Zur Baukunde des Mittelalters - Blätter zur Geschichte der Kirche zu Doberan - Das Tabernakel

von G. C. F. Lisch

Die herrlich gebauete und geschmückte Kirche zu Doberan ist wiederholt der Gegenstand unserer Forschungen gewesen und in ihren Einzelheiten in Jahrb. IX, S. 408 flgd. und XIII, S. 418 flgd, zur Untersuchung gezogen. Von diesen Forschungen blieben einstweilen mehrere Hauptstücke der Kirche unberücksichtigt, wie der Hochaltar, das Tabernakel, das große Crucifix und anderes, weil es, aufrichtig gesagt, zu schwer war, in einigen Tagen, ja selbst in einigen Wochen, eine auch nur einigermaßen befriedigende Beschreibung davon zu entwerfen, dagegen diese Kunstwerke zu viel Tiefe haben, als daß man sie leichtfertig abthun dürfte.


Die Restaurirung der doberaner Kirche gab dringende Veranlassung zu einer tiefen und überzeugenden Forschung. Unser kunstsinnige und einsichtsvolle Großherzog war es, der den Gedanken zur Restaurirung der Doberaner Kirche faßte und zur Ausführung brachte, die Anordnung entwarf und mit inniger Theilnahme begleitete. Seit drei Jahren ist das gesammte Gestühle theils restaurirt, theils neu geschaffen; dabei ist aller Plunder des vorigen Jahrhunderts aus dem Tempel geworfen und manches Kunstwerk alter Zeit wieder zu Ehren gebracht; viele verworfene Stücke fanden zur Freude Aller nach Jahrhunderten ihre Stelle wieder.

Im Jahre 1847 begann in Schwerin die Restaurirung des Tabernakels, welches im J. 1848 wieder aufgestellt ward. Im Frühling 1848 ward die Restaurirung des Altars, der zu diesem Zwecke nach Schwerin geschafft war, auf Allerhöchst eigene Anordnung des Großherzogs K. H. unter der Leitung des Bauraths Bartning und meinem Beirath begonnen und im Frühling 1849 beendigt. Diese Restaurirung, welche mit vollkommener Sicherheit geführt werden mußte, gab Veranlassung und Gelegenheit zu umfassenden Studien und Correspondenzen, welche denn auch endlich zu einer möglichst vollständigen Erkenntniß führten, so schwierig freilich auch der Angriff des Werkes ward. Doch gelang es bei ununterbrochener, gewissenhafter Aufmerksamkeit, und eben so gewissenhaft kann versichert werden, daß nichts verabsäumt ist, um das Werk in seiner ursprünglichen Beschaffenheit wieder herzustellen.

Das Tabernakel der Kirche zu Doberan.

An der nördlichen Seite des Hochaltars in der Kirche zu Doberan steht aus dem Mittelalter her ein prachtvolles, aus Eichenholz geschnitztes Tabernakel, welches das vorzüglichste Kunstwerk dieser Art im Lande ist; ich kenne außerdem nur noch ein ähnliches, großes Tabernakel in der Kirche des ehemaligen Cistercienser-Nonnenklosters zum Heil. Kreuz in Rostock und ein kleines Tabernakel in der Kirche des Dorfes Hansdorf bei Doberan, welche beide ebenfalls an dem nördlichen Flügel des Altars stehen 1). Das doberaner Tabernakel bildet eine 37 Fuß hohe Pyramide oder ist vielmehr die Nachahmung einer Art Monstranz in colossalem Maaßstabe: es hat einen Fuß, einen Griff, einen in den Außenwänden geschlossenen, hohlen, mit einer Thür verschlossenen Hauptkörper und über demselben eine hohe, durchbrochene Pyramide. Es steht auf einer Granitplatte und sicher auf seiner ursprünglichen Stelle. Es ist ganz aus Eichenholz gearbeitet; alle glatten und hervorstehenden Flächen sind vergoldet, die Hohlkehlen sind abwechselnd roth und blau auf Silbergrund lasurt. Die Arbeit ist vortrefflich und im reinen Spitzbogenstyl ausgeführt; sie stammt ohne Zweifel aus dem Ende des 14. oder dem Anfange des 15. Jahrh., und ist jedenfalls nach der letzten Weihung der Kirche im J. 1368 vollendet, da die Sprüche auf den Spruchbändern der Figuren schon in einer ausgebildeten Minuskel geschrieben sind, diese sich aber erst seit der Mitte des 14. Jahrh. auf Monumenten entwickelt.

Bei der Restaurirung des Werkes in der Zeit 1847/48 forderte das Ganze und jedes Einzelne eine sehr gründliche Untersuchung.

Das Ganze, sechsseitig construirte Gebäude besteht aus folgenden Abtheilungen:

I. Der untere Haupttheil:

1) Der Fuß. Unten ist jede der 6 Seiten mit einer großen, durchbrochenen Rosette verziert; diese fehlten ganz und es waren nur die roth ausgemalten Vertiefungen da, in welche sie eingepaßt gewesen waren.

Ueber diesen Rosetten sind unter Baldachinen 6 sitzende Heiligenfiguren angebracht, von denen jedoch eine fehlte.

2) Der Griff. Dieser ist eingezogen und mit kräftigen Knäufen und Laubwerk verziert.

3) Die erste Etage. Diese ist nicht durchbrochen, jedoch inwendig hohl und an einer Seite mit einer verschließbaren Thür versehen. An jeder der 6 Seiten ist eine stehende Heiligenfigur angebracht.

4) Die zweite Etage. Diese ist von durchbrochener Arbeit und hat ebenfalls eine Thür zum Innern.

Diese vier Abtheilungen des untern Haupttheils sind aus einem einzigen, großen Eichenstamme gearbeitet.

II. Der obere Haupttheil.

5) Die dritte Etage und

6) die vierte Etage bestehen aus zwei verschiedenen Stücken, welche einen spitz auslaufenden, durchbrochenen Thurm bilden, auf welchem

7) die Spitze steht.

Das Ganze war sehr beschädigt und vernachlässigt, da es seit mehr als dreihundert Jahren wohl von Kennern bewundert, sonst aber nicht beachtet war. Die Ungebildetern staunten nur einen eisernen Tonnenreif an, der oben um die Spitze hing und den ein meklenburgischer Edelmann zum Beweise seiner Körperkraft hinaufgeworfen haben soll. Bei der Restaurirung des schönen Kunstwerkes ist der gar nicht besonders schwere Reif an den nächsten Pfeiler gehängt worden, um etwanige Nachfrage nicht ganz unbefriedigt zu lassen.

Ungemeine Schwierigkeit machten bei der Restauration die 12 Figuren. Es fehlten nicht weniger als 5 Figuren, und der kirchliche Zusammenhang war kaum zu erkennen. Der Herr Baurath Bartning hatte das Glück, 4 von diesen Figuren an verschiedenen Nebenaltären der Kirche zu entdecken, wo sie mitten unter andern, ihnen fremden Heiligenbildern angenagelt waren; es war nicht zu bezweifeln, daß sie zu dem Tabernakel gehörten, um so weniger, da ihre Umrisse zu den Umrissen auf dem vergoldeten Kreidegrunde genau paßten, ja mehrere große Splitter von der Rückseite der abgerissenen Figuren noch auf den Flächen des Tabernakels saßen. Eine Figur war jedoch nicht aufzufinden und ist verloren geblieben. Dazu kam, daß fast allen Figuren die bezeichnenden Attribute fehlten. Es war sehr schwierig, nicht allein die Figuren in ihrem Zusammenhange zu erkennen, sondern auch die eine fehlende Figur zu ergänzen. Nach sorgfältigen Studien ergab sich mit Sicherheit, daß die vorhandenen Figuren folgende Heiligen darstellten:

Unten:
Sitzende Figuren:
1) Melchisedek.
2) David.
3) Debora.
4) Agnes.
5) Benedict.
6) (fehlte). (Bernhard).

Oben:
Stehende Figuren:
1) Johannes d. T.
2) Maria.
3) Jacobus d. ä.
4) Johannes d. E.
5) Paulus.
6) Gregor d. Gr.

Diese Figuren haben alle tiefe Beziehung zu der Person Christi und dessen Opfertode, d. i. zu der in dem Tabernakel aufbewahrten Hostie, zu der durch Christum gegründeten Kirche und zu dem Cistercienser-Orden; man könnte kurz sagen, die Statuenreihe stelle die Entwickelung der Messe dar. Es stehen in Beziehung:

1) zu
der irdischen Abstammung Christi:


David,


Maria;

2) zu
der alttestamentlichen Weissagung:


David,


Debora;

3) zu
dem Opfertode Christi:


Melchisedek,


Johannes d. T. mit dem Lamm,


Agnes mit dem Lamm;


4) zum
Abendmahle besonders:


Melchisedek mit Brot und Wein,


Johannes d. E. mit dem Kelche,


Benedict mit dem Kelche;

5) zu
der Kirche:


Jacobus d. ä.,


Johannes d. E.,


Paulus,


Gregor d. Gr.;

6) zu
dem Cistercienser-Orden:


Benedict.




Nimmt man hiezu, welche Heiligen vorzüglich die Schutzheiligen des Klosters Doberan waren, so erhält hiedurch diese Darstellung noch mehr Sinn und Geist. Nach der ersten Weihungsurkunde vom 3. Oct. 1232 (Jahrb. IX, S. 291) waren Schutzheilige des Klosters: die Apostel Petrus und Paulus und der H. Gregor Papst:

"iudicio apostolorum Petri et Pauli et domini pape Gregorii."

Nach der zweiten Weihungsurkunde vom 4. Juni 1368 (Jahrb. IX, S. 297) waren die besondern Schutzheiligen: Maria, Johannes d. T., Johannes d. E., Fabian und Sebastian, Benedict und Bernhard:

"in honorem Marie, Johannis baptiste, Johannis ewangeliste, Fabiani et Sebastiani martirum, Benedicti et Bernhardi confessorum.

Die Jungfrau Maria war überdies Hauptpatronin des Klosters, da sie auch in dem großen Conventssiegel des Klosters, in dem Fuße des Hochaltars und in der ewigen Lampe im hohen Chor der Kirche dargestellt ist.

Nach den vorstehenden Angaben kann es nun auch nicht zweifelhaft sein, welcher Heilige für die fehlende sechste sitzende Figur zu wählen war: es konnte nur der H. Bernhard von Clairvaux gewählt werden. Die H. Benedict und H. Bernhard waren unter den besondern Schutzpatronen nicht allein des Klosters Doberan, wie angegeben ist, sondern auch des Cistercienser-Ordens: der H. Benedict als Stifter des Benedictiner-Ordens, aus dem der Cistercienser-Orden hervorging, der H. Bernhard als der berühmteste Abt und Heilige des Cistercienser-Ordens, welcher im Mittelalter überhaupt als der gefeiertste christliche Redner des allergrößten Ansehens genoß. In den freilich nicht zu restaurirenden Gemälden auf den Rückwänden der beiden Flügel des Hochaltars waren außer Maria, Johannes d. Ev., Johannes d. T. und Andreas Ap., auch zwei Aebte dargestellt, von denen der eine ohne Zweifel der H. Bernhard sein sollte. - Der Heil. Gregor und der H. Georg sind die beiden einzigen nachapostolischen Heiligen, welche auf dem Hochaltare angebracht sind.

Es war noch zu überlegen, in welcher Folge die Figuren zu stellen seien. Zum Grunde mußte die Richtung der Figuren gelegt werden; die Anordnung mußte so getroffen werden, daß ein gewisses Leben und Wechselwirken die Figuren durchzog: man durfte z. B. nicht mehrere rechts hin sehende Figuren neben einander stellen, wodurch wieder alle links und grade aus schauenden Figuren neben einander zu stehen gekommen wären. Es schaueten nämlich von je 6 Figuren immer 2 grade aus, 2 rechts hin und 2 links hin; man mußte also die Figuren so stellen, daß immer eine grade aus schauende Figur zwischen zwei sich anschauende Figuren zu stehen kam. Bei der Anordnung des Ganzen mußte dabei auch auf die Attribute Rücksicht genommen werden.

Als Hauptfronte nach der Kirche hin ward die Seite des Sechsecks genommen, in welcher in der zweiten Etage die durchbrochene Thür war. Unter diese stellte man die Maria, welche anbetend grade aus und hinauf schaute. Ihr zur Rechten stellte man den Johannes d. T. mit einem Lamme in der Hand; ihr zur Linken den Johannes d. E. mit dem Kelche in der Hand. Hiedurch war die Beziehung auf das, was hinter den Thüren zum Innern des Tabernakels verborgen war, genugsam angedeutet, und zugleich Vorläufer, Ursprung und Nachfolger Christi. An den Johannes d. Ev. schlossen sich die Apostel Paulus und Jacobus d. ä. Die Apostel (Petrus und) Jacobus, Paulus und Johannes repräsentiren die Entwickelung der kirchlichen Verfassung des Christenthums in der apostolischen Zeit: Jacobus: Wirksamkeit durch nicht lebenslängliche Aeltesten, Paulus: durch lebenslängliche Aeltesten, Johannes: durch einen Bischof mit Aeltesten. Auf sie folgte passend der Papst Gregor, einer der großen Kirchenlehrer und der hervorragende Ordner der Kirche. So paßten auch die Figuren nach ihrer Richtung zu einander.

Die untere Reihe der sitzenden Figuren mußte sich zum Theile nach den oberen Figuren richten. Es ward unter die Maria und die Thüren der die Harfe spielende König David gesetzt, theils weil er, wie die anbetende Maria, die Herrlichkeit verkündet, theils um den "Sohn aus David's Stamm" zu bezeichnen. Rechts neben ihm steht die H. Agnes mit dem Lamme im Arme, unter Johannes d. T. mit einem Lamme; links steht der H. Benedict, weil er den Kelch in der Hand hält, unter Johannes Ev. mit dem Kelche. Dann folgen nach dem H. Benedict: die Prophetin Debora unter dem tief blickenden Paulus, der H. Bernhard unter dem Apostel Jacobus, und Melchisedek unter dem H. Gregor. Die Anordnung der letztern Figuren hat nicht ganz befriedigen wollen; es blieb aber kein anderer Ausweg übrig.

Die Stellung sämmtlicher Figuren rund um das Tabernakel ist also wie folgt:

oben, stehend:

(Thür.)

Johannes T. Maria. Johannes E. Paulus. Jacobus, Gregor.

unten sitzend:

Agnes. David. Benedict. Debora. Bernhard. Melchisedek.



Die letzte Schwierigkeit machten die Spruchbänder, von denen nur wenige ganz, von den meisten nur geringe Ueberreste vorhanden waren. Bei scharfer Beobachtung ergab es sich, daß die Sprüche leoninische Hexameter von mittelalterlicher Bildung waren. Es blieb nichts anders übrig, als die fehlenden durch den Figuren möglichst passende Sprüche zu ersetzen. In der nachfolgenden Beschreibung sind die Ergänzungen in [ ] gesetzt.

Figuren des doberaner Tabernakels.

I. Obere Reihe, stehende Figuren:

1) Johannes d. T., mit härenem (matt vergoldeten) Untergewande, faltigem Obergewande, dunklem, lockigen Haupthaar und Bart und bloßen Füßen, hält auf dem linken Arme ein stehendes Lamm und mit der rechten Hand ein Spruchband:

Hostia fit munda, qui tollit crimina [nostra].

2) Maria, mit langen, lockigen, vergoldeten Haaren unter einer goldenen Krone, aufwärts schauend, mit gefaltenen Händen, mit goldenen, spitzen Schuhen, auf einer sich krümmenden Schlange stehend, hält mit den Händen ein Spruchband:

Qui sanat mentes humiles cibet esurientes.

3) Johannes d. Ev., mit jugendlichem Antlitz, ohne Bart, mit vergoldetem, lockigen Haar, in einem Obergewande, das einem Abtsgewande ähnelt, mit Schuhen an den Füßen, hält in der linken Hand einen Kelch und zeigt auf denselben mit drei Fingern der rechten Hand, indem er mit dieser zugleich ein Spruchband hält:

[Factus caro] deus [donat venerabile corpus].

4) Paulus, mit langem, gespaltenen, braunen Bart und einem kleinen Haarbüschel auf der kahlen Stirn, in weitem, faltigen Gewande, mit bloßen Füßen, hält mit der rechten Hand ein gesenktes Schwert und mit der linken vor der linken Brust ein geöffnetes Buch, in welchem der Bibelspruch steht:

[Deus conspicuus factus est in carne].

5) Jacobus d. ä., mit langem, braunen Haar und Bart, in einfachem, langen, mantelartigen Gewande, welches einen bis auf die Hüften hinabfallenden Kragen hat, das Haupt mit einem goldenen Hute bedeckt, auf dessen vorne ganz zurückgeschlagener Krempe eine weiße Muschel sitzt, mit Schuhen an den Füßen, hält die rechte Hand vor der Brust und mit der linken Hand im Arme ein offenes Buch, in welchem der Bibelspruch steht:

[Omne integrum donum descendit a patre luminum].

6) Gregorius d. Große, mit grau-braunem, kurzen Haar und Bart, in päpstlichem Gewande, mit einer hohen, spitzen, weißen Mütze, um welche drei einfache, goldene Reifen liegen und auf deren Spitze ein runder, goldener Knopf steht, hält mit der rechten Hand einen aufgerichteten Schlüssel und mit der linken ein Spruchband:

Qui [nutrit carne] potusque inebriat iste.

II. Untere Reihe, sitzende Figuren:

1) Agnes, sehr jugendlich, mit kurzem, lockigen, vergoldeten Haupthaare, ohne Kopfbedeckung, hält mit beiden Händen vor der linken Brust ein knieendes Lamm; Spruchband:

Agnus placatur in quo [deus sacrificatur].

2) David, mit vergoldetem Haupthaar und Bart, mit einer goldenen Krone auf dem Haupte, in einen langen, faltigen Mantel gehüllt der auf der linken Schulter mit runden Knöpfen zusammen gehalten ist, mit Stiefeln an den Füßen, spielt eine kurze, auf seinen Knieen stehende Harfe; Spruchband:

[Angelicus panis de celo mittitur illis].

3) Benedict, mit braunem Haar und kurzem Bart, mit einer Bischofsmütze, deren Hut weiß und der mit Lilien geschmückte Reif um die Stirn golden ist, in einen weiten Mantel gehüllt, der auf der Brust durch ein rothes Juwel zusammen gehalten ist, hält mit beiden Händen vor der Brust einen Kelch; Spruchband:

[Effudit] fon[tes vitae recreatque bibentes].

4) Debora, mit weißem Hauptschleier, der alles Haar bedeckt, hält im linken Arm ein offenes Buch, auf dessen linker Blattseite steht:

Justis quaeque bona tribuunt haec mistica dona.

Mit den Vorderfingern der rechten Hand weiset sie auf die rechte Blattseite des Buches, auf welcher die Worte stehen:

Delbora prophetissa.

Die Schreibung Delbora war unzweifelhaft.

5) [Bernhard, in der Tracht eines Abtes, mit Tonsur, ohne Bischofsmütze und Mantel, hält im linken Arme ein nicht geöffnetes Buch, in der rechten Hand einen Bischofsstab; links neben ihm steht ein bellender Hund; Spruchband:

[Qui sponte ipse suum corpus dedit immaculatum].

6) Melchisedek, als Priester und König, mit langem, lockigen, braunen Bart, mit goldenem Kopfschleier, welcher auf der Stirn eine rothe Rose trägt, hält mit der rechten Hand einen auf dem rechten Kniee stehenden, vergoldeten Krug, [auf welchem eine Schüssel mit drei Broten steht; Spruchband:

Fit cibus ex p[luvia, de petra exiit unda].

Der Styl der Figuren ist rein und edel, wenn auch grade nicht geistreich. Die Färbung ist jedoch von der gewöhnlichen Methode abweichend: die Vergoldung ist vorherrschend, nur die untern Seiten der Gewänder sind mit Silber grün lasurt; roth und blau, die beiden gewöhnlichen Farben, welche auch zu der Architectur des Tabernakels angewandt sind, fehlen an den Figuren ganz.



1) In den angrenzenden Ländern sind nur folgende Tabernakel bekannt: in der Marien-Kirche zu Lübeck ein hohes, aus Bronze gegossenes Tabernakel, im Dome zu Brandenburg ein Tabernakel von 14 Fuß Höhe und in der Marien-Kirche zu Witstock ein Tabernakel aus dem J. 1516.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Doberan (seit 1921 Bad Doberan)