Jesus. Zuschrift
Dem achtbaren und würdigen Herrn, Herrn Nicolao von Amsdorf, der heilligen Schrift Licentiat und Domherrn zu Wittenberg: meinem besondern günstigen Freunde. Gnade und Friede Gottes zuvor, achtbarer, würdiger, lieber Herr und Freund!
Die Zeit des Schweigens ist vergangen und die Zeit zu reden ist kommen, als der Prediger Salomon saget C. 3, 7. Ich habe unserm Vornehmen nach zusammen getragen etliche Stücke, christliches Standes Besserung belangend, dem christlichen Adel deutscher Nation vorzulegen, ob Gott wollte doch durch Laienstand seiner Kirchen helfen; sintemal der geistliche Stand, dem es billiger gebühret, ist ganz unachtsam worden. Sende das Alles Eurer Würde, dasselbe zu richten und wo es not ist zu bessern. Ich bedenke wohl, dass mirs nicht wird unverwiesen bleiben, als vermesse ich mich zu hoch, dass ich verachteter, begebener Mensch solche hohe und große Stände darf anreden in so trefflichen großen Sachen, als wäre sonst niemand in der Welt, denn Doktor Luther, der sich des christlichen Standes annehme und so hoch verständigen Leuten Rat gebe.
Ich lasse meine Entschuldigung anstehen, verweise mirs wer da will; ich bin vielleicht meinem Gott und der Welt noch eine Torheit schuldig, die habe ich mir jetzt vorgenommen, so mirs gelingen mag, redlich zu bezahlen und auch einmal Hofnarr zu werden. Gelinget mirs nicht, so habe ich doch einen Vorteil, darf mir niemand eine Kappen kaufen, noch den Kampf bescheeren. Es gilt aber, wer dem andern die Schellen anknüpft. Ich muss das Sprichwort erfüllen: Was die Welt zu schaffen hat, da muss ein Mönch bei sein und sollte man ihn dazu malen. Es hat wohl mehrmal ein Narr weislich geredet und vielmal weise Leute gröblich genarrt, wie Paulus sagt 1. Cor. 3, 18: Welcher sich unter euch dünket weise zu sein, der werde ein Narr.
Auch dieweil ich nicht allein ein Narr, sondern auch ein geschworner Doktor der heiligen Schrift, bin ich froh, dass sich mir die Gelegenheit gibt, meinem Eid eben in derselben Narren Weise genug zu tun. Ich bitte, wollet mich entschuldigen bei den mäßig Verständigen; denn der Überhochverständigen Gunst und Gnade weiß ich nicht zu verdienen, welche ich so oft mit so großer Mühe ersuchet, nun fort auch nicht mehr haben noch achten will. Gott helfe uns, dass wir nicht unsere, sondern allein seine Ehre suchen, Amen. Zu Wittenberg im Augustinerkloster, am Abend St. Johannis Baptistä, im Jahr 1520.
Dr. Martinus Luther.
Die Zeit des Schweigens ist vergangen und die Zeit zu reden ist kommen, als der Prediger Salomon saget C. 3, 7. Ich habe unserm Vornehmen nach zusammen getragen etliche Stücke, christliches Standes Besserung belangend, dem christlichen Adel deutscher Nation vorzulegen, ob Gott wollte doch durch Laienstand seiner Kirchen helfen; sintemal der geistliche Stand, dem es billiger gebühret, ist ganz unachtsam worden. Sende das Alles Eurer Würde, dasselbe zu richten und wo es not ist zu bessern. Ich bedenke wohl, dass mirs nicht wird unverwiesen bleiben, als vermesse ich mich zu hoch, dass ich verachteter, begebener Mensch solche hohe und große Stände darf anreden in so trefflichen großen Sachen, als wäre sonst niemand in der Welt, denn Doktor Luther, der sich des christlichen Standes annehme und so hoch verständigen Leuten Rat gebe.
Ich lasse meine Entschuldigung anstehen, verweise mirs wer da will; ich bin vielleicht meinem Gott und der Welt noch eine Torheit schuldig, die habe ich mir jetzt vorgenommen, so mirs gelingen mag, redlich zu bezahlen und auch einmal Hofnarr zu werden. Gelinget mirs nicht, so habe ich doch einen Vorteil, darf mir niemand eine Kappen kaufen, noch den Kampf bescheeren. Es gilt aber, wer dem andern die Schellen anknüpft. Ich muss das Sprichwort erfüllen: Was die Welt zu schaffen hat, da muss ein Mönch bei sein und sollte man ihn dazu malen. Es hat wohl mehrmal ein Narr weislich geredet und vielmal weise Leute gröblich genarrt, wie Paulus sagt 1. Cor. 3, 18: Welcher sich unter euch dünket weise zu sein, der werde ein Narr.
Auch dieweil ich nicht allein ein Narr, sondern auch ein geschworner Doktor der heiligen Schrift, bin ich froh, dass sich mir die Gelegenheit gibt, meinem Eid eben in derselben Narren Weise genug zu tun. Ich bitte, wollet mich entschuldigen bei den mäßig Verständigen; denn der Überhochverständigen Gunst und Gnade weiß ich nicht zu verdienen, welche ich so oft mit so großer Mühe ersuchet, nun fort auch nicht mehr haben noch achten will. Gott helfe uns, dass wir nicht unsere, sondern allein seine Ehre suchen, Amen. Zu Wittenberg im Augustinerkloster, am Abend St. Johannis Baptistä, im Jahr 1520.
Dr. Martinus Luther.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die vier Reformatoren Luther, Melanchthon, Zwingli und Calvin