Von Doberan und seinen nächsten Umgebungen ist bisher eine schwache Schilderung entworfen. Es gibt aber noch einige entferntere interessante ...

Von Doberan und seinen nächsten Umgebungen ist bisher eine schwache Schilderung entworfen. Es gibt aber noch einige entferntere interessante Punkte, die man von dort aus der Abwechselung und der Veränderung wegen, ohne die Badekur auch nur ein einziges Mal zu unterbrechen, besuchen kann, nämlich Diedrichshagen, Mönchweden, Warnemünde und Rostock. Man kann, nachdem man gebadet, etwa um 11 Uhr abfahren, speiset dann an einem jener Orte zu Mittag, und hat Nachmittags hinlänglich Zeit sich umzusehen. Doch kann man auch ganz gut fertig werden, wenn man erst zu Hause das Mittagessen genießt, und um 1 Uhr von Doberan abfährt, wovon nur bei Rostock eine Ausnahme zu machen seyn möchte.

Die Fahrt nach Diedrichshagen ist ohne allen Zweifel die belohnendste, die man von Doberan aus unternehmen kann. Der Weg zieht sich erst an einen Teil des Jungfernberges hin, dann durch Kornfelder über mehrere Hügel, von denen man hin und wieder sehr angenehme Aussichten hat, unter denen die bei der Jennewitzer Windmühle wohl verdient, dass man einige Minuten still hält, und die schöne mit Dörfern, Wäldern, Hügeln und Feldern wechselnde, seitwärts durch das Meer begrenzte Landschaft überschaut. In Diedrichshagen wird man von dem Erbzinspächter Möller nebst Frau auf das freundschaftlichste empfangen und aufgenommen, und man sollte bald glauben, dass man zur Familie gehöre, oder jene gute Bekannte seien. Hinter dem Dorfe liegt der hohe Berg. Sehr sanft erhebt er sich; in einer guten Viertelstunde schleicht man hinauf. Doch kann man auch ganz bequem und sicher fahren. Auf einem der höchsten Punkte Mecklenburgs, 502 Rheinl. Fuß über den Ostseespiegel erhoben, überrascht nicht bloß der herrliche Anblick des in einen großen breiten Bogen ausgedehnten Meers, sondern auch landeinwärts öffnet sich die prachtvollste Aussicht in eine Landschaft, deren Horizont noch weit über Wismar und Rostock hinaus reicht; auch die holsteinische Küste erkennt man noch deutlich, und ein sehr scharfes Auge sieht mit einem Fernrohre selbst die Inseln Femern und Rügen. Bei sehr reiner Luft und gegen die Zeit des Sonnenunterganges, welche überhaupt die günstigste für diese Aussicht ist, soll man auch Falster sehen. Aber sehr selten und nur bei den günstigsten Umständen sollen selbst, was unwahrscheinlich zu sein scheint, die Türme Kopenhagens zum Vorschein kommen, vielleicht nur durch der sich nur selten zeigenden Fata Morgana. Der ganze seewärts gelegene Abhang dieser Anhöhe ist jetzt bis oben hinauf mit einem dichten, freudig heranwachsenden Kiefernanfluge bekleidet, der leider hin und wieder schon so hoch ist, dass man beinahe gar nicht mehr darüber hinweg sehen kann. Schade wird’s ewig sein und bleiben, dass die bewunderungswürdigste und schönste Aussicht um Doberan in der Zukunft von einem Kiefernwald verschlossen wird. Die Forstmänner werden sich über ihn freuen, aber die Badegäste und Freunde schöner Gegenden wird er betrüben. Zur Erhaltung der schönen Aussicht muss nach Fug und Recht doch etwas von Seiten der Kammer oder der Beamten Doberans geschehen, daher lasse man eine Art Warte von Holz errichten, und man wird, wenn auch mit einigen Umständen und Unbequemlichkeiten, die frühere Aussicht doch conserviren. Macht man zur Ausführung dieses Vorschlags Anstalten, so werden die Schöpfer und Beförderer beständig Lob empfangen, geschieht dies nun aber nicht, so wird ganz zuverlässig der Eine und der Andere missvergnügt in den Bart brummen: „es waren doch wahre Störenfriede, die uns diesen Schabernack spielten.“


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Doberan und seine Umgebungen.