Bilder mecklenburgischer Fürsten in der Kirche zu Doberan, im Schloss zu Neustadt und im Archive zu Schwerin *

in der Kirche zu Doberan,
so wie im Schloß zu Neustadt und im Archive zu Schwerin,
von G. C. F. Lisch.
(Vergl. Jahrbücher I, S. 131 flgd.)



In dem ersten Jahrgange der Jahrbücher ist die Darstellung des Kreuzgangsfensters aus der ehemaligen Abtei Doberan mitgetheilt. Obgleich dort Alles gegeben ist, was über dies Denkmal redet, so können doch einige spätere Entdeckungen im Großherzogl. Archive, welche von der Wichtigkeit des Denkmals Zeugniß ablegen, nicht unberücksichtigt bleiben, auch schon deshalb, damit sie nicht später außer dem Zusammenhange mitgetheilt werden und zu Irrthümern Veranlassung geben.

Diese Entdeckungen betreffen neuere Restaurationen des Denkmals, welche sicher erst nach der mitgetheilten Abschrift vorgenommen wurden. Innere Gründe sprechen dafür, daß das Fenster unter der Regierung Albrechts, ersten Herzogs von Meklenburg, verfertigt ward: sein Vater, Heinrich der Löwe, ist der letzte meklenburgische Fürst, welcher in dem Nekrologium aufgeführt ist; der letzte Todesfall darin ist der des Herrn Johann II. von Werle (1337); nicht lange darauf ward die völlige Ausstattung der Abtei mit Kirche und Klostergebäuden vollendet, da der Bischof Friederich II. von Schwerin am Trinitatisfeste 1368 Kirche und Kloster als vollendet einweihete. Zwischen 1337 und 1368 wird also das Fenster gemacht sein. Nicolaus Marschalcus Thurius († 1525) fand dasselbe noch vor, da er Obotritenkönige in "alten" Fenstern aufgeführt fand; er berichtet dies im Jahre 1522. Die im Archive aufbewahrte Abschrift der Inschriften im Kreuzgangsfenster hat noch den Character des fünfzehnten Jahrhunderts.

Die richtige Erkenntniß oder vielmehr die Entdeckung dieses Fensters wird wohl im J. 1515 geschehen sein. In diesem Jahre waren am Sonntage Reminiscere die Herzoge Heinrich und Albrecht in Doberan und unternahmen die Ausbesserung der Fenster im Kloster, indem sie mit dem Fenstermacher, Meister Hans Goltschmidt aus Rostock, am Montage nach Reminiscere einen Contract dahin schlossen, daß dieser für eine "vermalte Tafel" einen halben Gulden und für eine "unvermalte Tafel" sieben Schilling lübisch haben sollte. Der Contract ist allein mit dem Siegel des Herzogs Heinrich besiegelt.

Diese Restauration erstreckte sich aber in der Folge noch weiter, indem der einsichtsvolle Herzog Heinrich wohl die Bedeutsamkeit der alten Denkmäler würdigte. Im Jahre 1533 sandte er dem (letzten) Abt Nicolaus acht Bilder seiner Vorfahren, auf Leinewand gemalt, um diese auf seine Kosten in dem Fenster des Kreuzganges darstellen zu lassen. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß diese Bilder die fünf leeren Räume in dem Fenster füllen sollten, da diese, der Chronologie und Genealogie nach, keine Lücken in dem Nekrologium bezeichnen. Der Abt stellte dem Herzoge über den Empfang dieser Bilder nachstehenden Revers aus:

"Nachdem der Durchleuchtig Hochgeborn Furst vnd her, her Heinrich Hertzogk zu Megkelnburgk, Furst zu Whendenn, Graff zu Schwerin, Rostogk vnnd Stargardt der Lande her, Vns Nicolaenn Abt zu Dobberann achte tucher, daruff seiner furstlichen gnadenn vorelterenn gemalet, vberanthworten hat lassenn, So das wir vff seiner furstlichen gnaden belonung und betzalung, vnd vnsernn kosten essens vnd trinkens, dieselbigen seiner voreltern herkommen in vnserm Creutzgange machen lassen sollen, durch die glaser vnd maler, durch sein furstlich gnad dartzu verordent vnd bestelt, das wir verwilligt vnd verheissen habenn, wie wir hiemit thun, ein solchs vff seiner furstlichen Gnaden darlegen trewelich zuuerfordern, auch die tucher in guther verwarung zubehalten, vnd nach volendung solchs wergks der fenster die berurthen achte tucher vnuerletzt seinen furstlichen gnadenn zuzustellen lassenn. Des zu Vrkhundt haben wir vitser Abteyenn Ingesiegel mit wissen vff dissen brieff drucken lassen nach Allerheyligen tage Im Jar. XXXIII.

(Sig. Abbatis Dober.)

Unter der Regierung Herzogs Heinrich des Friedfertigen geschah überhaupt viel für die Belebung des Alterthums im Vaterlande. Unter seiner Regierung wurden auch die Bildnisse sämmtlicher meklenburgischer Fürsten und ihrer Gemahlinnen bis auf ihn auf Pergament gemalt, welche, in einem Bande zusammengebunden, noch im Archive aufbewahrt werden, und von denen Westphalen in Mon. ined. T. IV bei Kirchbergs Chronik einige schlechte Abdrücke gegeben hat. Dies Werk ward, nach einer Jahreszahl in dem letzten Bilde, im Jahre 1526 vollendet. Wahrscheinlich leisteten die Doberaner Bilder dazu Hülfe, wie umgekehrt nach gegenwärtiger Mittheilung der Fürst wieder Bilder nach Doberan lieh.

In der Kirche zu Doberan hangen bekanntlich auch viele Gemälde fürstlicher Personen in Lebensgröße. Es ist die Frage, ob diese Bilder Originale sind. In dem Schlosse zu Neustadt hangen 16 kleine fürstliche Bilder, 12 mit männlichen, 4 mit weiblichen Gestalten; diese Bilder sind 16 Zoll hoch und 8 Zoll breit auf Leinewand, welche in manchen Bildern vor der Malerei zusammengenähet ist. Nach der Arbeit, dem Styl der plattdeutschen Inschriften und der Form der Unzialbuchstaben sind sie in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, nach dem fünfschildigen meklenburgischen Wappen, welches sich fast auf allen Bildern findet, aber nicht vor dem letzten Jahrzehend des 15. Jahrhunderts gefertigt. Der letzte der abgebildeten Fürsten ist der Herzog Johann Albrecht I. Die meisten Bilder, namentlich diejenigen, welche Unterschriften haben, sind aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts: des Herzogs Heinrich des Fetten, † 1471, seines Bruders Johann, † 1442, und seiner Söhne Albrecht, † 1483, und Johann, † 1474. Diese können, nach den Wappen, auch keine Originale sein; aber es ist nicht unwahrscheinlich, daß sie zu den acht Tüchern gehörten, welche der Herzog Heinrich der Friedfertige dem Abte nach Doberan schickte und welche dieser copiren ließ. Im Jahre 1521 scheinen die ältern dieser Bilder schon gemalt gewesen zu sein, da Nicolaus Marschalcus Thurius am Ende seiner Annales Herulorum einen Holzschnitt von dem, in türkischer oder tatarischer Tracht abgebildeten Fürsten Niclot mittheilt, wie er auch in der Kirche zu Doberan zu sehen ist. Daß der Maler Hermann Niemann am 11. Sept. 1507 fünf Gulden für zwei Bilder erhielt, welche er für Doberan gemalt hatte (ghein Dobran zu molen), ist ein nicht unwichtiger Wink für das Alter der Bilder.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Doberan (seit 1921 Bad Doberan)