Die erste Phase des Aufstandes der Kosaken unter Chmielnicki in den Jahren 1648-1649.

Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde bei der Philosophischen Fakultät der Universität zu Leipzig
Autor: Nuoffer, Franz (1839- ?), Erscheinungsjahr: 1869

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Ukraine, Polen, Kosaken, Tataren, Sklaven, Tatarengefahr, Russland, Litauen, Kronlande, Aufstand, Krimtataren, Kolonisten, Einwanderer, Kosakentum, Heimat, Republik, Demokratie, Handwerk, Lebensunterhalt, Saporoger, Ataman, Hetman,
Der Verfasser, kath. Konfession, geb. zu Wongrowiec am 9. August 1839, besuchte das Gymnasium zu Trzemeszuo, welches er im Jahre 1859 nach bestandener Maturitätsprüfung verließ, um sich auf der Universität zu München dem Studium der Theologie zu widmen. Von Michaeli 1864 an wandte er sich dem philosophisch-historischen Studium zu und hörte nun ebendaselbst die Vorlesungen der Herren Professoren DD. Christ, von Giesebrecht, Halm, Spengel. Hierauf bezog er die Universitäten zu Breslau und Berlin und besuchte auf ersterer die Vorlesungen der Herren Professoren DD. Bernays, Braniss, Cybulski, Haase, Hertz, Junkmann, Roepel, Rossbach und auf letzterer die der Herren Professoren DD. Althaus, Droysen, Hübner, Lepsius, Mommsen und von Ranke.

Während dieser Studienzeit war er nacheinander Mitglied der historischen Gesellschaften der Herren Professoren DD. von Giesebrecht, Junkmann und Drojsen.

Allen diesen seinen hochverehrten Lehrern sagt er hiermit seinen aufrichtigen Dank.


Zur richtigen Würdigung der zu beschreibenden Ereignisse in der Ukraine sind wir genötigt, Einiges über die Einwohner dieses Landes und ihr Verhältnis zur Krone Polen vorauszuschicken.

Die Gegenden der Ukraine und Podoliens, welche an das Gebiet der Perekopischen oder Krimtataren grenzten, waren fortwährend den Einfällen dieser raublustigen Horden ausgesetzt, die das Land plünderten, die Produkte desselben raubten und Männer, Frauen und Kinder in die Gefangenschaft schleppten, um sie dann weiter als Sklaven zu verkaufen. Durch diese Einfälle und Wegführungen wurde die ohnehin schwache, vorherrschend ruthenische Bevölkerung so bedeutend gelichtet, dass bald große Strecken Landes völlig unbewohnt und herrenlos dalagen.

Da nun die Ländereien besagter Provinzen die fruchtbarsten waren, und die Besitznahme so leicht erfolgen konnte, weil sich jeder ein Grundstück als res nullius iure primi occupantis aneignen konnte, so kann es uns nicht wundern, wenn, durch solche Vorteile gelockt, trotz der drohenden Tatarengefahr in jenen weitausgedehnten Ebenen neue Ansiedelungen entstanden und sich dort allmählich fremde Elemente festsetzten. Diese neue Bevölkerung bestand hauptsächlich aus Einwanderern aus dem Kronlande Polen und aus Litauen.

Es waren einerseits, und zwar zum größten Teile, arme Edelleute, die, entweder weil sie in der Heimat keinen Raum gehabt hatten, oder von Tatendurst getrieben wurden, in die Ukraine auswanderten, um sich dort eine Existenz zu gründen und den neuen Besitz im Kampfe gegen die Tataren zu behaupten , es waren andrerseits aber auch Bauern aus denselben Ländern, die sich dem Drucke der Großen entzogen und in der Ukraine einen freien Besitz gründeten.

Schon konnte Kromer in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts schreiben, dass in den südlichen Gegenden Rutheniens mehr der polnische als der ruthenische Dialekt gesprochen werde, da sich wegen des fruchtbaren Landes und des Kampfes mit den Tataren viele Polen dort ansiedelten.

Als die Republik Polen in diesen Gegenden das Übergewicht bekommen hatte und die Konstitution von 1590 es dem Könige erlaubte, große Strecken der puszcza hinter Bialocerkiew ohne Weiteres an Männer, die sich um den Staat verdient gemacht hatten, zu verschenken, verteilte Sigismund III. an die Familien der Ostrogscy, Wisniowieccy, Kalinowscy, Koniecpolscy und Anderer bedeutende Territorien in der Ukraine, zu denen diese Magnatenfamilien, deren Schwerpunkt trotzdem immer im Kronlande und in Litauen blieb, durch Versprechung vieler Freiheiten Bevölkerung herbeizuziehen suchten. Die Grundstücke wurden den Kolonisten entweder ganz lastenfrei zuerteilt oder sie sollten es wenigstens auf die Dauer von 20 Jahren sein, nach Verlauf welcher Zeit ein ganz geringer Zins gezahlt, nie aber Frondienste geleistet wurden. Die größte Kolonisation in der Ukraine seitens der Polen hatte in den Jahrzehnten vor dem Aufstande des Chmielnieki unter dem Könige Ladislaus IV. Statt.

So kam es, dass zum Schaden der andern Gegenden der Republik Polen zu den verschiedensten Zeiten Teile der Bevölkerung des Kronlandes und Litauens in die Ukraine auswanderten und dort viele Kleingüterbesitze gründeten.

Da diese polnischen Kolonisten stets unter den Waffen sein mussten, um den Angriffen der Tataren zu jeder Stunde begegnen zu können, da sie nur in bewaffneten Schaaren zur Bebauung des Feldes ausziehen konnten, mithin jeder Familien- und Hausvater zum Kriegshandwerk genötigt und später auch verpflichtet war, so entwickelte sich unter der Bevölkerung der Ukraine ein kriegerischer Geist, der eine immer größere Bedeutung erlangte, und mit diesem zugleich fasste das Bewusstsein völliger Gleichberechtigung Wurzel. Ganz im Gegensatze zum Kronlande, wo sich der Adel mit seiner Geburt brüstete, die ihm Vollbürgerrechte gewährte und zur Teilnahme an der Staatsgewalt befähigte, fiel hier die Schranke des Standes, durch welche der Adelige vom Bauer getrennt wurde. In gleichem Maße wie der niedere Adel, der sich hier vorzugsweise ansiedelte, unter der Masse der später hinzukommenden Bauern verschwand und wie er durch die drohende Gefahr mit dem andern Stande auf eine Stufe gestellt wurde, vergaß er auch hier auf den kresy (Grenzlinien) seine Abstammung und sein Wappen und gewöhnte sich, jeden freien landsässigen Grenzbewohner als seines Gleichen anzusehen.

Auf diese Weise entstand in der Ukraine eine eigentümliche, waffenkundige Grenzbewohnerschaft, die zur natürlichen Schutzwehr für die Republik Polen wurde und einzig im Stande war, den gefährlichen Nachbarn entschieden und kräftig entgegen zu treten. Es ist dies die kriegerische Schaar der ukrainischen Kosaken, die demnach kein besonderer Volksstamm, kein den Polen fremdes Element sind, wie man fälschlich behauptet hat, sondern als ein Mischvolk aus Polen und Ruthenen aufgefasst werden müssen, wobei jedoch die Letzteren nur als ein Zusatz anzusehen sind.

(Fortsetzung folgt)

Kosaken

Kosaken

Verfolgung von Kosaken

Verfolgung von Kosaken

Plünderer

Plünderer

Plündernde Kosaken

Plündernde Kosaken

Raubzug

Raubzug

Kuban Kosaken

Kuban Kosaken

Kosaken-Regiment beim Angriff

Kosaken-Regiment beim Angriff

Kosakenangriff

Kosakenangriff

Kosaken und Tscherkessen

Kosaken und Tscherkessen

Kosaken-Patroille

Kosaken-Patroille

Kosaken-Überfall auf ein Dorf

Kosaken-Überfall auf ein Dorf

Kosaken beim Beutemachen 1913

Kosaken beim Beutemachen 1913