III. Brodzinski, der Vorläufer der Romantik. Das Volkslied. Die ukrainische Dichterschule: Malczewski, Zaleski, Goszynski

Die neue Literatur hatte einen Vorläufer, der für sie gleiche Bedeutung hat, wie Herder für die deutsche und Steffens für die dänische Geistesbewegung: Kasimir Brodzinski, ein Mann von sanftem, liebenswürdigem Naturell (geboren 1791 in einem Dorfe in Galizien), der früh seine Mutter verloren hatte und der schlecht behandelt von seiner Stiefmutter in die Gesindestube des Hauses und die Hütten des Dorfes floh. So wurde er frühzeitig mit der Lebensweise und dem Gedankengange des niederen Volkes vertraut und lernte früh die Volksmärchen, Volkssagen und Volkslieder kennen. Übrigens war seine Erziehung deutsch. Als ein Teil von Galizien im Jahre 1809 mit dem Großherzogtum Warschau vereinigt wurde, trat Brodzinski in das polnische Heer ein und machte 1812 den russischen Feldzug Napoleons mit. 1813 wurde er während der Schlacht bei Leipzig gefangen genommen; einige Jahre später ließ er sich in Warschau nieder, wo er von 1822 ab an der Universität ausgezeichnete Vorträge über polnische Literatur, über Shakespeare, Goethe und Schiller u. s. w. hielt, und die Aufmerksamkeit seiner Hörer auf den Wert und die verjüngende Kraft der Volkspoesie leitete. Die meisten Mitglieder der ukrainischen Dichterschule, wie auch Mickiewicz, empfingen Anregungen durch ihn.

Er hatte einen Mann zum Rivalen, der ihn in den Augen der Zeitgenossen weit überstrahlte, Osinski, gleichfalls Professor der Literaturgeschichte an der Universität, den Liebling der feinen Gesellschaft, fanatischen Verfechter des klassischen Geschmackes und blinden Verächter der auftauchenden romantischen Poesie, einen glänzenden Redner. Brodzinkis Stimme war nicht stark und sein Auftreten einfach, aber seine Beredsamkeit echt und sein Einfluss auf die Jugend sehr groß.


Als Dichter hat er, leicht beeinflusst von Goethes „Hermann und Dorothea", das Idyll Wislaw geschrieben, eine ruhige Liebesgeschichte, die zwischen Krakauer Bauern spielt, und noch heutigen Tages gelesen wird. Er nannte sich selbst mit stolzer Demut „die bescheidene Dorf-Kirchenglocke, deren Verdienst nur darin bestand, vor Tagesgrauen die Literatur zur Morgenandacht geweckt zu haben."

Als Lehrer pries er Natürlichkeit über alles, Natürlichkeit im Wesen, im Stile, in der Poesie, er wandte die Gedanken des jungen Geschlechtes von den klassischen Lokalitäten „den Gegenden Arkadiens" ab und forderte dessen Dichter auf, ihr eigenes schönes Land zu besingen „den Erdboden, worauf Deine Jugend dahinschritt, wofür die Söhne Sarmatiens ihr Blut vergossen haben, und wo Du dereinst Dein weißes Haupt niederlegen wirst, während die Fichten um Dein Grab grünen werden!"

Man kann Brodzinski als Ästhetiker keinen Gelehrten nennen; er war weniger und mehr; weniger, insofern ihm die methodische Fertigkeit fehlte; mehr, weil das, was man auf diesem Gebiete Wissenschaftlichkeit nennt, ohne Originalität, ohne Urteilskraft, ohne irgend welchen Scharfblick für das Individuelle möglich ist, während die eigentlich literarische Produktion durch ihr wogendes Leben, durch das Los und den Anteil, den die Persönlichkeit, ihre Stimmung und ihre Kunst daran hat, die direkte wissenschaftliche Behandlung ausschließt. In ihm entstand ein Schriftsteller, der gleichzeitig dem Leben und der Bücherwelt angehörte. Er stand mitten zwischen Wissenschaft und Kunst, und über der Wissenschaft auf dem Gebiet, wo die bloße Wissenschaft keine Kunst ist.

Die Revolution von 1831 riss ihn aus seiner friedlichen Wirksamkeit und in eine nationale Schwärmerei hinein, die bisher seinem Wesen fremd gewesen war. Er wurde, wie so viele andere sogar unter den Größten, von der Messiassendung seines Vaterlandes überzeugt und verlor sich in Prophezeiungen. In einer Abhandlung über die Nationalität der Polen schrieb er den Satz: „Das polnische Volk ist der Kopernikus der moralischen Welt; es hat das Gesetz der Anziehung aller Völker entdeckt zum moralischen Mittelpunkt — zur Idee der Menschheit; diesem Volke war es vergönnt die Rechte des Thrones und der Bevölkerung ins Gleichgewicht auf einer Waagschale zu bringen, die am Himmel selbst befestigt war.“

So stark erschütterte die neue, für so lange Zeiten entscheidende Niederlage Polens sogar die klarsten und feinsten Intelligenzen.

Das Volkslied verlieh dem nun aufwachsenden Dichtergeschlecht die erste Inspiration, stand es doch der klassischen Kunstpoesie am fernsten. Alle die slawischen Völker und die mit den Polen verbundenen Litauer besaßen Volkslieder in reichem Masse, aber von ganz verschiedenem Range. Am höchsten steht jedenfalls das litauische Volkslied (Domo), worin ein von den Slawen weit verschiedener Stamm alles niedergelegt hat, was er dichterisch auf dem Herzen hatte. Reich und in unseren Tagen durch Übersetzungen und Bearbeitungen über ganz Europa bekannt ist die serbische Volksdichtung, die im Norden Runeberg beeinflusst hat. Weniger plastisch, sanfter und milder, zuweilen auch leichtsinniger und munterer ist die polnische. Endlich lebt die Poesie der Steppen und die Kühnheit und Schwermut ihrer Bewohner in dem südrussischen Volksliede, dem Duma der Kosaken.

Schon als Kind lernte Mickiewicz von einem alten Dienstmädchen die polnischen Volkslieder kennen. Sie sind in Dänemark nur durch ein paar Bearbeitungen in Hauch's „Die polnische Familie tf bekannt. Darunter gibt es ein Lied, das so beginnt:

„Wie stehst Du so einsam, o Birkenbaum!
Auf der Heide in Winter und Wind?
O Jungfrau! Dein Schutz ist der Himmelsraum
Weiß ist deine Wange, mein Kind.“

Dieses kleine Lied ist eine im Shakespeare'schen Stile vorgenommene Umarbeitung eines alten reimlosen Volksliedes aus dem fünfzehnten oder sechzehnten Jahrhundert:

„Birkenbaum, Birkenbaum! Schöner Birkenbaum! Warum bist du so traurig? Lässt der alte, weiße Frost deine Säfte erstarren, oder ist es der schlimme Wind, der dich umweht? Oder ist es der Bach, der die Erde von deinen jungen Wurzeln spült?"
Schwester Olga! sagt die Birke , nicht der alte weiße Frost, nicht der Wind schadet mir, auch nicht der Bach.
Aber aus fernen, fernen Ländern kamen die Tataren, und sie brachen meine Zweige und sie zündeten große Scheiterhaufen an, und traten das Gras, das schöne, grüne Gras nieder, rings um mich her. Und wo sie Feuer anlegten, da wächst kein Gras mehr. Und wo sie durch die Saat ritten, sieht es aus wie im Herbste.
Und wo ihre Pferde durch den Bach wateten, wird kein Tier daraus trinken, und wo ihre Pfeile treffen, heilt der Schmerz erst im Grabe . . . .

Aus diesem letzten Motive hat Hauch den Ausgangspunkt zu einem andern sehr' schönen Wechselgesange in seinem Roman genommen, worin es heißt:

Als der Barbar seinen Degen wetzte,
Sein Pferd sich im Haine grasend ergötzte,
Versank die Böse in ihrem Blut;
Der Vogel floh und der Wald verschwand
Nur der rote Hahn hat gekräht übers Land,
Nächst der Eichenwurzel wohlgemut;
Kein Baum bewahrte die Säfte,

Die Erde verlor ihre Kräfte,
Wo der Fuß des Verhassten geruht.

Noch ehe Polens größter Dichter sich von dem polnischen Volksliede inspirieren ließ, suchte die Dichtergruppe, die direkt von Brodzinski beeinflusst Mickiewicz den Weg bahnt, den kosakischen Dwina und verlor sich in die weiten Horizonte des Steppenlandes. Es war die sogenannte polnisch-ukrainische Dichterschule, deren drei größte Namen Malczewski, Zaleski und Goszczynski sind.

Anton Malczewski, 1793 in Wolhynien geboren, der nur 33 Jahre alt unerkannt, ja unbekannt starb, ist Verfasser der in der polnischen Literatur beliebtesten und vielleicht am häufigsten in neuer Auflage erschienenen und illustrierten Dichtung, Marja, ukrainische Erzählung, die im Stile an Byrons erste, kürzere epische Dichtungen erinnert. Malczewski war Sohn eines polnischen Generals, erhielt die französische Bildung der vornehmen Welt, trat unter Napoleon in das Heer ein, wurde schwer verwundet, nahm seinen Abschied als Offizier, unternahm von 1816 — 1821 Reisen im Auslande, nahm an allen Zerstreuungen und Genüssen der vornehmen Gesellschaft teil, so dass er Vermögen und Gesundheit zusetzte, kehrte dann nach Wolhynien zurück, ließ sich auf dem Lande nieder, und wurde in eine Liebesverbindung mit seiner Cousine verwickelt, der kranken Frau eines benachbarten Gutsbesitzen, die er durch eine magnetische Kur heilte. Sie verließ ihren Mann, und das Paar lebte einige Jahre in Warschau zusammen, wo Malczewski, der nun ganz verarmt war, sich durch eine private Anstellung ernährte, bis die Unruhe und Belästigung seiner Geliebten — sie konnte ihn zu Hause nicht entbehren — ihn zwang seine Stellung aufzugeben. Selbst äußerst nervös und aufgerieben durch die Plackereien einer hypernervösen Frau, sammelte er sich zu der entscheidenden Schöpfung seines Lebens. 1825 erschien Marja, wurde von der einfältigen Kritik ungünstig beurteilt, erregte kein Aufsehen und wurde nicht verkauft. Unter dem Eindrucke dieser Niederlage starb Malczewski, und als sein Tod in der Zeitung der Klassiker mitgeteilt wurde, gab Osinski ihm diesen Nachruf: Er soll sich in polnischer Poesie versucht haben.

Das entscheidende Ereignis in Malczewskis literarischem Leben ist, dass er in Venedig Byron persönlich kennen lernte. Byron war damals 30 Jahre alt, Malczewski 24, beide waren sehr schöne Männer. Sie gehörten der gleichen Gesellschaftsklasse an, waren beide schwermütig und genusssüchtig, der erstere jedoch eine kriegerische, der andere eine empfindliche und feine Natur. Es war natürlich, dass Malczewski dem Einfluss des großen Engländers unterlag; dagegen gab er (wie es heißt) mündlich Byron die Idee zu dessen Dichtung Mazeppa.

Das Modell zur männlichen Hauptperson in Maija ist der in der polnischen Literatur oft vorkommende Felix Potocki, einer der unheimlichen Führer der Konföderation zu Targowice; hier ist er zu einem schönen und unbescholtenen Ritter, namens Waclaw idealisiert. Als er gegen den Willen seines Vaters eine junge Dame von dem Kleinadel geheiratet hatte, schickte dieser grausame und listige Vater nach einer scheinbar vorgenommenen Versöhnung ihn und seinen Schwiegervater auf einen Zug gegen krimsche Räuber fort und ließ dann die junge Frau von maskierten Männern im Schlossteiche ertränken.

Diesen Stoff hat der Dichter durch das Zurückverlegen in die Zeit der Tatarenkämpfe derart für sich zurecht gelegt, dass er ihm Anlass gab alle die Saiten durchzuspielen und mit all den Mitteln zu wirken, die er beherrschte. Er schilderte die Freiheit, Wildheit und Ruhe der Steppen der Ukraine, während er von dem einsamen Kosaken sang, der über die Steppe ritt, um die falsche Versöhnungsbotschaft des Wojewoden zu bringen, verweilte lyrisch bei dem Charakter des freigeborenen und doch seinem Herrn so treuen Kosaken, gab mit Kraft und Bestimmtheit das Bild vom Ausritte polnischer Reiterscharen zum Klange der Trompeten und zum Dröhnen der Pferdehufe unter gotischen Portalen, und bot als Gegensatz das Bild der einsamen Marja, das Ideal des sanften, hingebenden, polnischen Weibes, das Trost und Stolz ihres Vaters ist, in seiner Nähe für ihn lebt, aber ewig und immer in Gedanken an ihren Geliebten, ihren Gatten, verzehrt von der Sehnsucht nach ihm „der Welt ihrer Seele". Sie sieht ihn in der Dichtung nur wenige Stunden wieder, ehe sie ihm das ewige Lebewohl sagt.

Mit gefühlvoller Schwärmerei sind die Gespräche zwischen den Liebenden wiedergegeben, mit Bravur ist darauf die Schlacht zwischen Polen und Tataren gemalt; die Grundzüge der zwei verschiedenen Menschenrassen treten scharf hervor, und man verspürt die Bedeutung des Zusammenstoßes der Zivilisation und der Barbarei in jenen Zeiten, wo die Kriegszüge der Polen Notwehr gegen Gewalttäter der grausamsten Art und als Notwehr zugleich Deckung für Europa waren. Und weiter hat der Dichter verstanden, einen Effekt aus dem Gegensatze zwischen dem Maskengetümmel zu Hause auf dem Schloss und dem Schlachtgetümmel draußen im Felde zu ziehen, dem Maskengetümmel, das den Mord eines wehrlosen Weibes bezweckt, und dem Schlachtgetümmel, das zum Schirme jenes Heimes stattfindet, das im gleichen Augenblicke vernichtet wird.

Der Mord der jungen Frau ist gar nicht geschildert; man sieht, dass der Dichter davor zurückgeschaudert ist. Sogar aus Waclaws Wiedersehen der Leiche ist fast nichts gemacht, so stark auch seine Sehnsucht nach der Lebenden während des Heimritts betont ist. Der Dichter hat, wo ihm seine Einbildungskraft verlies, diesen Mangel zu decken verstanden, indem er die Phantasie des Lesers in Bewegung setzt, ihr Möglichkeiten eröffnet, vieles andeutet, vieles ungewiss dahinstehen lässt.

Es ist auffallend, wie Malczewski bei der Behandlung dieses vaterländischen Stoffes von seinen Reiseerinnerungen erfüllt gewesen ist. Wo er den zweiten Gesang (wie den ersten) mit einer Beschreibung des Steppenlandes einleitet, parallelisiert er die Züge von dessen Natur mit Zügen von Italiens Naturschönheit und spricht aus, dass der Trübsinnige, der von seiner Schwermut genesen will, nach dem Süden fliehen müsse, während die melancholische Einförmigkeit der Steppe nur die Wunde des Herzens aufweise. Wo die maskierte Schar unter Gesang in die Burg ziehen will, ist der Dichter gleichfalls von italienischen Erinnerungen erfüllt gewesen. Der Karneval zu Venedig stand ihm mit seiner Lustigkeit und als Kontrast zu dieser abscheulichen Mummerei vor Augen, und er mischte die Töne eines Totengesanges in das frohe Lied der Masken, ungefähr wie Victor Hugo es getan haben könnte.

Es ist endlich teils eine Erinnerung an das Zusammenleben mit Byron und an seinen Einfluss, teils ein Ausdruck für etwas rein polnisches und persönliches, wenn Malczewski einen geheimnisvollen Pagen einführt, der zugegen ist, als der Mord vorbereitet wird, später Waclaw begegnet, und hinter ihm aufs Pferd springt, als er zum Rächen fortreitet. Von ihm heißt es: „Wer war er, der junge Mensch mit dem Tränen vollen Blick? Engel oder Teufel? War es der Geist seines Unglücks? Wird er Waclaws Qual vermehren? Seinen Kummer teilen? Was weiß ich? Er umschlingt ihn und sie entfernen sich im Galopp!“ Dieser junge Page sagt irgendwo von sich: „Im Vaterlande bin ich fremd, meine Schicksale haben schwarze Karben in meine Brust gesetzt. Dass ich so jung das giftige Brot der Welt verzehren musste, das hat mein Herz bedrückt und meine Tränen geweckt wenn ich ein Lied singe, ist die Melodie traurig.“ Es ist ganz deutlich, dass der Dichter auf diese naive und unbeholfene Weise seine eigene Persönlichkeit in die Dichtung einfuhren wollte, die ihn überleben und nach seinem Tode so berühmt machen sollte.

In die ukrainische Dichtergruppe gehören noch außer einer Seihe kleinerer Geister (Padura, der sich zum wandernden Volkssänger machte, und Grabowski, der ukrainische Weisen schrieb) die zwei Kontraste Zaleski und Goszczynski, beide beeinflusst durch die Vorlesungen Brodzinskis mit ihren Hinweisungen auf die Natur des Heimatlandes.

Bohdan Zaleski, der (1802 geboren), nachdem er länger als ein Menschenalter geschwiegen hatte, vor einigen Jahren in Paris starb, ist nicht wie Malczewski der Dichter des polnischen Adels, sondern der Dichter der Kosaken. Immer wieder hat er seine lieben Steppen, sein Dnjeprland, und im Grunde nichts anderes besungen. Er sagt selbst, dass für ihn dort der Vogelgesang und die Weisen der jungen Mädchen und das Lied der Männer zum Preise der Attamanen zu einem einzigen lebenden Gesang zusammengeströmt ist, den er in vollen Zügen eingesogen hat. Sanft und elegisch besingt er die Sehnsucht nach der Steppe, das Heimweh nach der Natur der Ukraine, das gefahrvolle Leben des Kosaken und seine Verlassenheit im Tode. Versöhnlich wie er ist, überspringt er jeden Stoff aus der Zeit, da Polen die Kosaken peinigte und unterdrückte, und diese sich in unausgesetzten Kämpfen gegen sein Vaterland erhoben, kehrt dagegen zu den friedlichen Zeiten des sechzehnten Jahrhunderts zurück und merzt auch dort alles Barocke und Brutale aus. Seine bekannteste Dichtung, Die heilige Familie, ein ziemlich blutloses, christliches Idyll, (das die Zeit nach Ostern zur Zeit der Kindheit Christi in Jerusalem behandelt, die Unruhe der Eltern für das Kind darstellt, bis man es lehrend im Tempel findet, und mit zarten Farben die Stimmung in und vor diesem Tempel malt) hat seinen eigentlichen Wert durch die Schilderung des Zuges der Pilger von und nach Jerusalem im duftenden Frühlinge mit dem Lagern unter offenem Himmel, mit der dürftigen Abendmahlzeit, die von den Dörfern beschafft wird, und mit dem Jubel der Kinder um das Biwakfeuer — ein Bild, das die einfache Wiedergabe seiner Beobachtungen auf den Steppen seines Heimatlandes war, wenn die südrussischen Pilger zur Osterzeit nach ihren heiligen Stätten wallfahrten — nur, dass in der Schilderung nicht die Derbheit liegt, wozu der Stoff aufforderte, sondern eine süßliche Sanftmut, die sich mit Miniaturmalerei zufrieden gibt.

Nachdem die Empörung 1881 beendet war, emigrierte Zaleski, und wurde bald darauf in Paris, wie andere größere Dichter, ein Anhänger der Schwärmereien Towianskis. Vom Mystizismus kehrte er später zum orthodox-römischen Katholizismus zurück und schrieb ein großes, aber gedankenarmes Poem in asketischem Geiste, bis er schnell als Dichter verstummte.

Severin Goszczynski (geboren 1803, gestorben 1876), stammte aus einem Dorfe im Gouvernement Kiew, wurde als Gefährte Paduras, Grabowskis und Zaleski's erzogen, wurde schon als Jüngling in eine Verschwörung verwickelt, nahm am Aufstande von 1830 teil und emigrierte darauf nach Paris, kehrte jedoch später nach Österreichisch-Polen zurück.

Sein Hauptwerk, Das Schloss in Kaniów (1828), das einen blutigen Bauernaufstand aus der letzten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts behandelt, ist eine Dichtung, reich an romantischen Schrecken, die mit einem unverzagtem Auge und einer festen Hand dargestellt sind. Goszczynski ist eine finstere, abergläubische, kriegerische Natur mit viel dramatischer Anlage, die am liebsten bei dem Ausbruche gewaltsamer Leidenschaften, Mord-, Wahnsinn- und Brandszenen verweilt. Während Byrons Spleen und Melancholie Malczewski Mut gab, verwandten Stimmungen Ausdruck zu geben, wurde Goszczynski durch Byrons Sinn für Wildheit und Gewaltsamkeit angesprochen. Seine Seele vibriert durch die Erinnerung an die gegenseitigen Vertilgungskriege des polnischen Adels und der Kosaken; er verweilt bei dem Eindrucke der heißen Begierde und der kalten Grausamkeit der Männer und bei der unlenksamen Liebe der Frauen, die sie zum Wahnsinn oder zum Mord treibt, um sich zu befreien, und er verliert sich ohne Beben in Visionen der Ermordungen und der Strafgerichte jener Zeit wie des Pfählens der Menschen und der Feuerbrunst lodernder Schlösser.