Die vier Reformatoren Luther, Melanchthon, Zwingli und Calvin

Leben und Auswahl ihrer Schriften
Autor: Eberle, Sigwart, Krummacher, Ledderhose, Erscheinungsjahr: 1862
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Reformation, Mittelalter, Reformatoren, Reformator, Luther, Melanchthon, Zwingli, Calvin
Einzelausgabe der evangelischen Volksbibliothek. Herausgeber Garnisionsprediger Dr. Klaiber. 1862


Vorwort

Indem der erste Band der evangelischen Volksbibliothek, der zunächst in Heften dem Publikum vorgelegt wurde, seine Vollendung erreicht hat, hat sich der Herausgeber noch in Kürze über die zu Grund gelegten leitenden Gesichtspunkte auszusprechen.

Die erste Idee zu dem Unternehmen ist ihm durch einen seiner geehrten Herren Mitarbeiter an die Hand gegeben worden. Von ihm angeregt entwarf der Herausgeber den Plan, wie er nun in der Ausführung begriffen ist.
Leicht wurde in unserer Zeit, in welcher die sogenannten deutschen Klassiker – deren Wert und Bedeutung von dem Herausgeber nicht unterschätzt werden – und leider! oft auch gar viele Nicht-klassiker in den erschiedenen Ausgaben, Sammlungen und Bearbeitungen verbreitet worden sind, der Gedanke nahe gelegt, dass noch ein anderer Zweig der deutschen Literatur einer neuen ausgedehnteren Bekanntmachung würdig sei -, nämlich die religiöse, teils prosaische, teils poetische Literatur der älteren Periode der deutsch-evangelischen Kirche, wie sie sich für unser Werk durch die Namen Luthers einerseits, Bengels und Klopstocks andererseits abgrenzen. Diese Literatur ist nächst der heiligen Schrift, an welcher sie sich selbst genährt hat, die Quelle, aus welcher auf unmittelbare oder abgeleitete Weise sich die religiöse und erthische Substanz, die eigentliche geistige und sittliche Bildung unseres evangelischen Volks in langem Zeitraum herschrieb, und – fügen wir hinzu, ohne die weiteren Bildungsmittel einer späteren Zeit an sich und überhaupt zu verwerfen – wo wahrhaft sittliche Bildung noch vorhanden ist, zum gueten Teil auch jetzt noch, wenn vielfach auch nur auf Umwegen sich herschreibt. Gegenüber dem religiösen Typus der modernen Zeit behält jenes Schrifttum ohnedies den Vorzug der ursprünglichenFrische und ungeschminkten Lauterkeit, überhaupt des Charaktervollen, und ersetzt dadurch reichlich, was ihm teilweise etwa an Glätte abgeht. Wiewohl es auch formell gar häufig in bekannten Zeiten abscheulicher Sprachbarbarei durch Bildung und Gewandtheit des deutschen Ausdrucks aufs Überraschendste sich hervortat. Erscheint diese Literatur soweit wesentlich geeignet, so sie wiederum den Eingang fände, der ihr gebührt, auf das religiös sittliche Geistesleben der inwendig teils so welk, teils so unsicher gewordenen Gegenwart erfrischend, kräftigend und reinigend einzuwirken, so möchte, wenn es uns gelänge, aus den Schriften jener Männer, die als die eigentlichen Bildner der evangelischen Kirche zu bezeichnen sind, das für alle Zeiten Wertvolle auszuwählen und dem Verständnis nahe zu bringen, auch ein anderes Element, ohne welches eine Gesundheit des religiösen Geisteslebens nicht denkbar ist, wieder mehr geweckt und gestärkt werden, nämlich das Bewusstsein des geschichtlichen Zusammenhanges mit jener älteren Periode der evangelischen Kirche (und damit unsers evangelischen Volks), in welcher sie selbst eben wurde, und in ihrem eigentümlichen inwendigen Leben sich gestaltete.

Man kann nicht eben sagen, dass die religiöse Literatur der bezeichneten Periode in unserer Zeit nach Gebühr bekannt wäre. Zwar aus dem erbaulichen und homiletischen Gebiete hat sich in einigen Schichten des Volkes manches in der Stille erhalten. Anderes ist in den letzten Jahrzehnten wieder auf dankeswerte Weise aus der Vergessenheit hervorgezogen worden. Aber doch gilt dieses nur von einem Teil dieses sehr reichhaltigen Schrifttums. Sehr vieles, namentlich solches, was über das Erbauliche hinausgeht, ist nur in kleinen Kreisen bekannt, oft nur in größeren Sammlungen und nur aus größeren Bibliotheken vorhanden, vielfach auch in solchen nicht vorhanden. Im Gebiet des Kirchenlieds ist sehr Erfreuliches geschehen, viel mehr freilich noch im Rückstand. Aber auch das daraus Veröffentlichte ist meistens nur kleineren gelehrt-literarischen und theologischen Kreisen zugänglich. Ja manche Autoren sind außer dem Kreise der eigenklichen Fachgenossen viel weniger bekannt, als es den Anschein hat, wie z. B. der noch weit nicht ausgeschöpfte und auch von Theologen viel zu wenig im Original studierte Luther —, von dem Poeten Hans Sachs ganz zu schweigen, der fast nur gerühmt, nicht gelesen zu werden pflegt.

Um so mehr hoffen der Herausgeber und seine Mitarbeiter auf den Dank eines zahlreichen Leserkreises, wenn sie eben das bleibend Wertvollste aus jener Literatur in einer sorgfältigen Auswahl und zwar in der Urgestalt (von welcher nur in orthographischer Beziehung abzuweichen unumgänglich war) darbieten, und teils durch kurze Biographien, teils durch sachliche, geschichtliche und, wo nötig, auch durch sprachliche Erläuterungen zum lebendigen Verständnis zu bringen suchen. Wird dabei das Biographische nicht als erster und Hauptzweck, sondern nur als Hilfsmittel zum Verständnis der ausgewählten Literatur in Betracht kommen, so werden doch eben ihre Schriften, als die sichersten Urkunden, über die Verfasser selber lebendigeres Zeugnis ablegen, als die Geschichtschreibung es vermöchte. Und indem auf diese Weise, wennauch nur in zweiter Linie, der Aufgabe zu genügen versucht wird, eine Reihe von Lebensbildern der in der inneren Entwicklung unserer Kirche hervorragendsten Männer zu entwerfen, so ist zugleich das Bestreben dahin gerichtet, dem Leser einerseits einen Einblick in die innere Geschichte unserer deutsch-evangelischen Kirche zu eröffnen, andererseits eine reiche Belehrung über die wichtigsten Gegenstände der evangelischen Glaubens- und Sittenlehre darzureichen.

Dem Werke ist der Titel „Volksbibliothek“ vorgesetzt. Damit will die Sache, der zu dienen gesucht wird, als eine allgemeine bezeichnet, und aus dem Leserkreise zwar das ungebildete und verbildete, aber nicht das gebildete Publikum ausgeschlossen werden. Vielmehr denken wir uns als unsere Leser gerne alle, welche sich über die wichtigsten und allgemeinsten Interessen des Menschen — d. h. eben über die religiösen und sittlichen —, auf zuverlässige Weise zu belehren suchen. Denn nicht vorzugsweise der Erbauung im engeren Sinn, sondern der Belehrung wollen wir dienen, wissend, dass eben Belehrung, d. h. Erkenntnis der Wahrheit, Bedingung wahrer Erbauung ist. Hat sich natürlich derjenige, welcher die in Frage stehende Literatur in vorzugsweise gelehrtem oder rein wissenschaftlichem Interesse verfolgt, auf anderem Wege Rats zu erholen, so hoffen wir doch denkenden Laien und Familien, die eine gehaltreiche Lektüre lieben, einen bleibenden Schatz darzubieten, auch Schul- und Lehrerbibliotheken mit einem wertvollen Material zu bereichern und zweifeln nicht daran, dass auch praktische Geistliche, denen meistens nur weniges von dem, was unsere Sammlung ausnehmen wird, im Original oder in größeren Sammelwerken zu Gebot steht, unsere Gabe willkommen heißen werden.

Es erschien zweckmäßig, das Werk in eine poetische und prosaische Abteilung zu zerfällen.

Der, auf Einen Band berechnete, parallel mit der prosaischen Abteilung erscheinende poetische Teil wird die geistliche Dichtung des ganzen Zeitraums zusammenfassen, dabei aber sich nicht auf das Kirchenlied im engeren Sinne beschränken, sondern die religiöse Poesie jeder Gattung berücksichtigen.

Von den vier Bänden der prosaischen Abteilung umfasst der vorliegende die vier großen Reformatoren. In den folgenden werden sich die Gehilfen, Nachfolger und Erneuerer ihres Werkes anschließen, unter welchen wir Brenz, Matthesius, Herberger, Arndt, Valentin Andreä, Heinrich Müller, Sciver, Spener, Franke, Terstegen, Ziegendorf, Bengel, Conrad Rieger nennen.

Noch hat sich der Herausgeber über zwei Punkte auszusprechen.

Die bisher erschienenen Hefte haben bereits zahlreiche und zu unsrer Freude ausnahmslos freundliche Beurtheilung und günstige Aufnahme gefunden. Doch ist gefragt worden, was in unsrer Sammlung Melanchthon, der fast nichts deutsch geschrieben, und noch mehr der Franzose Calvin zu tun habe. Die Antwort liegt doch nahe, dass sie eben faktisch unter die Väter der evangelischen Kirche in ihren beiden Abteilungen der lutherischen und reformierten gehören und darum, obwohl das aus ihren Werken Ausgewählte nur in der Übersetzung gegeben werden konnte, nicht übergangen werden durften.

Von anderer Seite wurde befürchtet, unser Werk wolle der Union dienen. In der Tat aber hat dasselbe mit der Union gar nichts zu tun, es will weder für noch gegen dieselbe arbeiten, es hat nur einen geschichtlichen Zweck, und darum auch als erste Pflicht nur die der geschichtlichen Treue. Dieser Ausgabe sind auch unsere Herren Mitarbeiter ohne Verleugnung ihrer persönlichen Überzeugung gewissenhaft nachgekommen; die Differenzen der vier Resormatoren sind nicht verschwiegen, und sollten nicht verschwiegen werden; die Männer sollten in ihrer ganzen Eigentümlichkeit erscheinen. Sollte ein Leser mit dem Urteil und der Auffassung des einen oder andern der Herrn Mitarbeiter, worüber auch der Herausgeber sich nicht zum Richter aufwerfen konnte noch wollte, nicht einverstanden sein, so sind ja zur Kontrolle und zum Korrektiv die Urkunden selbst vorgelegt. Dass die Herbigkeit der alten Polemik vermieden wurde, wird keiner Rechtfertigung bedürfen. Zur Förderung aber des gegenseitigen Verständnisses und der Gerechtigkeit im gegenseitigen Urteil wird es wohl beitragen, wenn der Leser hier sich urkundlich auch über den Mann, dessen Bahnen er selber nicht folgt, zu orientieren vermag. Auch der Herausgeber, welcher Calvin zu schätzen weiß, wenn er auch in Luther den eigentlichen Heros der Reformation sieht, und mit Vorliebe am lutherischen Typus hängt, hofft auf den Dank vieler Leser, dass neben der lichtvollen Zeichnung Luthers aus der Feder seines lutherisch gesinnten, antiunionistischen Freundes, der doch auch Zwingli so aufrichtig anzuerkennen verstand, auch dieser Letztere als Reformator und Schriftsteller durch die Hand eines mit dem Autor so vertrauten Bearbeiters in das gebührende Licht gestellt ist.
Ludwigsburg, den 11. Juli 1862.
Der Herausgeber

RA 002 Luther

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RA 022 Luther Martin

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RA 024 Melanchthon Philipp

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RA 047 Luther und seine Gattin

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RA 078 Tetzel Ablass verkaufend

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RA 082 Haus zu Eisleben worin Luther geboren ward

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RA 084 Das Lutherhaus in Wittenberg

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RA 086 Die Wartburg

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RA 088 Lutherzimmer auf der Wartburg

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RA 090 Coburg mit der Veste

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RA 092 Die Stadt Augsburg

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RA 094 Der Saal, in welchem die Augsburger Confession verlesen wurde

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RA 096 Die Übergabe der Augsburger Konfession 1530

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RA 098 Kirche in Eisleben, in welcher Luther seine letzte Predigt hielt

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RA 102 Luther-Denkmal in Worms

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RA 104

RA 104