Das 16. Jahrhundert

Bei der Wichtigkeit der Befestigungen Dresdens für die Anlage und die Schönheit der Stadt müssen wir auch hierauf noch kurz eingehen. Schon im Jahre 1520 begann Herzog Georg Dresdens Festungswerke zu verstärken, weil er als Anhänger der katholischen Lehre Angriffe von seinem Vetter dem Kurfürsten Friedrich von Sachsen-Wittenberg, dem Beschützer Martin Luthers, und von seinem gleichfalls lutherisch gesinnten Bruder Heinrich fürchtete. Das gesamte abendländische Europa aber fühlte sich bedroht durch die Türken, die im Jahre 1453 den Hellespont überschritten, dem oströmischen Reiche ein Ende gemacht, sich der Hauptstadt Konstantinopel bemächtigt hatten, und nunmehr in immer neuen Kriegszügen strebten, ihr Reich nach Westen hin zu erweitern. Aus diesen Gründen verordnete Herzog Georg, daß die alten Mauern Dresdens beseitigt würden und "die Stadt vermittels eines Walles und dazu gehöriger Werke, auch mit einem Wassergraben fortifiziert werden sollte“. Bei der Kreuzpforte begann der Umbau, der sich allmählich übers Seetor bis ans Elbtor erstreckte, und danach wurde auch die Frauenkirche nebst den dazu gehörigen Gassen in die Befestigungslinie eingezogen: die erste Dresdner Einverleibung. Allerdings waren diese neu einverleibten Teile Dresdens von den älteren noch durch die alte Mauer mit ihren Toren und Türmen getrennt, so daß Dresden damals aus drei Teilen bestand, der alten Stadt, der neuen Stadt und Alten-Dresden (jetzige Neustadt rechts der Elbe). So war nunmehr Dresden von Wällen und Wassergräben umgeben, dazu kamen vier starke Außenwerke: vor dem Wilsdruffer Tor, westlich vom Seetor, bei der heiligen Kreuzpforte und am Pirnaischen Tor.

Auf Herzog Georg folgte im Jahre 1539 sein Bruder Heinrich, dessen kurze Regierungszeit (bis 1541) dadurch bemerkenswert wurde, daß er sofort im ganzen Lande und damit auch in Dresden die Reformation einführte. Ihm folgte (1541—1553) Herzog Moritz, ein Fürst von hohem Ehrgeiz, der von seinem kleinen Lande aus hohe Politik zu treiben begann und mit entschiedenem Erfolg in den Gang der Ereignisse in Deutschland eingegriffen hat. Er nahm dem Kurfürsten Johann Friedrich sein Land, brachte die sachsen-wittenbergische Kurwürde an sich und vereinigte die meisten wettinischen Lande unter seinem Szepter. Damit erlangten die albertinischen Wettiner die entschiedene Vormacht, während die ernestinischen Wettiner auf die thüringischen Länder beschränkt wurden.


Es galt jetzt, die neu erworbene Macht gegen etwaige Angriffe zu verteidigen, es galt auch der neuen Würde durch künstlerische Taten Glanz zu verleihen. Beiden Aufgaben unterzog sich Moritz. Schon im Jahre 1546 ging er daran, die Befestigungswerke Dresdens nach einer neuen Art — der sogenannten altitalienischen — noch mehr zu verstärken und zu erweitern. Moritz bestimmte selbst, daß die Befestigungsweise von Gent und Antwerpen als Vorbild dienen sollte. Den Entwurf dazu machte Caspar Vogt von Wierandt. Er begann vor allem den noch immer unbefestigten Flecken Alten-Dresden am rechten Elbufer in gleicher Weise wie die links-elbische Stadt mit Wall und Wassergraben zu umziehen. Zugleich vereinigte er die beiden Städte, indem er damit einen Streit über das Baurecht kurzer Hand erledigte, zu einer einzigen Stadt, deren Magistrat seinen Sitz in Neu-Dresden, der jetzigen Altstadt erhielt. Hier wurden dann die Gräben erweitert und vertieft und die beiden wichtigsten Tore, das Wilische und das Brückentor, umgebaut und verstärkt sowie durch Basteien und Wälle gesichert, das Salomonistor wurde neu errichtet und der Rest der alten Mauern innerhalb der neuen Befestigungen, der den Frauenkirchenbezirk noch von dem übrigen Dresden schied, beseitigt. Den Zug dieses Mauerrestes bezeichnet die damals angelegte Moritzstraße. Dadurch erhielt Dresden zugleich einen zweiten Markt, der im Gegensatz zum früheren, nun Altmarkt genannten, den Namen Neumarkt erhielt. Noch heute sieht man am Grundriss wie am Stadtbilde, daß der Neumarkt einst der Mittelpunkt einer besonderen Ansiedelung gewesen ist. Denn alle alten Straßen des Viertels nehmen ihre Richtung nach der Frauenkirche: die alte pirnaische Gasse (jetzt Landhausstraße), die rampische Gasse (einst Ramtiz- oder Rampoldische Gasse genannt nach dem Dorfe Ranvoltitz, das ein deutscher Ansiedler, namens Ranvold oder Rampold gegründet hatte), die große Fischergasse (offenbar die älteste, nach den slavischen Fischern genannt, jetzt Brühische Gasse) und die Töpfergasse (nach den Töpfern, die ihre Brennöfen der Feuergefährlichkeit wegen außerhalb der Mauern errichten mussten). Von der Schönheit des Stadtbildes am Neumarkt wird später zu reden sein.




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Konstantinopel

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Martin Luther, (1483-1546) dt.Reformator

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Die Befestigungsweise von Amsterdam sollte als Vorbild dienen

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