Arbeitgeberorganisation.

Die Organisation der Arbeitgeber im Hafen umfasst fünf größere Vereine.

1) Der Verein Hamburger Reeder.
2) Verein Hamburger Schiffsmakler und Schiffsagenten E. V.
3) Verein der Stauer von Hamburg-Altona von 1886.
4) Verein der Hamburg-Altonaer Ewerführerbaase von 1874.
5) Vereinigung Hamburgischer Quartiersleute.


Der Hafenbetriebsverein setzt sich zusammen aus den Mitgliedern der ersten drei Vereine.

Die Aufgaben der Arbeitgeberorganisationen sind im allgemeinen nach zwei Gesichtspunkten zu teilen. Sie haben erstens die wirtschaftlichen Interessen des Berufs in Politik und Verwaltung zu schützen, zweitens den betriebsfeindlichen Bewegungen der Arbeiterschaft entgegenzutreten. Für den Zweck dieser Arbeit kommt nur der letztere in Betracht.

Die mächtigste Waffe der Gewerkschaft als Kampfesorganisation ist der Streik, das Unternehmertum muss daher auf eine wirksame Abwehr dagegen sinnen. Aber eine gewaltsame Unterdrückung oder Niederwerfung des Streiks genügt nicht. Eine unruhige gährende Arbeiterschaft, die ständig den Fortgang des Betriebes gefährdet, kann nicht viel nützen. Die weitere Aufgabe des Unternehmertums ist daher die Aufrechterhaltung des Friedens und die Bildung eines zuverlässigen Arbeiterstammes. Die natürliche Gegensätzlichkeit in den Zielen der Arbeiter- und der Unternehmerorganisationen machen Reibungen immer unvermeidlich, dennoch haben naturgemäss in einer Hinsicht beide Organisationen dieselbe Aufgabe, sie haben für die Erhaltung des Betriebes Sorge zu tragen, da dieser die Quelle des Lebensunterhaltes für beide ist. Welcher staatlichen oder privaten Reformen das Arbeitsverhältnis künftighin zur endgültigen Lösung dieser Frage bedürfen wird, ist hier nicht zu erörtern, es ist nur zu entscheiden, wie gegenwärtig die Aufrechterhaltung des Betriebes durchgeführt wird.

Die große sozialdemokratische gewerkschaftliche Bewegung will von einer Gemeinsamkeit der Interessen nichts wissen. Der Unternehmer bleibt der Ausbeuter und der Arbeiter der Lohnsklave. Einen besonders schroffen Standpunkt nimmt das Gewerkschaftsorgan des Hafenarbeiterverbandes „Der Hafenarbeiter“ ein. Zwischen Kapital und Arbeit wird ein unversöhnlicher Gegensatz konstruiert. Agitation und Tendenz erlauben keine Vermittlung und keine Mittelstellung. Die kapitalistische Produktionsweise wird bei den Arbeitern mit allen Mitteln misskreditiert. Die kollektive Produktion soll den Arbeitern das Heil bringen. Der Arbeiter, der immer von neuem durch Vorträge und Lektüre in diesen Ideenkreis hineingezogen wird, kann an der Erhaltung eines kapitalistischen Betriebes kein Interesse gewinnen. Aus diesem Grunde sind die sich immer wieder- holenden Klagen der Arbeitgeber über Nachlässigkeit und Minderleistung zu verstehen. Die dem Arbeiter anerzogene Nachlässigkeit und Gleichgültigkeit dem Betriebe gegenüber, wird neuerdings aber auch systematisch zur Anwendung gebracht unter der Bezeichnung einer „passiven Resistenz“. Der Erfolg, den damit die österreichischen Eisenbahner erreicht haben, ist in der gesamten Gewerkschaftspresse, nicht zuletzt im „Hafenarbeiter“ jubelnd kommentiert worden. Diese jubelnde Zustimmung des „Hafenarbeiters“ ist begründet, denn die passive Resistenz ist nirgends leichter und vorteilhafter anzuwenden, wie im Transportgewerbe.*).

*) Der Hafenarbeiter, Hamburg, 26. Oktober 1907.

Mit einer Arbeiterschaft, die in diesem Sinne geleitet wird, die an der Erhaltung des Betriebes in keiner Weise teilnehmen will, kann der Unternehmer nicht friedlich auskommen. Schon diese Grundbedingung des wirtschaftlichen Schaffens, die Erhaltung des Betriebes, bringt ihn in Gegensatz zu den Arbeitern. Die Verantwortung für den Bestand des Unternehmens ruht allein auf seinen Schultern. Der Betrieb muss durchgeführt werden gegen den Willen der Arbeiter, mögen diese sich einzeln dieses Willens bewusst sein oder nicht, der Wille findet seinen Ausdruck in der sozialistischen Leitung, der sie unbedingt Folge leisten. Dieser Widerwille der Arbeiterschaft macht jedes patriarchalische Arbeitsverhältnis unmöglich. Das hat eine gewisse Rücksichtslosigkeit des Unternehmers zur Folge, der die Zahl seiner Arbeiter, wie es der Betrieb fordert, vermehrt oder vermindert, ohne Rücksicht auf ihre Existenz. Dieser Rücksichtslosigkeit setzt das Interesse an der Erhaltung des Betriebes aber selbst wiederum Schranken, um die Durchführung des Betriebes zu sichern, muss der Unternehmer sich einen festen Stamm Arbeiter schaffen. Dies sucht er zu erreichen durch Vergünstigungen und Wohlfahrtseinrichtungen, die im Stande sind, die soziale Lage der Arbeiter zu verbessern. Ein derartiges Vorgehen steht im schärfsten Gegensatze zu den Bestrebungen der Gewerkschaft. Im sozialen Felde wird hier ein harter Kampf zwischen Betrieb und Gewerkschaft geführt.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die sozialen Verhältnisse im Hamburger Hafen