Die subjektiven Ursachen der deutschen Auswanderung

Aus: Die deutsche überseeische Auswanderung seit 1871 . . .
Autor: Josephy, Fritz Dr. (?-?), Erscheinungsjahr: 1912
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Auswanderung, Auswanderer, Deutschland, Amerika, USA, Vereinigte Staaten, Auswanderungsschiffe, Auswanderungshäfen, Auswanderungsländer, Auswanderungsgründe, Auswanderungsagenten
Die subjektiven Beweggründe zur Auswanderung sind so mannigfaltig wie die menschliche Natur selber. In ihrer Vielgestaltigkeit lassen sie sich auf die beiden Seiten der Menschennatur, nämlich die physische und psychische zurückführen, so dass wir physiologische und psychologische Ursachen der Auswanderung zu unterscheiden haben. Nach beiden Richtungen stehen sie mit dem Sexualtrieb des Menschen teils direkt, teils indirekt oft in enger Verbindung. Wir brauchen dabei nicht so weit zu gehen, wie der Psychiater S. Freud in Wien, der alle menschlichen Handlungen in letzter Linie auf den Sexualtrieb zurückführen will. Jedenfalls hat aber auch das sexuale Moment 10) auf die Auswanderung einen großen Einfluss. Dies zeigt sich darin, dass gerade die jugendlichen und in der Vollkraft ihres Lebens stehenden Volkselemente vorzugsweise an der Auswanderung beteiligt sind, da sie hoffen, in der Fremde eher zur Familiengründung schreiten zu können, als dies unter den heimatlichen Verhältnissen möglich wäre. Ferner zeigt es sich in der in verschiedenen Gegenden Deutschlands in einzelnen Jahren zum Teil stark überwiegenden Auswanderung weiblicher Personen, namentlich weiblicher Dienstboten und Landmädchen. So wanderten z. B. in Westpreußen im Jahre 1888 5.627 weibliche und nur 5.342 männliche Personen aus, 1891 6.856 weibliche und 6.532 männliche Personen. Ein ähnliches Verhältnis zeigt sich in einzelnen Jahren auch in Pommern und Württemberg und einigen anderen Teilen des Reiches. Hier herrscht zweifellos die Hoffnung vor, in Amerika, das bis heute noch einen Männerüberschuss aufweist, die Chancen der Heiratsmöglichkeit zu vergrößern 11).

Bei allen subjektiven Ursachen kommt die Familie als hemmender Faktor der Auswanderung in Betracht. Die engen Bande des Familienlebens machen es Personen, die subjektiv leicht zur Auswanderung neigen würden, schwer, ja oft unmöglich, sich von der Geburtsstätte loszulösen. Die Familie war von je ein eminent konservatives Element im Staatswesen. Neben der Familie wirken auch die Bande der Verwandtschaft, der Heimat usw. hemmend auf die Auswanderung.

10) Rauber a. a. O.
11) In den Vereinigten Staaten trafen auf 100 männliche Personen weibliche: 1870 97,8, 1880 96,5, 1890 95,3. (Conrad, Statistik, S. 82.)

Be- und Endladen eines Dampfschiffes bei elektrischem Licht

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Beladen eines Bananenfrachters

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Dampfschiff, erste Klasse Deck

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Dampfschiff, im großen Salon

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Dampfschiff, im Zwischendeck

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Deck Steward

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Decksarbeiten, Reinigung

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Dampfschiff, Raucherzimmer

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