Von den heiligen Schätzen der Doberaner Mönche werden gegenwärtig noch manche seltene Stücke in der dortigen Kirche aufbewahrt. ...

Von den heiligen Schätzen der Doberaner Mönche werden gegenwärtig noch manche seltene Stücke in der dortigen Kirche aufbewahrt. Beim Anblicke dieser Säckelchen muss man wirklich oft die Achseln zucken und eine lächerliche Miene annehmen, man mag’s wollen oder nicht, weil manche Dinge zu läppisch sind; und es wäre ratsam, wenn in diesem gebildeten Jahrhunderte solcher Plunder aus dem Gotteshause geworfen würde, da wir schon diejenige Aufklärung besitzen, dass wir uns über diesen Tand des Aberglaubens förmlich ärgern müssen.

In einem Glasschranke erblickt man ein wenig Flachs vom Spinnrocken der Jungfrau Maria; ein Stück von dem Schurzseile des Schlächters, der bei der Wiederkunft des verlornen Sohns das Kalb schlachtete; das Scheermesser, womit Delila Simsons Locken abschor; einen Lappen vom Rocke des armen Lazarus; ein Stück von der Serviette des Bräutigams von Canaan in Galiläa; ein Stück von Josephs Mantel, das Potiphars Frau ihm abgerissen; die Schlafmütze der Jungfrau Maria, in der einige Knochen von den unschuldigen Kindern aufbewahrt werden, die der König Herodes umbringen ließ; ein Stück von den Windeln Christi; einige Knochen von Adams Großmutter, nämlich einem Abte des Ortes Freuen, der Adam hieß; der Apostel Petrus, Paulus und Thomas Schädel; ein Ästchen von dem Baume, woran Abfall an den schönen hängen blieb. Die auffallendste Reliquie ist unstreitig einer von den fünf glatten Steinen, die der kleine David in der Schleuder hatte, als er den großen Goliath zu Boden warf, welcher Stein, ein bloßer Dammstein, aus der Ostsee ist. Ferner präsentieren sich noch der dreibeinige Stuhl, mit dem der Hohepriester Eli den Hals brach; die in eine Salzsäule verwandelte Frau Loth’s; ein Knochen von dem großen Christopher, und zwar das erste Glied vom Daumen; des Christophers Schulterblatt, und mehrere diverse andere Curiosa.


Des alten Klosters verfallener Mauer, die so durchbrochen ist, dass sie sich in der Ferne wie krümmer einer römischen Wasserleitung darstellt, und welche von Buschwerk durchwachsen, begegnet man neben der Kirche. Hinter der Kirche, nach dem Buchenberge gelegen, steht ein runder Turm, in welchem in den katholischen Zeiten das heilige Blut aufbewahrt und fließend gemacht wurde. Der Kirche gegenüber bemerkt man das im gotischen Geschmacke aufgeführte Schulhaus. Einige Schritte von diesem, dem Buchenberge zu, führen breite Steige zum schönen Kirchhofe, welcher viele geschmackvolle Denkmäler in seinem Räume einschließt.

Der vormalige Klosterraum ist zu einem herrlichen Park, der den Namen englischer Garten führt, verwandelt, dessen Mittelpunkt einen Teich enthält, über welchen chinesische Brücken führen. In der Mitte der Staketen, die diesen Park vor dem Amtshause befriedigen, sprudelt ein künstlicher Brunnen, von dem das Wasser in ein steinernes Bassin fällt. Nicht weit von diesem Parke liegt der ziemlich hohe Buchenberg, durch die geebneten Gänge, Pavillons, Bänke usw. zum vortrefflichen Lustgarten eingerichtet, und zwar gerade vor dem Tore, in welches die von Rostock kommenden Fremden die Einfahrt nehmen müssen. Ganz unerwartet stößt man oft am Ende der Gänge auf reizende Aussichten in die Umgegend, in welcher die vielen bei Doberan belegenen Hügeln mit üppig grünen Wiesen, Plänen und ährenreichen Kornfeldern garniert, gar mannigfaltig abwechseln. Höchst anziehend ist Doberans ganze Umgegend. Mit einem Male sind sämtliche Schönheiten nicht leicht zu überblicken; nur nach und nach kann man sich mit diesen vertraut machen.

Das helle Licht des wahren Glaubens, welches der Reformator Luther mit einem so unermüdeten Eifer verbreitet hatte, machte auch hier dem schändlichen Unwesen der Finsternis und des Aberglaubens, im Jahre 1552, ein schleuniges Ende. Am 7. März Jahres ward das Kloster aufgehoben und in eine fürstliche Domaine verwandelt, weshalb man in Doberan noch ein Amt mit den dazu gehörenden Gebäuden vorfindet. Für die Universität Rostock war des Klosters Säkularisierung höchst ersprießlich; denn seit dieser Zeit floss ihr alljährlich aus den Gütern des Klosters ein Einkommen von 3500 Gulden zu.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Doberan und seine Umgebungen.