§ 17. Die Agitation der Pariser Kommune zugunsten der Juden

Im Bericht über den Triumph der liberalen Ideen, der im Beschluss vom 28. Januar wegen der Juden Südfrankreichs zum Ausdruck gekommen war, machte das ,, Journal de Paris“ folgende Bemerkung: „Aber an diesem Triumph blieb ein bitterer Beigeschmack haften. Die Juden der elsaß-lothringischen Gebiete können der Nationalversammlung die Worte Esaus an seinen Vater zurufen: Hast du nur einen einzigen Segen?“ Die elsaß-lothringischen und Pariser Aschkenasim, an denen man in stiefväterlicher Weise achtlos vorübergegangen war, ließen es jedoch bei wehmütigen Klagen nicht bewenden. Sie hatten es gelernt, die Gleichberechtigung als ein ihnen zukommendes Recht zu fordern und nicht als ein Geschenk zu erflehen. Schon nach der Vertagung vom 24. Dezember verfertigten diese durch das Zögern der Nationalversammlung aufs äußerste erregten „deutschen Juden“ eine „Bittschrift“ an die Versammlung, in welcher sie erklärten, dass sie die Gleichberechtigung nicht „auf dem Wege allmählicher Verbesserungen“ sondern „unverzüglich“ erwarten. Sie fordern ihre Rechte „mit der Unbeirrbarkeit von Menschen, die nicht einen Gnaden- sondern einen Gerechtigkeitsakt erwarten“; indem sie die Lasten der öffentlichen Pflichten mittragen, müssen sie auch ihren Anteil an den Segnungen des öffentlichen Lebens gesichert wissen. Es sei dies für sie ,,eine Existenzfrage auf dem Gebiete des öffentlichen Lebens“. Die Bittschrift, unterzeichnet von den besten Vertretern der Aschkenasimgruppe von Paris (Cerf-Berr, Beer-Isaak-Berr, David Sinzheim, dem späteren Vorsitzenden des napoleonischen Synhedrions und anderen), wurde in der Versammlung vom 28. Januar 1790, am Tage des Beschlusses über die sephardische Gleichberechtigung eingereicht, blieb aber ohne jeden Erfolg. Die verhängnisvolle „Vertagung“ blieb in Kraft.

Für die Juden der Stadt Paris machte sich diese Kränkung besonders fühlbar. Sie standen im eigentlichen Mittelpunkte der revolutionären Bewegung und nahmen an ihr einen regen Anteil. Über hundert Juden standen im Dienste der Pariser Nationalgarde, in die sie kurz nach der Erstürmung der Bastille als Freiwillige eingetreten waren. In einigen Pariser Bezirken (besonders im Karmeliter-Bezirk) betätigten sich die Juden trotz der Rechtseinschränkungen in den Stadträten und anderen städtischen Institutionen. Die Juden legten einen patriotischen Eifer an den Tag und waren bereit, ihr Leben für ihre stiefmütterliche Heimat hinzugeben. Nicht unbeträchtlich waren auch die Summen, die sie für gemeinnützige Zwecke spendeten. Ein armer Gelehrter, der Verfasser der vorrevolutionären „Apologie der Juden“, Salkind Hurwitz, der an der Königlichen Bibliothek zu Paris als Übersetzer angestellt war, spendete den vierten Teil seines knappen Jahresgehalts von 900 Franken der Gemeindekasse. Männer dieser Art konnten sich nicht länger mit dem Brandmal der gesellschaftlichen und staatsbürgerlichen Entrechtung zufrieden geben. Und nun griffen die Pariser Juden zu einem neuen Kampfmittel, um sich ihre Rechte zu erringen: sie beschlossen, auf die Nationalversammlung durch die Pariser Kommune oder Stadtverwaltung einzuwirken. In der Kommune konzentrierten sich die radikalsten Elemente der Hauptstadt, die durch ihre Resolutionen mehr als einmal einen Druck auf die Nationalversammlung ausübten. Die Juden rechneten darauf, dass, wenn einmal die städtische Verwaltung, die das Organ der öffentlichen Meinung der Hauptstadt bildete, zugunsten der Emanzipation aufträte, auch die Nationalversammlung mit der Wiederaufnahme der vertagten jüdischen Frage nicht länger zögern könne und sie in positivem Sinne lösen würde.


An eben demselben 28. Januar, als die Frage wegen der südfranzösischen Juden in der Nationalversammlung behandelt wurde, spielte sich im Sitzungssaale der allgemeinen Versammlung (Assemblée generale de la commime) eine feierliche Szene ab. Eine vielköpfige Deputation der Pariser Juden, in der sich auch an die fünfzig Nationalgardisten mit der dreifarbigen Kokarde befanden, trat vor die Kommunalversammlung mit der Bitte, die Gemeinde der Hauptstadt möge durch ihre Abgeordneten für die Gleichberechtigung der jüdischen Bevölkerung eintreten. Als Wortführer dieser Deputation figurierte der Advokat des Parlaments und Kommunemitglied Godard, der von den Pariser Juden bevollmächtigt wurde, sich für sie zu verwenden. Godard verließ seinen Platz, den er unter den Kommuneabgeordneten eingenommen hatte, machte ein paar Schritte vorwärts, trat an die Spitze der jüdischen Deputation und wandte sich an die Versammlung mit folgenden Worten: ,,Meine Herren, ich verließ für kurze Zeit meinen Platz, den ich unter euch einnahm, um ihn mit einem zu vertauschen, der mir in einem Augenblick, wie der jetzige, wo ich als Wortführer von Bittenden und Befürworter von Unglücklichen auftrete, mehr gebührt. Von dem größten Teil der im Königreiche lebenden Juden bevollmächtigt, ihre Interessen vor der Nationalversammlung zu verfechten*), erscheine ich zugleich als Vertreter der in Paris lebenden Juden. Und als solcher kann ich euch von ihrer tiefen Verehrung Zeugnis ablegen, kann euch ihre Ergebenheit beteuern und einen Beweis ihrer Erkenntlichkeit liefern. Denn die edlen Einwohner unserer Hauptstadt sind in Bezug auf die Juden der Wohltat des Gesetzes vorausgegangen, indem sie sich der jetzigen denkwürdigen Revolution bedienten, um sie zu Waffengenossen zu machen und ihnen die Bürgeruniform (der Nationalgarde), in der einige unter ihnen vor euch treten, zu verleihen. Was die Bevölkerung betrifft, so legt sie schon jetzt ein brüderliches Verhalten ihnen gegenüber an den Tag, noch ehe sie gelernt hat, mit ihnen wie mit Bürgern zusammenzuleben . . .“ Nachdem er des ferneren auf den patriotischen Eifer der Pariser Juden hinwies, die aus ihrer Mitte hundert Krieger in die Nationalgarde schickten, brachte Godard die Wünsche der jüdischen Deputation in folgenden Worten vor: ,,Die Juden, die ihr Anliegen vor die Nationalversammlung bringen und von ihrer Weisheit ein für sich günstiges Gesetz erwarten, messen jenen gewichtigen Kundgebungen des Wohlwollens, denen sie in der Hauptstadt begegnen, eine große Bedeutung bei . . . Sie sind der Meinung, dass dieses Wohlwollen seitens der hauptstädtischen Bevölkerung sie auch zu der Bitte berechtigt, eure Stimmen zu ihrem Schutze zu erheben und das Wort auszusprechen, das die Entscheidung ihres Schicksals beschleunigen könnte . . . Eure feierliche Erklärung, die nur ein der Wahrheit dargebrachtes Tribut sein würde, soll nicht nur der Sache der Pariser, sondern der aller Juden im ganzen Königreiche das Wort reden und auf diese Weise das Wohl von fünfzigtausend Seelen vorbereiten helfen.“ Der Vorsitzende der Kommuneversammlung, Abbé Mulot, erwiderte darauf, dass das Anliegen der jüdischen Deputation von der Versammlung ernstlich erwogen werden würde, und gab der Überzeugung Ausdruck, dass die Kommune „ihren Beschluss in voller Übereinstimmung mit den Gesetzen der Vernunft und der Menschlichkeit fassen werde“.

*) Godard war auch der bevollmächtigte Anwalt der Elsässer Juden und Verfasser der erwähnten Petition vom 28. Januar.

Aber die jüdischen Kämpfer und ihre christlichen Mitkämpfer ließen es dabei nicht bewenden. Sie entfalteten eine rege agitatorische Tätigkeit in den „Sektionen“ oder Bezirksversammlungen der Abgeordneten der Stadt Paris (die Stadt war in 50 Verwaltungsbezirke eingeteilt, von denen jeder seinen Abgeordnetenrat besaß), indem sie die letzteren dazu zu bewegen buchten, ihre Meinung in der Frage der jüdischen Gleichberechtigung der zentralen städtischen Verwaltung mitzuteilen. Der Karmeliterbezirk war der erste, in dem diese Agitation Anklang fand; in diesem Bezirk wohnte der überwiegende Teil der Juden, die sogar ihre Vertreter im Bezirksrat der Abgeordneten hatten. Am 30. Januar erschien im allgemeinen Versammlungssaal der Kommune eine Deputation der Abgeordneten des Karmeliterbezirkes und überreichte dem Vorsitzenden die einstimmig angenommene Resolution des Bezirksrates: „an die Kommune die Bitte zu richten, alle ihr zu Gebote stehenden Hebel in Bewegung zu setzen um die Anerkennung der Juden als aktive Staatsbürger bei der Nationalversammlung zu erwirken.“ Der Staatsanwalt und Syndikus, Cahier-de-Gerville, der an der Spitze der Deputation stand, hielt dabei eine warme Rede für die Juden: „Unter allen Bezirken der Pariser Gemeinde“, sagte er, ,,ist es der Karmeliterbezirk, der den überwiegenden Teil der jüdischen Bevölkerung beherbergt. Mehr als alle anderen Bezirke hat der Karmeliter die Möglichkeit gehabt, die Haltung der jüdischen Einwohnerschaft seit dem Beginne der Revolution zu beobachten, mit ihren Prinzipien Fühlung zu nehmen und sich ein Urteil über ihren sittlichen Zustand zu bilden ... Es wird euch daher nicht befremden, wenn die Vertreter des Karmeliterbezirkes sich zu aller erst die Freiheit nehmen, dem Patriotismus, der Tapferkeit und der edlen Gesinnung der Juden öffentlichen Tribut zu zollen. Kein Bürger legte solchen Eifer in der Sache der Erringung der Freiheit an den Tag, wie die Juden; niemand zeigte einen dermaßen heißen Drang nach der Uniform der Nationalgarde, wie die Juden; ich kenne keine Menschen, die der Ordnung und Gerechtigkeit in größerem Maße als sie zugetan wären, die sich durch Wohltätigkeit und freiwillige Spenden für die Gemeinde mehr hervorgetan hätten . . . Die in Paris lebenden Juden sind noch nicht zu Franzosen erklärt worden, aber glaubt uns, sie verdienen vollauf diese Benennung. Ich wage sogar zu behaupten, dass sie es in Wirklichkeit schon sind. Ja, meine Herren, das Karmeliterviertel will nicht, dass man einen Unterschied zwischen den Staatsbürgern mache. Die Juden werden in beratende Ausschüsse aufgenommen, sie teilen mit uns die Ehre und die Mühen des Militärdienstes, und von keiner Seite wird Unzufriedenheit gegen die Gewährung von staatsbürgerlichen Rechten an sie laut — von Rechten, denen nur die Bestätigung und Bekräftigung des Gesetzes fehlt . . . Geruht also, meine Herren, unsere gerechten und eindringlichen Erklärungen zugunsten unserer neuen Brüder zur Kenntnis zu nehmen. Fügt unserer Erklärung auch die eurige bei — und legt sie insgesamt der Nationalversammlung vor. Seid dessen gewiss, meine Herren: Ihr werdet für die Pariser Juden mühelos alles erringen, was man den Juden nicht verweigerte, die als portugiesische, avignoner und spanische bekannt sind. Und weshalb denn sollte man die letzteren den ersteren vorziehen ? Ist denn nicht die Lehre aller Juden überall die gleiche ? Sind denn unsere politischen Beziehungen zu den einen und den anderen nicht dieselben? Wenn die Vorfahren derjenigen Juden, deren Interessen wir verfechten, Härten und Plagen seitens willkürlicher Behörden in größerem Maße ausstehen mussten, als es bei den portugiesischen Juden der Fall war, — gibt denn nicht gerade dieser von ihnen erduldete furchtbare und langwierige Druck ein Anrecht mehr auf unsere nationale Gerechtigkeit?“ Das Drängen der Deputationen verfehlte nicht die gewünschte Wirkung. Am selben Tage, dem 30. Januar, kam in der Generalversammlung der Pariser Kommune die Frage wegen der Unterstützung der von den Juden unternommenen Schritte vor der Nationalversammlung zur Sprache. Es entspannen sich lebhafte Debatten: die Mehrheit war für die Unterstützung, die Minderheit schwankte unschlüssig. Um diese Unschlüssigkeit zu beseitigen und den Boden für einen einstimmigen Beschluss zugunsten der Juden vorzubereiten, bestieg einer der besten Redner der Kommune, Abbé Bertolio die Tribüne und hielt eine lange Rede, in der er die wichtigsten Seiten der Judenfrage berührte.

Nachdem er darauf hingewiesen hatte, dass Frankreich endlich an dem Zeitpunkte angelangt sei, wo es möglich wäre, alle zwischen den Menschen errichteten Scheidewände niederzuwerfen, rief er aus: ,,Aber diese Revolution, die so glücklich verlaufen und so unerwartet gekommen ist, wird ein unvollendetes Werk bleiben, wenn die Anschauungen der Menschen in ihrem Wachstum mit dem der von ihr geborenen Verfassung nicht gleichen Schritt halten. Erheben wir uns doch zur Höhe unserer Verfassung . . . ! Die durch die Nationalversammlung geheiligten Prinzipien gaben drei Millionen Franzosen das staatsbürgerliche Leben wieder. Die französischen Protestanten sind in ihren staatsbürgerlichen Rechten wiederhergestellt . . . Die neuen Prinzipien haben vor kurzem ihren Triumph über ein anderes, noch festgewurzelteres Vorurteil errungen. Durch einen feierlichen Gesetzbeschluss wurde die staatsbürgerliche Stellung der Juden von Bordeaux, Bayonne und Avignon bekräftigt. Die in Paris und den anderen Teilen des Königreichs lebenden französischen Juden bemühen sich gegenwärtig darum, dass man ihnen die gleiche Gerechtigkeit widerfahren lassen möge. Kann man eine abschlägige Antwort geben? Welches ist der wesentliche Unterschied, den man zwischen ihnen und ihren Brüdern in Bordeaux machen könnte? Man wird sagen, dass sie Patente und Vermögensrechte besitzen, deren die anderen entbehren. Darauf erwidere ich nun, dass die Patente der Juden von der Natur selber unterzeichnet sind, und das Siegel der Natur wird alle Siegel sämtlicher Kanzleien Europas aufwiegen.“ Der Redner schloss seine Rede mit folgendem Wunsch: ,,Ich meine, wir müssen uns dahin aussprechen, dass die Nationalversammlung die Judenfrage, deren Erörterung von ihr vertagt wurde, sobald wie möglich auf die Tagesordnung setzen und einen Gesetzesbeschluss erlassen solle, wonach sämtliche Juden den Juden von Bordeaux, Bayonne und Avignon gleichgestellt werden. Aber eine derartige Erklärung müsste der Nationalversammlung nicht eher unterbreitet werden, als bis sie an alle 60 Bezirke von Paris versandt und durch Stimmenmehrheit bewilligt wird.“

Der Redner erreichte sein Ziel vollauf. Nach seiner Rede schwanden Unschlüssigkeit und Schwanken dahin. Nach einer kurzen Debatte nahm die Versammlung der Kommune folgende Resolution an: 1. Ein öffentliches Zeugnis über die gute Aufführung, den Patriotismus und die persönlichen Tugenden der Juden abzugeben; 2. den Wunsch der Pariser Bevölkerung, dass den Juden alle Rechte aktiver Bürger zuerkannt werden sollen, öffentlich bekanntzugeben. Um diesem Akt den Charakter einer Volksabstimmung zu geben, beschloß die Versammlung der Kommune, ihre Resolution sämtlichen Bezirken der Stadt Paris mitzuteilen und nach Erhalt ihrer Einwilligung der Nationalversammlung vorzulegen. Die Resolution wurde von dem in der Geschichte der Revolution berühmt gewordenen Pariser Maire Bailly und dem Vorsitzenden Mulot unterzeichnet. Godard dankte der Versammlung im Namen der Pariser Juden und schloss seine Rede mit der Wiederholung des historisch gewordenen Ausspruches des Maire Bailly: ,,Segnen wir die Revolution, die uns alle zu Brüdern macht!“

Die Pariser Stadtverwaltung konnte alsbald ihren Beschluss in Erfüllung bringen. Die eigens zu diesem Zwecke einberufenen Bezirksversammlungen beeilten sich, ihre Stimmen für die Emanzipation zu erheben. Von 60 Bezirken äußerten sich 53 in diesem Sinne; die Stellungnahme von 6 Bezirken blieb unbekannt, und nur ein einziger Bezirk (Maturin) schlug vor, mit der Emanzipation der Juden so lange zu warten, bis die diesbezüglichen Äußerungen der Provinzversammlungen einlaufen. Es stand außer Zweifel, dass fast „ganz Paris“ sich für die Gleichberechtigung der Juden aussprach. Am 25. Februar erschien eine aus dem Vorsitzenden Mulot, Godard, dem Abbé Bertolio und anderen bestehende Deputation der Pariser Kommune vor der Nationalversammlung. Die Deputation überreichte der gesetzgebenden Versammlung eine schriftlich abgefasste Resolution über die Notwendigkeit, sich mit der Erörterung der Judenfrage zu beeilen und diese im Sinne der Gewährung der aktiven^ Bürgerrechte an die Juden zu lösen. Das Verlesen der Resolution wurde von einer warmen Rede des Präsidenten der Kommune, Abbé Mulot, begleitet. Talleyrand-Perigord, der an diesem Tage den Vorsitz in der Nationalversammlung führte, antwortete der Deputation der Kommune mit folgenden Worten: ,,Die Nationalversammlung hat es sich zur heiligen Pflicht gemacht, allen Menschen ihre Rechte wiederzugeben. Sie hat alle die Bedingungen bekanntgegeben, die erforderlich sind, um die aktiven Bürgerrechte zu erwerben. In eben diesem Geiste und gemäß diesen Bedingungen wird sie in aller Gerechtigkeit die von euch in solch rührender Form zugunsten der Juden vorgebrachten Argumente prüfen.“ Als jedoch tags darauf der Herzog von Liancourt an die Nationalversammlung mit der Forderung herantrat, einen Tag für die Behandlung der Frage der staatsbürgerlichen Stellung der Juden festzusetzen, erklärte einer der Abgeordneten folgendes: „Die jüdische Frage ist ganz gewiss eine wichtige Angelegenheit, aber wir haben auf unserer Tagesordnung noch wichtigere Fragen, die alle Bürger angehen. Was wir hinsichtlich der Juden beschließen werden, wird nur die Interessen eines einzigen Volksteiles berühren; hingegen sind die Festlegung der Gerichtsordnung, die Bestimmung der Stärke und die Zusammensetzung des französischen Heeres und die Regelung des Finanzwesens — drei Fragen, an denen das ganze Land interessiert ist und die unsere ganze Zeit in Anspruch nehmen müssen. Und daher beantrage ich: die Judenfrage von neuem zu vertagen.“ Der Antrag wurde angenommen. Die Lösung der Judenfrage in der Nationalversammlung wurde wiederum bis zur Lösung der nächsten an der Tagesordnung stehenden Fragen verschoben.