Blätter zur Geschichte der Kirche zu Doberan - Die Bülowen-Kapelle *

In Jahrb. IX, S. 408 - 451 sind die Haupteigenthümlichkeiten der doberaner Kirche zur Betrachtung gezogen. Es folgen hier nachträglich einige Forschungen über Gegenstände, deren Untersuchung besondere Vorrichtungen und längere Zeit erforderte, jedoch wichtig genug sind, um dem Ganzen hinzugefügt zu werden; es war zu dieser Forschung günstige Gelegenheit und ein längerer Aufenthalt zu Doberan für diesen Zweck nothwendig.

Geschichte der Kirche zu Doberan,
niedergeschrieben in Doberan im August 1843
und revidirt in Doberan im September 1843.


Die Kirche zu Doberan steht durch die Vollendung ihres Baues und den Reichthum ihrer Ausstattung so hoch, daß es eine große Kühnheit sein würde, das Kunstwerk im Ganzen und in allen Einzelnheiten ohne voraufgegangene Untersuchung einzelner Gegenstände darstellen und beschreiben zu wollen. Es ist noch eine wiederholte und gründliche Betrachtung und Untersuchung des Einzelnen nöthig, ehe man das Ganze dem gebildeten Geiste näher bringen kann. Je öfter man die Kirche betrachtet, desto mehr Schönheiten offenbaren sich dem staunenden Auge, welches nimmer satt wird.
Zwar ist in Röper's Geschichte von Doberan, in Schröder's Wismarschen Erstlingen S. 307-344, 365-374 und 393-407 (nach Eddelins Aufzeichnungen), in Klüver's Mecklenburg II und sonst zerstreut an vielen Orten mancherlei über die Alterthümer mitgetheilt, jedoch so sehr ohne Kritik und die nöthige Gelehrsamkeit, daß sich schwerlich darauf fortbauen läßt. Was im Folgenden gegeben ist, soll jedoch ebenfalls nur als Andeutung, als Grundlage weiterer, gründlicherer Untersuchungen gelten.

Die Bülowen-Kapelle

Die Bülowen-Kapelle am nördlichen Seitenschiffe der Kirche zu Doberan ist ein sehr interessantes Denkmal der Vorzeit, Sie ist allgemein bekannt wegen der Inschrift, welche jetzt auf einem in derselben stehenden, wahrscheinlich aber jüngern, backofenförmigen Grabgewölbe steht:
Wieck D fel wieck, wieck wiet van my,
Ick scheer mie nig een Hahr um die.
Ick b n ein Meckelb rgsch Edelmann,
Wat geit die D fel mien Supen an.
Ick sup mit mienen Herrn Jesu Christ
Wenn du D fel ewig d sten m st
Un drinck mit m s et Kolleschahl,
Wenn du sitzt in der Hellenquahl.
Drum rahd' ich wieck, loop, r nn un gah,
Efft bey dem D fel ick to schlah.

Diese Inschrift steht gewiß nicht mehr an ihrer ersten Stelle und ist in der alten Orthographie durch die Umschreibungen mannigfach verändert.
Wichtiger ist die Kapelle durch die Wandgemälde, in Wasserfarben, welche die Gewölbe und die Wandflächen unter denselben bedecken. Die Gewölbekappen und Rippen sind mit Blumenranken, Lilien, Palmetten etc. geschmückt, von denen viele in gutem Style des Mittelalters gehalten und wegen der Seltenheit solcher alter Malereien zum Studium zu empfehlen sind. Die spitzbogigen Wandflächen unter den Gewölben enthalten Gemälde zur Geschichte der Familie von Bülow.
An der östlichen Hauptwand steht ein Crucifix, zu beiden Seiten Maria und Johannes, zu jeder Seite derselben ein Heiliger; hinter den Heiligen knieet dem Beschauer rechts ein Ritter mit dem v. Bülowschen Wappenschilde neben sich und der Inschrift

links eine Frau mit einem Schilde, auf welchem ein Bär mit einer Halsfessel (von Karlow) steht. Von dem Vornamen des Ritters sind nur noch die Buchstaben - eco zu erkennen; wahrscheinlich ist [god] eco, - Godefrid, zu ergänzen, ein der Familie von Bülow eigenthümlicher Vorname, und daher wahrscheinlicher, als [Lud] eco, welches überdies gewöhnlich nur in den Formen Lüdeke oder Lüdekin vorkommt. Wahrscheinlich sind die auf diesem Bilde dargestellten Personen die Stammältern des Geschlechts.
Zu den Seiten der beiden Fenster in der Nordwand stehen die 4 Bischöfe von Schwerin aus dem Hause von Bülow, welche alle in das 14. Jahrh. fallen.
Auf der westlichen Wand, der Hauptwand gegenüber, stehen 2 Heilige.
Die südliche Wand kirchenwärts scheint die gleichzeitige Geschichte zu berühren. Unter dem östlichen Bogen dieser Wand knieet ein Ritter zwischen Heiligen; die Inschriften sind undeutlich. Unter dem westlichen Bogen über der Thür steht ein Ritter und neben ihm die Inschrift:


Dieser scheint der Gründer der Kapelle gewesen zu sein. Da die 4 Bischöfe in derselben dargestellt sind, so muß sie nach 1375 erbauet worden sein. Im 14. Jahrh. hatten die von Bülow die Vogtei Schwaan und die landesherrlichen Gerechtsame in der Abtei Doberan zu Pfande. Von diesen haben mehrere, welche mit der Abtei in Berührung kommen, den Namen Heinrich; es kommen z. B. vor: 1324 der Ritter Heinrich v. Bülow auf Ketelhotsdorf, welcher damals schon verheirathet war; vor 1387 war ein Ritter Heinrich von Bülow gestorben und hatte unter seinen Söhnen einen Heinrich.
Diese Zeilen sollen nur das bewahren, was sicher und ohne Schwierigkeiten noch zu erkennen und zu lesen ist. Es sind neben den Bildern überall noch Spruchbänder mit Inschriften angebracht; um diese zu entziffern, würde es jedoch längerer Zeit und besonderer Anstalten bedürfen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Doberan (seit 1921 Bad Doberan)