Vierte Fortsetzung

Das Kloster Incarnaçao hat den Ruhm, die feinsten und schönsten Blumen zu liefern; aber auch noch ein anderer Grund bewog uns, wie schon vor einigen Jahren, so auch diesmal seine dunklen Mauern aufzusuchen. Wir wollten sehen, ob noch das liebliche Wesen mit den feurigen tiefschwarzen Augen, den feinen bezaubernden Gesichtszügen, dem blendenden Teint und der graziösen Figur dort wäre, mit der wir so manches Stündchen durch das doppelte Eisengitter des Sprechsaals verplaudert, der wir deutsche Lieder vorgesungen, und die vor zwei Jahren von einem unserer Kameraden, der ihr zu tief in die dunkeln Augen geschaut, porträtiert und als teures Andenken im Album mitgenommen worden war. Unsere Hoffnung wurde nicht getäuscht. Schwester Anunciata begrüßte uns an der Hand der Äbtissin, gleichfalls einer alten Bekannten, durch das Sprachgitter mit der früheren harmlosen Heiterkeit und Freundlichkeit. Sie war etwas mehr erblüht und zur ausgebildeten Jungfrau gereift, aber sie war noch schöner geworden, und abermals konnten wir eine Stunde der liebenswürdigsten Unterhaltung mit der reizenden Novize zu unseren angenehmen Reiseerinnerungen zählen.

Sie war noch immer Novize. Wie es scheint, will sie den Schleier nicht nehmen, wenn sie jemand findet, der ihr Herz gewinnt. Und wie es uns vorkam, hat sie bereits diesen jemand gefunden. Sie war so schalkhaft, so heiter und bezaubernd und lachte so fröhlich hinaus in die Welt jenseits des Sprachgitters, dass sie unmöglich mit dieser gebrochen haben konnte, und gewiss würde die sie begleitende Äbtissin ihre Fröhlichkeit beschränkt haben, wenn diese sie wirklich als eine angehende Braut des Himmels betrachtet hätte. Die kurze Dauer unseres Aufenthaltes nahte sich ihrem Ende: wir sahen von den Bergen hinter Funchal die blaue Flagge am Vortop unseres Schiffes wehen, welche die Umherschweifenden zusammenruft, wenn alles segelfertig ist, und wir mussten eilen an Bord zu kommen.


Bald war der Anker gelichtet, der günstige Wind schwellte die Segel, unser Schiff zog eine weiße Schaumfurche durch die blauen Fluten, und dahin ging es nach dem Süden. Die auf den Bergspitzen lagernde Wolke senkte sich allmählich tiefer; sie verhüllte wie ein Schleier eine der auf der Höhe liegenden Quintas nach der anderen. Bald leuchteten nur noch die unten am Strande liegenden Gebäude wie schimmernde Punkte aus dem Wolkennebel hervor, dann verschwanden auch sie. Der nahende Abend sandte seine grauen Schatten herüber, und wir sagten der lieblichen Insel Lebewohl, um einer anderen Station der großen Tour zuzusteuern, die uns lange von unseren Lieben und dem Vaterlande fernhalten sollte, aber auch des Interessanten so viel versprach.