 O. 24 St. aus der Stadt verkauft. Im siebenzehnten Jahrhunderte hat man wenigstens an die Nachbarschaft noch abgesetzt, aber je mehr der Keller herunterkam, desto mehr wendeten sich nicht allein die Umgegend, sondern auch Private in der Stadt den Lübischen Weinen zu, die auch noch heute bei Vielen ganz allgemein in sonderbarer Achtung stehen.

Zum Consum im eigentlichen Sinne ist auch derjenige Wein nicht wohl zu rechnen, welcher den Rathmannen und Anderen, den Kirchen, Klöstern und Gotteshäusern, zu kirchlichen Feierlichkeiten und werthen Gästen, die man ehren wollte, aus dem Keller gereicht und von der Kämmerei bezahlt wurde. Das war aber ein ansehnlicher Posten; es sind in dieser Weise bezahlt worden zwischen 1456/7 und 1485/6, durchschnittlich 311 M. (216 M. - 513 M.), zwischen 1562/3 und 1567/8 an Rathswein durchschnittlich 194 M. (187 M. 8-261 M. 10) und sonst durchschnittlich 301 M. (226 M. 1 S. 7 1/2-418 M. 6 S. 9), ferner 1641/2 bis 1642/3 ohne den Rathswein durchschnittlich 698 M. und endlich 1710/1 gleichfalls ohne Rathswein 992 M. 8.

Der Wein, welchen der Rath von der Kämmerei erhielt, wurde ursprünglich an gewissen kirchlichen Festtagen ausgetheilt, und zwar in einfachen oder in doppelten Portionen, je nachdem die Feste für große oder für kleine galten. Es waren aber

Tabelle 1

Tabelle 2

An den aufgeführten großen Festtagen ist auch in Lübek Wein vertheilt worden, wie nicht minder der Mehrzahl nach an den kleineren, aber S. Johann vor der Lateinischen Pforte (Mai 6), Trinitatis, S. Lorenz (August 10), S. Johannis d. T. Enthauptung (August 29), Lätare und S. Marcus (April 25) waren speciell Wismarsche Festtage, an deren Stelle in Lübek andere und mehr sich finden. Die Bedeutung derselben ist nicht zu ermitteln gewesen und nur der heilige Lorenz ist als Patron der Stadt und mit größter Wahrscheinlichkeit auch als Patron der ehemaligen Kirche von Alt-Wismar bekannt. Die einfache Portion, welche also an den kleinen Festen vertheilt wurde, betrug Ende des fünfzehnten Jahrhunderts für jeden Rathmann und den Stadtschreiber 1/2 Stübchen, für jeden Bürgermeister ein ganzer, so daß an den großen Festen die Rathmannen ein ganzes und die Bürgermeister 2 Stübchen erhielten. Vielleicht fielen an letzteren aber auch dem Stadtschreiber 2 Stübchen, wenn nicht etwa der Gerichtsschreiber sich mit jenem darin theilte 20), denn 1473, Himmelfahrt, sind für vier Bürgermeister und dreizehn Rathmannen sammt dem Stadtschreiber 23 Stübchen notirt und Pfingsten, nachdem inzwischen sieben neue Rathmannen dazu gekoren waren, für vier Bürgermeister, zwanzig Rathmannen und den Schreiber 30 Stübchen in Rechnung gebracht. Es erhielt mithin jeder Rathmann damals jährlich 16 Stübchen im Werthe von 6 oder 7 M., jeder der Bürgermeister aber das Doppelte. Hundert Jahre später, 1562/3, finden wir aber, daß nunmehr sieben Rathsmitgliedern, nämlich außer den vier Bürgermeistern und dem Rathsschreiber auch den Camerarien die doppelte Portion gereicht worden ist, wie auch hernach dem Syndicus, und ist dies 1602 ausdrücklich bestätigt. So war es auch noch im Jahre 1702 und blieb es dabei bis zur Aufhebung des Sportelwesens vor etwa dreißig Jahren. Die wirkliche Vertheilung von Wein an den gedachten Tagen wird aber nur in der ältesten Zeit Statt gefunden haben: schon am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts ließen die Rathsmitglieder Wein aus dem Keller holen, wenn es ihnen beliebte, und hielten dann am Schlusse des Verwaltungsjahres mit dem Schenken Abrechnung. Dieser führte Buch über das von den Rathmannen Abgeforderte und gab denselben K erb stocke dazu, welche bis in das vorige Säculum in Gebrauch waren und von denen diese Weinlieferung auch den Namen Stockwein führte.




19) Aeltere Danziger Weinpreise s. in Hirschs Danzigs Handels- u. Gewerbsgesch. S. 261.
20) So scheint es nach Claus Bischofs Journal Foll. 32. 35. 94.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches E. E. Raths Weinkeller zu Wismar