Grenzen der Staatsgewalt.

Die Staatshoheit als oberste Gewalt der Ordnung der Gesamtinteressen umfasst auch die wirtschaftlichen Beziehungen, ohne deren Gedeihen das nationale Leben nicht bestehen kann. Ihr liegt der Ausgleich der sich bekämpfenden Einzelinteressen im ganzen, aber nicht die Sorge für den Erfolg des einzelnen ob, der sein Einzelrecht selbst zu wahren hat. Es lohnte sich nicht, den Polizeistaat zu bekämpfen, um ihn durch einen sozialen Zwangsstaat zu ersetzen. Je mehr die Staatsidee zur Vormundschaft über die bürgerlichen Rechte und Pflichten emporgeschraubt wird, desto größer ist die Gefahr der Entartung in Zeiten der Schwäche der öffentlichen Verwaltung — die auch dem tüchtigsten Staate nicht erspart bleiben. Wie der einzelne trotz sozialer Eingliederung den Egoismus festhält, muss auch die wirtschaftliche Staatshoheit zwar stark und mächtig sein, aber den Individualismus als die Seele des Ganzen belassen. Im Zweifelsfalle: Wenig, dieses aber ganz. Auch durch den Staatssozialismus ließe sich der Widerstreit der Einzelinteressen nicht aus der Welt schaffen.

Die Staatshoheit erstreckt sich auf diejenigen Einrichtungen, die für das ganze wirtschaftliche Leben eine allgemeine unentbehrliche Voraussetzung bilden (Regelung des Rechts und der öffentlichen Organe, Handels- und Steuerpolitik, Geldwesens u. s. w.) oder durch sonstige vom Staate wahrzunehmende Aufgaben der öffentlichen Ordnung, Sittlichkeit und des allgemeinen Wohls (z. B. Schutz der Gesundheit, Arbeitsruhe, Frauen- und Kinderarbeit) bedingt sind. Das unmittelbare Eingreifen des Staates in das Gebiet der Produktion des Verbrauchs und Verkehrs im weitesten Sinne ist berechtigt und notwendig, wenn für ein zwingendes allgemeines Bedürfnis die private Tätigkeit nicht genügt, oder durch monopolartige Bestrebungen oder sonstigen unlauteren Wettbewerb von einzelnen einseitig zum Nachteil der übrigen ausgebeutet wird. Insoweit in derartigen Fällen je nach der technischen Entwicklung der Eigenbetrieb des Staates die zweckmäßigste Betriebsform ist, sei es überhaupt oder als Übergangsorganisation zu einer befriedigenden Ordnung der privaten Konkurrenz, hat sich der Staat auch dieser Aufgabe zu unterziehen. Allgemeine Grundsätze lassen sich hierfür schwer aufstellen. Die Bedürfnisfrage ist nach der Eigenart der Staaten und den technischen Voraussetzungen (einschließlich der Finanz- und Verwaltungstechnik) zu verschiedenartig. Jedenfalls muss der Eigenbetrieb des Staates als Ausnahme, und eine Konkurrenz des Staates mit der Privatproduktion nur unter besonderen Umständen als zulässig gelten. Bei jeder sozialpolitischen Einrichtung, die öffentliche Mittel in Anspruch nimmt, steht die Frage einer gerechten finanziellen Deckung in erster Reihe. Eine schablonenfreie Staats-Verwaltung darf nichts überflüssiges tun, und nichts Notwendiges unterlassen, muss die Selbstentwicklung als Regel betrachten, aber, wenn die Willensstärke oder das Können der Einzelkräfte versagt, die Regelung selbst in die Hand nehmen. Keinenfalls ist die Meinung, der Staat könne es besser als die Privattätigkeit machen, allein genügend. Je nach der Bedeutung der in Frage stehenden Angelegenheit für die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung kann der Staat öffentliche Rechte begründen, Privatrechte ausschließen oder beschränken, muss aber bei Eingriff in ordnungsgemäß erworbene Rechte für Schadloshaltung sorgen.


Es ist ein Zeichen von Gewalttätigkeit oder Engherzigkeit, wenn bei großen Reformen denjenigen, die aus den bisherigen fehlerhaften Einrichtungen rechtlich begründete Ansprüche erworben haben, die aus der Änderung sich ergebenden nachteiligen Konsequenzen aufgebürdet werden.

Andere Gesichtspunkte als für den Staat bestehen in Bezug auf den Eigenbetrieb der Gemeinden. Hier tritt der finanzielle Gesichtspunkt für die Frage in den Vordergrund, ob die Gemeinde ein für die Bürger notwendiges oder nützliches Unternehmen bei gleicher Leistung mit Rücksicht auf die Rentabilität selbst betreiben oder wegen des Risiko vertragsmäßig dem Privatbetrieb übertragen soll. In diesem engen, leicht übersehbaren Verbande wird die moderne sozialpolitische Tätigkeit eine steuerpolitische Frage, wie es auch in den Gemeinden der früheren Kulturperioden der Fall war.