Höchst entsprechend und zweckmäßig dekoriert ist der Speisesalon, woselbst auch die Bälle stattfinden. Er besteht aus zwei Sälen. ...

Höchst entsprechend und zweckmäßig dekoriert ist der Speisesalon, woselbst auch die Bälle stattfinden. Er besteht aus zwei Sälen. Unter einem rechten Winkel ist der neue Saal an den altern angebaut, in welchem täglich diniert und soupiert wird. Tritt der Fall ein, dass hier Mangel an Raum ist, so bedient man sich auch des alten Saales. Gemeinhin geschieht dieses des Abends, wenn Bälle sind. Bei Bällen ist die Musik auf einen Balkon postiert, die ganz vortrefflich zu nennen, und von dem Ludwigsluster Garde-Hautboisten-Korps, unter Direktion des Herrn Selike exekutiert wird. Neben diesem Salon folgt das geräumige Logierhaus, mit zwei etwas eingerückten Seitenflügeln. Von einem Pächter wird dasselbe gegenwärtig bewirtschaftet, der in demselben eine bequeme Einrichtung getroffen hat. Einige Kaufleute stehen auf der Diele aus. Rechts tritt man in das Spielzimmer, wo man Rouge et Noir und Pharo spielt. Hier wird Einem die Gelegenheit an die Hund gegeben, in ein Paar Minuten entweder Hunderte zu gewinnen, oder zu verlieren. Wie die holde Fortuna gelaunt, so zeigt sich hier das Glück oder Unglück. Crösusse hat die launenhafte Dame noch niemals geschaffen. Links ist das Konversations-Zimmer, an das ein Restaurations-Zimmer stößt. Verschiedene Zeitungen sind hier aufgelegt. In der nämlichen Linie prangt das vom Herrn Landmarschall Grafen Carl von Hahn erbaute süperbe Schauspielhaus, auf dem Seiten-Eingange mit der bedeutungsvollen goldenen Inschrift: „Erkenne dich selbst.“ Dieses Schauspielhaus ist das vorzüglichste und zweckmäßigste in Mecklenburg. Zur Seite, ungefähr in einer Entfernung von 12 Schritten, springt aus einem Schwan ein 26 bis 30 Fuß hoch tragender Wasserstrahl. In des Springbrunnens Bassin, umschlossen von einem eisernen Gitterwerke, schwimmen Goldfische. Das Erbgroßherzogliche Palais ist auch in des Theaters Nähe. Ein breites excellentes Trottoir von Fliesen führt vom Speisesalon nach diesem Palais.

Ist man von da in den breiten Fahrweg getreten, zu dessen beiden Seiten für die Fußgänger bequeme Pfade eingerichtet sind, so hat man, wenn man 50 bis 80 Schritte gegangen, die ansprechendsten und schattigsten Hölzungen, Boskets, Promenaden u.s.w. Tische und Bänke sind hier paßlich angebracht, und viele Badegäste trinken daselbst des Nachmittags und in den Abendstunden, in ungenierter, amüsanter Gesellschaft, Kaffee und Tee. Den Beinamen Amerika hat man dieser Gegend vermutlich wegen der Ähnlichkeit der sechs bis sieben Hölzungen mit einer Bergkette in Amerika beigelegt. Die Einbildung musste hierbei natürlich die Hauptrolle spielen. In der Mitte dieser reizenden Anlagen erhebt sich mit seiner Säulenpracht und vielen Stufen das schöne Stahlbad Die Quelle ward ganz zufällig im Jahre 1819 entdeckt. Klar wie Kristall ist das Wasser, hat einen angenehmen Geschmack, ist leicht zu verdauen, kömmt aus Steingrund hell und klar hervor, und ist so reichhaltig an Eisen, dass die Badenden von Eisen-Oker wie rot gepudert werden.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Doberan und seine Umgebungen.