In der Kirche weiten Räumen gibt es eine Menge sonderbarer, jetzt ganz komisch klingender Grabschriften, ...

In der Kirche weiten Räumen gibt es eine Menge sonderbarer, jetzt ganz komisch klingender Grabschriften, die nur noch mit Mühe gelesen werden können, da manche Grabsteine in den Gängen der Kirche liegen, wo die Schrift durch die Fußtitte der die Kirche Besuchenden schon fast gänzlich verwischt ist, und von Jahr zu Jahr noch immer mehr ausgelöscht wird.

Einige Inschriften, die, die Wände darbieten, verdienen es, mitgeteilt zu werden.


Auf einer Tafel liest man:

„Honezaget und Berevvien,
De gusen uns Farpen und Redentin
Davör schall se Gott gnädig sein.“

Bei einem Bilde des Teufels steht ein Mönch, der ein Weibsbild unter der Kappe versteckt hat. Satanas sagt zu ihm: „Quid facis hic frater? Vade mecum!“, und der Geschorne erwidert: „Nil in me reperies mali, cruenta bestia!“ (Zu Deutsch: „Was machst du hier, Brüderchen? Komm mit mir! – Du wirst nichts Böses bei mir finden, blutgierige Bestie!“)

Das Wort Gottes wird auf einem andern Gemälde von den vier Evangelisten auf eine Mühle geschüttet, abgemahlen und unten von Bischöfen in Kelchen aufgefangen.

Die zwölf Apostel treiben die Mühlen Dieses Gemälde hat folgende Verse:

„Ein gut Werk uns’rer Erneuerung
Ist des Wortes Gottes Menschwerdung.
Das menschliche Geschlecht wäre ganz
verdorb’n,
Wäre Gottes Wort nicht Mensch geword’n.“

Unter verschiedenen andern Stücken findet man auf der Orgel auch eins, wo ein Teufel auf der Rost und ein anderer auf der Bassgeige spielt. Den Commentar geben folgende Verse:

„Was thut in Hitz’ die sich’re Welt?
Sie lebt in Saus, wie’s ihr gefällt,
Sie aeffet sehr, sie jucket viel,
Ihr’ Thorheit hat fast nimmer Ziel.“

An der Wand in einer Kapelle findet man nachstehende niedersächsische Reime, die sehr originell sind:

„Wieck, Düfel, wieck, wieck wiet van my,
Ick scheer mie nig een Hohr um die.
Ick bün een Mecklenbrösch Edelmann,
Wat geit die Düfel mien Supen an,
Ick sup mit mienen Herrn Jesu Christ,
Wenn du Düfel ewig dösten müst,
Un drinck mit öm soet Kolleschahl,
Wenn du sitzt in der Höllenquahl.
Drüm rahd ick, wieck, loop, rönn und gah,
Efft by dem Düfel ick to schlah.“

Curios, ja unter andern Verhältnissen bis zum Lachen komisch, naiv und charakteristisch, sind eine Menge Inschriften auf Leichensteinen, die man hier liest. Die vorzüglichsten sind:

Auf den Abt Martin in Doberan:

„Im Jahr 1330 und neun
Am 18 Tag des Meyen seien,
Ist der Herr Abt von Doberan verschieden,
Seine Seel ruh’ immerdar in Frieden.“

Auf den Abt Heinrich:

„Im 1340sten Jahr und vier,
An sehl. Junfr. Agneten Fier,
Ist Hinrich dieser Kirchen Abt dahin gefahren,
Welcher regieret bei 18 Jahren,
Dessen Seel in Frieden nu,
In alle Ewigkeit wohl ruh’.“

Auf einen Herrn von Oertzen:

„Im Jahre 1303
Auch 18 setz mit 6 dabey,
Ist Herrmann von Oertzen entschlafen,
Der getragen hat die Waffen.“

Auf einen Ritter von Moltken:

„Ist 1300 von hinnen geritten,
Thut ja vor ihm doch fleißig bitten.“

Auf einen Herrn von Guntz.

„Im 1460 Jahr
Ist gestorben Herrmann von Guntz, sag ich
fürwahr,
Bitte vor Ihn; denn er dieser Kirchen Secre-
tarius war.“

Auf den am 22. November 1503 verstorbenen Herzog Magnus II.:

„In dieser Welt hab’ ich mein Lüst
Allein mit Kalter-Schahlen gebüßt.
Hilf mir Herr in den Freuden-Sahl,
Und gieb mir die ewige Kalte-Schahl.“

Auf einen Herren Bargen:

„Mein König und mein Gott,
Ist Christus in der Noth.
Hier liegt Claus Barg begraben ohne
Leid
In vollkommener Gesundheit.
Und hat sein Leben zugebracht bei guten
Tagen
Mit Sorgen und Plagen.
Ist von allen seinen Freunden gezogen,
Und vor allen Feinden geflogen;
Hat alle Freunde bedacht,
Und alle seine Feinde verlacht.
Ist ins Jammerthal gesprungen 1581
Und ins Freudenthal gesungen 1609.
Ist gewesen von 28 Jahren,
Eh’ er ist in den Himmel gefahren,
Der Leser wird hier sehr gebeten,
Auf dieses Grab doch nicht zu treten.“


voller Widersprüche und zwar unschuldige, und um so lustigere, ist diese Grabschrift. Claus Barg liegt in guter Gesundheit begraben, und hat bei guten Tagen sich mit Sorgen und Plagen gequält. allerliebst ist auch sein nicht deutlich genug ausgedrücktes Anerbieten an den lieben Gott, wenn etwa Christum in Not sein solle, um ihn zu Hülfe zu rufen. Man hat eine alte französische Oper, die durchgehends in Sachen ähnlichen Widersprüchen geschrieben ist. In ihrer Art kann sie klassisch genannt werden. Für meine Leser führe ich nur den einen Vers hier an:

„Un jour, qu’il etoi nuit,
Je dormis eveillé
Tout debou dans mon lit ;
Quand tout a coup an Ciel
Le tonnere en Silence
Far un eclair obscur
M’ annonca sa presence.
Tout fait, nul ne beuche ;
Et ce cruel fracas
Que je ne dormois pas. »

Man könnte diese Stelle des Galliers so verdeutschen:

„Als eines Tags um Mitternacht
Ich schlafend im Bette wachte,
An hunderttausend Dinge dachte,
Verkündete mir Knall und Fall,
Durch eines düstrern Blitzes Flammen-Strahl,
Der stärkste Donner leis’ und ohne Schall
Urplötzlich seine Gegenwart.
Ein jeder bei mir steht erstarrt
Und läuft von dannen voller Schreck,
Und keiner rühret sich vom Fleck.
Ich hör’ dies schreckliche Getümmel,
Und seh’ die ängstliche Gefahr,
Und werd’ im Schlafe erst gewahr,
Daß ich nicht eingeschlafen war.

Eine Madame Pott bittet in ihrer Grabschrift den lieben Gott um ihre Bewahrung in folgenden plattdeutschen Reimen.

„Hier ruhet Ahlke, Ahlke Pott,
Bewahr’ my, lefe Herre Gott,
Als ick die wull bewahren,
Wenn du währst Ahlke, Ahlke Pott,
Und ick währ leve Herre Gott.“

Der schmutzige Koch eines Edelmanns erwarb sich folgendes Epitaphium:

Hier rauet Peter Klahr,
He kaakte selden gahr,
Dahrto ganz unflädig,
Gott sy siener Seele ghädig.“

Doch genug von dieser epitaphischen Kunst der Mecklenburger in jenem Zeitabschnitte. Diese angeführten Stücke werden wenigstens amüsieren, sollte es auch nur wegen ihrer Eigentümlichkeit sein, und in dieser ließen sich darüber ansprechende Anmerkungen und belustigende Glossen machen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Doberan und seine Umgebungen.