Dresden im Mittelalter - 01

Aus: Berühmte Kunststätten - Band 46 - Dresden
Autor: Schumann, Paul Dr. (1855-1927) Architekt, Kunsthistoriker, Philologe und Kulturreformer, Redakteur, Erscheinungsjahr: 1909
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Deutschland, Sachsen, Dresden, Residenzstadt, Hauptstadt, Baudenkmäler, Kunstdenkmäler, Stadtbeschreibung, Kreuzkirche, Frauenkirche, Zwinger, Franziskanerkirche, Jägerhaus, Elbtal, Grünes Gewölbe, Pöllnitz, Reisebeschreibung, Japanisches Palais,
Der Stadtplan. Der Plan des Kerns von Dresden-Altstadt ist durchaus der typische, von den altrömischen Kolonialstädten hergenommene Grundriss, nach dem die deutschen Grenzstädte zur Zeit der Besiedelung der Slawenländer angelegt wurden: in der Mitte liegt der rechteckige Marktplatz, von ihm aus rechtwinkelig laufen nach Norden und Süden je zwei, nach Osten und Westen je drei Gassen, dazu kommen einige Seitengassen, die rechtwinkelig von der Nord-Südseite abzweigen; das Ganze bildet eine fast kreisrunde Fläche, deren äußerste Punkte nach den vier Himmelsrichtungen die Ausgänge der heutigen Schloss-, Frauen-, See- und Wilsdrufferstraße bildeten. (Vgl. Otto Richter, Abriss der geschichtlichen Ortskunde von Dresden S. 2.) Zu bemerken ist dabei allerdings, dass die östliche Hälfte der Altstadt nicht die Regelmäßigkeit der westlichen aufwies. Das lag wohl daran, dass hier das slawische Dorf lag, dessen Gassen alle nach der Frauenkirche zustrebten, und dass hier — östlich vom Altmarkt — der Raum infolgedessen stark beengt war. Die beiden Hauptstraßen waren die Wilsdruffergasse, welche die Landstraße von Westen, von der reichen aufblühenden Bergstadt Freiberg her aufnahm, und die Elbgasse (jetzt Schlossstraße), welche den Verkehr über die Elbe nach Alten-Dresden und weiter gen Osten nach Bautzen und Schlesien zu vermittelte. Diese beiden Hauptverkehrsstraßen stießen und stoßen noch heute an der Nordwest-Ecke des Altmarktes zusammen. Rechtwinkelig aber zu jener ersten Hauptverkehrsader läuft eine dritte: die Elbe, die den Verkehr von Böhmen über Pirna nach Dresden und weiter über Meißen nordwärts leitete.

Abb. 2 Grundriss von Dresden-Altstadt Ende des Mittelalters
1. Schloss 2. Elb-(Brücken-)Tor 3. Franziskanerkloster 4. Franziskanerkirche 5. Wilsches Tor 6. Späteres Rathaus 7. Rathaus 8. Seetor 9. Brodbänke 10. Frauentor 11. Judenhaus 12. Baderei 13. Kreuzkirche 14. Pfarrhaus 15. Kreuzschule 16. Kreuztor 17. Frauenkirche 18. Maternihospital 19. Ziegeltor 20. Elbbrücke 21. Queckbornkapelle 22. Bartholomäuskapelle 23. Jakobihospital

Man ersieht aus dieser Darstellung, dass der Grundriss Dresdens durchaus nach den Gesichtspunkten der Sicherheit und des Verkehrs aufgestellt worden ist. Er hat sich bis heutigentags als zweckmäßig erwiesen, obwohl der Gesichtspunkt der Sicherheit vor achtzig Jahren aufgegeben werden konnte. Der Verkehr aber hat erst in unseren Tagen die Fortsetzung der Wilsdrufferstraße nach Osten und damit die Anlegung der König- Johannstraße nötig gemacht.

Die Schönheit und Annehmlichkeit Dresdens beruht in erster Linie auf dem alten Grundplan der Stadt; es gibt keine zu breiten und keine zu langen Straßen, keine zu ausgedehnten Plätze. Muster von zu langen Straßen, die nirgends endigen, sondern immer wieder in derselben Richtung weitergeführt werden, bietet Berlin. Wie unerfreulich und ermüdend ist es, in solchen Straßen zu wandern! Wie angenehm dagegen in Dresden! Jede Straße der inneren Stadt endigt nach kurzer Zeit in einem Platze, sie führt somit zu einem Ziel, und von da kommt man bald wieder zu einem neuen Ziel, so dass man anmutig über die Entfernungen hinweggetäuscht wird. Vom Altmarkt zum Schlossplatz, zum Postplatz, zum Pirnaischen Platz oder zum Bismarck-Denkmal, von da zum Georgplatz, dann zum Pirnaischen, Amalien- und Zeughausplatz, zum Neumarkt, weiter zum Schloss- und Theaterplatz, von da zum Postplatz, zum Trompeter-, zum Wiener- und Bismarckplatz, zurück zum Wienerplatz, von da zum Viktoriahaus, das die Pragerstraße so reizvoll abschließt, dann zum Altmarkt, wieder zum Postplatz, zur Annenkirche, zum Freibergerplatz oder zur Falkenbrücke usw. Man vergegenwärtige sich sodann, wie mannigfaltig alle diese Plätze gestaltet sind, wie bequem man zumeist an den Straßenwänden dahingehen kann und dass man nur ausnahmsweise, nämlich an der Ecke der Wilsdruffer- und Schlossstraße, am Postplatz und Pirnaischen Platz mit starkem Verkehr zu rechnen hat, so wird man leicht einsehen, wie eng die ich möchte sagen verkehrsmäßige Schönheit von Dresdens Altstadt mit dem uralten Grundplane zusammenhängt.

Anderer Art ist die Schönheit der Anlage von Dresden-Neustadt, denn dieser Stadtteil wurde erst zu Anfang des i8. Jahrhunderts nach der alles zerstörenden Feuersbrunst von 1685 nach einem ganz neuen Stadtplane wieder aufgebaut, wobei man auf die frühere Anlage keinerlei Rücksicht nahm. Davon wird später zu reden sein.

Die ältesten Baudenkmäler. Außer der allgemeinen Anlage der inneren Altstadt stammen auch die bedeutendsten Baudenkmäler Dresdens aus der Zeit der Stadtgründung, wenn auch keines mehr in seiner ursprünglichen Gestalt erhalten ist: außer der Frauenkirche das Schloss, die Augustusbrücke, die Kreuzkirche, das Kauf- und Rathaus.

Die Markgräfliche Burg ist sicherlich das älteste Gebäude der Stadt Dresden; denn nur in ihrem Schutze konnten die deutschen Kaufleute und Handwerker, die aus anderen Orten und Gegenden herbeikamen, sich ansiedeln. Die Burg stand im Zuge der Mauer, welche die Stadt umgab, und als feste Wehr am Ausgange der Brücke, die zuerst im 11. Jahrhundert an die Stelle der alten Fähre trat.

Mit der Brücke stand in festem Zusammenhange die Kreuzkapelle. Für Brücken zu sorgen galt ja im Mittelalter als ein frommes Werk; darum wendete die Geistlichkeit in vielen Fällen den Brücken ihre Fürsorge zu, indem sie ihnen z. B. die Einnahme eines Ablasses überließ oder den Opferertrag mit der Brückenkasse teilte. Ein solches enges Verhältnis zwischen Brücke und Kirche bestand auch von vornherein in Dresden. Die Kirche, die offenbar bei der Gründung der Stadt erbaut wurde, hieß ursprünglich Nikolaikirche nach dem Schutzpatron der Fischer und Schiffer, dem sie geweiht war. Im Jahre 1234 aber brachte Konstantia, die Tochter des Herzogs Leopold von Österreich, bei ihrer Vermählung mit dem Markgrafen Heinrich dem Erlauchten ein Stück vom Kreuze Christi mit nach Dresden, und um 1230 soll ein Kruzifixus auf der Elbe schwimmend nach Dresden gekommen sein, der als schwarzer Herrgott von Dresden berühmt wurde. Zur Bewahrung der Kreuzreliquie oder des schwarzen Herrgottes oder beider ward an die Nikolaikirche eine Kreuzkapelle angebaut, die zuerst 1319 erwähnt wird. Der Name Kreuzkirche verdrängte im 14. Jahrhundert den alten Namen endgültig. Die reichen Einnahmen aber aus den Spenden der Wallfahrer, die zur Verehrung der Reliquie bald von weit und breit zusammenströmten, flossen in die Brückenkasse; die Verwaltung dieser Kasse erhielt den Namen Brückenamt. Im Jahre 1319 gewährte Papst Johann XXII. von Avignon aus einen Ablass zur Wiederherstellung der durch eine Hochflut zerstörten Brücke.

Abb. 3 Übersichtsbild von Neudresden im Jahre 1521 nach einem Holzmodell im Grünen Gewölbe

Das älteste Kauf- und Rathaus stand frei auf dem nördlichen Drittel des Altmarktes. In ihm hatten die wichtigsten städtischen Gewerbe: die Tuchmacher, Schuhmacher, Kürschner, Bäcker und Fleischer ihre Verkaufsstellen, in ihm amtete zugleich der Rat, ein Verwaltungskörper, bestehend aus den Ratsmannen und den Schöffen (geschworenen Bürgern) unter Leitung des Bürgermeisters, indem er vor allem über Maß und Gewicht wachte.

Abb. 4 Alte Kreuzkirche, 1760 zerstört

Hiermit haben wir alles beisammen, was der Stadt Dresden in der ältesten Zeit ihre Bedeutung verlieh: die Burg des Landesherrn und die Stadtbefestigung, die Brücke mit der Kreuzkirche, der Marktplatz mit dem Kauf- und Rathaus, dazu die Frauenkirche, die zwar außerhalb der Stadt in dem wendischen Fischerdorfe lag, aber doch auch für die Stadt hohe Wichtigkeit gewann. Denn da sie der Bischof von Meißen als christlicher Missionar zum ersten Stützpunkt seiner Werbetätigkeit im Elbtal oberhalb seines Sitzes machte, gewann sie allmählich ein solches Ansehen, dass sie im Verein mit der Markgrafenburg der Ansiedelung auf dem linken Elbufer das Übergewicht über das rechtselbische Alten-Dresden verschaffte.

Die Mittelalterlichen Wohnhäuser. Von allen diesen ältesten Bauwerken ist außer etwaigen Grundmauern nichts mehr vorhanden, nur dass eben die späteren Bauten des Schlosses, der beiden Kirchen und der Brücke auf der Stelle der alten stehen. Auch sonst ist aus dem Mittelalter herzlich wenig erhalten. Dresden war damals eine wenig ansehnliche Stadt. Noch im 15. Jahrhundert hatte sie schwerlich mehr als 6.000 Einwohner. Die ältesten Häuser aber waren aus Holz und Lehm erbaut und mit Stroh gedeckt, später traten Fachwerk und Schindeldächer auf. Im 15. Jahrhundert mühen sich Rat und Markgraf um die Wette, eine feuerfeste Bauart in Dresden heimisch zu machen: 1474 verspricht der Rat denen, die die Straßenseite ihrer Häuser in Stein bauen wollen, den dritten Teil des Kalkes, denen, die auf steinernen Grundmauern mit Ziegeln bauen oder statt eines Schindeldaches eines von Ziegeln errichten , ein Drittel der Ziegel; von 1486 an gewährte man denen, die hölzerne Häuser durch steinerne oder Schindeln durch Ziegel ersetzen, sogar die Hälfte des Kalkes und der Ziegel. Als aber 1491 eine große Feuersbrunst mehr als die Hälfte aller Häuser in Dresden in Asche gelegt hatte, bestimmte Herzog Albrecht unter anderem, dass alle Eckhäuser ,,ufs mynste eines Gemaches hoch steinern“ gebaut und mit Ziegeln gedeckt werden müssten. Wer ,, zweien Gemach hoch auch steinern bauen würde“, sollte noch besondere Unterstützungen erhalten, nur den Ärmeren ward nachgelassen, Hinterhäuser in Holz und Lehm zu bauen, doch sollten die Dächer mit lattenen Sparren versehen werden, damit man sie leicht in Ziegeln umdecken könnte.

Abb. 5 Maria mit dem Kinde von der Marienapotheke um 1460
Abb. 6 Gotischer Erker Wilsdrufferstraße 2 Ecke Schlossstraße (Ursprünglicher Zustand)
Abb. 7 Das Franziskanerkloster, Skizze von 1550 (Die Kirche ist die jetzige Sophienkirche)

Man wird sich nach allem nicht wundern, dass von mittelalterlichen Gebäuden sich so gut wie nichts in unsere Tage hinüber gerettet hat. Das einzige Haus Dresdens, das aus der Zeit vor dem Brand von 1491 erhalten ist, die Marienapotheke, ist vielfach umgebaut worden. Das alte Wahrzeichen des Hauses, ein hölzernes und bemaltes Standbild der Maria mit dem Kinde, bewahrt das Dresdner Altertumsmuseum. Es entstammt der Zeit um 1460. Gotische Pfeiler und Wölbungen findet man noch im Erdgeschoß des Hauses Blockhausgässchen Nr. 3 (Kohlenhandlung). Dem Anfang des 16. Jahrhunderts gehört dann der Erker des Hauses Wilsdrufferstraße 2, Ecke Schlossstraße an; das zierliche Maßwerk der Brüstung wie die drei kleinen steinernen Standbilder des Apostels Johannes, der Jungfrau Maria mit dem Jesuskind und des heiligen Christophorus sind reizvolle gotische Arbeiten. Von den vier Heiligen, die ehedem an vier Ecken des Altmarktes Die Franziskanerkirche und ihre mittelalterlichen Bildwerke standen, sind noch zwei vorhanden: der heilige Nikolaus von 1527, jetzt im Innern des Hauses Schössergasse 2 (Warenhaus Herzfeld) und Johannes der Täufer von 1522 (Altertumsmuseum). Mehrfach sind endlich noch gotische Fensterprofile erhalten, z. B. Webergasse Nr. 2, Ecke Altmarkt, ebenso Einwölbungen des Erdgeschosses, besonders schön Seestraße Nr. 2.

Die Franziskanerkirche und ihre mittelalterlichen Bildwerke. Weit älter als diese Reste ist die Franziskanerkirche, jetzt Sophienkirche. Leider ist sie durch die Restaurierung von 1864 in ihrem Äußeren verfälscht und innen wie außen der bezeichnenden Einzelheiten beraubt worden. Die Franziskaner oder Barfüßermönche kamen im 13. Jahrhundert nach Dresden und gründeten hier ein Kloster. Im Jahre 1265 muss das Kloster schon bestanden haben, denn damals hielt der sächsische Ordensprovinzial in Dresden ein Kapitel ab. Das Kloster erstreckte sich vom Ausgange der großen Brüdergasse bis zum Taschenberg, wo der Mönchsgarten lag. Die Kirche entstand im 13. und 14. Jahrhundert. Sie lag inmitten der Klosteranlagen nach der Stadtmauer zu und war wie alle Bettelmönchskirchen turmlos; sinnloserweise hat man ihr 1864 zwei Türme vorgesetzt. Überdies ruft die neue Schauseite den Gedanken an eine dreischiffige Kirche wach, während sie in der Tat noch heute zweischiffig ist. Sechs Bogen auf fünf freistehenden und zwei angelehnten Pfeilern trennen die beiden Schiffe; die östlichen vier Bogen nebst ihren Pfeilern gehören einer älteren, die westlichen beiden Bogen und drei Pfeiler einer jüngeren Bauzeit an. Die beiden Chorhäupter waren aus dem Achteck gebildet. Das Gewölbe der Kirche mit reichem Rippenwerk stammt aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.

Besonders beachtenswert ist die Taufkapelle am Südchor, ehemals Bußmannskapelle genannt. Gegründet wurde sie zu Ende des 14. Jahrhunderts von dem hochangesehenen Dresdner Bürger Lorenz Bußmann, der 1387 in den Rat eintrat und bis zu seinem Tode 1412 viermal Bürgermeister war. Die unregelmäßig aus dem Zehneck gebildete Kapelle ist mit feingliedrigem Netzwerk gewölbt. Die fünf Runddinste durchbrechen in halber Höhe Konsole, die als Mann, Frau und Engel durchgebildet oder mit Blattwerk und Adler verziert sind. Zwei davon stellen den Bürgermeister Bußmann und seine Frau dar, die ältesten Bildnisse von Dresdner Bürgern.

Abb. 8 Franziskanerkirche (jetzt Sophienkirche) Grundriss des Erdgeschosses Zustand vor 1864 A Altar von 1606 B Altar aus der Schlosskapelle C Turm von 1730 D Tor von der Schlosskapelle
Abb. 9 Franziskanerkirche (jetzt Sophienkirche) Bußmannskapelle mit dem Altar aus der Schlosskapelle
Abb. 10 Bürgermeister Lorenz Bußmann in der Bußmannskapelle der Franziskanerkirche (jetzt Sophienkirche) Um 1400
Abb. 11 Frau des Bürgermeisters Lorenz Bußmann in Sandstein gehauen in der Bußmannskapelle der Franziskanerkirche (jetzt Sophienkirche)
(Nach O. Richter, Geschichte der Stadt Dresden)

Aus dieser Kapelle stammt eines der hervorragendsten Werke mittelalterlicher deutscher Plastik: das heilige Grab, das 1552 aus der Franziskanerkirche in die Bartholomäuskapelle, bei deren Abbruch in das Altertumsmuseum kam.

Der tote Erlöser liegt lang hingestreckt vor uns im Grabe. Dahinter stehen in Halbfiguren die drei trauernden Marien. Links und rechts schwingen kleine Engel Weihrauchfässer. Ein starker Wirklichkeitssinn durchdringt die Darstellung, aber ein hoher Ernst, eine tief-edle Auffassung liegt auf dem Antlitz Christi mit den geschlossenen Augen und den eingefallenen Wangen. Bitteres Leiden ist diesem Tode voraufgegangen, aber der große Dulder hat den Tod überwunden. Die Kunst hat wenig so eindrucksvolle Gebilde aufzuweisen wie dieses edle, von schwarzen Locken umrahmte Haupt. Nicht minder meisterhaft sind die drei trauernden Frauen gebildet. In edler vornehmer Haltung stehen sie da, das feine Oval des Gesichts vom Kopftuch umrahmt; stiller verhaltener Schmerz liegt auf den Zügen und mit ruhiger Gebärde halten sie in den langen schmalen Händen ihre Salbenbüchsen, während schweigend auf den toten Erlöser hinschauen. Die meisterhafte Behandlung der Gewänder trägt nicht wenig zu der vornehmen Wirkung der drei Gestalten bei.

Abb. 12 Das heilige Grab aus der Bußmannskupelle der Franziskanerkirche (jetzt Sophienkirche) in Sandstein ausgeführt um 1400 (jetzt im Museum des Sachs. Altertumsvereins)

Vier bewaffnete Krieger bewachen das Grab an seinen vier Ecken. Wie sie so bequem und lässig ohne jede Spur von Feierlichkeit oder innerem Anteil an dem großen Ereignis dasitzen, wirken sie in dem starken Gegensatz zu dem würdevollen Ernste der Grabgruppe fast erheiternd, dazu trägt auch der kleinere Maßstab dieser Figuren bei. Haar und Tracht der Wächter kennzeichnet das bedeutsame Werk als Schöpfung der Zeit vor 1400. Zu dem Altar gehört wohl auch die kniende Frau, die gleichfalls aus der Bartholomäuskapelle in das Altertumsmuseum kam; sie mag ein Mitglied der Familie Bußmann darstellen.

Gleich diesen Bildwerken bewahrt das Altertumsmuseum auch drei hölzerne spätgotische Figuren aus der ehemaligen Jakobikirche: St. Anna Selbdritt (mit Maria und Jesus auf den Armen), Johannes den Täufer und den heil. Jakobus. Ernste vornehme Auffassung eint sich in ihnen mit trefflichem Wirklichkeitssinn. Namentlich Jakobus mit seinem langen Bart, seiner kräftigen Nase und dem andächtigen Ausdruck in den Zügen wie in der eigenartigen Gebärde ist ein sehr schätzenswertes Werk. Leider sind die drei Standbilder durch den Anstrich in weißer Ölfarbe stark beeinträchtigt. Gurlitt hält den Jakobus für das letzte Werk katholischer Kunstauffassung in Dresden.

Endlich ist als eine tüchtige handwerksmäßige Schöpfung des späteren Mittelalters der Altarschrein mit der Anbetung der heiligen drei Könige zu nennen. Er stammt wahrscheinlich aus der ältesten Dreikönigskirche in Dresden-Neustadt. Das Werk ist seiner trefflich erhaltenen alten Bemalung wegen besonders bemerkenswert.

Die Burg der Markgrafen. In der ganzen Geschichte Dresdens prägt es sich, wie Otto Richter (Geschichte der Stadt Dresden I. S. 259) richtig bemerkt, aus, dass sie ihr Dasein, ihre Bedeutung dem Landesherrn verdankt; sie behielt immer den Charakter eines fürstlichen Wohnsitzes, dessen Blüte oder Rückgang von der größeren oder geringeren Fürsorge des Herrscherhauses abhing. Willig stellten Dresdens Bürger ihrem Beschützer und Landesherrn zu jeder Zeit Kriegsmannschaft, wie sie auch zu der Befestigung des wichtigen Elbübergangplatzes stets alles Erforderliche bereit stellten. Allerhand Rechte und Vorteile wurden ihnen für diese Dienste zuteil. Die Möglichkeit zu größerem Erwerb lag nicht vor; verheerende Kriege und Feuersbrünste zerstörten namentlich im 15. Jahrhundert immer von neuem den Wohlstand der Stadt. So blieb denn die Abhängigkeit der Stadt von den Fürsten immer weiter bestehen.

Kein Wunder, dass die markgräfliche Burg das wichtigste Gebäude Dresdens im Mittelalter war und blieb, zumal da sie auch als Kopf der Brücke für die Verteidigung von hohem Werte war. Das älteste Modell Dresdens zeigt uns denn auch die Burg als beherrschendes Bauwerk der ganzen Stadt. Die älteste Burganlage erstreckte sich vom Elbtor, dem heutigen Georgentor, längs der Elbe bis zum jetzigen großen Schlossturm, der damals noch nicht vorhanden war. Den nordwestlichen Abschluss nach der Brücke zu bildete der starke Hausmannsturm, d. h. Wächterturm, der festeste Teil der Burg. Der ganze Bau war in einfachen Formen gehalten und hatte nach allem, was wir darüber wissen, keine künstlerische Bedeutung. An den Hauptbau wurden weiter zwei Flügel angesetzt, zunächst der längs der Schlossstraße, sodann 1461 — 76 der westliche Flügel, der vom Hausmannsturm abzweigte und u. a. die Kapelle enthielt, worin Martin Luther am 25. Juli 1517 vor dem katholisch gesinnten Herzog Georg gepredigt hat. Endlich erhielt das Schloss noch seinen südlichen Abschluss durch den vierten Flügel, der mit Erkern und Balkons geschmückt war und das Torhaus enthielt, das nach seiner Gestalt die Laterne hieß. Diese Erweiterungen ergaben sich aus dem erst allmählich sich steigernden Bedürfnis an Wohnräumen. Denn keineswegs haben die meißnischen Markgrafen dauernd in Dresden gewohnt. Zuerst tat dies Heinrich der Erlauchte im letzten Jahrzehnt seines Lebens 1277—1288, dann sein Sohn Friedrich Clemme († 1316), der den Namen Herr von Dresden führte, dann aber nach langen unruhigen Zeiten erst wieder Markgraf Wilhelm I, der von 1387— 1407 in Dresden wohnte, und schließlich die beiden Brüder Ernst und Albrecht, die von 1464 an gemeinsam und einträchtig regierten, bis sie 1485 zur Teilung schritten, welche die wettinischen Lande für immer zerriss. Offenbar hat die gemeinsame Hofhaltung der beiden Brüder zur Erweiterung der Burg 1471—1476 geführt. Zu gleicher Zeit ließ übrigens Albrecht die Albrechtsburg in Meißen bauen.

Abb. 13 Ältestes Burgmodell

002 Dresden Altstadt Ende des Mittelalters

002 Dresden Altstadt Ende des Mittelalters

003 Übersichtsbild von Neudresden im Jahre 1521 nach einem Holzmodell im Grünen Gewölbe

003 Übersichtsbild von Neudresden im Jahre 1521 nach einem Holzmodell im Grünen Gewölbe

004 Dresden Alte Kreuzkirche, 1760 zerstört

004 Dresden Alte Kreuzkirche, 1760 zerstört

005 Dresden, Maria mit dem Kinde von der Marienapotheke um 1460

005 Dresden, Maria mit dem Kinde von der Marienapotheke um 1460

006 Dresden Gotischer Erker Wilsdruffstraße 2 Ecke Schlossstraße (Ursprünglicher Zustand)

006 Dresden Gotischer Erker Wilsdruffstraße 2 Ecke Schlossstraße (Ursprünglicher Zustand)

007 Dresden Das Franziskanerkloster, Skizze von 1550 (Die Kirche ist die jetzige Sophienkirche)

007 Dresden Das Franziskanerkloster, Skizze von 1550 (Die Kirche ist die jetzige Sophienkirche)

008 Dresden Franziskanerkirche Grundriss Erdgeschoss

008 Dresden Franziskanerkirche Grundriss Erdgeschoss

009 Dresden Franziskanerkirche (jetzt Sophienkirche) Bußmannskapelle mit dem Altar aus der Schlosskapelle

009 Dresden Franziskanerkirche (jetzt Sophienkirche) Bußmannskapelle mit dem Altar aus der Schlosskapelle

010-011 Dresden Bürgermeister Lorenz Bußmann und Frau um 1400

010-011 Dresden Bürgermeister Lorenz Bußmann und Frau um 1400

012 Dresden Das heilige Grab aus der Bußmannskapelle der Franziskanerkirche (jetzt Sophienkirche) um 1400

012 Dresden Das heilige Grab aus der Bußmannskapelle der Franziskanerkirche (jetzt Sophienkirche) um 1400

013 Dresden Ältestes Burgmodell

013 Dresden Ältestes Burgmodell