Die Bademühle, eine kleine halbe Meile weit, wurde vor Zeiten häufiger besucht. Jetzt ist sie fast gänzlich der Vergessenheit überliefert, ...

Die Bademühle, eine kleine halbe Meile weit, wurde vor Zeiten häufiger besucht. Jetzt ist sie fast gänzlich der Vergessenheit überliefert, und lässt nur noch in den verfallenen und verwilderten Spuren von Anlagen ihre ehemalige Herrlichkeit verraten; auch scheint man hier nicht mehr auf den Empfang von Gästen eingerichtet zu sein. Der Weg dahin ist ganz angenehm. Anfangs fährt man auf der Bützower Landstraße über einige Hügel deren ansehnlichster, welcher wohl der höchste in Doberans Nähe sein mag, eine herrliche Aussicht, teils auf diesen Ort, teils über denselben hinweg bis zum Meere, teils mehr landeinwärts, darbietet. Bei Hohenfelde biegt man rechts von der großen Straße in einen begrasten Fahrweg ein, und kommt auf demselben zur Mühle herab. Der Fußweg ist zuerst von dem Fahrwege getrennt, und führt über die hinter dem Stahlbade, dann durch den Eichhäger, in dessen äußerstem Ende man noch die sogenannten Hünengräber, große aufgeworfene Hügel, in denen Aschenkrüge gefunden sein sollen, betrachten und besteigen kann, bis er jenseits desselben sich mit dem Fahrwege vereinigt.

Die Barenhorst, ein Gasthaus 1/2 Meile von Doberan, liegt hinter dem Nettelbruche und zwar hinter der Mitte desselben. Vor etlichen Jahren baute sich hier Madame Evers an. Der Weg ist magnifik. Man kann die Barenhorst zu Wagen und zu Fuß besuchen. Ein exzellentes, palastartiges Gebäude mit Säulen ladet den Badegast ein. Zauberhaft ist die Aussicht. Rechts Doberan mit seinem dampfenden Schornsteinen, gerade vor sich der Buchenberg, die schöne Kirche und die holländische Windmühle, und links präsentiert sich wieder in der Ferne das ehrwürdige Rostock. Hat man sich unter die Säulenhalle gesetzt, so kann man gar nicht wieder aufstehen, so sehr wird man hier gefesselt, und die liebe, freundliche und zuvorkommende Behandlung, die man an diesem wonnigen Orte genießt, lässt wahrhaftig wünschen, hier immer verweilen zu können. Die Benennung Barenhorst klingt gar zu rau. Sie wäre weit besser in Freudenhain oder Freudenhorst umgemodelt und umgewandelt. Speise und Trank schmeckt hier ausnehmend gut, und wer ein Freund und Verehrer von einem guten Tische ist, der bringe hier einen Abend zu, und lasse sich von der guten Wirtin Fische und Kartoffeln vorsetzen; sie werden ihm so sehr munden, dass er selbst gestehen muss, sie niemals in ländlicher Abgeschiedenheit so delikat als hier gegessen zu haben, und besonders wird dies der Fall sein, wenn ein exzellenter Brachsen den Tisch beschwert. Ob die veritable Geschicklichkeit der Wirtin bei der Bereitung der Speisen, oder ob es ein anderer Grund ist, warum es hier so schön schmeckt, das bleibt ein Rätsel. Kurz und gut, Freudenhorst, wie wir es nennen wollen, ist ein himmlischer Ort.


Der Weg zum Bade ist freilich bedeutend weiter, als der nach den eben angeführten Vergnügungsorten, eine sehr gute halbe Meile lang, aber auch sehr angenehm. Entweder kann man erst etwas am Jungfernberge hin, und dann auf dem sogenannten Jagddamme fahren, einem Wege, welcher über die Viehweide in die Badeallee führt und eine schöne freie Aussicht auf Doberan gewährt, oder man fährt gleich vom Orte aus bei dem Holländer und dem Kammerhofe vorbei, in die Allee, welches der bessere und auch der gewöhnliche Weg ist. Nachdem man ein Viertel des Weges zwischen Feldern und Wiesen zurückgelegt, und während dessen manche schöne Aussicht, besonders links gegen Doberan, welches durch den dunkelgrünen Grund, den der Zeplin, Eichhäger und Zuschlag dicht hinter dem Orte bilden, noch freundlicher hervortritt, genossen hat, Aussichten, die sich auf dem Rückwege vom Bade, wo man denn auch ungefähr in der Mitte fischen Doberan und dem Nettelbruche links Rostocks Türme erblickt, noch schöner darstellen, wird man in die Schatten eines herrlichen Buchenwaldes, des Nettelbruchs, aufgenommen, und gelangt so allmälig, nachdem man auf den in gewissen Entfernungen angebrachten Bänken zuweilen ausgeruht hat, zum Badehause. Der vorzüglich schön unterhaltene Fahrweg zieht sich immer neben dem Fußpfade hin, nur mit dem Unterschiede, dass er da, wo jener in den Wald hineinführt, am Rande desselben hinläuft, und links die Aussicht in’s Freie gestattet, bis auch er zuletzt eine kurze Strecke lang den Wald durchbricht. Schwächere Personen, wie auch die, welche baden wollen und daher sich nicht ermüden und erhitzen dürfen, müssen dahin fahren. In dem Augenblicke, wo man das Dunkel des Buchenwaldes verlässt, breitet sich dicht vor dem Auge, wenn man sich etwas rechts wendet, die offenbare See majestätisch aus, dem, der sie noch niemals sah und sie hier zum ersten Male erblickt, ein höchst überraschendes Schauspiel.

Man muss, wenn man ankömmt, den Blick links wenden, sich nach dem neuen Säulengebäude begeben, und dann, wenn man die Mitte erreicht, sich rasch umdrehen, und man genießt einen Anblick, den Worte zu schildern nicht im Stande sind. Unwillkürlich presst sich aus der Brust ein Ausruf des Anstaunend empor, und abgezogen von allen andern äußern Gegenständen, haftet der Blick, in Bewunderung und Entzücken verloren, auf dieser unabsehbaren Ebene; sie mag nun auf ihrer sanft wellenden oder fast spiegelglatten Fläche die ruhige Atmosphäre tragend, in den Strahlen der Sonne weiterhin mit dem dunkelsten Violett, näher am Ufer aber mit dem schönsten Grün gefärbt, erscheinen, und hier das täuschende Bild weit ausgedehnter, in ihrem herrlichsten Schmucke prangender Wiesen darstellen; oder es mögen von Winden geschüttelt, trüb und dunkel, vom fernsten Horizonte her die Wellen sich jagen, übereinander stürzen, brausend und schäumend auf den Untiefen und am Ufer sich brechen und die Steine zusammenrütteln, dass man deutlich und vernehmlich das Geklapper und Aneinanderschlagen derselben durch das Brausen der Wogen hindurch vernimmt. Ängstlich sieht dann zwar ein ungewohntes Auge das Schwanken der fernen großen Schiffe und das Tanzen und Schaukeln der näher am Ufer befindlichen Boote, ein leichtes Spiel der rollenden, tosenden Wellen; aber unbesorgt ist der Seemann, denn wie die drohende Welle das Fahrzeug berührt, nimmt sie es auf ihren Rücken, schmiegt sich friedlich unter ihn hindurch, lässt es sanft hinter sich hinabgleiten, und übergibt es der folgenden Welle zu gleicher friedlicher Bewegung. In diesen und ähnlichen Betrachtungen und Anschauungen verloren, hat man es kaum gemerkt, dass man sich auf dem großen Platze vor dem Bade- und dem Gesellschaftshause unter einem bunten, gemischten Getümmel von Menschen und Pferden und Wagen befindet. Allmälig zieht man sich unter den schönen hohen Säulengang vor dem Gesellschaftshause zurück, wählt sich dort auf einer der Bänke ein Ruheplätzchen, von wo man das Meer überschauen kann, labt sich noch länger an dem großen, herrlichen Schauspiele, und macht sich nach genossener Ruhe bereit, auch das Innere des schönen Gebäudes, so wie die übrigen Anlagen und Partien am Strande und im Walde in Augenschein zu nehmen, und sich der Fürsorge des Landesfürsten zu freuen, der auch hier, wie in allen den Anlagen, deren schon öfterer Erwähnung geschehen, durch zweckmäßig und schon angelegte und unterhaltene Fußpfade, Fahrwege, Ruhebänke u. s. w. demjenigen, der Gottes freie Natur schätzt, oder sie hier zu seiner Stärkung aufsucht, den Genuss derselben bedeutend erhöhet und erleichtert hat. Ein großes Vergnügen verschafft auch noch die Hinfahrt zum Großherzoglichen Lustschiffe Alexandrine, welches in seinem Befehlshaber, dem Herrn Kapitän Krahnstöver, einen charmanten, liebenswürdigen Mann besitzt, der sich in jeglicher Beziehung ganz einem Flottenkommandeur qualifiziert. Die Zuvorkommenheit, womit er jeden ihn besuchenden Fremden beehrt, er mag sein, wer er wolle, verdient wahrlich Lob. Mit einer ausgezeichneten Bereitwilligkeit führt er den Fremden in dem schönen Schiffe umher, und zeigt demselben die innere geschmackvolle Einrichtung. Die ganze Schiffsbesatzung hat in Herrn Kapitän Krahnstöver einen guten Lehrer gefunden, der Ernst und Würde mit Freundlichkeit zu verbinden weiß.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Doberan und seine Umgebungen.