Im Jahre 1793 ward das Seebad angelegt, und Doberan hat von diesem Jahre an nicht nur bedeutend an Schönheit gewonnen, ...

Im Jahre 1793 ward das Seebad angelegt, und Doberan hat von diesem Jahre an nicht nur bedeutend an Schönheit gewonnen, sondern es gewinnt noch fortwährend von Jahr zu Jahr. Sehr vorherrschend ist die Baulust. Die frühern schlechten Strohdachhäuser sind fast gänzlich verschwunden und gleich einem Phönix sind statt ihrer prachtvolle Palais hervorgegangen. Die Anlagen des Ganzen kann man nicht regelmäßig nennen, und niemals werden sie es auch werden, indem bei einer regelmäßigen Bauweise die vielen Wiesen hemmend in den Weg treten. Eigentliche Straßen hat Doberan nicht aufzuweisen; denn ganz Doberan besteht aus einer einzigen, die man die lange Straße oder neue Reihe nennt, und einer andern, die von dem Sogenannten neuen Markte, einem mit sieben im brillanten Stile aufgeführten Häusern begrenzten freien Platze, abgeht. Ein Paar Nebenstraßen heißen: der Küstergang, von der ehemaligen Wohnung des Küsters, und die Jungfern-Straße, die zum Jungfernberge führt, der die schönsten Promenaden in sich schließt. Die übrigen Straßen haben von den Plätzen, an denen sie liegen, ihre Benennung, z.B. am Kamp, Stahlbrunnen, usw.

Nicht nur durch die Sauberkeit und Freundlichkeit seiner Häuser von Außen, sondern auch durch die Gemächlichkeit und Pracht von Innen, so wie auch vermöge der herrlichen einnehmenden Lage des Orts zwischen sanften, größtenteils waldbekränzten Hügeln, von denen herab man wieder die reizendsten Aussichten genießt, wird das freundliche Doberan zu einem höchst angenehmen und amüsanten Aufenthalte gestempelt. Ja! zur Aufnahme Doberans ist das Möglichste geschehen. Man erinnere sich, wie es noch im Jahre 1806 beschaffen war, und betrachte es jetzt im Jahre 1834, acht und zwanzig Jahre später. Muss man nun nicht erstaunen? Kann man das alte Doberan wohl wieder erkennen? Schwerlich! Der Zeiten Strom hat Manches umgewandelt, hat sich als ausgezeichneter Künstler gezeigt. Bewundern muss man die Veränderungen, die vorgefallen, und wer hat hierbei das höchste und größte Verdienst? Es ist des Vaterland’s Schutz und Schirm, Friedrich Franz. Er ist der Schöpfer, der Baumeister des jetzigen Doberans. Vergeht wohl ein Jahr, wo nicht bedeutende Verbesserungen vorgenommen werden? Nein, erstaunen muss man über die Metamorphosen, welche in diesem Orte der Freude, des Frohsinn’s und des Vergnügens vorgefallen sind.


Mögen aber auch viele andere Bade- und Brunnenörter, als Carlsbad, Töplitz, Wisbaden, Pyrmont u. s. w. an Naturschönheiten reich sein, so kann man doch die Behauptung dreist auszusprechen wagen, dass nirgends der Zugang zu denselben und ihr Genuss den Kurgästen in solchem Grade erleichtert und bequem gemacht wird, dass nirgends die Kunst so zweckmäßig, gar nicht überladen oder die wilden Reize der Natur störend, kurz so unmerklich eingreifend erscheint, und der Natur die hilfreiche Hand bietet, wie grade hier um Doberan. Es ist aber, wie schon bemerkt, auch wahr, dass wohl nirgends der Landesfürst mit einer solchen Vorliebe, ja man möchte sagen, mit einer solchen auffallenden Begeisterung für einen Badeort eingenommen ist, und von jeher mit solcher Liberalität auf das Emporkommen, Aufblühen und die Verschönerung und zweckmäßige Einrichtung desselben bedacht war, wie der Großherzog Friedrich Franz in Hinsicht Doberans, welches er, seit der Errichtung des Seebades im Jahre 1793, während der Badezeit jährlich zu seinem Aufenthalte gewählt hat.

Das Großherzogliche Palais ist von mittlerer Größe, geschmackvoll, in einem höchst edlen Stile aufgeführt, und im Innern mit den prachtvollsten, im Vaterlande angefertigten Meublen ausgeschmückt. Rechter Hand sind die Zimmer, die der Großherzog bewohnt. Der Saal im Erdgeschosse des Palais nimmt durch seine Freundlichkeit sehr ein. Man hat von dort eine Aussicht über den Palais-Garten nach dem Buchenberge. Etliche vorzügliche Gemälde mecklenburgischer Künstler, die sich zum Behufe größerer Ausbildung im Auslande aufhalten, hängen an den Wänden. Im Jahre 1808 ward das Fundament gelegt. Die damals herrschenden Kriegstrubeln unterbrachen den Bau, der, nachdem der goldne Friede die vaterländischen Fluren wieder begrüßt, erst weiter fortgesetzt wurde. In der Mitte hat das Palais eine Rücklage, die mit vier, 30 ½ Fuß hohen jonischen Säulen verziert ist. Zu der zweiten Etage führen zwei Treppen, und zwar auf einen großen Vorsaal. Der Kamp, ein mit imposanten Gebäuden besetzter, ein Dreieck bildender Platz von ziemlich beträchtlichem Umfange, grenzt an die Vorderseite des Palais, des Logierhauses, des Schauspielhauses u. s. w. Gebüsche, Bäume mannigfaltiger Art und schattige Spaziergänge schließen hier einen üppigen grünen Rasen ein. In der Mitte steht ein rundes Gebäude mit spitzem Schieferdache, genannt der Trichter, wo ein Billard und Restauration. Rechts von ihm ragt der Musik-Tempel im chinesischen Geschmacke hervor, in welchem die Großherzogliche Hofkapelle, welche alle Jahre zur Badezeit von Ludwigslust kommt, jeden Tag, den Sonnabend ausgenommen, in der Mittagsstunde von 11 1/2 bis 12 ½ Uhr musikalische Unterhaltungen veranstaltet, die im wahren Wortverstande himmlische Genüsse zu nennen sind. Aus den neuesten deutschen, italienischen und französischen Opern trägt dieses aus dreizehn Personen bestehende Korps, mit Blaseinstrumenten, die ansprechendsten und gefälligsten Piecen vor. Meister auf seinem Instrumente ist ein jeder von diesen bescheidenen, anspruchslosen Künstlern. Hier war es, wo auch der verstorbene Bode, durch seinen seelenvollen, schmelzenden Vortrag auf dem silbernen Zauberhorne, einst alle Zuhörer fesselte und für sich einnahm! Ein Vergissmeinnicht wird ihm gewiss alljährlich von den Badegästen, welche ihn kannten, ihn horten, ihn bewunderten, geweiht bleiben. Vermisst wird er noch immer. Auf beiden Seiten des Musik-Tempels ist der Bazar, wo man die schönsten, rarsten Kostbarkeiten des Luxus, der Mode, des Putzes und der Erfindungen kaufen kann. Zwei von den, den Bazar bildenden Boutiken sind zur Bereitung der künstlichen Trink-Brunnen, nach der Anstalt und Methode des Dr. Struve in Dresden, eingerichtet. In einer Reihe mit dem Palais steht das Kauf- und Speisehaus. Zu des Speisesalons beiden Seiten sind fünf Kaufmannsgewölbe und die Bibliothek. Es ist Jammer und Schade, dass diese wirklich aus kostbaren Werken bestehende zahlreiche Büchermasse keinen besseren Platz zur Aufbewahrung erhalten hat. Diese Bibliothek hat das gleiche Schicksal wie der ewige Jude, sie hat keine Ruhe. Man hätte sie füglich da lassen können, wo sie früher war, in einem der Logierhausflügel, oder, wenn Gründe verschiedener Art selbige durchaus aus dem Flügel entfernen mussten, so wäre kein Lokal passender und zweckmäßiger gewesen, als der Trichter. Das jetzige Lokal ist zu dumpf und zu feucht, und die Bücher müssen mit der Zeit verderben, sie mögen wollen oder nicht. Es sind doch beständig solche Poltrons vorhanden, die stets sich den Anstrich geben, als wenn sie in ihrem Wirkungskreise sparen wollen, und sich mit Sachen befassen, die über ihren Horizont gehen. Von diesen wird das Geld oft nutzlos verwendet, ja — förmlich verschleudert, und die Institute, wobei diese Subjekte das große Wort haben, werden total ruiniert. Von Dingen, wovon die Menschenseelen nichts verstehen, sollten sie billiger Weise ihre Hände ruhig ablassen; denn sonst ist das Ende vom Liede gewöhnlich eine beklagenswerte hündische Wirtschaft. — — — — — — — — — — — — — — — —*)

*) Freiwillige Censurlücke.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Doberan und seine Umgebungen.