Treppentürme des Schlosses

Ebenso wie das Tor bieten auch die drei Treppentürme das Bild gemeinsamer Arbeit italienischer und deutscher Künstler. Die konstruktiven Teile, wie die Treppenspillen, die Umrahmungen der Türen und der steigenden Fenster zeigen die üblichen gotischen Formen, die verkleidende Architektur ist, wie Gurlitt richtig bemerkt, weiter entwickelt aus der Architektur der Treppentürme an den Schlössern zu Meißen, Wittenberg, Torgau und Berlin. Die reiche pflanzliche Ornamentik der Füllungen und Bogen, die kolossalen Träger der Bogen, die Kapitelle, die Figurenfriese, alles deutet auf die italienische Renaissance, aber die Ausführung ist ungleich, zum Teil herb in den Linien und mager in den Formen. Das meiste mag von deutschen Steinmetzen ausgeführt sein, besonders wohl die derben Scherze, die hier und da vorkommen; doch daß auch der Paduaner Juan Maria an der Ausführung teilgenommen hat, bezeugen seine Buchstaben JM oder JPM, die an dem nordöstlichen Turm mehrfach vorkommen. Als italienische Arbeiten erkennen wir — mit Gurlitt — die Füllungen der Pilaster, die geistreich behandelten Kapitelle und namentlich die Reliefs der Friese.

Die beiden Haupttreppen am Nordbau bestehen aus einem zylindrischen Kern mit ansteigenden Fenstern in fünf Geschossen. Die umkleidende Architektur springt mit drei Seiten des Fünfecks aus den Hofecken hervor. Das Erdgeschoß ist niedrig, die Portale sind mit Hermen und Karyatiden eingerahmt; kraftvoll massige Pilaster mit reichen Verzierungen tragen einen Austritt mit elegantem Eisengitter. Darüber erheben sich schlanke Pilaster mit korinthischen Kapitellen in freier geistreicher Behandlung. In der Höhe des Hauptgesimses stehen wir auf einem zweiten schmaleren Austritt; den Abschluß bildet ein Rundbau mit Kuppeldach.


Am nordöstlichen Turm von 1549 sind die kolossalen Träger heldenhafte Krieger, darunter Simson mit dem Eselskinnbacken und ein zottiges nacktes Menschenpaar. In den Zwickeln sind Adam und Eva dargestellt, in den Reliefs der unteren Postamente ein liegender Hirsch, der den Baum des Paradieses mit Adam und Eva als Geweih trägt, anderseits ein Widder mit dem Opfer Kains. Im oberen Fries ein wildbewegter Reiterkampf, an den Risaliten Einzelgestalten, z. B. ein nackter trommelnder Krieger, an den Kapitellen Büsten in der Mitte, an den Ecken Füllhörner, darauf sitzende Kinder, die die Deckplatte mit dem Rücken tragen und den Schinkenplatz nach außen recken. Am nordöstlichen Treppenhaus sind die Träger als Hermen auf einem Menschenfuß gebildet. "Die Ornamente in den Füllungen neigen noch mehr zum Possenhaften und Komischen, wenigstens an den Postamenten, deren eines als Hauptmotiv den Unterkörper eines Mannes bis an die Hüfte zeigt“. Reiche geistvoll behandelte Kapitelle und Kindergestalten in den Füllungen der Pilaster weisen auf italienischen Ursprung hin. Weiter finden wir statt der Eckvoluten und an den Verkröpfungen des Frieses Pane, in den Rücklagen Bilder aus dem trojanischen Kriege: den Kampf an den Schiffen, eine weitere Kampfesszene und die Erstürmung der Stadt nebst der Flucht des Äneas. (Gurlitt S. 360.)

Der südwestliche Treppenturm ist anders angeordnet: verzierte Pilaster an den Ecken tragen das schneckenartig emporsteigende Gesims, aus dem Kapitell des vordersten Pfeilers am Erdgeschoß schauen zwei bärtige Männer heraus, einer mit Maßstab und Zirkel, den Hut auf dem Kopfe, der andere barhaupt und glatzköpfig mit Winkel und Klöppel. Vielleicht haben wir in diesen beiden den Architekten des Schlosses Caspar Vogt von Wierandt und seinen Bauleiter Sebastian Kramer zu erblicken.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Dresden