Abschnitt 1

Die
von Lewetzow und von Lowtzow.


Die Familie von Lowtzow gilt für eine Familie aus dem alten, eingebornen Adel Meklenburgs und doch läßt sie sich bisher mit Sicherheit nicht früher hinaufführen, als bis zu der Zeit, wo sie selbst als eine alte Familie auftritt. Zuerst scheint sie unter dem Namen Lowtzow vorzukommen, als „Achim Lowtzo“ im J. 1523 die Union unterschrieb, wenn anders der Name in dem Abdrucke richtig ist. Im großherzoglichen Archive zu Schwerin ist kein einziger Lowtzow vor dem 16. Jahrhundert aufgezeichnet, ein einziger Fall unter den alten Familien. Daher reichen die Stammbäume der Familie von Lowtzow auch nicht über das 16. Jahrhundert hinaus, wenige unsichere Namen abgerechnet. Dieser Achim Lowtzow ist der erste „Lowtzow“, und doch vertrat er damals schon ein altes Geschlecht! Dies ist allerdings sehr auffallend und die Genealogen haben zu allerlei Hypothesen ihre Zuflucht genommen, unter andern auch, nach Latomus Vorgange, zu der, daß man glaube, die von Lowtzow seien aus der Familie von Lewetzow hervorgegangen, weil sie das Gut Lewetzow besessen haben. Dies ist aber wegen der völligen Verschiedenheit der Wappen nicht denkbar; die Gleichheit der Wappen ist nämlich das einzige sichere Kennzeichen der Stammesverwandtschaft mehrerer Familien. Die Sache läßt sich aufklären; jedoch bevor der Ursprung der von Lowtzow nachgewiesen werden kann, muß man über die von Lewetzow im Klaren sein. Es können hier jedoch nur allgemeine Umrisse und entscheidende Thatsachen über beide Familien gegeben werden. Es gab im Mittelalter zwei Familien von Lewetzow. Die bekannte, noch blühende Familie von Lewetzow, welche ein Gatter im Schilde führt, erscheint zuerst im Lande Meklenburg bei Wismar bis Gadebusch und Neukloster hin. Der Stammvater scheint Heinrich Leuzowe zu sein, welcher im J. 1219 auftritt (vgl. Lisch Mekl. Urk. III, S. 64), In der zweiten Hälfte des 13. Jahrh. ist der Ritter und Rath Günther Lewetzow ein bekannter Mann; im Jahre 1277 verkaufte er mit seinem Bruder Heyne an die Stadt Wismar den Hof Dorsten, welcher in der Nähe der Stadt lag (vgl. Lisch Maltzan. Urk. I, Nr. XXII). Höchst wahrscheinlich hatte diese Familie ihren Namen von dem in der Nähe der Stadt Wismar bei Lübow liegenden Dorfe Lewetzow. In einem kleinen Heberegister des Bisthums Schwerin aus dem Ende des 13. Jahrh. heißt es bei den Zehnten mehrerer Dörfer in der Gegend von Wismar, wie Rosendal, wo der Ritter Helmold von Plessen, wie Krassow, wo die Brüder Hanenstert aufgeführt werden:


„In Lewetzow de vno manso dantur nobis XVIII mod. auene, et dominus Gunterus de sua curia dat ibidem IIII mod. silig., IIII ordei, IIII auene, licet in plus se extendant“.

In der ersten Hälfte des 14. Jahrh. erscheint sie viel in der Gegend von Rostock. Erst um die Mitte des 14. Jahrh. kam sie nach und nach in den Besitz der nicht weit von Dargun liegenden Güter Schorrentin, Markow und Lunow u. a., auf welchen sich eben so viele Hauptlinien der Familie ausbildeten; so saßen z. B. noch 1360 die Bere auf Schorrentin. Am 1. Mai 1372 ward Heinrich von Lewetzow für sich und seine Familie mit dem Erbmarschallamte des Landes Werle-Güstrow und dem Dorfe Klentz als Dienstgut belehnt. Nach dem Aussterben des fürstlichen Hauses Werle im J. 1436 ward das Marschallamt des Landes Wenden zwischen den von Lewetzow und den Maltzan, welche ebenfalls um das J. 1370 mit dem Erbmarschallamte des Landes Werle-Goldberg belehnt worden waren, streitig, bis am Ende des 16. Jahrh. die Maltzan sich auf rechtlichem Wege im Besitze behaupteten (vgl. Lisch Maltzan. Urk. II, S. 240 flgd. und S. 251 - 256). Für die seit erster Belehnung das Erbmarschallamt bekleidenden Familien scheint der Helmschmuck ihres Wappens von Wichtigkeit zu sein, wobei man freilich nicht die neuern Entstellungen der Wappen betrachten, sondern auf die ältesten Siegel zurückgehen muß. Die Maltzan führen zwei Büsche über einander auf dem Helme, unten einen metallenen, wie es scheint, und darüber einen Pfauenwedel. Eben so führen die von Lewetzow einen doppelten Busch, unten ebenfalls einen metallenen, wie es scheint, auf welchem einzelne Federn liegen, und darüber einen Pfauenwedel. Die von Lützow führen ebenfalls einen breiten Pfauenwedel auf dem Helme. Es läßt sich daher im Allgemeinen annehmen, daß die alten Erbmarschallsfamilien einen Pfauenwedel auf dem Helme führen, gewöhnlich über einer zweiten kelchformigen, aber sehr ausgebreiteten, metallenen Helmzier mit den Farben des Wappens. Sie führen diesen Schmuck aber nicht, weil sie das Erbmarschallamt bekleiden, da die Maltzan schon lange vor der Gewinnung des Erbmarschallamtes diesen Helmschmuck haben (vgl. Lisch Urk. zur Gesch. des Geschl. Maltzan I, Lithogr. Taf. I), sondern sie bekleiden das Amt, weil sie, um so zu sagen, diesen Helmschmuck führten, oder richtiger gesagt, weil sie nach Stellung, Besitz, Wappen u. s. w. aus alten bevorzügten Familien stammten, denen dieses wichtige Amt vor andern anvertraut ward. Auch die Landesfürsten führten einen Pfauenwedel auf dem Helme. Ein solcher Helmschmuck kommt auf alten, ächten Siegeln nicht häufig vor.

Eine zweite Familie von Lewetzow hing mit der so eben abgehandelten Familie gar nicht zusammen. Sie führte einen halben Hirsch im Schilde und war seit den ältesten Zeiten auf dem Dorfe Lewetzow bei Teterow angesessen, von welchem sie wohl ohne Zweifel den Namen führte. Dieses Gut grenzt unmittelbar an die Güter der andern Familie von Lewetzow; dieses auffallende Zusammentreffen der Namen und des Güterbesitzes kann aber nur ein rein zufälliges sein, da nach dem Wappen beide Familien gar nicht verwandt sind. Diese Familie von Lewetzow erwarb nach und nach mehrere Güter in der Nähe des Hauptgutes Lewetzow, zwischen Teterow und Lage, z. B. Todendorf, Tenze, Bützin, Lüningstorf, Carnitz u. s. w. Merkwürdig ist es wieder, daß die Familie von Lewetzow auf Schorrentin und Markow im 14. Jahrhundert Rechte an dem Gute Lewetzow hatte, welchen sie aber im J. 1390 entsagte; wahrscheinlich waren dies nur Pfandrechte an einzelnen Gerechtsamen, welche sie entweder von den Landesherren oder den Besitzern auf kurze Zeit erworben hatte. Uebrigens erscheinen beide Familien oft neben einander.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die von Lewetzow und von Lowtzow