Waffenstillstand-Vertrag.

Art. 1.
Die Feindseligkeiten sollen auf allen Punkten mit der Bekanntmachung dieses Waffenstillstandes aufhören.
Art. 2.
Der Waffenstillstand soll währen bis zum 20sten July (8ten July), mit Einschluß von noch 6 Tagen für die Aufkündigung desselben.
Art. 3.
Die Feindseligkeiten können demnach erst sechs Tage nach der Aufkündigung des Waffenstillstandes in den respectiven Hauptquartieren wieder beginnen.
Art. 4.
Die Demarkationslinie zwischen den Armeen der kriegführenden Mächte, ist folgendermaaßen festgestellt:
In Schlesien. Die Linie der französischen Armee beginnt an der Gränze von Böhmen, geht durch Seiffershau, Alt-Kamenitz, folgt dem Laufe des kleinen Flußes welcher bey Berthelsdorff in den Bober fließt, und dann dem Bober bis Lähn; von da auf Neukirch an der Katzbach, und weiter in grader Linie dem Laufe dieses Flußes bis zur Oder.
Die Städte Parchwitz, Liegnitz, Goldberg und Lähn, gleichviel an welchem Ufer des bey ihnen vorbeyströmenden Flußes sie liegen, können, so wie ihre Vorstädte von den französischen Truppen besetzt (occupées) werden. Die Demarkations-Linie der Armee der Verbündeten, welche an der Gränze von Böhmen ihren Anfang nimmt, soll durch Dittersbach, Pfaffendorff und Landshut gehen, von da längst dem Bober bis Rudolstadt, dann durch Bolkenhayn nach Striengau hinauf längst dem Striegauer Wasser bis Kanth und endlich durch die Oerter Bettlern, Oltoschin und Althoff die Oder erreichen.

Die Armee der Verbündeten kann die Städte Landshut, Rudelstadt, Bolkenhayn, Striegau und Kanth, sammt ihren Vorstädten besetzen.


Die ganze Demarkations-Linie der französischen und verbündeten Armee bleibt neutral, und darf durch keine Truppenart besetzt werden; nicht einmal durch Landsturm. Diese Bestimmung findet mithin auch auf die Stadt Breslau ihre Anwendung.

Von der Mündung der Katzbach wird die Demarkations-Linie, dem Lauf der Oder, bis zur sächsischen Gänze folgen; dann an der Gränze von Preussen und Sachsen hinlaufen, hierauf die Elbe erreichen, indem sie unweit Mühlrose die Oder verläßt und der preußischen Gränze folgt; dergestalt, das ganz Sachsen, das Dessauische und die umliegenden kleinen Staaten der Fürsten des Rheinbundes, der französischen Armee und deren Verbündeten zustehen und ganz Preußen der Armee der Verbündeten.

Die von Sachsen umschloßnen preussischen Territorii, sollen als neutral betrachtet und von keinerley Gruppen besetzt werden.
Die Elbe bis zu ihrem Ausfluß bestimmt und endigt die Demarkationslinie zwischen den kriegführenden Heeren; mit Ausschluß der weiterhin angegebenen Punkte.

Die französische Armee behält die Inseln und alles das, was sie in der 32sten Militairdivision am 8ten Juny (27sten May) um Mitternacht besetzt haben wird.

Wenn die Stadt Hamburg nur belagert wird, so soll dieselbe wie die andern belagerten Städte behandelt werden.

Alle Artikel des gegenwärtigen Waffenstillstandes, welche auf diese Anwendung finden, sollen auf sie bezogen werden.

Die Vorpostenlinien der kriegsführenden Mächte am 8ten Juny (27sten May), soll für die 32ste Militairdivision die Demarkationslinie während des Waffenstillstandes bilden; unter Vorbehalt militairischer Abänderungen, welche die gegenseitigen Befehlshaber für nöthig halten möchten. Diese Abänderungen, welche die gegenseitigen Befehlshaber für nöthig halten möchten, sollen übereinstimmend von einem Officier des Generalstabes jeder Armee, nach den Grundsätzen den vollkommen gleicher gegenseitiger Rechte festgesetzt werden.
Art. 5.
Die Festungen Danzig, Modelin, Zamosc, Stettin und Küstrin sollen alle 5 Tage nach Verhältniß der Stärke ihrer Besatzungen mit Lebensmitteln versehen werden, wofür der Kommandant der blockirenden Truppe Sorge tragen wird.

Ein Kommissarius, den der Kommandant einer jeden Festung ernennt, soll bey dem Kommandanten der belagernden Truppen sich aushalten und darauf sehen, daß die festgesetzten Lebensmittel verschaft werden.
Art. 6.
Während der Dauer des Waffenstillstandes, soll jede Festung außerhalb ihres Umkreises einen Radius von einer französischen Lieue einnehmen. Dieser Bezirk bleibt neutral; dem gemäß hat Magdeburg seine Gränzen eine Lieue weit auf dem rechten Elbufer.
Art. 7.
Ein französischer Offizier soll in jede belagerte Festung geschickt werden; um den Kommandanten von dem Abschluß des Waffenstillstandes und von der Art seiner Verpflegung Nachricht zu geben. Ein russischer oder preußischer Officier soll ihn aus der Hin- und Herreise begleiten.
Art. 8.
Von beyden Theilen in jeder Festung ernannte Kommissarien, sollen den Preis der zu liefernden Lebensmittel festsetzen. Diese Rechnungen, welche durch die mit der Aussicht auf die Beobachtung des Waffenstillstandes beauftragten Kommissarien mit dem Ende jedes Monats abgeschlossen werden, berichtigt der Kriegszahlmeister im Hauptquartier.
Art. 9.
Von beyden Theilen sollen Officiere des Generalstaabes ernannt werden; um in Uebereinstimmung die allgemeine Demarkationslinie an den Punkten zu bestimmen, wo sie nicht durch einen Wasserzug bestimmt ist, und wo Ungewißheiten statt finden möchten.
Art. 10.
Alle Bewegungen der Truppen sollen so geleitet werden, daß jede Armee ihre neue Linien am 12ten Juny (31. Aug.) eingenommen hat. Alle Corps oder Abtheilungen der Verbündeten Armee, welche jenseit der Elbe, oder in Sachsen seyn möchten, kehren ins preussische Gebiet zurück.
Art. 11.
Officiere der französischen und der verbündeten Armee sollen gemeinschaftlich abgeschickt werden, um den Feindseligkeiten durch Eröffnung des Waffenstillstandes auf allen Punkten ein Ende zu mach. Die respectiven Oberbefehlshaber werden sie mit der nöthigen Vollmacht versehen.
Art. 12.
Es sollen von beyden Seiten zwey Generale zu Kommissairen ernannt werden, um über die Vollziehung der Bestimmung des gegenwärtigen Waffenstillstandes zu wachen. Sie sollen sich in der Neutralitätslinie zu Neumarkt aufhalten, um über die Streitigkeiten welche entstehen möchten, zu entscheiden.
Diese Kommissarien müssen sich binnen 24 Stunden dahin begeben, um die Officiere zu ernennen und die Befehle auszufertigen, welche in Gemäßheit des jetzigen Waffenstillstandes abgeschickt werden sollen.
Gegenwärtige Verhandlung ist in 12 Artikeln, und in doppelter Ausfertigung zu vorerwähnter Zeit abgeschlossen.
L. S. Coulincourt Herzog von Vicenza.
L. S. Graf von Chouwaloff.
L. S. von Kleist.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die preußisch-russische Campagne im Jahre 1813