Die älteste Bevölkerung

Die erste Besiedelung des flacheren Landes in Sachsen erfolgte von Westen, von Thüringen her; die Spuren dieser ältesten Bewohner sind nachgewiesen bei Leipzig, im Elbtal, besonders nordlich von Dresden, und um Bautzen an der Spree. Eine spätere, aber auch noch vorgeschichtliche Einwanderung scheint von Böhmen her ebenfalls das Elbtal von Pirna bis Riesa besetzt zu haben. Dann folgt die Bronzezeit. Gräberfelder aus diesem Zeitalter sind zahlreich über den ganzen Norden von Sachsen, über die Ebene und das Hügelland verbreitet. Die Bevölkerung erscheint bereits sesshaft zu sein; aber es haben sich doch aus dieser Zeit nur wenige Ansiedelungen nachweisen lassen, so bei Dresden*) und überraschenderweise auf dem Pfaffenstein in der Sächsischen Schweiz. Die Herdstellen unterscheiden sich in der äußeren Form noch nicht von denen der Steinzeit. Und wenn null gar in der Nähe von Dresden an hundert Feuerstätten nahe beieinander aufgedeckt sind, dann kann eine solche Ansiedelung schon als Dorf bezeichnet werden. Auch Eisen ist neben der Bronze bei diesen Urbewohnern gefunden. Dass die Römerzeit für Sachsen spurlos vorübergegangen ist, erklärt sich aus seiner Lage, die sich eben so fern von der Westgrenze Germaniens am Rhein, als von der Südgrenze an der Donau befand. Auch scheinen die Handelswege, die von der Donau her die Bernsteinküsten an der Ostsee aufsuchten, unser Land, das im Rücken des unwegsamen Erzgebirges lag, nicht berührt zu haben. Daher sind in Sachsen bis jetzt noch keine Funde von römischen Münzen gemacht, die ans einen solchen Verkehr hinweisen könnten. Und wenn römische Geschichtsschreiber doch eine allgemeine Kenntnis von den geographischen Berhältnissen Sachsens scheinen gehabt zu haben, insofern sie von der Elbquelle und dem Oberlaufe des Stromes Mitteilungen machen, so liegt doch die Vermutung nahe, die Römer hätten die Saale für den oberen Elblauf gehalten und danach ihre Betreibung verfasst. Wir wissen aus dieser Zeit nur, dass die deutschen Stämme der Hermunduren und Semnonen im Lande wohnten und zwar so, dass die Elbe etwa die beiden Volksstämme voneinander schied. Doch wird ein großer Teil dieser Bewohner in der Zeit der Völkerwanderung das Land wieder verlassen haben.

Im sechsten Jahrhundert erschienen dann, wahrscheinlich im Gefolge der Awaren, die Slaven, Wenden, die sich in kleinen Dörfern, sogenannten Rundlingen, oder auch in Straßendörfern ansiedelten. Die erste Form der Ortschaften zeigt uns die Häuser in Kreisform geordnet, mit den Giebeln nach dem inneren Dorfplatz gekehrt, der, da nur ein Weg von außen hineinführt, wohl geeignet ist, das Vieh der Gemeinde für die Nacht in sicheren Schutz zu nehmen. Man hat aus dieser Dorfanlage mit Recht geschlossen, dass die Bewohner vor allem Viehzucht getrieben haben. Die zweite Form der Dörfer stellt die Häuser in zwei parallele Reihen, zwischen denen die Straße entlang geht, daher der Name Straßendorf. — Die Wenden erscheinen uns aber keineswegs als Träger einer höheren Kultur, wie eine voreingenommene Geschichtsschreibung sie bezeichnet hat. Sie besaßen noch wenig Metalle, brauchten mehr Werkzeuge von Knochen, Horn und Holz. Nur in der Töpferei zeigt sich ein wesentlicher Fortschritt durch die allgemeine Anwendung der Drehscheibe.


*) Auf dem Boden der Stadt, in Blasewitz, Strehlen und Übigau; dann bei Löbtau, Brießnitz und Stetzsch.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Dresden und die Sächsische Schweiz