Zwischenunternehmer.

Den allgemeinen wirtschaftlichen Zielen der Sozialdemokratie entsprechend richtet auch die Gewerkschaft der Hafenarbeiter einen Teil ihrer Kräfte gegen die sogenannten Zwischenunternehmer. Als die wichtigsten Unternehmer dieser Art kommen für den Hamburger Hafen die Ewerführerbaase und die Stauerbaase in Betracht. Die Bezeichnung Zwischenunternehmer ist für die Ewerführerbaase kaum mehr am Platze. Aus den alten Ewerführereien haben sich im Laufe der letzten zehn Jahre große Transportgeschäfte, zum Teil Aktiengesellschaften, ent- wickelt, die durchaus den Charakter eines selbständigen Unternehmens tragen.

Wirkliche Zwischenunternehmer sind dagegen heute noch die Stauerbaase, die im Auftrage der Reeder die Schiffe laden und löschen. Hier ist aber schon ohne Zutun des Hafenarbeiterverbandes eine Wandlung eingetreten. Einige Reedereien, vor allem die Hamburg-Amerika-Linie sind zur eigenen Stauerei übergegangen. Die Zahl der selbständigen Stauereibetriebe ist zwar in den letzten Jahren keineswegs zurückgegangen, aber bei der Konzentrationsbestrebung der großen Reederfirmen ist eine weitere Aufsaugung der selbständigen Betriebe wahrscheinlich.


Die Agitation gegen die Ewerführereien oder Transportgeschäfte hat sich mehr und mehr auf die kleineren Unternehmer beschränkt, die, um sich am Leben halten zu können, gezwungen sind, vielfach mit Lehrlingen oder ungenügendem Arbeitermaterial zu arbeiten. Die Stauereibetriebe werden aber rücksichtslos angegriffen und ihr Verdienst wird als eine Einbehaltung der Arbeitergroschen gebrandmarkt.

Der Hass der Arbeiterschaft*) gegen die Stauer mag seinen Grund einerseits darin haben, dass der Zwischenunternehmer notwendigerweise in seinem Gewinn dem Druck der Lohnforderungen der Arbeiter und dem Angebot der Reeder unterworfen ist. In seiner Machtlosigkeit dem großen Kapital gegenüber muss er daher bestrebt sein, den Lohn herabzudrücken. Dass dieses Bestreben wirklich vorhanden ist, zeigen die vielen Klagen über Tarifbruch und Lohnverkürzungen, die in den Versammlungsprotokollen der Schauerleute aufgezeichnet sind**). Nach der Einführung des Schichtwechsels und des neuen Tarifes, wie er vom Hafenbetriebsverein festgesetzt ist, werden diese Unregelmäßigkeiten in dem Masse nicht mehr vorkommen können, da der Verein der Stauer nur ein Teil dieses Vereins ist, welcher für die Einhaltung seiner Bestimmungen im Interesse des Friedens im Hafen genügende Sorge tragen wird.

Ein anderer Grund, weswegen der Arbeiter die Beschäftigung bei den Eigenstauereien der Reeder vorzieht, liegt darin, dass er bei gleichem Lohntarife infolge der größeren Ständigkeit seiner Beschäftigung dort einen besseren Verdienst hat. Der Jahresbericht des Hafenbetriebsvereins sagt daher betreffs der Kontraktarbeiter, dass „im Durchschnitt die Verdienstgelegenheit für den Kontraktarbeiter in den Reedereien mit eigener Stauerei etwas günstiger gewesen sei, als in den selbständigen Stauereibetrieben“.

Dem Kampfe der Hafenarbeiter gegen die selbständigen Stauereien ist durch die Gründung des Hafenbetriebsvereins ein Ziel gesetzt. Einen Erfolg hat der Verband in diesem Kampfe überhaupt nicht zu erzielen vermocht. Er hat im Gegenteil dadurch zu einer für ihn gefährlichen Konzentration der Kapitalmächte beigetragen. Die Beschaffung von Arbeitswilligen in Streikfällen ist dem Hafenbetriebsverein viel leichter, als allein dem Verein Hamburger Reeder oder dem Verein der Stauer von Hamburg-Altona.

*) Protok. der Schauerleute Nov. 0l. — Schutzkongress Berlin 1906. —

**) Z. B. 9. Verbandstag 1906. Bericht der Filiale der Schauerleute. Differenzen mit Arbeitgebern 1904 in 61, 1905 in über 100 Fällen. Durch erfolgreiche Einigung beigelegt über die Hälfte in beiden Jahren. Zur gerichtlichen Klage kamen 1904 21 Fälle für 197 Leute mit 947,85 M., davon liefen 13 Fälle mit 392,55 M. erfolgreich aus. 1905 waren es 18 Fälle für 124 Leute mit 785,65 Mk., davon waren 9 Fälle mit 319,15 Mk. erfolgreich.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die sozialen Verhältnisse im Hamburger Hafen