Zusammenfassung.

Der ganze Umfang der Tätigkeit des Hafenarbeiterverbandes in Hamburger Hafen sei noch einmal kurz zusammengefasst.

Das erste Ziel seines Strebens, die Erringung der Anerkennung als gleichberechtigte Organisation neben den Arbeitgeberorganisationen, hat der Verband bisher nicht erreichen können. Der Einfluss, den er im Laufe einer guten Konjunktur gewonnen hatte, war nur ein scheinbarer gewesen, wie mit aller Deutlichkeit aus der einseitigen Festsetzung des Schauermannstarifs vom 1. Oktober 1907 hervorging. Diese Erkenntnis rief auf Seiten des Verbandes eine große Erbitterung hervor und führte zu der Unbesonnenheit eines Vertragsbruches mit der Arbeitgeberorganisation, wodurch diese einen starken moralischen Rückhalt in der öffentlichen Meinung gewinnen musste. Andrerseits haben die Unternehmer sich durch die einseitige Ausstellung des Tarifs für die künftige Zeit selbst geschädigt, da auf dieser Basis die friedliche Zeit im Hafen nur von kürzerer Dauer sein kann, und der Hafenarbeiterverband durch die Machtstellung der Unternehmerorganisation den Arbeitern gegenüber einen für die Agitation wichtigen moralischen Rückhalt gewonnen hat.


In der Frage des Arbeitsnachweises ist der Hafenarbeiterverband ebenfalls zu keinem Resultate gekommen. Der Arbeitsnachweis liegt gegenwärtig fester als je in den Händen der Unternehmerorganisationen. Auf die Arbeitsvermittlung hat der Verband nie auch nur einen scheinbaren Einfluss gehabt. Ob eine vorurteilsfreiere Beurteilung des Hafenbetriebes zu einer Teilnahme am Arbeitsnachweise hätte führen können, darf als Möglichkeit gelten, ist aber nicht zu bestimmen. Der gegenwärtige Stand der Dinge bietet dem Hafenarbeiterverbande keine Aussicht auf eine günstige Veränderung. Der Übergang des Arbeitsnachweises in die Hände des Staates wäre ein unglücklicher Ausweg, da eine bureaukratische Regelung der komplizierten Arbeitsverhältnisse im Hafen den Anforderungen nicht gewachsen sein kann und zur Schädigung beider Parteien führen muss.

Die Lohn- und Arbeitsbedingungen des Hafenbetriebes haben fast von Jahr zu Jahr eine Aufbesserung erfahren. Hierbei ist das Drängen der Organisation der Arbeiter von großem Einflüsse gewesen. Doch ist keineswegs in dem Nachgeben der Unternehmer eine Schwäche zu sehen, sondern vielmehr die kluge Berechnung, dass eine günstige Geschäftslage eine niedrigere Verzinsung der Arbeitskraft verträgt. Die Lohnbewegungen der Hafenarbeiterschaft also, obwohl erfolgreich, sind bisher niemals Siege über das Unternehmertum gewesen.

Der Kampf gegen die Zwischenunternehmer oder, worauf es dem Verbände besonders ankommt, gegen die selbständigen Stauereien, wird mehr verdeckt, als offen geführt, da der Verband kein wirksames Kampfmittel hat. Eine Boykottbewegung ist bei der festen Kartellierung der Unternehmerschaft ausgeschlossen. Das ganze Vorgehen bleibt innerhalb der Grenzen der Agitation. Das Aufsaugen der selbständigen Stauereibetriebe geschieht unabhängig von dem Streben des Hafenarbeiterverbandes, dem eine neue Grenze gesetzt ist durch die Gründung des Hafenbetriebsvereins.

In dem direkten Kampfe gegen das Unternehmertum ist der Hafenarbeiterverband in allen vier Punkten im Nachteile geblieben. Zwei wesentliche Momente haben aber seine Position gestärkt, 1) die Löhne haben sich zum Teil bedeutend verbessert und damit die Zahlkraft der Mitglieder, 2) die Organisation hat sich im Innern gefestigt, der Zusammenschluss ist enger geworden, dies wurde erreicht durch die Gründung einer Unterstützungskasse, die Gewährung von Rechtsschutz und die Errichtung des Arbeitersekretariats.

Diese Errungenschaften geben der Organisation von selbst die Richtung, nach welcher sie sich künftig zu bewegen hat. Der Zusammenschluss der Arbeiterschaft muss vollendet werden, nicht durch Zwang, sondern durch den weiteren Ausbau oben genannter Einrichtungen. Hand in Hand mit dieser Festigung muss eine weitsichtigere Politik gehen, die die wirtschaftliche Lage des Arbeiters nicht gegen, sondern durch seine wirtschaftliche Tätigkeit zu heben sucht


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die sozialen Verhältnisse im Hamburger Hafen