Zur Baukunde des Mittelalters - Blätter zur Geschichte der Kirche zu Doberan - Der Hochaltar

von G. C. F. Lisch

Die herrlich gebauete und geschmückte Kirche zu Doberan ist wiederholt der Gegenstand unserer Forschungen gewesen und in ihren Einzelheiten in Jahrb. IX, S. 408 flgd. und XIII, S. 418 flgd, zur Untersuchung gezogen. Von diesen Forschungen blieben einstweilen mehrere Hauptstücke der Kirche unberücksichtigt, wie der Hochaltar, das Tabernakel, das große Crucifix und anderes, weil es, aufrichtig gesagt, zu schwer war, in einigen Tagen, ja selbst in einigen Wochen, eine auch nur einigermaßen befriedigende Beschreibung davon zu entwerfen, dagegen diese Kunstwerke zu viel Tiefe haben, als daß man sie leichtfertig abthun dürfte.


Die Restaurirung der doberaner Kirche gab dringende Veranlassung zu einer tiefen und überzeugenden Forschung. Unser kunstsinnige und einsichtsvolle Großherzog war es, der den Gedanken zur Restaurirung der Doberaner Kirche faßte und zur Ausführung brachte, die Anordnung entwarf und mit inniger Theilnahme begleitete. Seit drei Jahren ist das gesammte Gestühle theils restaurirt, theils neu geschaffen; dabei ist aller Plunder des vorigen Jahrhunderts aus dem Tempel geworfen und manches Kunstwerk alter Zeit wieder zu Ehren gebracht; viele verworfene Stücke fanden zur Freude Aller nach Jahrhunderten ihre Stelle wieder.

Im Jahre 1847 begann in Schwerin die Restaurirung des Tabernakels, welches im J. 1848 wieder aufgestellt ward. Im Frühling 1848 ward die Restaurirung des Altars, der zu diesem Zwecke nach Schwerin geschafft war, auf Allerhöchst eigene Anordnung des Großherzogs K. H. unter der Leitung des Bauraths Bartning und meinem Beirath begonnen und im Frühling 1849 beendigt. Diese Restaurirung, welche mit vollkommener Sicherheit geführt werden mußte, gab Veranlassung und Gelegenheit zu umfassenden Studien und Correspondenzen, welche denn auch endlich zu einer möglichst vollständigen Erkenntniß führten, so schwierig freilich auch der Angriff des Werkes ward. Doch gelang es bei ununterbrochener, gewissenhafter Aufmerksamkeit, und eben so gewissenhaft kann versichert werden, daß nichts verabsäumt ist, um das Werk in seiner ursprünglichen Beschaffenheit wieder herzustellen.

Der Hochaltar der Kirche zu Doberan.

Der alte Hochaltar der Kirche zu Doberan ist das bedeutendste Kunstwerk seiner Art in Meklenburg und gewiß eines der seltensten in ganz Norddeutschland. Er erregte früher wohl durch seine Architectur Aufmerksamkeit, aber nicht durch seine innere Bedeutung, weil das Ganze entstellt und beschädigt, und daher nicht so leicht zu erkennen war. Die in der Zeit 1848/49 ausgeführte Restaurirung führte nothwendig zur vollständigen Erkenntniß des Ganzen und des Einzelnen.

Der Altar besteht aus einer Mitteltafel und zwei einfachen Flügeln. Die Flügel enthalten Reihen von Heiligenfiguren, von denen mehrere fehlten. Die Mitteltafel war mit kleinen, aus dem 17. Jahrh. stammenden Oelgemälden bedeckt, welche Scenen aus der Leidensgeschichte Christi darstellten. Auffallend waren die herrlichen, durchbrochenen Thürme, welche den Mitteltheil krönten. Als im J. 1848 diese kleinen Oelgemälde als völlig unbedeutend und unbrauchbar abgenommen und verworfen wurden, erblickte man tiefe, nach vorne geöffnete Schreine, welche man durch die Oelgemälde zugedeckt hatte. Jetzt erhielt die Forschung eine ganz andere Richtung.

Der Mitteltheil des Altars bildet nämlich keine Tafel, sondern ein Haus von etwa 1 1/2 Fuß Tiefe. Es ist hinten und an den Seiten durch Bretterwände verschlossen. Nach vorne ist dieser Bau geöffnet und durch Säulen und Bogen in 7 spitzbogige Abtheilungen getheilt. Die mittlere Abtheilung bildet eine freie, ungetheilte Halle, welche mit einem einfachen Spitzbogen geschlossen ist. Die andern 6 Abtheilungen sind nicht allein der Länge nach durch ein Säulchen, sondern auch in der Mitte queer durch ein Brett, welches auf Kapitälern ruht, getheilt. Man hat also an jeder Seite der ungetheilten Halle 6 kleine, nach vorne geöffnete Doppelschreine vor sich. Alle Hauptbogen und alle durch die Theilungen entstandenen Nebenbogen sind mit architectonischen Ornamenten und Rosetten in edlem Style reich verziert und vergoldet. Das Ganze erscheint wie eine prächtige Spitzbogenhalle. Im Innern sind die 7 Abtheilungen, welche nicht durch Seitenwände geschieden sind, mit sehr zierlichen Spitzbogengewölben in Holz gewölbt. Die innern Wände sind roth gemalt, die Gewölbekappen weiß, die Gewölberippen roth und blau, nämlich die Kreuzgurte roth, die Hauptgurte blau. Vielleicht ist diese Färbung der alten Färbung der doberaner Kirche entlehnt; in dieser allein im ganzen Lande sind noch heute die Wände roth und die Gewölbe weiß: wieder ein Beweis für die Polychromie im Mittelalter. In der Hinterwand sind 3 Thüren, von denen die eine in den mittlern Schrein, die beiden andern je zu den Seitenschreinen führen; die Thüren sind offenbar dazu bestimmt gewesen, um von hinten etwas in die Schreine stellen zu können. Ueber jeder der 7 Bogenöffnungen erhebt sich ein mit vergoldetem Laubwerk reich verzierter Giebel; der Grund dieser Giebel ist abwechselnd roth und blau gemalt. Auf jedem Giebel steht eine durchbrochene Pyramide und über dem mittlern Schrein ein hoher, prächtiger, in durchbrochener Arbeit geschnitzter Baldachin. Der Fuß dieses Baues enthält unter dem Mittelschreine, seitwärts etwas hinüberragend, in figürlicher Darstellung die Krönung der Maria durch Christus. An jeder Seite sind, wie oben, jedoch nicht ganz correspondirend, 3 queer getheilte kleine Schreine, wodurch an jeder Seite 6 viereckige Fächer zum Hineinstellen von Geräthen gebildet werden. Dieser Fuß, welcher mit der untern Reihe der Figuren in den Flügeln übereinstimmt, ist offenbar jüngere Arbeit.

Die Oeffnung dieser Schreine war für den ersten Augenblick allerdings überraschend. Jedoch gewann bald die Ansicht Raum, daß diese Schreine (Localamente) zur Aufstellung von Reliquien benutzt worden seien. Im Fortschritte der Forschung gelang es, in den Archiv-Acten das bei der Säcularisirung im J. 1552 aufgenommene, hier im Folgenden abgedruckte Verzeichniß der in dem Hochaltar aufgestellt gewesenen Kleinodien aufzufinden.


Anno dni. 1552 ahm Mandag na Inuocauit ahnn klenodyenn in der kirchen zu Dobberan Im hogenn Alter Befundenn vnd in eine kastenn gelecht, verslatenn vnd versiegeldt, wie volget.

III
Swarte horner mith silber beslagen vnd vorguldet.

I
Weisse fischthenne mit silber beslagenn, dar anhe ein silberenn ketken vnd obenn mit einem Creuze.

I
Sunt Nicolaus Handt mit silber beslagenn vnd dar anhe eine sunte Nicolaus thene mith einem Ringe voruatet.

II
Tauelenn mith silber beslagenn, in der einen ist Marienn vorkundinge, In der andernn ein Cruzefix, und thom delle vorguldet.

I
vorguldet Heusselin, sint thwie stucke; dar inne ißh gewesenn Hilligedom.

I
Elfenbenenn horne mith silber beslagenn, Isth vorguldet, dar anhe ein silber kette.

VI
Tauelen mith silber beslagenn, dar inne etzliche glassene steine aller verue, voruatet mith elfenn Benenn Bildenn.

II
Silbernn Ringelin.

I
Strus Eig, Bauenn vnd Neddenn vorguldet.

I
vorguldede Munstranzie.

I
vorgulde Oligebusse.

I
vorguldet Pixtenn.

II
Silbernn Crucefix vorguldet mith einem silbernn Here godt; Noch

I
Silbernn Here godt.

II
Silbernn kelcke mith thwenn patenenn, sinth vorguldet.

I
Klein silbernn kelkenn.

I
Horne kelckenn mith einem silbernn vote.

XII
Silbernn Becker in ein ander gesettet, mith einer Decke, isth vthwendig vorguldet.

XII
Silbernn Lepel.

I
Silbernn klosters Ingesigel

II
kopperen klosters Ingesigel


Aus diesem Verzeichnisse ergiebt sich, daß in den Schreinen die kirchlichen Kleinodien des Klosters aufgestellt waren, nicht allein Reliquien, sondern auch Statuen und Bilder, wahrscheinlich wunderthätige, ja selbst wichtige Geräthschaften des Klosters, wie z. B. die Siegel des Klosters und die silbernen Bischofsringe 1) des Abtes. - In dem mittlern, nicht queer getheilten Schreine stand wohl entweder ein Marienbild, oder eines von den in dem Verzeichnisse aufgeführten Crucifixen.

Zugleich wird durch dieses Verzeichniß die Sage widerlegt, der doberaner Hochaltar sei im 17. Jahrh. aus der Schloßkirche zu Güstrow nach Doberan versetzt worden; der Altar ist der uralte Altar der doberaner Kirche.

Die merkwürdige Einrichtung des Altars zeugt für dessen hohes Alter, indem sie noch lebhaft an die Einrichtung der ältesten Altäre erinnert. - Der Altar der alten christlichen Kirche stand der östlichen Schlußwand nicht so nahe, wie jetzt, sondern war mehr gegen Westen nach der Kirche hineingerückt; der Priester stand in der halbkreisförmigen Altarnische hinter dem Altare auf der östlichen Seite desselben und schauete in die Kirche hinein. Der alte Altar 2) war länglich-viereckig, auch an den Seiten bedeckt, inwendig hohl und mit Thürchen versehen, denn in dem hohlen Innern standen stets die Reliquien eines Märtyrers, von dem die Kirche den Namen trug; der alte christliche Altar glich also der jüdischen Bundeslade. Er war außerdem von einem schützenden Ueberbau überdeckt, welcher Ciborium genannt ward, von der heiligen Speise (cibus), welche nicht allein auf dem Altare geweiht, sondern auch über dem Opfertische für die Kranken aufbewahrt ward. Das Ciborium, welches noch jetzt in dem Traghimmel der katholischen Kirche existirt, ruhete auf frei stehenden, dünnen Säulen, zwischen welchen Vorhänge (intravela) von der Decke herabhingen; diese Vorhänge, welche den Altar gewöhnlich umhüllten, wurden während der Versammlung der Gläubigen beim Opfer geöffnet. Oben auf dem Ciborium stand ein Crucifix. Gegen das dreizehnte Jahrhundert, also mit der ersten Entwickelung des Spitzbogenstyls, erhielten die Altäre allmählig ihre jetzige Gestalt; der innere hohle Raum verlor sich, obgleich der Altar nach der Sitte der ersten Christenheit noch immer ein heiliges Ueberbleibsel in sich aufnahm, und der Priester trat vor den Altar. Im 13. Jahrh. finden wir, wiewohl noch sehr selten, mancherlei Uebergänge, im 14. Jahrh. werden die Flügelaltäre gewöhnlich und im 15. Jahrh. werden die oben grade abgeschnittenen Flügelaltäre ganz allgemein; bei weitem die meisten alten Flügelaltäre bei uns stammen aus dem 15. Jahrh. Mit der Entstehung der neuern flachen Altartafeln trennte sich auch der Altar vom Tabernakel, welches das Ciborium ersetzte.

Vergleichen wir hiemit den Aufsatz des doberaner Altars in seinem Mitteltheile, so haben wir in demselben ganz die Nachbildung eines Altars der ersten christlichen Kirche: einen länglich-viereckigen, umher bedeckten, hohlen Raum, welcher zur Aufbewahrung der Reliquien bestimmt ist, überdeckt von einem schützenden Dache (Ciborium), welches oben in einem Baldachin ausläuft, unter welchem ein Crucifix stand.

Diese dem doberaner Altare ähnlichen Altäre aus der Uebergangszeit vom frei stehenden Altare zum flachen Flügelaltare waren ehemals häufiger; jetzt sind sie schon selten geworden. Der Dom zu Münster hat noch einen solchen Altar mit gemalten Seitenflügeln; die Stiftskirche zu Essen hatte früher einen ähnlichen, schönen Hauptaltar, welcher jetzt, seiner Flügel beraubt, auf einem Seitenchore steht. In einem Altare im Dome zu Cölln, dessen Nischen jedoch sehr flach sind, ist die Hinterwand auf Goldgrund bemalt 3). Der Altar des ehemaligen Cistercienser-Mönchs-Klosters zu Cismar in Holstein, welches im J. 1238 von dem S. Johanniskloster in Lübeck getrennt und nach Cismar verlegt ward, hat nach der Beschreibung im dreizehnten Bericht der königl. schlesw. holstein. lauenburg. Gesellsch. für Erhaltung und Sammlung vaterländischer Alterthümer, Kiel, 1848, S. 65, einen ähnlichen Altar. Dieser Altar ist ein Schrein. Das Mittelstück tritt anderthalb Fuß zurück und enthält, durch fünf Nischen und drei Queerbretter in funfzehn Felder getheilt, eben so viele Darstellungen aus dem Leben Christi, nur in der obern Reihe außer der Kreuzigung vier dafür vorbildliche Scenen aus dem alten Testamente, alle halb erhaben. Auch die beiden Seitenwände des Schreines haben jede fünf Bilder; alle sind, so wie auch die Stäbe der Nischen, mit bunten Farben verziert und vergoldet. Eben so scheinen die fünf Frontons über den Nischen mit ihren Bildern wohl erhalten, wie auch die über den Abtheilungen der beiden Thürflügel. Arnd bezieht die

Darstellungen auf den beiden Thüren richtig auf die Legende des H. Johannes (von dem ursprünglichen S. Johanniskloster zu Lübeck) und des H. Benedict (des Ordensstifters). - Ohne Zweifel haben wir hier also einen ähnlichen Altar, wie zu Doberan. Der doberaner Altar ist nicht allein nach seiner Construction, sondern nach allen andern Eigenthümlichkeiten für unsere Gegend sehr alt. Alle Bau-Constructionen sind durchaus rein und in den edelsten Verhältnissen des Spitzbogenstyls; alle Ornamente sind noch wohl verstandene, reine Blattformen; alle Figuren sind einfach, schlank und gefühlt; Faltenwurf und Färbung (nur golden und blau) sind einfach und geschmackvoll: es fehlt an den Figuren der später allgemein üblich werdende Wechsel zwischen roth und blau. Vorzüglich aber zeichnet sich der Altar dadurch aus, daß alle Gliederungen des Baues halbrund-erhaben und vergoldet sind, während in den folgenden Zeiten alle Gliederungen, wie Säulchen, Bogen u. dgl. ausgekehlt und roth und blau lasurt sind.

Der doberaner Altar ist der einzige seiner Art und ohne Zweifel der älteste in Meklenburg, und zugleich wohl eines der reinsten, edelsten Kunstwerke, welche unser Land besitzt.

An dem Mitteltheile hangen zwei flache Flügel, welche an jeder Seite drei Doppelnischen und eine einfache Nische, also im Ganzen 14 Nischen haben. Diese Flügel sind in drei Reihen queer getheilt; diese Queertheilungen entsprechen den Queertheilungen des Mittelschreines. In den Nischen stehen halb erhaben geschnitzte Figuren, welche je zwei und zwei gewöhnlich eine Gruppe bilden. In den beiden obern Reihen, welche den Queertheilungen des Hauptschreines entsprechen, stellt die obere Reihe die Geschichte Christi dar, die darunter stehende Reihe die entsprechenden alttestamentlichen Typen. Diese Figuren sind sehr schlank, einfach, edel und rein gehalten.

Die unterste Reihe, welche dem Fuße des Altars mit den 12 kleinen, viereckigen Schreinen und der Krönung der Maria in der Mitte entspricht, enthält die 12 Apostel und die Heiligen Georg und Gregor. Diese Apostel- und Heiligenfiguren, welche mit den Figuren Christi und Mariä in der Krönung Mariä von gleicher Arbeit sind, sind in ganz anderm Style gehalten; wenn auch die Technik mitunter vollkommen ist, so fehlt doch das rechte Verständniß und der Geist: die Figuren sind nach einem herrschenden Typus mehr fabrikmäßig gearbeitet, obgleich sie immer sehr beachtenswerth sind. Die Figuren sind schon kleiner und gedrückter; die Stellung und Gewandung ist mehr manierirt; die Färbung ist bunt und gesucht, namentlich ist aber das durchaus ungewöhnlich, daß die Untergewänder der Figuren alle versilbert sind. Versilberung ist, außer in heraldischen Fällen, an alten Altären des Mittelalters so selten, daß ich sie sonst noch nirgends beobachtet habe. - Ueberdies entsprechen sich die Längstheilungen zwischen den obern Reihen und der untern Reihe nicht ganz genau.

Hieraus ergiebt es sich, daß der Altar aus zwei Stücken aus ganz verschiedenen Zeiten zusammengesetzt ist. Die obern gewölbten Schreine mit den Baldachinen und die beiden obern Reihen der Figuren in den Flügeln bilden den alten Altar der Kirche und stammen aus dem dreizehnten Jahrhundert oder der ersten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts. Der Fuß mit der Krönung Mariä und die untere Reihe der Flügel mit den Figuren der Apostel sind frühestens in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts angesetzt, vielleicht zur letzten Einweihung der Kirche und aller ihrer Geräthe im J. 1368.

Die Rückseiten der Flügel waren mit Gemälden auf Goldgrund bedeckt, und zwar mit eben so viel Figuren als vorne Doppelnischen sind. Der rechte Flügel enthielt: Maria, Johannes Ev. und einen Abt (H. Benedict?), der linke Flügel enthielt Johannes d. T., Andreas und einen Abt (H. Bernhard), alle fast in Lebensgröße. Von den Rückseiten der beiden einzelnen Nischen enthielt jede zwei ganz kleine Gemälde, von denen nur eines, der bethlehemitische Kindermord, zu erkennen war.

Die Seitenwände des tiefen Mitteltheils, welche von dem Chorumgange aus noch zu sehen waren, waren ebenfalls mit Gemälden bedeckt: rechts oben die Segnung der Maria durch Christus (Maria und Christus) und unten zwei Evangelisten, links die Verkündigung Mariä (Maria und Engel) und zwei Evangelisten. Alle diese sehr beschädigten Gemälde waren durchaus nicht mehr zu erhalten, und da sie für die heutigen Zwecke nicht gebraucht wurden, so erschien die ganz neue Herstellung als überflüssig.



Die Figuren des Altars haben einen so bedeutenden Kunst- und kirchengeschichtlichen Werth, daß die folgende Beschreibung derselben dadurch gerechtfertigt erscheinen wird.

Die obere Reihe enthält die Geschichte Christi in den Hauptbegebenheiten von Johannes dem Täufer bis zu Christi Auferstehung. Man kann aber diese Reihe wieder gliedern, indem der linke Flügel mehr Mariä Freuden (Mariä Verkündigung, Christi Geburt, Christi Darstellung), der linke Flügel mehr Christi Leiden (Christi Geißelung, Kreuztragung, Kreuzigung) darstellt. Diese Theilung findet sich äußerst häufig, daß nämlich ein Flügel mehr auf die Maria, der andere mehr auf Christus Rücksicht nimmt. Maria und Christus sind im Mittelalter die Hauptmotive des ganzen Cultus; daher gehen ihre Farben und Gewächse durch das ganze Ornamentenwesen: roth für Christus als König, blau für Maria als Himmelskönigin; der Weinstock für Christus, die Lilie (jedoch golden) für Maria.

Daher besteht das Ornament der ältesten, mit dem Schnitzwerke aus derselben Zeit stammenden Glasmalereien in der Kirche zu Doberan, von der jedoch nur wenige Reste vorhanden sind, aus Weinlaub, welches eine goldene Lilie in rothem Felde einschließt. Die beiden Reihen der Darstellung für Maria und Christus finden in der Krönung Mariä durch Christum, wie der gekrönte Christus der anbetenden Maria die Krone des Lebens hinreicht, ihre Vereinigung, wie sie sich auch im Fuße des doberaner Altars in der Mitte findet.

In der mittlern Reihe darunter stehen die alttestamentlichen Typen, nicht ganz in chronologischer Folge.

In der untern Reihe stehen die 12 Apostel und der H. Georg als Sieger und der H. Gregor als Vollender der Kirche.

Obere Reihe.
Rechter Flügel.

A. Johannes der Täufer, mit einem edlen, ruhigen Gesichte, fast wie Christus, mit gescheiteltem, langen, braunen Haupthaare und ziemlich langem, ganz spitzen, gespaltenen, ziemlich glatten Bart, mit bloßen Füßen, in gewöhnlicher, idealer Kleidung, ohne härenes Gewand; im linken Arme trägt er eine runde Scheibe, auf welcher auf blauem Grunde ein Lamm mit der Siegesfahne, Relief aus Kreidemasse, steht (agnus dei); mit der Rechten zeigt er auf das Lamm.

B. Verkündigung Mariä.

a. Der Engel, mit jugendlichem Gesichte und kurzem, lockigen, braunen Haar, um welches ein einfacher goldener Reif geschlagen ist. Der Leib ist ganz in ein faltiges Gewand gehüllt, so daß die Formen wenig hervortreten; vor der Brust ist das Obergewand durch ein viereckiges Juwel zusammengehalten. Die Füße sind mit schwarzen Schuhen bekleidet. Von den beiden langen Flügeln, welche ganz vergoldet und oben mit braunem Gefieder leicht bemalt sind, steht der eine nach oben, der andere nach unten. Die rechte Hand ist segnend erhoben; die linke Hand trägt ein Spruchband (Luc. 1, 28):

b. Maria, mit einem weißen Schleier über dem etwas gesenkten Haupte. Mit der linken Hand hält sie das Obergewand vor der Brust zusammen. Die rechte Hand ist wie abwehrend oder staunend erhoben; von derselben hängt ein Spruchband herunter (Luc. 1, 38):

C. Christi Geburt.

a. Maria sitzt auf einer mit einem weißen Tuche bedeckten Erhöhung und vor einem faltigen, weißen Vorhange, mit gefaltenen Händen anbetend vor der Krippe.

Die Krippe sitzt an einer Wand, an welcher zwei Spitzbogenfenster mit Rosetten in der Wölbung, gemalt sind. In der goldenen Krippe liegt das Christkind in goldenen Windeln. Ueber der Krippe, neben dem Vorhange, sehen Ochs und Esel hervor.

b. Joseph in vorschreitender Bewegung gegen Maria, mit kurzem, spitzen, am Ende etwas gespaltenen Bart und kurzem, lockigen Haar, das Haupt mit einer flachen, achteckigen Mütze bedeckt, welche unten umgeschlagen ist und oben einen kurzen Kegel hat. Das Untergewand ist etwas kurz und reicht nur bis zwischen Wade und Enkel hinab. Das Obergewand ist über die Schultern geschlagen und unter dem linken Arme zusammengehalten. Die linke Hand ist auf einem Krückstock gestützt, die rechte staunend erhoben.

D. Christi Darstellung (Mariä Reinigung).

a. Maria, mit einem weißen Schleier über dem Haupte. In beiden erhobenen Händen hält sie zwei weiße Tauben neben einander.

b. Simeon (Luc. 2, 28) mit langem, spitzen, schwarzen Bart und langem, glatten, gescheitelten Haupthaar. Er steht im Untergewande und hat rothe Strümpfe und schwarze Schuhe an. Ueber die rechte Schulter hat er ein faltiges, weißes Tuch geworfen, unter welchem er beide Hände hält und so damit das Christkind anfaßt, welches er auf dem Altare hält. Das Christkind, im goldenen Hemde ohne Gürtel, welches die rechte Hand segnend empor und die linke vor der Brust hält, sitzt auf der rechten Hand des Simeon, der ihm die linke auf das linke Knie legt. Mit den Füßen steht das Christkind auf einem von Ziegelsteinen aufgeführten und mit einem weißen, bunt gestreiften Tuche behängten Altare.

Mitteltheil des Altars.

Linker Flügel.

E. Christi Geißelung.

a. Kriegsknecht mit gerunzelter Stirn, mit kurzem, dichten, zottigen Bart und Haupthaar, den Kopf mit einer runden, weißen, oben hoch zugespitzten, unten umgeschlagenen Mütze bedeckt. Er trägt nur ein Unterkleid, welches bis zu den Knieen im Gürtel aufgeschürzt ist; die Beine sind mit rothen Beinkleidern und schwarzen Strümpfen bekleidet. Er hält mit beiden Händen ein Ruthenbündel, welches oben besenartig gestaltet ist, und holt in etwas gekrümmter Gestalt rechts hin damit aus.

b. Christus, mit ganz kurzem, etwas lockigen Bart und sehr langem, gescheitelten Haupthaar, nackt und mit blutigen Wunden bedeckt, mit einem kurzen Tuch um die Hüften bis an die Kniee, mit beiden Händen vor der Brust an eine vor ihm stehende Säule gefesselt.

F. Christi Kreuztragung.

a. Maria hat das Haupt zunächst mit einem weißen Schleier bedeckt, dann außerdem das eine Ende des Obergewandes über das Haupt geworfen. Sie hat die beiden Hände schmerzhaft ringend gefalten und erhoben und folgt so Christo nach.

b. Christus, wieder mit kurzem Bart und langem Haar, nur mit dem Untergewande bekleidet, schreitet aufrecht, jedoch mit schweren Schritten vorwärts, das fast stehende, rechtwinklig gestaltete Kreuz mit sehr langem Stamme auf der linken Schulter haltend.

G. Christi Kreuzigung.

a. Maria, das Haupt mit einem Schleier bedeckt, aufwärts sehend und die Hände rückwärts gegen die Schultern erhoben.

b. Christus, sterbend am Kreuze hangend, in gebogener Stellung das Haupt gegen die Brust gesenkt. Die Queerbalken des Kreuzes sind nicht rechtwinklig zu dem Stamme gestellt, sondern gehen in einem Viertelkreisbogen aus dem Stamme hervor. Die über einander gelegten Füße sind auf einen an dem Kreuze befestigten Klotz genagelt. Auf der Spitze des Kreuzstammes steht ein Brett mit der Inschrift:

I. N. R. I.

H. Christi Auferstehung. Christus, leicht in ein Obergewand gehüllt, so daß die Brust und der rechte Arm entblößt sind, steigt mit dem linken Fuß aus dem Grabe, welches von der schmalen Seite dargestellt ist. Er hat die rechte Hand segnend erhoben und hat in der linken Hand die auf dem Boden gestützte Siegesfahne. Zu den Füßen des Grabes sitzen zwei schlafende Krieger, den Kopf in die linke Hand gestützt; sie sind ganz, auch über den Kopf, mit einem Ringpanzer bekleidet, so daß nur das Gesicht frei ist; darüber haben sie einen kurzen, vergoldeten Wams. In der linken Hand hält jeder der Wächter einen Schild, der noch die schöne Form der Schilde aus der ersten Hälfte des 14. Jahrh. hat; die Schilde sind roth bemalt: der vorwärts gekehrte, zur rechten Hand Christi, der etwas beschädigt ist, scheint nur roth gefärbt gewesen zu sein; der Schild, den der Wächter zur Linken Christi hält, ist seitwärts gekehrt und hat auf rothem Grunde ein weißes Andreaskreuz mit einem weißen Kreise in jedem Winkel. Dieses Wappenzeichen, welches am Ende der ganzen Darstellung steht, unterscheidet sich von dem Wappen der von Flotow nur durch die Richtung der Kreuzbalken; jedoch ist kein Zusammenhang zwischen dem Kloster Doberan und der Familie von Flotow zu irgend einer Zeit zu entdecken.

Mittlere Reihe.
Rechter Flügel.

I. (Eva. Die erste Figur war verloren gegangen; es ist dafür die Eva gewählt. Die erste Reihe der neutestamentlichen Darstellungen enthält, wenn auch zur Geschichte Christi gehörend, doch mehr eine Darstellung der Freuden der Jungfrau Maria in Beziehung auf Christus (die Verkündigung Mariä, die Geburt Christi und die Darstellung Christi im Tempel); eine große Anzahl mittelalterlicher Altäre ist zwischen Mariä Freuden und Christi Leiden so getheilt, daß jedem Cyclus einer der beiden Flügel gewidmet ist, namentlich für die Malereien auf der Rückseite der Altarflügel. Nun aber war die Parallele zwischen Eva und Maria im Mittelalter sehr lebhaft; obgleich sie im NT. nicht gradezu Begründung findet, so war sie seit alten Zeiten durch die paulinische Parallele zwischen Adam und Christus hervorgerufen und ausgebildet; daher ward auch der Gedächtnißtag für Adam und Eva auf den Tag unmittelbar vor Christi Geburt gesetzt. Eva ist das ursprünglich reine Weib, das ohne Zuthun eines Mannes in die Welt kam, aber auch zugleich die Veranlassung des Sündenfalles, von dessen Folgen wieder Christus die Welt erlösete. So kann eine Darstellung des ganzen Erlösungswerkes nicht gut anders als mit Eva beginnen. Deshalb ist aber auch die Darstellung des Sündenfalles (Adam und Eva) nicht gewählt; es fehlte übrigens zu zwei Figuren der Raum. So wie man in der Eva den Anfang der ganzen Schöpfungsgeschichte erkannte, so erblickte man in Johannes dem Täufer, der entsprechenden Figur, den Anfang der neuen Schöpfung, des Christenthums. Zu diesem allen kommt noch, daß man in dem Namen Eva eine Umkehrung des in der neutestamentlichen Darstellung unmittelbar folgenden Engelsgrußes Ave fand).

II. Das verschlossene Thor, Typus zur Verkündigung Mariä. In dieser Gruppe fehlte die erste Figur. Eine Hindeutung auf die Ergänzung giebt das Spruchband der folgenden, dazu gehörenden Figur: Ezechiel 44, 2: "Dies Thor soll zugeschlossen bleiben", und der Fortschritt der Begebenheiten.

1) (Sarah ist an die Stelle der fehlenden Figur gesetzt, um eine weibliche Figur in Parallele mit der Maria zu gewinnen, zugleich im Hinblick auf die Verheißung der Geburt Isaaks (1. Mos. 17, 16 und flgd.). Daher ist sie dargestellt mit einem Spruchbande in der Hand, der die Worte aus 1. Mos. 16, 2 enthält: "Siehe, der Herr hat mich verschlossen," mit den Worten der Vulgata:

Durch die Sarah ist zugleich ein Uebergang zu der alttestamentlichen Geschichte und der folgenden Figur gewonnen.)

2) Ezechiel vor dem verschlossenen Thore. Der Prophet Ezechiel, mit gespaltenem Bart und langem Haupthaar, das Haupt mit einer runden, niedrigen, hellrothen, oben mit einem Knopfe verzierten Mütze bedeckt, steht vor einem verschlossenen, auf einem Felsen stehenden Thore. Auf einem kahlen Felsen steht ein verschlossenes Thor: ein kleines, hölzernes Oblongum, auf welches ein rothes, verschlossenes Thor mit goldenen Angeln gemalt ist. Auf dem Thore steht ein kleines Brustbild mit kurzem Haar (Hindeutung auf das Christkind). Der Prophet zeigt mit der rechten Hand zu diesem hinauf und hält in der linken ein Spruchband mit dem Sinn der Worte aus Ezechiel 44, 2-3: "Dies Thor soll zugeschlossen bleiben - - und soll niemand dadurch gehen - den Fürsten ausgenommen":

Der Prophet Ezechiel, vor einem Thore mit Thürmen, gehört vorherrschend zu den alttestamentlichen Vorbildern, wegen des "göttlichen Gesichts" auf den neuen Tempel, das der Prophet Cap. 40 flgd. beschreibt und in welchem man ein Bild des neuen himmlischen Jerusalem sah. Die in der Darstellung des Propheten vorzüglich hervorgehobene Darstellung der Thore steht grade hier im innigen Zusammenhange mit der ganzen Darstellung. Auf der Außenwand eines Kelchschreines in der Kirche zu Doberan, welcher leider die meisten Figuren verloren hat, ist noch einmal der Prophet Ezechiel dargestellt, wie er auf einem Berge vor einem verschlossenen Thore sitzt: - eine sehr liebliche Figur.

III. Der feuerige Busch, "der mit Feuer brannte und doch nicht verzehret ward" (2. Mos. 3, 2), eine oft vorkommende alttestamentliche Hindeutung auf die durch die Geburt Christi nicht verletzte Jungfräulichkeit der Maria;

1) Jehovah im feurigen Busch. Auf einem Hügel mit einem kleinen Busch, unter welchem zwei Schaafe weiden, steht ein großes, dichtes Eichengebüsch, aus welchem Flammen hervorschlagen. Aus den obern Flammen ragt bis an die Brust Jehovah hervor, eine jugendliche Gestalt mit kurzem Bart und langem, gescheitelten Haar, ganz wie Christus in den andern Darstellungen, in goldenem Gewande, die rechte Hand segnend erhoben, in der linken ein Spruchband haltend, welches über den Busch herunterhängt, mit den Worten aus 2. Mos. 3, 5: "Ziehe deine Schuhe aus":

2) Moses die Schuhe ausziehend. Auf einem Berge, auf welchem unter niedrigem Eichengebüsche Schaafe weiden (Kreiderelief), sitzt Moses, ohne Bart, mit langem, lockigen Haar, das Haupt mit einer runden Mütze bedeckt. Er hat den linken Schuh ausgezogen und neben sich gestellt; mit der linken Hand faßt er den Schuh des rechten Beines, das er über das linke geschlagen hat. Die rechte Hand hält er in einiger Entfernung gegen die Stirn, als könne er den Glanz nicht ertragen. - Moses die Schuhe ausziehend ist in größerm Maaßstabe noch einmal in der doberaner Kirche auf dem früher im Mittelschiffe aufgestellt gewesenen Altare, auf welchem das große Crucifix steht, dargestellt.

IV. Die Darbringung Samuelis, Typus zu der Darstellung Christi.

1) Hanna, die Mutter Samuelis, mit einem weißen Schleier, unter welchem kein Haupthaar hervorragt, hält mit den Händen einen in sitzender Stellung und mit gefaltenen Händen dargestellten Knaben. Dies ist ohne Zweifel die Hanna, welche hier in mehrfacher typischer Beziehung zu der obern Darstellung steht; "der Herr hatte ihren Leib verschlossen" (1. Sam. 1, 5), aber der Priester des Herrn gab ihr frohe Verheißung; "darum," sagte sie, "gebe ich ihn dem Herrn wieder sein Lebenlang, weil er vom Herrn erbeten ist" (1. Sam. 1, 28).

2) (Eli. Diese Figur fehlte. Es ist unbedenklich der Priester Eli von Silo gewählt (1. Sam. 1, 25, vgl. V. 3, 9, 12, 17 flgd.), welcher der Hanna die Verheißung gab und in Parallele zu Simeon steht.)





Linker Flügel.

V. Vorbilder zur Geißelung Christi:

1) Moses, Wasser aus dem Felsen schlagend. Moses, mit langem, dichten, lockigen Bart und langem, lockigen Haar, das Haupt mit einer runden, oben spitzen Mütze bedeckt, mit einem Mantel über die Schultern, schlägt mit einem langen Stabe Wasser aus einem Felsen. - Moses, mit dem Stabe Wasser aus einem Felsen schlagend, ist oft auch eine Hindeutung auf die wunderbare Geburt Christi, hier aber jeden Falls ein Typus für die Geißelung Christi, da aus den Wunden Christi Leben strömt, wie das Wasser des Lebens für das schmachtende Volk aus dem Felsen.

2) Hiob mit Wunden bedeckt, Typus für den gegeißelten Christus. Hiob, mit kurzem, glatten Haar und Bart, auf dem entblößten Oberleibe mit schwarz-rothen Schweren bedeckt, sitzt auf einem Hügel mit Dornengebüsch, wie es scheint. Neben ihm steht sein Weib, den Kopf mit einem weißen Schleier bedeckt, zu welchem er hinaufschauet und die rechte Hand ausstreckt, während er mit der linken an seinen Kopf faßt. Das Weib hält die rechte Hand gegen ihn hin und hält mit der linken ein Spruchband mit den Worten: "Segne Gott und stirb" (Hiob 2, 9):

Hinter diesen Worten steht auf dem leeren Ende des Spruchbandes eine Arabeske mit einem Lindwurme, der seinen Rachen gegen Hiob öffnet.

VI. Abraham will seinen Sohn Isaack opfern, Typus zur Kreuztragung Christi, als Hindeutung auf die Liebe Gottes, der seinen Sohn zur Erlösung hingab:

1) Abraham, mit langem Bart, welcher in mehrere lange Locken geringelt ist, und langem, geringelten Haupthaar, das Haupt mit einer runden, oben spitzen Mütze bedeckt, mit einem Mantel über die Schultern. Er steigt einen mit Eichengebüsch bewachsenen Hügel hinan und hält mit der linken Hand ein Kohlenfaß mit loderndem Feuer, mit der rechten Hand ein aufgerichtetes, bloßes Schwert von dem Typus des 13. Jahrhunderts, nicht sehr lang, breit, zweischneidig, mit noch kurzem Griff und großem, runden Knopf.

2) Isaak, der Knabe, steigt einen mit Gebüsch bewachsenen Berg hinan und trägt auf der linken Schulter ein Bündel Holz zu einem Altare, welcher auf der Höhe des Berges steht.

VII . Die Aufrichtung der ehernen Schlange, welche Christus selbst als Vorbild seiner Kreuzigung darstellte (Joh. 3, 14):

1) Jacob (?). Eine Figur, mit langem, dichten Bart und langem Haupthaar, den Kopf mit einer spitzen Mütze bedeckt, von welcher eine Art Schleier bis auf die Schultern hinabfällt, schreitet mit den Füßen ganz rechts hin (von der Schlange weg), ist aber mit dem ganzen Oberleibe links herumgedreht und schaut zur Schlange empor, mit der rechten Hand und ausgestrecktem Zeigefinger hinaufzeigend; die linke Hand legt die Figur auf die Brust, während sie im linken Arme ein Spruchband mit den Worten hält: "Und es wird ein Schwert durch ihre Seele gehen".

Diese Figur correspondirt zu der Maria unter dem Kreuze Christi, welcher schon früh in dem berühmten Stabat mater die Worte: cujus animam pertransivit gladius in den Mund gelegt wurden; offenbar ist auch hier die Beziehung auf die Maria beabsichtigt, indem Simeon bei der Darstellung Christi zur Maria diese Worte spricht (Luc. 2, 35) (Und es wird ein Schwert durch deine Seele dringen), nach Psalm 37, 15 (Aber ihr, der Gottlosen, Schwert wird in ihr Herz gehen). - Man könnte hier freilich die Figur ganz allgemein für einen Juden fassen, der von der Schlange gebissen und durch das Anschauen der ehernen Schlange genesen war und dem hier die Worte für Maria in den Mund gelegt werden; mit einiger Wahrscheinlichkeit läßt sich aber annehmen, daß diese Figur den Jacob darstellen solle mit Beziehung auf 1. Mos. 37, 35: "Ich werde mit Leide hinunter fahren in die Grube". Da unmittelbar vorher Abraham und Isaak dargestellt sind, so liegt es nahe, den Jacob folgen zu lassen, um die Erzväter des Volkes und Stammväter des Geschlechts beisammen zu haben. Es ist zwar in den Darstellungen im Allgemeinen keine Chronologie, aber es ist doch im Einzelnen viel Sinn und Zusammenhang vorhanden. Daß die beiden Figuren zu einer Gruppe zusammengehören, ist hier nicht wesentlich, wie oben II. Sarah und Ezechiel wahrscheinlich und V. Moses und Hiob sicher zusammengestellt sind.

2) Moses vor der erhöheten Schlange (2. Mos. 21, 8). Eine Schlange hängt auf einer hohen Krücke. Vor ihr steht Moses, mit halblangem, lockigen Bart und langem, lockigen Haupthaar, in der ganzen Gesichts- und Kopfbildung Christo sehr ähnlich, mit einem weißen Schleier über dem Haupte, im linken Arme die beiden Gesetztafeln haltend, mit der rechten Hand zur Schlange empor zeigend.

VIII. Simson trägt die Thore von Gaza fort (Richter 16, 3). Ein junger Mann, ohne Bart, mit sehr langem, weit über die Schultern hinabfallenden Haupthaar, im hoch aufgeschürzten Untergewande, trägt zwei lange, rothe Thorflügel mit goldenen Angeln und Pfosten auf der rechten Schulter einen Berg hinan, auf welchem Eichengebüsch steht und eine Schlange neben den Füßen Simsons kriecht, hier am Schlusse der ganzen Darstellung und beim Typus für die siegreiche Auferstehung Christi wahrscheinlich in Beziehung auf den Schluß der von Eva ausgehenden Darstellung und auf 1. Mos. 3, 15: "(Des Weibes Same) soll dir (der Schlange) den Kopf zertreten." Simson, der mächtige Held, der Herkules des A.T., ward gern als Vorbild benutzt, namentlich als Schluß der Offenbarung und in Vergleich mit Petrus: "Auf diesen Fels will ich meine Kirche bauen."

Untere Reihe.

In der untersten Reihe stehen die 12 Apostel und am linken Ende der Heil. Gregor Papst und am rechten Ende der Heil. Georg. Diese Figuren sind zwar auch von seltener Schönheit, haben aber einen ganz andern Charakter als die übrigen Figuren: sie sind viel kürzer, weniger schlank und mehr manierirt; es liegt in ihrem Charakter mehr Kunst, als Natur, jedoch ist die Zeichnung vortrefflich. Die Apostel sind offenbar jünger, als die übrigen Figuren, und stammen aus dem Ende des 14. Jahrhunderts.

Auch die Färbung der Apostel ist ganz eigenthümlich. Alle Obergewänder sind golden und auf der Unterseite nur blau; die sonst mit Blau abwechselnd vorkommende rothe Farbe fehlt ganz. Alle Untergewänder sind silbern; dies ist eine in diesen Gegenden bisher noch nicht beobachtete Eigenthümlichkeit, welche dem mittelalterlichen Style in deutschen Ostseeländern widerspricht. Diese Versilberung stimmt zu den Figuren des Tabernakels, bei denen auch Silber zur Verzierung angewandt ist.

Die Bestimmung der 12 Apostel ist für das 14. Jahrh. sehr schwierig, wenn, wie auf dem doberaner Altare, sämmtlichen Aposteln die Attribute abgebrochen sind, wodurch die Schwierigkeit der Bestimmung noch vermehrt wird. Die Schwierigkeit liegt darin, daß unter den Zwölfen Paulus ist und einige der Apostel eine eigenthümliche Bildung haben; mit dieser Bildung stimmen mehrere andere Darstellungen aus derselben Zeit überein, namentlich die beiden Grabplatten in Messingschnitt auf den Gräbern der 4 Bischöfe aus dem Geschlechte von Bülow im Dome zu Schwerin, von denen einer aus der Mitte, der andere aus dem letzten Viertheil des 14. Jahrh. stammt (vgl. Jahrb. XII, S. 479 flgd.), der lübecker Altar von Neustadt (vgl. Jahrb. X, S. 318), der Altar aus der Kirche zu Gadebusch und andere Denkmäler. Die Folge der Apostel des doberaner Altars ist durch die auf der Hinterseite eingeschlagenen Ziffern, zwei Male von I bis IIIIII, sicher bestimmt; außerdem waren auf dem Kreidegrunde der Tafel hinter den Figuren die Attribute mit leichter, aber sicherer Hand in Blei gezeichnet. Diese beiden Führer, zu denen noch Reste der Attribute in den Händen der Apostel kommen, scheinen ganz sicher leiten zu können, haben aber die Schwierigkeit der Bestimmung noch vermehrt, da Verwechselungen bei der Einstellung vorgefallen zu sein scheinen, indem die Ziffern und Attributreste den Hinterzeichnungen nicht zu entsprechen scheinen. Die Hinterzeichnungen und Ziffern stehen also:

IIIIII Schlüssel (Petrus)
IIIII Schrägkreuz (Andreas)
IIII Beil (Mathias)
III Säge (Simon)
II Lanze (?) (Thomas) (Jacobus d.j.?)
I Messer (Bartholomäus)

I Schwert (Paulus)
II Pilgerstab (Jacobus d. ä.)
III Kelch (Johannes)
IIII Doppelkreuz (Philippus)
IIIII Keule (Thaddäus)
IIIIII Hellebarde (Matthäus).

Es würde also Jacobus d. j. in der Reihe der Zwölfe fehlen, statt dessen Paulus hinzugekommen ist, welcher im 14. Jahrh. nie in der Reihe der Apostel fehlt. Auf dem prachtvollen lübecker Altar von Neustadt, auf welchem die Namen der Apostel in die Heiligenscheine gepreßt sind, fehlt Judas Thaddäus. Sonst pflegt oft Mathias, als der jüngste und Ersatzmann für Judas Ischarioth, zu fehlen.

Die Hinterzeichnungen an der rechten Seite sind völlig klar. An der linken Seite sind die 3 letzten nicht ganz sicher zu ermitteln; jedoch stimmt III die Säge zu Simon, welcher noch ein Heft in der rechten Hand hat und ein Attribut queer über die Brust nach der linken Hand gehalten hat. Die II Figur hat nach der ganzen Haltung ohne Zweifel eine freie Stange, wie eine Lanze, mit der rechten Hand von sich gehalten; dies steht in Widerspruch mit der Hinterzeichnung, welche einen Stein vorzustellen scheint (Jacobus d. j. mit Walkerstange?). Die letzte Hinterzeichnung zu Figur I links ist aber völlig unklar; die Figur hält aber noch einen Messergriff in der Hand und soll daher Bartholomäus sein.

Im Allgemeinen lassen sich folgende Beobachtungen anstellen.

Mit den im Folgenden angegebenen Ausnahmen sind alle Apostel in idealer Kleidung, barfuß und bärtig dargestellt.

Der Letzte IIIIII in der Reihe rechts, Matthäus (der Zöllner), trägt, statt des idealen Ueberwurfes, einen bis auf die Füße reichenden Rock, wie einen Chorrock, welcher oben mit 5 Knöpfen zugeknöpft ist.

Jacobus d. ä. hat ein kurzes Untergewand und kurzes Obergewand, wie einen Reisemantel, und ist allein vorwärts schreitend dargestellt, während alle andern Apostel stehend gebildet sind; auch trägt er kurze Stiefeln an den Füßen.

Der IIIII Apostel rechts (Thaddäus?) hat von allen übrigen allein Schuhe an.

Bücher, und zwar offene, tragen nur: rechts II (Jacobus d. ä.), IIII (Mathias) und IIIIII (Matthäus), links II (Thomas).

Außer Johannes ist noch der II Apostel links (Thomas) jugendlich und ohne Bart dargestellt; diese Darstellungsweise findet sich auf vielen Denkmälern des 14. Jahrhunderts.

Von den Inschriften auf den 4 Büchern ist nur noch die bei dem IIII Apostel rechts erhalten: Inde venturus est judicare vivos et mortuos. Nach der herkömmlichen Vertheilung des apostolischen Glaubensbekenntnisses unter die zwölf Apostel mußte dieser Spruch auf den Philippus fallen.

Im Besondern sind die Apostel folgendermaßen gebildet:

A. zur rechten Seite.

I. Paulus, schmächtig, mit langem, edlen, weißen, magern Gesicht und tiefem, geistreichen Blick. Der Oberkopf ist ganz kahl, nur auf der hohen, gewölbten Stirn steht ein kleiner Büschel Haare; der braune Bart ist lang und weit gespalten, das Haupthaar am Hinterkopfe kurz.

II. Jacobus d. ä. hat ein weniger edles, auch mageres Gesicht mit harten Zügen, mit halblangem, dicken, schwärzlichen Haupthaar und Bart. Er ist vorwärts schreitend dargestellt. Er trägt einen kurzen, bis auf die Waden reichenden, bunten Rock, darüber, über die Schultern geworfen, einen kurzen, bis auf die Hüften reichenden Regenmantel, einen runden Hut mit breiter, vorne aufgeklappter Krämpe, auf welcher wahrscheinlich eine Muschel gestanden hat, kurze Stiefeln an den Füßen, eine Tasche um die Schultern unter dem Mantel und einen Pilgerstab in der linken Hand. In der rechten Hand hält er ein offenes Buch, auf welchem die Inschrift ergänzt ist:

(Das letzte e ist allein noch von der Inschrift im Originale erhalten.)

(Der empfangen ist vom heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria).

III. Johannes, mit jugendlichem, vollen Gesicht, ohne Bart, mit kurzem, blonden, lockigen Haupthaar, (mit einem Kelch in der Hand).

IIII. Philippus, mit schwarzem Haupthaar und Bart; das kurze Haar ist wallend, der lange, wallende, gespaltene Bart ist bis gegen den rechten Oberarm hingeweht. Er trägt in der rechten Hand einen Griff (mit einem kurzen Doppelkreuze). Im linken Arme hält er ein offenes Buch mit der völlig erhaltenen Inschrift:

(Von dannen er kommen wird zu richten die Lebendigen und die Todten.)

Die Bildung dieser Figur stimmt mit andern alten Darstellungen dieses Apostels überein, welche ihm einen langen, gespaltenen, schwarzen Bart und kurzes, wallendes Haar geben; auch stimmt der ihm gehörende Spruch des apostolischen Glaubensbekenntnisses mit der Hinterzeichnung überein. In der Aufstellung vor dem Abbruche des Altars war diese Figur ohne Zweifel mit der Figur IIII links verwechselt.

IIIII. Thaddäus, mit breitem, kräftigen Gesicht und kurzem, vollen, braungrauen Haar und Bart, wie Thaddäus auch sonst dargestellt ist. Die Hinterzeichnung ist eine Keule, und hiemit stimmt auch der Rest derselben in der rechten Hand und die ganze Stellung überein. Er ist, außer Jacobus d. ä., der einzige Apostel, welcher Schuhe an den Füßen trägt, eben so auf den Altären von Neustadt und Gadebusch. Es scheint hiernach eine Verwechselung mit dem ihm fast gleich gebildeten Apostel I links statt gefunden zu haben, um so mehr, da unsere Figur mit einem alten Nagel, durch ein ursprüngliches Stück Rollblei, einen Rest der abgezogenen Haut des Bartholomäus, in der linken Hand befestigt ist. Jedoch ist die Numerirung für diese Stelle sicher, zur Befestigung der langen Keule steckt noch ein alter Nagel in dem Gewande, und der Apostel I links (Bartholomäus) hält sicher einen Messergriff in den Händen.

IIIIII. Matthäus, mit gewöhnlichem, langen Gesicht ohne hervorstechende Züge, mit niedriger Stirn, langem, auf die Schultern herabfallenden, hellbraunen, fast gelben Haupthaar und kurzem, gespaltenen, lockigen Bart von gleicher Farbe. Er trägt, statt des idealen Obergewandes, einen bis auf die Füße herabreichenden Rock, ähnlich einem Chorrock, welcher auf der Brust mit 5 Knöpfen zugeknöpft ist. In der rechten Hand trägt er ein (Beil mit langem Griff), im linken Arm ein offenes Buch, welches bei der Restauration folgenden, ihm zukommenden Spruch des apostolischen Glaubensbekenntnisses erhalten hat:

(Ich glaube an eine heilige christliche Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen).

B. Zur linken Seite;

IIIIII. Petrus, mit einem kräftigen, ernsten Gesichte, breiter Stirn, dichtem, krausen, grauen Haar und Bart und einer Glatze auf dem Oberschädel, jedoch so, daß die ganze Stirn mit krausem Haare bekränzt ist; der Hals ist kräftiger und freier, als bei allen andern Aposteln. Das Obergewand ist bei ihm allein durch ein viereckiges Juwel unter dem Halse zusammengehalten. Die linke Hand hat er wie in rednerischer Begeisterung erhoben; in der rechten Hand hält er einen (Schlüssel), von welchem noch der Griff in der Hand sitzt.

IIIII. Andreas, mit regelmäßigem, edlen Gesichte und vollem, halblangen Haupthaar und sehr langem, krausen Bart, beides von braungrauer Farbe. In der rechten Hand hält er ein Schrägkreuz.

IIII. Mathias, mit langem, schmalen Gesichte, schwachem, kurzen Bart und sehr langem, welligen Haar, welches bis über die Schultern hinabfällt, beides von brauner Farbe. In der linken Hand hält er ein (kurzes Beil). Seine Stelle war bei der frühern Aufstellung mit der Figur IIII rechts verwechselt.

III. Simon mit regelmäßigem, festen Gesichte und kurzem, vollen, dunkeln Haar und Bart. Mit der rechten Hand hält er queer über den Leib bis auf die von dem Obergewande bedeckte linke Hand (eine Säge), von welcher er noch den viereckigen Griff in der Hand hielt.

II. Thomas, mit rundem, jugendlichen, vollen, kecken Gesicht, ohne Bart, mit kurzem, lockigen, gelben Haar. In der erhobenen rechten Hand trägt er eine lange (oben mit einem Kreuze verzierte Lanzenstange). Im linken Arme hält er ein offenes Buch, welches die Inschrift erhalten hat:

(Niedergefahren zur Höllen, am dritten Tage auferstanden von den Todten).

Mit dieser Bildung stimmen viele ältere Denkmäler überein, welche, außer dem Evangelisten Johannes, noch einen jugendlichen, bartlosen Apostel aufstellen; er trägt stets ein offenes Buch im Arme, entweder dieses allein, wie auf dem Altare in der S. Georgenkirche zu Wismar, oder außerdem in der rechten Hand eine Lanze, welche jedoch oben ein kleines, einfaches Kreuz, statt einer Spitze, hat und sich von dem kurzen, vor die Brust gehaltenen Doppelkreuze des Philippus wesentlich unterscheidet. In der letztern Darstellung finden wir diesen Apostel auch auf den Messingplatten im Dome zu Schwerin. Auf dem Altare in der S. Georgenkirche zu Wismar hält der unbärtige Apostel ein offenes Buch auf der rechten Hand und legt die linke auf das Buch.

I. Bartholomäus, mit ruhigem, edlen Gesicht, langem, wallenden, auf die Schultern herabfallenden Haupthaar und kurzem, vollen Bart. In der rechten Hand hält er (ein Messer), von welchem er noch den bestimmt ausgeprägten Griff hält. Es scheint, als wenn diese Figur mit der ihr ähnlichen Figur IIIII verwechselt ist, jedoch ist der Messergriff ganz bestimmt.



An jedem Ende der Apostelreihe steht ein Heiliger:

links:

der H. Gregor, von gleicher Größe mit den Aposteln, ohne Bart, mit kurzem, lockigen Haar, in päpstlicher Kleidung: das Untergewand ist golden, unter den Knieen mit einem dreifachen Saume verziert; das Obergewand ist außen silbern, innen blau. Die Tiare hat die dreifache, mit Lilien geschmückte Krone. Die rechte, segnende Hand hält er vor der Brust, in der linken hält er einen Stab mit dem zweifachen Kreuze.

rechts:

der H. Georg, kleiner, als die Apostel, mit jugendlichem, runden Gesicht, ohne Bart, mit kurzem, lockigen Haar. Er ist in Stahl geharnischt, trägt um die Hüften einen goldenen Rittergürtel, über die Schultern einen langen, goldenen, innen mit Pelzwerk bekleideten Mantel und in der rechten Hand eine Lanze.



Mittelstück im Altarfuße.

Unten in der Mitte der Mitteltafel, zwischen den auf den Flügeln stehenden Aposteln, ist in Schnitzwerk die Krönung Mariä durch Christus dargestellt. Auf einen breiten Sessel, auf welchem drei Figuren Platz haben könnten, mit Rückenwand und Seitenwänden von durchbrochener Arbeit im Spitzbogenstyl, sitzen Maria und Christus. Christus, gekrönt, hat mit beiden Händen eine Krone gefaßt und reicht sie der ihm zur Rechten sitzenden Maria hin, welche die Hände anbetend faltet. Beide Figuren sind gleich gekleidet, in silbernem Untergewande, mit goldenem Obergewande, welches bei Christus durch ein rundes, bei Maria durch ein viereckiges Juwel auf der Brust zusammengehalten ist. Christus hat kurzen, gespaltenen Bart und langes Haupthaar, welches bis auf die Schultern hinabhängt. Der Styl dieser Figuren, die noch aus dem 14. Jahrh. stammen, ist schon etwas verdorben und geziert, und die ganze Keuschheit und Anmuth der Kunst ist verloren gegangen. Von der Maria ist der ganze Oberleib bis zum Schooße in den eng anliegenden Kleidern klar zur Schau gestellt und das Kleid ist bis auf die Schultern ausgeschnitten, eine Koketterie, die in alter Zeit nicht oft vorkommt. Eben so fällt das gescheitelte Haar in zierlichen Locken an Schläfen und Wangen hinab. Die Christusfigur ist steif gehalten, das Haar sehr manierirt und wenig natürlich.



1) Der Abt von Doberan hatte das Recht, in bischöflichem Ornate den Segen zu sprechen. Zu diesem Ornate gehörte auch ein Ring, durch welchen der Bischof der Kirche angetrauet war. Wahrscheinlich solche Ringe waren die 2 silbernen Ringe, welche in dem Hochaltare aufbewahrt wurden. Zwei solche Ringe, auf deren Platte der Name IHS (Jhesus) steht, wurden zu Doberan gefunden. Vgl. Lisch, Erster Bericht über das Antiquarium zu Schwerin, 1844, S. 24, und Jahrb. VIII, S. 227.
2) Vgl. Kreusers's Kölner Dombriefe, Berlin, 1844, S. 52, 54, 59-61.
3) Diese Mittheilungen verdanke ich der Güte des Herrn Geheimen Raths von Olfers zu Berlin, General-Directors der königl. preuß. Museen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Doberan (seit 1921 Bad Doberan)