Der Allerdurchlauchtesten, Großmächtigsten Kaiserlichen und christlichem Adel Deutscher Nation

Gnade und Stärke von Gott zuvor. Allerdurchlauchtigster, gnädigste liebe Herren! Es ist nicht aus lauter Fürwitz noch Frevel geschehen, dass ich einiger armer Mensch mich unterstanden, vor euern hohen Würden zu reden. Die Not und Beschwerung, die alle Stände der Christenheit, zuvor Deutschland drückt, nicht allein mich, sondern jedermann beweget hat, vielmal zu schreien und Hilfe begehren, hat mich auch jetzt gezwungen zu schreien und rufen, ob Gott jemand den Geist geben wollte, seine Hand zu reichen der elenden Nation. Es ist oft durch Concilia etwas fürgewandt, aber durch etlicher Menschen List behendiglich verhindert und immer ärger worden; welcher Tück und Bosheit ich jetzt, Gott helfe mir, zu durchleuchten gedenke, auf dass sie erkannt, hinfort nicht mehr so hinderlich und schädlich sein möchten. Gott hat uns ein junges edles Blut zum Haupt geben, damit viel Herzen zu großer guter Hoffnung erwecket; daneben will sichs ziemen, das Unsere dazu zu tun und der Zeit und Gnade nützlich brauchen.

Das erste, das in dieser Sachen vornehmlich zu tun ist, dass wir uns je vorsehen mit großem Ernst und nicht etwas anheben mit Vertrauen großer Macht oder Vernunft, ob gleich aller Welt Gewalt unser wäre; denn Gott mag und wills nicht leiden, dass ein gut Werk werde angefangen im Vertrauen eigener Macht und Vernunft. Er stößet es zu Boden, da hilft nichts für; wie im 33. Psalm V. 16 stehet: Es wird kein König bestehen durch seine große Macht und kein Herr durch die Größe seiner Stärke. Und aus dem Grund, sorge ich, sei es vorzeiten kommen, dass die teuren Fürsten, Kaiser Friedrich der Erste und der Andere und viel mehr deutscher Kaiser, so jämmerlich sind von den Päbsten mit Füßen getreten und verdruckt, vor welchen sich doch die Welt fürchtete. Sie haben sich vielleicht verlassen auf ihre Macht, mehr denn auf Gott, darum haben sie müssen fallen. Und was hat zu unsern Zeiten den Blutsäufer Julium Selundum so hoch erhoben, denn dass ich besorge, Frankreich, Deutschen und Venedig haben auf sich selbst gebauet. Es schlugen die Kinder Benjamin 42.000 Israeliten, darum, dass sie sich auf ihre Stärke verließen. Richt. 20, 21. ss.


Dass uns auch nicht so gelinge mit diesem edlen Blut Carolo, müssen wir gewiss sein, dass wir in dieser Sache nicht mit Menschen, sondern mit den Fürsten der Hölle handeln, Eph. 6, 12., die wohl mögen mit Krieg und Blutvergießen die Welt erfüllen, aber sie lassen sich damit nicht überwinden. Man muss hie mit einem Verzag leiblicher Gewalt in demütigem Vertrauen Gottes die Sache angreifen und mit ernstlichem Gebet Hilfe bei Gott suchen und nichts anders in die Augen bilden, denn der elenden Christenheit Jammer und Not, unangesehen was böse Leute verdienet haben. Wo das nicht, so soll sich's Spiel wohl lassen anfangen mit großem Schein, aber wenn man hinein kömmt, sollen die bösen Geister eine solche Irrung zurichten, dass die ganze Welt müsste im Blut schweben und dennoch damit nichts ausgerichtet würde. Darum lasset uns hier mit Furcht Gottes und weislich handeln. Je größer die Gewalt, je größer Unglück, wo nicht in Gottes Furcht und Demut gehandelt wird. Haben die Päbste und Römer bisher mögen durch Teufels Hülfe die Könige in einander wirren, sie mögens auch noch wohl tun, so wir ohne Gottes Hilfe mit unserer Macht und Kunst ahren.

Die Romanisten haben drei Mauern mit großer Behendigkeit um sich gezogen, damit sie sich bisher beschützet, dass sie Niemand hat mögen reformieren, dadurch die ganze Christenheit gräulich gefallen ist. Zum ersten, wenn man hat auf sie gedrungen mit weltlicher Gewalt, haben sie gesetzt und gesagt: Weltliche Gewalt habe nicht Recht über sie; sondern wiederum, geistliche sei über die weltliche. Zum andern, hat man sie mit der heiligen Schrift wollen strafen, setzten sie dagegen: es gebühre die Schrift Niemand auszulegen, denn dem Pabst. Zum dritten, dräuete man sie mit einem Concilio, so erdichteten sie, es möge Niemand ein Concilium berufen, denn der Pabst.

Also haben sie drei Ruten uns heimlich gestohlen, dass sie mögen ungestraft sein und sich in sichere Befestigung dieser drei Mauern gesetzt, alle Büberei und Bosheit zu treiben, wie wir denn jetzt sehen. Und ob sie schon ein Concilium müssten machen, haben sie doch dasselbe zuvor matt gemacht, damit, dass sie die Fürsten zuvor mit Eiden verpflichten, sie bleiben zu lassen wie sie sind; dazu dem Pabst volle Gewalt geben über alle Ordnung des Concilii, also, dass gleich gilt, es seien viel Concilia oder keine Concilia, ohne dass sie uns nur mit Larven und Spiegelfechten betrügen. So gar gräulich fürchten sie der Haut vor einem rechten freien Concilio, und haben damit Könige und Fürsten schüchtern gemacht, dass sie glauben, es wäre wider Gott, so man ihnen nicht gehorchte in allen solchen schalkhaftigen listigen Spügnissen.

Nun helfe uns Gott und gebe uns der Posaunen eine, damit die Mauern Jericho würden umgeworfen, Jos. 6, 20., dass wir diese stroherne Mauern auch umblasen und die christlichen Ruten, Sünden zu strafen, los machen, des Teufels List und Trug an Tag zu bringen, auf dass wir durch Strafe uns bessern und seine Huld wieder erlangen. Wollen die erste Mauer am ersten angreifen.

Man hats erfunden, dass Pabst, Bischöfe, Priester, Klostervolk wird der geistliche Stand genennet; Fürsten, Herren, Handwerks- und Ackersleute, der weltliche Stand. Welches gar ein fein Comment (Erdichtung) und Gleißen ist. Doch soll Niemand darob schüchtern werden. Und das aus dem Grund: denn alle Christen sind wahrhaftig geistliches Standes und ist unter ihnen kein Unterschied, denn des Amts halben allein; wie Paulus 1 Cor. 12, 12 ss. saget, dass wir allesammt ein Körper sind, doch ein jeglich Glied sein eigen Werk hat, damit es dem andern dienet. Das macht alles, dass wir eine Taufe, ein Evangelium, einen Glauben haben und sind gleiche Christen, Ephes. 4, 5. Denn die Taufe, Evangelium und Glauben, die machen allein geistlich und Christenvolk.

Dass aber der Pabst oder Bischos salbet, Platten machet, ordiniret, weihet, anders denn Laien kleidet, mag einen Gleisner und Ölgötzen machen, macht aber nimmermehr einen Christen oder Geistlichen Menschen. Demnach so werden wir allesamt durch die Taufe zu Priestern geweihet, wie St. Peter 1 Petr. 2, 9. saget: Ihr seid ein königlich Priestertum und ein priesterlich Königreich. Und Off. . 5, 10.: Du hast uns gemacht durch dein Blut zu Priestern und Königen. Denn wo nicht eine höhere Weihe in uns wäre, denn der Pabst oder Bischof gibt, so würde nimmermehr durch Pabsts und Bischofs Weihen ein Priester gemacht, möchte auch noch Messe halten, noch predigen, noch absolvieren. Darum ist des Bischofs Weihen nichts anders, denn als wenn er an Statt und Person der ganzen Sammlung einen aus dem Hausen nähme, die alle gleiche Gewalt haben, und ihm befähle dieselbe Gewalt für die andern auszurichten, gleich als wenn zehen Brüder, Königs Kinder, gleiche Erben, einen erwähleten, das Erbe für sie zu regieren, sie wären je alle Könige und gleicher Gewalt, und doch einem zu regieren befohlen wird.

Und dass ichs noch klarer sage, wenn ein Häuslein frommer Christenlaien würden gefangen und in eine Wüstenei gesetzt, die nicht bei sich hätten einen geweiheten Priester von einem Bischof und würden allda der Sachen einig, erwählten einen unter ihnen, er wäre ehelich oder nicht und befehlen ihm das Amt zu taufen, Messe halten, absolvieren und predigen, der wäre wahrhaftig ein Priester, als ob ihn alle Bischöse und Päbste hätten geweihet. Daher kömmts, dass in der Not ein jeglicher taufen und absolvieren kann; das nicht möglich wäre, wenn wir nicht alle Priester wären. Solche große Gnade und Gewalt der Taufe und des christlichen Standes, haben sie uns durchs geistliche Recht fast niedergelegt und unbekannt gemacht. Auf diese Weise erwähleten vorzeiten die Christen aus dem Haufen ihre Bischöse und Priester, die darnach von andern Bischöfen wurden bestätiget ohn alles Prangen, das jetzt regieret. So ward St. Augustinus, Ambrosius, Cyprianus Bischof.

Dieweil denn nun die weltliche Gewalt ist gleich mit uns getauft, tut denselben Glauben und Evangelium, müssen wir sie lassen Priester und Bischöfe sein und ihr Amt zählen als ein Amt, das da gehöre und nützlich sei der christlichen Gemeinde. Denn was aus der Taufe gekrochen ist, das mag sich rühmen, dass es schon Priester, Bischof und Pabst geweihet sei; ob nun wohl nicht einem jeglichen ziemet solch Amt zu üben. Denn wenn wir gleich alle Priester sind, muss sich niemand selbst hervor tun, noch sich unterwinden ohne unser Bewilligen und Erwählen das zu tun, des wir alle gleiche Gewalt haben. Denn was gemein ist, mag niemand ohne der Gemeinde Willen und Befehl an sich nehmen. Und wo es geschähe, dass jemand erwählet zu solchem Amt und durch seinen Missbrauch würde abgesetzt, so wäre er gleich wie vorhin. Darum sollte ein Priesterstand nicht anders sein in der Christenheit, denn als ein Amtmann, weil er am Amt ist, gehet er vor; wo er aber abgesetzet, ist er ein Bauer oder Bürger wie die andern. Also wahrhaftig ist ein Priester nimmer Priester, wo er abgesetzet wird. Aber nun haben sie erdichtet Characteres indelebiles (unvertilgbare Weihen oder Würden) und schwätzen, dass ein abgesetzter Priester dennoch etwas anders sei denn ein schlechter Laie; ja sie träumen, es möge ein Priester nimmermehr anders, denn Priester oder Laie werden. Das sind alles Menschen erdichtete Reden und Gesetze.

So folget aus diesem, dass Laie, Priester, Fürsten, Bischöfe und wie sie sagen, Geistliche und Weltliche, keinen andern Unterschied im Grund wahrlich haben, denn des Amts oder Werks halben, und nicht des Standes halben. Denn sie sind alle geistliches Standes, wahrhaftige Priester, Bischöfe und Päbste; aber nicht gleich einerlei Werks, gleichwie auch unter den Priestern und Mönchen nicht einerlei Werk ein jeglicher hat. Und das ist St. Pauli Röm. 12, 4. und folgende und 1 Cor. 12, 12 ff . und Petri 1 Petr. 2, 9., wie ich droben gesagt, dass wir alle ein Körper sind des Haupts Jesu Christi, ein jeglicher des andern Gliedmaß. Christus hat nicht zwei noch zweierlei Art Körper, einen weltlich den andern geistlich. Ein Haupt ist und einen Körper hat er.

Gleichwie nun die, so man jetzt geistlich heißt oder Priester, Bischöfe oder Päbste sind, von den andern Christen nicht weiter noch würdiger geschieden, denn dass sie das Wort Gottes und die Sakramente sollen handeln, das ist ihr Werk und Amt: Also hat die weltliche Obrigkeit das Schwert und die Ruten in der Hand, die Bösen damit zu strafen, die Frommen zu schützen. Ein Schuster, ein Schmid, ein Bauer, ein jeglicher seines Handwerks Amt und Wert hat und doch alle gleich geweihete Priester und Bischöfe, und ein jeglicher soll mit seinem Amt oder Werk dem andern nützlich und dienstlich sein, dass also vielerlei Werke alle in eine Gemeinde gerichtet sind, Leib und Seelen zu fördern; gleichwie die Gliedmaßen des Körpers alle eines dem andern dienet.

Nun siehe, wie christlich das gesetzet und gesaget sei, weltliche Obrigkeit sei nicht über die Geistlichkeit, soll sie auch nicht strafen. Das ist eben so viel gesaget: die Hand soll nichts dazu tun, ob das Auge große Not leidet. Ists nicht unnatürlich, schweige unchristlich, dass ein Glied dem andern nicht helfen, seinem Verderben nicht wehren soll? Ja, je edler das Gliedmaß ist, je mehr die andern ihm helfen sollen. Darum sage ich: Dieweil weltliche Gewalt von Gott geordnet ist, die Bösen zu strafen und die Frommen zu schützen, so soll man ihr Amt lassen frei gehen unverhindert, durch den ganzen Körper der Christenheit, niemand angesehen, sie treffe Pabst, Bischöfe, Pfaffen, Mönche, Nonnen, oder was es ist. Denn so das genug wäre, die weltliche Gewalt zu hindern, dass sie geringer ist unter den christlichen Ämtern, denn der Prediger und Beichtiger Amt oder geistliches Standes; so sollte man auch hindern den Schneidern, Schustern, Steinmetzen, Zimmerleuten, Koch, Kellnern, Bauern und allen zeitlichen Handwerken, dass sie dem Pabst, Bischöfen, Priestern, Mönchen keine Schuhe, Kleider, Häuser, Essen, Trinken machten, noch Zins gäben. Lässet man aber diesen Laien ihr Werk unverhindert, was machen denn die römischen Schreiber mit ihren Gesetzen? dass sie sich ausziehen aus dem Werk weltlicher christlicher Gewalt, dass sie nur srei mögen böse sein und ersüllen was St. Petrus gesaget hat 2 Epist. 2, 1.: Es werden falsche Propheten unter euch erstehen und mit falschen erdichteten Worten mit euch umgehen, euch im Sack zu verkaufen.

Darum soll weltliche, christliche Gewalt ihr Amt üben frei unverhindert unangesehen obs Pabst, Bischof, Priester sei, den sie trifft, wer schuldig ist, der leide; was geistlich Recht dawider gesaget hat, ist lauter erdichtete römische Vermessenheit. Denn also saget St. Paulus allen Christen Röm. 13, 1. 4.: Jedermann sei untertan der Obrigkeit die Gewalt über ihn hat. Sie ist Gottes Diener zur Strafe der Bösen und zu Lobe den Frommen. Auch St. Petrus 1 Epist. 2. N. 13.: Seid untertan allen menschlichen Ordnungen um Gottes willen, der es so haben will. Er hats auch verkündiget, dass kommen würden solche Menschen, die die weltliche Obrigkeit würden verachten, 2 Petri 2, 10., wie denn geschehen ist durch geistlich Recht.

Also meine ich, diese erste Papiermauer liege darnieder; sintemal weltliche Herrschaft ist ein Mitglied worden des christlichen Körpers. Und wiewohl sie ein leiblich Werk hat, doch geistliches Standes ist; darum ihr Werk soll frei und unverhindert gehen in allen Gliedmaßen des ganzen Körpers, strafen und treiben, wo es die Schuld verdienet oder Not fordert, unangesehen Pabst, Bischöfe, Priester, sie dräuen oder bannen wie sie wollen. Daher kömmts, dass die schuldigen Priester, so man sie in das weltliche Recht überantwortet, zuvor entsetzet werden priesterlicher Würden; das doch nicht recht wäre, wo nicht zuvor aus göttliche Ordnung das weltliche Schwert über dieselben Gewalt hätte.

Es ist auch zuviel, dass man so hoch im geistlichen Recht hebt der Geistlichen Freiheit, Leib und Güter, gerade als wären die Laien nicht auch geistlich gute Christen als sie, oder als gehörten sie nicht zur Kirchen. Warum ist dein Leib, Leben, Gut und Ehre so frei und nicht das meine, so wir doch gleiche Christen sind, gleiche Taufe, Glauben, Geist und alle Dinge haben? Wird ein Priester erschlagen, so liegt ein Land im Interdict*); warum auch nicht, wenn ein Bauer erschlagen wird? Wo kommt her solch großer Unterschied unter den gleichen Christen? Allein aus Menschengesetzen und Dichten.

*) Kirchenbann über ein ganzes Land, so dass alle kirchlichen Handlungen, die Taufe allein ausgenommen, untersagt waren, keine Glocken geläutet werden, kein Abendmahl gereicht, keine feierliche Beerdigung stattfinden durfte.

Es muss auch kein guter Geist sein, der solche Auszüge erfunden und die Sünde frei unsträflich gemacht hat. Denn so wir schuldig sind wider den bösen Geist, seine Werke und Worte zu streiten und ihn vertreiben, wie wir mögen, als uns Christus gebeut und seinen Aposteln; wie kämen wir denn dazu, dass wir sollten still halten und schweigen, wo der Pabst oder die Seinen teufelische Worte oder Werke vornehmen? Sollten wir um Menschen willen göttliche Gebote und Wahrheit lassen niederlegen, der wir in der Taufe geschworen haben beizustehen mit Leib und Leben? fürwahr, wir wären schuldig aller Seelen, die dadurch verlassen und verführet würden.

Darum muss das der Hauptteufel selbst gesagt haben, das im geistlichen Recht stehet: Wenn der Pabst so schädlich böse wäre, dass er gleich die Seelen mit großem Haufen zum Teufel führete, könnte man ihn dennoch nicht absetzen. Aus diesen verfluchten, teufelischen Grund bauen sie zu Rom und meinen, man soll ehe alle Welt zum Teufel lassen fahren, denn ihrer Büberei widerstreben. Wenn es genug wäre daran, dass einer über den andern ist, darum er nicht zu strafen sei, müsste kein Christ den andern strafen, sintemal Christus gebeut, ein jeglicher soll sich zu den Untersten und Geringsten halten. Matth. 18, 4. Luc. 9. V. 48.

Wo Sünde ist, da ist schon kein Behelf mehr wider die Strafe; als auch St. Gregorius schreibet, dass wir wohl alle gleich sind, aber die Schuld macht einen untertan dem andern. Nun sehen wir, wie sie mit der Christenheit umgehen, nehmen ihr die Freiheit ohne alle Beweisung aus der Schrift, mit eigenem Frevel, die Gott und die Apostel haben unterworfen dem weltlichen Schwert, dass zu besorgen ist, es sei des Widerchrists Spiel oder sein nächster Vorlauf.

Die andere Mauer ist noch loser und untüchtiger, dass sie allein wollen Meister der Schrist sein, ob sie schon ihr Leben lang nichts drinnen lernen, vermessen sich allein der Obrigkeit, gaukeln vor uns mit unverschämten Worten: Der Pabst möge nicht irren im Glauben, er sei böse oder fromm; mögen desselben nicht einen Buchstaben anzeigen. Daher kommt es, dass so viel ketzerische und unchristliche, ja unnatürliche Gesetze stehen im geistlichen Recht, davon jetzt nicht not zu reden. Denn dieweil sie es achten, der heilige Geist lasse sie nicht, sie seien so ungelehrt und böse wie sie können, werden sie kühn, zu setzen was sie nur wollen. Und wo das wäre, wozu wäre die heilige Schrift not oder nütze? Lasset sie uns verbrennen und begnügen an den ungelehrten Herren zu Rom, die der heilige Geist inne hat, der doch nichts denn fromme Herzen mag inne haben. Wenn ichs nicht gelesen hätte, wäre mirs unglaublich gewesen, dass der Teufel sollte Rom solche ungeschickte Dinge vorwenden und Anhang gewinnen.

Doch dass wir nicht mit Worten wider sie fechten, wollen wir die Schrift herbringen. St. Paulus spricht 1 Cor. 14, 30.: So aber eine Offenbarung geschieht einem andern, der dasitzet, so schweige der erste. Was wäre dies Gebot nütze, so allein dem zu glauben wäre, der da redet oder obenan sitzet? Auch Christus saget Joh. 6. V. 45: Sie werden alle von Gott gelehrt sein, Jes. 54, 13., so mag es je geschehen, dass der Pabst und die Seinen böse sind und nicht rechte Christen, noch von Gott gelehret sind, rechten Verstand haben; wiederum, ein geringer Mensch den rechten Verstand haben, warum sollte man ihm denn nicht folgen? Hat nicht der Pabst vielmal geirret? Wer wollte der Christenheit helfen, so der Pabst irret, wo nicht einem andern mehr denn ihm geglaubet würde, der die Schrift vor sich hätte?

Darum ists eine frevelhaft erdichtete Fabel und mögen auch keinen Buchstaben aufbringen, damit sie bewähren, dass des Pabst es allein sei, die Schrift auszulegen oder ihre Auslegung zu bestätigen; sie haben ihnen die Gewalt selbst genommen. Und ob sie vorgeben, es wäre St. Peter die Gewalt gegeben, da ihm die Schlüssel sind gegeben, so ists offenbar genug, dass die Schlüssel nicht allein St. Petro, sondern der ganzen Gemeine gegeben sind, Matth. 16, 19. Kap. 18, 18. Dazu die Schlüssel nicht auf die Lehre oder Regiment, sondern allein auf die Sünde zu binden oder lösen geordnet sind, Joh. 20, 22. 23., und ist eitel erdichtet Ding, was sie anders und weiter aus den Schlüsseln ihnen zuschreiben. Dass aber Christus saget zu Petro Luc. 22, 32.: Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre, mag sich nicht strecken auf den Pabst; sintemal das mehrere Teil der Päbste ohne Glauben gewesen sind, wie sie selbst bekennen müssen; so hat Christus auch nicht allein für Petrum gebeten, sondern auch für alle Apostel und Christen, wie er sagt Joh. 17, 9. 20.: Vater, ich bitte für sie, die du mir gegeben hast, und nicht allein für sie, sondern für alle, die durch ihr Wort glauben an mich. Ist das nicht klar geredet?

Denke doch bei dir selbst, sie müssen bekennen, dass fromme Christen unter uns sind, die den rechten Glauben, Geist, Verstand, Wort und Meinung Christi haben; je warum sollte man denn derselben Worte und Verstand verwerfen und dem Pabst folgen, der nicht Glauben noch Geist hat? Wäre doch das den ganzen Glauben und die christliche Kirche verläugnet. Item, es muss je nicht allein der Pabst recht haben, so der Artikel recht ist: Ich glaube eine heilige christliche Kirche; oder müssen also beten: Ich glaube an den Pabst zu Rom, und also die christliche Kirche ganz in einen Menschen ziehen, welches nicht anders denn teuflisch und höllisch Irrtum wäre. Über das, so sind wir alle Priester, wie droben gesagt ist, alle Einen Glauben, Ein Evangelium, Einerlei Sakrament haben; wie sollten wir denn auch nicht haben Macht zu schmecken und urteilen, was da recht oder unrecht im Glauben wäre? Wo bleibet das Wort Pauli 1 Cor. 2, 15.: Ein geistlicher Mensch lichtet alle Dinge und wird von niemand gerichtet; und 2 Cor. 4,13.; Wir haben alle Einen Geist des Glaubens; wie, sollten wir denn nicht fühlen, so wohl als ein ungläubiger Pabst, was dem Glauben eben oder uneben ist?

Aus diesem allen und vielen andern Sprüchen sollen wir mutig und frei werden und den Geist der Freiheit (wie ihn Paulus nennet 2 Cor. 3, 17.) nicht lassen mit erdichteten Worten der Päbste abschrecken, sondern frisch hindurch alles, was sie tun oder lassen, nach unserm gläubigen Verstand der Schrift richten und sie zwingen, zu folgen dem bessern und nicht ihrem eigenen Verstande. Musste doch vor Zeiten Abraham seine Sara hören, 1 Mos. 21, 12., die doch ihm härter unterworfen war, denn wir jemand auf Erden; so war die Eselin Bileams auch klüger denn der Prophet selbst. Hat Gott da durch eine Eselin geredet gegen einen Propheten, 4 Mos. 22, 28., warum sollte er nicht noch reden können durch einen frommen Menschen gegen den Pabst? Item, St. Paulus strafet St. Peter als einen Irrigen, Galat. 2, 11 ff., darum gebühret einem jeglichen Christen, dass er sich des Glaubens annehme, zu verstehen und verfechten und alle Irrtümer zu verdammen.

Die dritte Mauer fället von ihr selbst, wo die ersten zwei fallen. Denn wo der Pabst wider die Schrift handelt, sind wir schuldig, der Schrift beizustehen, ihn strafen und zwingen, nach dem Wort Christi Matth. 18, 15.: Sündiget dein Bruder wider dich, so gehe hin und sags ihm zwischen dir und ihm allein; höret er dich nicht, so nimm noch einen oder zwei zu dir; höret er die nicht, so sage es der Gemeine. Höret er die Gemeine nicht, so halte ihn als einen Heiden. Hier wird befohlen einem jeglichen Glied, für das andere zu sorgen; wie vielmehr sollen wir dazu tun, wo ein gemein regierend Glied übel handelt, welches durch seinen Handel viel Schaden und Ärgernis gibt den andern. Soll ich ihn verklagen vor der Gemeinde, so muss ich sie ja zusammen bringen. Sie haben auch keinen Grund der Schrift, dass allein dem Pabst gebühret, ein Concilium zu berufen oder bestätigen, denn allein ihre eigenen Gesetze, die nicht weiter gelten, denn so ferne sie nicht schädlich sind der Christenheit und Gottes Gesetzen. Wo nun der Pabst sträflich ist, hören solche Gesetze schon auf, dieweil es schädlich ist der Christenheit, ihn nicht strafen durch ein Concilium. So lesen wir Apostelgesch. 15, 6., dass der Apostel Concilium nicht St. Peter hat berufen, sondern alle Apostel und die Ältesten. Wo nun St. Peter das allein hätte gebühret, wäre das nicht ein christlich Concilium, sondern ein ketzerisch Conciliabulum gewesen. Auch das berühmteste Concilium Nicenum hat der Bischof zu Rom weder berufen noch bestätiget, sondern der Kaiser Konstantinus, und nach ihm viele andere Kaiser dasselbe getan, das doch die allerchristlichsten Concilia gewesen sind. Aber sollte der Pabst allein die Gewalt haben, so müssten sie alle ketzerisch gewesen sein. Auch wenn ich ansehe die Concilia, die der Pabst gemacht hat, finde ich nichts besonders, das drinnen ist ausgerichtet.

Darum, wo es die Not fordert und der Pabst ärgerlich der Christenheit ist, soll dazu tun, wer am ersten kann, als ein getreu Glied des ganzen Körpers, dass ein recht frei Concilium werde; welches niemand so wohl vermag, als das weltliche Schwert, sonderlich dieweil sie nun auch Mitchristen sind, Mitpriester, mitgeistlich, mitmächtig in allen Dingen und sollen ihr Amt und Werk, das sie von Gott haben über jedermann, lassen frei gehen, wo es noch und nütz ist zu gehen. Wäre das nicht ein unnatürlich Vornehmen, so ein Feuer in einer Stadt aufginge und jedermann sollte still stehen, lassen für und für brennen, was da brennen mag, allein darum, dass sie nicht die Macht des Bürgermeisters hätten, oder das Feuer vielleicht an des Bürgermeisters Hause anhübe? Ist hier nicht ein jeglicher Bürger schuldig, die andern zu bewegen und berufen? Wie vielmehr soll das in der geistlichen Stadt Christi geschehen, so ein Feuer des Ärgernisses sich erhebt, es sei an des Pabsts Regiment oder wo es wolle. Desselben gleichen geschieht auch, so die Feinde eine Stadt überfielen; da verdienet der Ehre und Dank, der die andern am ersten aufbringet. Warum sollte denn der nicht Ehre verdienen, der die höllischen Feinde erkundet und die Christen erwecket und berufet?

Dass sie aber ihre Gewalt rühmen, der sich's nicht zieme, widerzufechten, ist gar nichts geredet. Es hat Niemand in der Christenheit Gewalt, Schaden zu tun oder Schaden zu wehren verbieten. Es ist keine Gewalt in der Kirche, denn nur zur Besserung; darum, wo sich der Pabst wollte der Gewalt brauchen, zu wehren ein frei Concilium zu machen, damit verhindert würde die Besserung der Kirche, so sollen wir ihn und seine Gewalt nicht ansehen; und wo er bannen und donnern würde, sollte man das verachten als eines tollen Menschen Vornehmen und ihn in Gottes Zuversicht wiederum bannen und treiben wie man mag. Denn solch seine vermessene Gewalt ist nichts, er hat sie auch nicht und wird bald mit einem Spruch der Schrift niedergeleget. Denn Paulus 2 Cor. 10, 8. saget: Gott hat uns Gewalt gegeben, nicht zu verderben, sondern zu bessern die Christenheit. Wer will über diesen Spruch hüpfen? Des Teufels und Widerchrists Gewalt ist's, die da wehret, was zur Besserung dienet der Christenheit; darum ihr gar nicht zu folgen, sondern zu widerstehen ist mit Leib, Gut und allem, was wir vermögen. Und wo gleich ein Wunderzeichen für den Pabst wider die weltliche Gewalt geschähe, oder jemand eine Plage widerführe, wie etlichemal sie rühmen geschehen sei, soll man dasselbe nicht anders achten, denn als durch den Teufel geschehen, um unsers Glaubens zu Gott Gebrechen. Wie dasselbe Christus verkündiget hat Matth. 24, 23.: Es werden kommen in meinem Namen falsche Christen und falsche Propheten, Zeichen und Wunder tun, dass sie auch die Auserwähleten mochten verführen, und St. Paulus saget 2 Thess. 2, 9. 10., dass der Widerchrist werde durch Satanam mächtig sein in falschen Wunderzeichen.

Darum lasset uns das fest halten: Christliche Gewalt mag nichts wider Christum, wie St. Paulus saget 2 Cor. 13, 8.: Wir vermögen nichts wider Christum, sondern für Christum zu tun. Tut sie aber etwas wider Christum, so ist sie des Widerchrists und Teufels Gewalt, und sollte sie Wunder und Plagen regnen und schlossen. Wunder und Plagen bewähren nichts, sonderlich in dieser letzten ärgsten Zeit, von welcher falsche Wunder verkündiget sind in aller Schrift, 2 Thess. 2, 9. 10. Darum müssen wir uns an die Worte Gottes halten mit festem Glauben, so wird der Teufel seine Wunder wohl lassen.

Hiermit, hoffe ich, soll das falsche, lügenhaftige Schrecken, damit uns nun lange Zeit die Römer haben schüchtern und blöde Gewissen gemacht, hernieder liegen; und dass sie mit uns allen gleich dem Schwert unterworfen sind, die Schrift nicht Macht haben auszulegen durch lauter Gewalt, ohne Kunst, und keine Gewalt haben, ein Concilium zu wehren oder nach ihrem Mutwillen pfänden, verpflichten und seine Freiheit nehmen; und wo sie das tun, dass sie wahrhaftig des Widerchrists und des Teufels Gemeinschaft sind, nichts von Christo denn den Namen haben.