Die im gotischen Geschmacke erbaute Doberaner Klosterkirche ist eine der ältesten Kirchen in Mecklenburg. ...

Die im gotischen Geschmacke erbaute Doberaner Klosterkirche ist eine der ältesten Kirchen in Mecklenburg. Sie ward schon gegen das Ende des zwölften Jahrhunderts, von 1186 bis 1232, erbauet, und ist noch jetzt wegen der darin befindlichen mannigfaltigen Denkmäler äußerst merkwürdig. Noch sehr viele heilige Reliquien werden in ihr gezeigt, welche, von den Mönchen gesammelt, oder teilweise von ihnen selbst zu Heiligtümern konstituiert, den früher in großer Anzahl nach Doberan wallfahrenden Katholiken zur Betrachtung und Verehrung vorgelegt worden sind. In dieser Zeit des finstern Aberglaubens wurden die fratres zu Doberan wegen ihrer Schätze und Glückseligkeit ausnehmend beneidet, und ihr Segen galt vor dem Segen hundert anderer Klöster. An der Südostseite Doberans liegt diese im Jahre 1831 neu ausgetünchte und verzierte Kreuzkirche. Sie hat eine Höhe bis zur Kuppel von 90 Fuß, eine Länge von 200 Fuß und eine Breite von 100 Fuß. Hell und geräumig, bildet sie ein schönes Andenken der alten Architektur. Aus jener Periode des Papsttums stammt noch der Hochaltar, geschmückt mit grotesken hölzernen vergoldeten Fluren. Unser allverehrter Großherzog Friedrich Franz beschenkte die Kirche im Jahre 1831 mit einer ganz vortrefflichen Kirchenuhr, die nicht allein die Voll-, sondern auch die Viertel-Stunden anzeigt. Zum Verfertiger hat diese den Herrn Hofuhrmacher Gärtner in Doberan, einen Rostocker von Geburt. Von den Kirchenuhren Mecklenburgs ist sie die schönste der Herr Hofuhrmacher Gärtner hat mit ihr große Ehre eingelegt. Derselbe ist in seinem Fache ein tüchtiger Künstler. Die Schlagglocken hatte der Kaufmann Herr Haak zu Rostock in seiner Eisengießerei anfertigen lassen. Mit unsäglicher Mühe waren sie im Jahre 1831 schon oben auf den Turm gebracht und dort befestigt, als man nun erst entdeckte, dass der Guss missraten sei. Sie wurden zurückgegeben, und man ließ sie im Auslande, und zwar im nahe gelegenen Stralsund gießen. Der Glockengießer Herr Zach, ein geborner Grätzer, der seine Kunst in Wien und Klagenfurt erlernt und ausgebildet, war es nämlich, der die beiden Glocken, eine, welche die Voll-, und eine, welche die Viertel-Stunden schlägt, lieferte. Sie wiegen zusammen 12 Zentner. Mit beiden Glocken hat der Meister Sich äußerst vorteilhaft empfohlen. Sie verdienen von Fremden besehen zu werden, obgleich das Hinaufsteigen im Turme mit einiger Mühe verbunden ist. Die Wappen des huldreichen Gebers und der Doberaner Gemeinde zieren beide. Die Schilder stehen auf klarem Grunde scharf und wohl ziseliert. Die Reinheit und Schönheit der Schrift sowie die Symmetrie der Buchstaben, können mit vollem Rechte ausgezeichnet genannt werden. Die Stimmung der Glocken steht eine Quinte voneinander; die Schwebung derselben ist rein und fest, und keine isolierte Nachschwebung zu bemerken, wie man diese wohl zuweilen bei andern Glocken wahrnimmt. Die Krone der kleinen Glocke ist aus großen Akanthusblättern, und der Kranz aus kleinern; die Krone der großen Glocke dagegen aus zusammengesetzten Blättern, und der Kranz aus einer Ligatur von Akanthusblättern gebildet. Alles ist gehörig geordnet, und klar aus dem reinen Grunde hervorgehoben. Die Kirchenuhr kostet mit allem Zubehör über tausend Taler, macht eine der vorzüglichsten Zierden Doberans aus. Wahr ist’s und bleibt es einmal, der Herr Hofuhrmacher Gärtner verdient als Künstler alle Achtung und großes Lob. Mit Lust und Liebe betreibt er die Uhrmacherei. Dass er sehr geschickt sei, hierfür sprechen die verschiedenartigen großen Stubenuhren mit mancherlei mechanischen Vorrichtungen, die man in vielen Hauern Doberans erblickt. Missgunst, die Wucherpflanze bei jedem Talente, beehrt auch ihn.

Die vielen gemalten Fensterscheiben der Kirche, die noch jetzt in aller Farbenfrische prangen, dürfen für den Altertumsforscher noch manche Ausbeute liefern, und besonders dem Heraldiker ein nicht unbedeutendes Interesse gewähren. Auch sind diese heiligen Hallen deshalb interessant, weil sie die Ruhestätte vieler fürstlichen Personen enthalten, nämlich zweier Obotriten-Könige, Niklot I. und Pribislaw II., zwölf Herrn von Werle, vieler mecklenburgischer Fürsten, namentlich des Herzogs Carl Leopold. Man sieht in der Kirche auch mehrere Gemälde ehemaliger mecklenburgischer und anderer Fürsten und Fürstinnen. Vergnügen gewährt das der Gemahlin Albrechts von Schweden und Mecklenburg, der Richardis, aus dem letzten Decennium des 14ten Jahrhunderts. Außerordentlich einfach ist der Anzug dieser Prinzessin. Keine goldene Ketten, sondern nur eine einfache rote Korallenschnur, woran ein goldner Ring befindlich, ist ihr Halsschmuck. Das Reichswappen steht neben derselben. Zu ihren Füßen liegt ihr Lieblingshund. Im Dreißigjährigen Kriege sind viele Denkmäler ihrer Kostbarkeiten beraubt, oder verstümmelt worden. Was die frivolen Horden der wütendenden Kaiserlichen unter Wallensteins Anführung nicht zerstörten und raubten, das taten die uns sonst befreundeten Schweden, erbittert darüber, dass der Herzog von Mecklenburg, Adolph Friedrich I., mit dem Kaiser Ferdinand II. Frieden geschlossen hatte. Die Kirche ward von den grimmigen Schweden erbrochen, und hierauf zur Plünderung derselben geschritten. Von dem Turme stürzte man die Glocken, riss von der Kirche das Dach, welches teils aus Blei, teils aus Kupfer bestand. Sogar der fürstlichen Leichen wurde nicht geschont. Man zerschlug die Särge, und das an denselben befindliche Blei schmolz man zusammen. Des Herzogs Adolph Friedrich erste Gemahlin, Anna Maria, Tochter der Gräfin Ennons von Ostfriesland, welche 1634 beigesetzt war, ward aus dem zinnernen Sarge geworfen. Hungrige Hunde fraßen die Leiche.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Doberan und seine Umgebungen.