Die englischen Clubs und Daniel O Connell und Sir Francis Burdett

Autor: Schorn, Johann Karl Ludwig von Dr. (1793-1842) deutscher Kunsthistoriker, Redakteur und Publizist, Erscheinungsjahr: 1836
Themenbereiche
Enthaltene Themen: London, Club, Klub, Tabakrauchen, Kartenspielen, Kontakteknüpfen
Aus: Morgenblatt für gebildete Stände. Dienstag, den 12. Januar 1836
Inhaltsverzeichnis
Im Winter ist London leer, wie die vornehme Welt behauptet, und dies vermindert natürlich die Beiträge zur chrinique scandaleuse. An politischen Neuigkeiten ist ebenfalls ganz ungewöhnlicher Mangel; hätte nicht England einen neuen Gesandten über Konstantinopel nach Petersburg geschickt, hätte nicht der amerikanische Botschafter am französischen Hofe Paris verlassen, müssten nicht die Fragen besprochen werden, ob zwischen Amerika und Frankreich ein Geld- und Etikettenkrieg ausbrechen, ob im Fall eines solchen Ausbruchs Russland sich mit Amerika verbinden, und ob England klug sein und neutral bleiben, oder seinen Vorteil verkennen und mit drein schlagen werde, wahrhaftig, manche Zeitungsschreiber dürften in der Verlegenheit, womit die mächtigen Spalten zu füllen, während der November- und Dezembernebel auf gut englisch ihre Existenz beschlossen haben. In gleiche Versuchung könnten, jener interessanten Gesprächsstoffe ungeachtet, ein paar Hundert oder Tausend Clubisten geraten sein, ohne O'Connell und Sir Francis Burdett. Wer diese beiden Männer sind, wissen die Leser besser, als was ein englischer Club ist. Dass das englische Wort club — oder Klubb, wie Campe will, der es mit Recht als ein ursprünglich deutsches vindiziert — eine geschlossene Gesellschaft bedeutet, die an einem bestimmten Orte, zu bestimmten Zeiten und zu bestimmten Zwecken zusammenkommt, weiß am Ende Jeder. Dass diese Zwecke eben so gut Tabakrauchen und Kartenspielen, als Beförderung der Künste und Wissenschaften, und Besprechung öffentlicher Angelegenheiten sein können, leuchtet ein, aber auch, dass Clubs zum letztern Zwecke nicht überall existieren, aus dem einfachen Grunde, weil sie nicht überall erlaubt sind, z. B. in Deutschland, wo sie, wenn mir recht ist, durch ein Reichsgesetz vom Jahr 1793 auf das Nachdrücklichste — bei Staupenschlag und Kettenstrafe — verboten wurden. Der loyale Deutsche braucht daher wenigstens nicht zu wissen, dass das Vaterland der politischen Clubs England ist, dass sie von da zur Zeit der französischen Revolution in Frankreich eingeführt und daselbst Anfangs als konstitutionsmäßig anerkannt, später jedoch in Folge der falschen Richtung, die sie genommen, zuerst durch die Konstitution von 1795 missbilligt wurden, und dass sie vor dieser Zeit aus Frankreich nach Deutschland gekommen waren. Nun, in England bestehen sie noch, und obgleich neben ihnen eine Menge Clubs aufgeschossen sind, deren Hauptzweck kein politischer ist, so ist es doch fast unmöglich, dass in England, diesem Lande des politischen Lebens, eine Männergesellschaft ohne alles politische Gepräge bestehen sollte. Ein Beisatz von Politik findet sich daher überall, wie denn vor Kurzem selbst in zwei, rein den Wissenschaften gewidmeten Vereinen der Einfluss politischer Ansichten sich beim Ballotemant über vorgeschlagene Mitglieder unverkennbar geäußert hat.

Wenn es nun aber in jeder englischen Stadt, nach Verhältnis ihrer Größe, bald mehr, bald weniger Vereine der mannigfaltigsten Tendenzen gibt, so ist klar, dass in dem zur Bevölkerung eines Reichs angewachsenen London ihrer unzählige sind. Hier finden sich Vereine aller Gattungen zu beliebiger Auswahl, von den Clubs der höchsten Stände, bis herab auf die Clubs der Gassenkehrer, der Bettler und der Diebe. Wer Verlangen fühlt, sich unter die vornehmste männliche Welt zu mischen, braucht nur reich, aber ganz besonders reich zu sein, um bei Crockfords — in dem Höllenhause der St. Jamesstraße — Zutritt zu erhalten, und die vornehme männliche Welt, nach deren Umgange ihn gelüstet, wird ihn sogleich in der ersten Nacht auf die liebenswürdigste und herablassendste Weise von seinem Golde befreien. Kommt er den folgenden Tag wieder mit neu gefüllter Börse, so ist er dasselbe gerne gesehene und freundlich bewillkommte Mitglied. Sobald aber entweder sein Wille oder die Fähigkeit, ein Mehreres an den vornehmen Umgang zu setzen, in ihm aufhört, kann er ruhig kommen und gehen; Niemand tut, als ob man ihn kenne, und begegnet er einem der geehrten Mitglieder, sei es wo es sei, so braucht er dasselbe mir zu grüßen, um mit der edelsten Unverschämtheit das getan zu sehen, was man im Englischen to cut one nennt, wofür mir wenigstens kein entsprechender und erschöpfender deutscher Ausdruck bekannt ist, und was soviel heißt als: Jemand nicht kennen wollen. — Wer das Glück oder das Unglück hat, Schriftsteller zu sein, sucht meist um die Aufnahme im Athenäum nach. Erhält er sie und ist es seine Absicht, die Bekanntschaft anderer Schriftsteller zu machen, so liegt die Erreichung in seiner Hand; hat er sich aber aufnehmen lassen, um dadurch seine literarischen Interessen zu fördern, so ist es möglich, dass er sich getäuscht sieht. Die Witzlinge aller Stände, mit denen er zusammentrifft, sind sämtlich viel zu sehr mit ihren eigenen Verdiensten beschäftigt, als dass sie denen eines Nebenbuhlers einen Augenblick der Beachtung schenken könnten.

Wer nachzuweisen vermag, dass er im Auslande eine Strecke von mindestens eintausend Meilen durchreist hat, der ist für den Club der Reisenden, the Travellers, wahlfähig, und da es in England wenige Gentlemen gibt, die nicht eine Kontinentalreise versucht haben, so trifft er daselbst eine Menge Touristen, die zwar von den malerischen Schönheiten ihres Vaterlandes keine Silbe, dagegen von den unzugänglichsten Teilen der Erdkugel mit der größten Ausführlichkeit zu sprechen wissen. Will er hier zuhören, so wird es ihm nie an Unterhaltung fehlen. Will er aber selbst erzählen und Zuhörer haben, so muss er von dem Privilegium der Reisenden eben so freien Gebrauch machen wie die übrigen Mitglieder, sonst wendet sich Alles von den einfachen Tatsachen, die er erlebt hat, zu den fabelhaften Wundern, die Andere erlebt haben wollen. Wer einen Marstall voll Rennpferde, und folglich den Wunsch hegt, sein Vermögen in unglaublicher Hast durchzubringen, der muss schlechterdings Mitglied des Jockyclubs werden. Da lehrt man ihn in wenigen Stunden die schwere Kunst der Kennerschaft auf die angenehmste Weise von der Welt und rein scientivisch. — Ein braver Offizier, der von seinem dankbaren Vaterlande die Erlaubnis erhalten hat, von seinem halben Solde anständig zu leben und zu sterben, findet stets im united Service — im vereinigten Dienste — Aufnahme, und während hier junge Stabsoffiziere, die den Pulverdampf nur beim Exerzieren gekostet haben, in allen Delikatessen der Jahreszeit schwelgen, kann er, von ihnen unbelästigt, Jahr aus, Jahr ein für eine Kleinigkeit ein einfaches mutton-chop nebst noch einfacherer Zukost genießen. — Ist Jemand ein Dichter, der mit Glück schlechte Schauspiele geschrieben, oder ein Kritiker, der seinen Namen in den Tagesblättern furchtbar gemacht, oder ein Sänger mit dem Gehalte eines Ministers, oder ein gleich gut bezahlter Schauspieler, oder ein freigebiger Beschützer der Künste und Wissenschaften — kein Mitglied des Garrick wird Bedenken tragen, seinem Namen eine weiße Kugel zu geben. Und ist er ein Advokat ohne Prozesse, ein Sachwalter ohne Klienten, ein Kaufmann ohne Geschäfte, ein Künstler ohne Aufträge, ein Arzt ohne Patienten, ein Apotheker ohne Kunden, ein Bücherfabrikant ohne Talent, der Inhaber einer kleinen Sinecure und großer Eitelkeit, oder überhaupt einer, der etwas Geld zu vertun und etwas Namen zu verlieren hat, so heißen ihn die Mitglieder des Clarenceclubs willkommen.

Auf diese Art läuft der Clubkatalog eine lange Reihe durch, und jeder Stand und jeder Geschmack kann sich darin aussuchen, was ihm behagt. Von den genannten Clubs hat keiner einen politischen Zweck; doch werden in jedem nebenbei Staatsaffairen verhandelt. Das Wesen der innern Einrichtung ist in allen ziemlich gleich, die Verschiedenheit liegt nur in der Form, in dem Glänze oder der Einfachheit. Als vor einigen Jahren Crockfords niedergebrannt und wieder aufgebaut worden war, erregte die Pracht des Ameublements und der ganzen Einrichtung selbst in London Aufsehen. Alles strömte hinzu, das Herrliche zu schauen, und einige Prediger nahmen sich sogar die Freiheit, von der Kanzel herab auf die Sittenverderbnis der Damen zu zürnen, die einen Ort besuchten, wo Wohlstand und häuslicher Frieden begraben werden. Es hat nichts geholfen, denn eben jezt ist ein neues Clubhaus fertig worden, dessen Ausschmückung nicht weniger als fünf-und-zwanzigtausend Pfund Sterling gekostet hat, und Alles strömt wieder hinzu, das Herrliche zu schauen, und allgemein ist die Versicherung, dass Crockfords sich dagegen verstecken müsse. Das Wesen der Einrichtung besteht überall gleich darin, dass ein Clubmitglied in London wohnen kann ohne eigentliche Wohnung; sein ganzes Bedürfnis außerhalb des Clubhauses beschränkt sich auf eine Schlafstelle. Hat er diese, so ist er vollkommen versorgt, denn alles Übrige bietet ihm das Clubhaus, Speise und Trank, Lese- und Schreibmaterial, Langeweile und Unterhaltung. Ich weiß nicht, ob Deutschland ähnliche Institute besitzt; mir ist nur in den Kaffeehäusern der französischen Seestädte etwas Ähnliches vorgekommen. Da bringen auch viele Menschen ihr ganzes wachendes Dasein zu, befriedigen daselbst alle Bedürfnisse, empfangen Briefe und schreiben Briefe, und gehen bloß nach Hause, wenn die Nacht ans Schlafen mahnt.

Das englische Clubleben hat unstreitig seine großen Annehmlichkeiten: Auswahl des Umgangs, jedes Komfort einer gut eingerichteten Hauswirtschaft, das Beste von Allem, was in dem armen Menschen die Seele an den Leib, oder den Leib an die Seele knüpft, und dieses Beste zu den billigsten Preisen. Wer außerhalb London wohnt und nur auf einzelne Tage zur Stadt kommt, vermeidet, sobald er Mitglied eines Clubs ist, die teueren Rechnungen der englischen Wirtshäuser, weiß, wo er seine Freunde trifft, und findet in dem Club das, was in der Regel für jeden Engländer unschätzbaren Wert hat — feine Häuslichkeit. Dagegen fehlen dem Clubleben auch die Schattenseiten nicht. In allen diesen Häusern herrscht eine gewisse Art Luxus, bald mehr, bald weniger, doch immer im Verhältnis größer, als der Einzelne ihn sich zu verschaffen vermöchte, und deshalb für Alle gleich nachteilig. Luxus entnervt und erregt ein kränkelndes Verlangen, und seine verheerenden Wirkungen, die allerdings noch andere Ursachen als die Clubhäuser haben, durchzucken alle Klassen der bürgerlichen Gesellschaft, die höchsten, wie die niedrigsten. Der einzelne Mann, der mit geringen Kosten in einem glänzenden Palaste alle Freuden und Vergnügungen des Lebens genießt, weiß recht gut, dass er in dieser Beziehung durch Verheiraten sich nicht verbessert. Er weiß recht gut, dass, wenn er in den Augen der Welt sich nur einigermaßen den Namen eines guten Ehemanns verdienen will, er der Fülle seiner jetzigen Unabhängigkeit entsagen muss; folglich bleibt er unverheiratet. Und der Verheiratete, wohin flüchtet er von den Sorgen und Beschwerlichkeiten seines Hausstandes? wohin anders, als in seinen Club? In der schwelgerischen Pracht, die ihn hier umgibt, vergisst er die Armut und das Elend zu Hause, er vergisst es, er ist glücklich, denn er findet freundliche Genossen und gefällige Diener; aber seine Gattin weint, seine Kinder weinen, und oft erkennt er erst zu spät die Irrgewinde, in denen er sich und sein Glück verloren.

Unter den Clubs rein politischer Tendenz steht „Brookes's“ in Bezug auf die Respektabilität seiner Mitglieder unstreitig auf der höchsten Stufe. Die Zahl derselben beläuft sich auf drei- bis vierhundert, und ich glaube behaupten zu dürfen, dass England, besonders in der neuern Zeit, nur wenig berühmte Männer besessen hat, die nicht Mitglieder von Brookes's gewesen sind. In diesem politischen Zirkel ist es damit nicht abgetan, dass die Tageblätter und Flugschriften aller Farben regelmäßig auf die Tafel gelegt und von den Anwesenden besprochen werden. Eine Partei im Staate, für welche die Mehrheit von Brookes's ist, besitzt in dieser Mehrheit eine mächtige Stütze, wie denn überhaupt eine politische, dort sich geltend machende Ansicht mit vollem Rechte für ein Zeichen der Zeit und für die Meinung der einflussreichsten Männer des Königreichs gelten darf. Die gegenwärtig vorherrschende Richtung geht auf Fortsetzung der Reformen, und schon hieraus folgt, dass die Whigpartei jetzt die mächtigere ist. Ihr gehören sämtliche Staatsminister an, und sämtliche Staatsminister sind auch Mitglieder von Brookes's. Weil aber eben die gewichtigsten Männer Englands sich zu diesem Vereine zählen, und die politisch einflussreichsten Männer fast durchgängig Sitze im Parlamente haben, so kann das Recht der Mitgliedschaft sich nicht auf solche beschränken, die stets in London wohnen, sondern wird auch denen zu Teil, die nur abwechselnd London besuchen und anderwärts ansässig sind. Daher ist Brookes's während der Parlamentssitzungen am vollzähligsten, und es findet deshalb das organische Gesetz statt, dass Verfügungen und Entscheidungen, welche das Interesse des Ganzen berühren, bloß zur Zeit des versammelten Parlaments gefasst werden dürfen. Die laufenden Geschäfte besorgt ein Comité; dieses hat, seiner Bestimmung nach, mit Lösung der die Allgemeinheit betreffenden Fragen nichts zu tun, und obgleich es Regel ist, auch diese durch einen Ausschuss zu erledigen, so wird doch solcher jedes mal speziell zu Erörterung der vorliegenden Frage gewählt.

Unter den Mitgliedern von Brookes's befinden sich auch die beiden obengenannten Männer, der Irländer Daniel O'Connell und der Engländer Sir Francis Burdett. Wenn man Alle, die in England Partei nehmen, unter die zwei Hauptklassen der Tones und Whigs rangieren will, so leidet es keinen Zweifel, dass O'Connell und Burdett bisher einer und derselben politischen Jurist angehörten; denn obgleich beide Kasten wesentliche Unterabteilungen haben, und O'Connells und Burdetts Ansichten sich bisweilen schnurgerade entgegenstanden, so schienen sie doch in der Hauptsache übereinzustimmen. Um so größer war das allgemeine Erstaunen, als plötzlich Burdett öffentlich und entschieden gegen O'Connell auftrat, und zwar mit nichts Geringerem, als mit dem an Brookes’s gerichteten Gesuche, O'Connell auszustoßen. Eine solche Erscheinung, ein so offenbarer Wechsel der Gesinnung in dem berühmten Parlamentsgliede für Westminster wäre zu jeder Zeit aufgefallen und besprochen worden. Beim Mangel an städtischem Skandal und politischen Neuigkeiten im gegenwärtigen Augenblick wurde aber Burdetts Übertritt zur Torypartei, wofür jenes Gesuch als Beweis galt, ausschließend Gegenstand der Unterhaltung. O'Connell und Burdett waren und sind noch in allen Gesellschaften stehender Gesprächsartikel, manche Feuerseite wäre eine stumme, wenn dieses Kapitel fehlte, und an der Börse, wie bei den Gastmählern, von den die Eröffnung der Theater Erwartenden, wie von den Spaziergängern in Hydepark, von Vornehmen und Geringen, von Damen und Herren Hirt man vorzugsweise die Fragen diskutieren: was wird Brookes's tun? wird er Burdetts Gesuche willfahren oder nicht? und was werden die Wähler von Westminster tun? Es versteht sich von selbst, dass die von der Dürre bedrängten Zeitungsschreiber sich hastig an den vollen Brunnen legten.

Die Anklagepunkte, worauf Burdett seinen Antrag stützte, waren die kürzlich von O'Connell zu Manchester, Newcastle, Edinburgh, Glasgow, Dublin gehaltenen stürmischen Predigten über die Reform des Oberhauses, seine rücksichtslosen Ausfälle gegen die Häupter der hohen Aristokratie, die Art und Weise, wie er namentlich über den Herzog von Wellington seine Galle und die Lauge seines plumpen Witzes ausgegossen, endlich der bekannte zweideutige Handel mit Raphael wegen der Parlamentsstelle für Carlow. Er sagt in seinem Schreiben unter Anderem: „In Thomas Paines Schriften findet sich die Bemerkung: Alles, was die Natur des Menschen entwürdige, werfe einen Schatten auf den Charakter des Menschen, und jeder Einzelne empfange einen Teil der Wunde, welche dem Ganzen geschlagen werde. Mich dünkt, das ist eine gesunde, moralische Lehre, wenn angewendet auf die Beziehungen Einzelner zur Gesellschaft im Allgemeinen, aber von noch weit größerem Gewichte, wenn angewendet auf jene kleinen, abgesonderten Vereine, die man Clubs nennt, und ganz besonders dann, wenn diese Clubs politische sind. Durch die Aufnahme in solche Vereine werden die Aufgenommenen, gleich der Freibürgerschaft unserer sächsischen Vorfahren, zum Bunde wechselseitig guten Betragens gegen einander verpflichtet. Sie unterwerfen sich freiwillig der Entscheidung des Clubs, und weil sie in ihm ein Tribunal erkennen, von welchem es keine Berufung gibt, wird die gesamte Körperschaft dem Publikum für das gesittete Betragen ihrer Mitglieder verantwortlich. Aus diesem Grunde fordere ich jetzt den Club auf, sein Urteil zu sprechen über das Betragen Daniel O'Connells, eines seiner Mitglieder. Ich weiß nicht, was Andere beim Lesen der Berichte über seine neuesten Taten empfunden haben. In mir erregten sie einen hohen Grad von Abscheu, aber auch ein tiefes und schmerzliches Gefühl von Demütigung und Scham, weil ich, als Mitglied des Clubs, dem Verdachte ausgesetzt sein musste, der Teilnehmer oder wenigstens der ruhige Zuschauer und der friedliche Dulder solchen Benehmens zu sein; mit Einem Worte, ich fühlte lebhaft meinen Teil an der Wunde.... Blicke ich im Räume einer nur kurzen Vergangenheit auf früheres Tun und Treiben Daniel O'Connells zurück, sei es, dass er einen weinerlichen Brief an einen verleumdeten Freund schreibt, oder dass er ein schwülstiges Sendschreiben an die schlechten und blutigen Whigs erlässt, oder dass er die Sassenagh verhöhnt — ein Wort, welches im Irländischen den Feind, in seiner Sprache den Engländer bedeutet — oder dass, wenn er die Engländer gewinnen, verblenden will, er sie wegen ihrer Biederkeit, wegen ihrer Großmut, wegen ihrer Gerechtigkeitsliebe preist, oder sei es, dass er an der Spitze eines betörten Haufens bramarbasiert, oder vor einem römisch-katholischen Pfaffen in die Knie sinkt — ich kann mich nicht von der Überzeugung trennen, dass es dem Charakter unsers Clubs schlechterdings obliegt, die Last eines solchen Mitgliedes abzuwerfen.“

Es war vorauszusehen, dass O'Connell die Antwort nicht schuldig bleiben würde, aber mit einer Klugheit und Umsicht, die vielleicht Niemand, und ganz gewiss Burdett nicht erwartete, kleidete er dieselbe keineswegs in ein Schreiben an Brookss's, sondern in das, gleichfalls allgemein bekannte Schreiben an „das Volk von Irland.“ Die Wendung, mit welcher er darin dem Angriffe begegnet, wird selbst von seinen Feinden für einen Meisterstreich der Schlangenlist erklärt. Er kündigt darin seinen Vorsatz an, wenn nicht anders der unglückliche Gentleman von seinen Freunden bald in sichern Gewahrsam gebracht werde, die Wähler von Westminster aus einen so zweideutigen Repräsentanten ernstlich aufmerksam machen zu wollen; allermittelst wolle er sich nach einem Vorrat hübscher Worte umsehen. „Alles, was meiner Feder entfällt, soll nach Zibeth riechen; ich werde die politische Fehde mit eau de rose fortsetzen. Wer niederträchtige Lügen verbreitet, soll künftig bloß ein Verfälscher heißen; wer seine Grundsätze, seine Partei und sein Vaterland verrät, soll bloß den Namen eines törichten, verirrten Gentleman bekommen, und wer nur eine Tugend und tausend Fehler besitzt und die eine Tugend aufgibt und keinen seiner Fehler ablegt, der soll — ich weiß im Augenblick nicht, was der künftig sein soll, doch hoffe ich für ihn einen parfümierten Ausdruck zu entdecken, so süß und duftend, dass selbst die zerrütteten Nerven des physisch und moralisch Ungesundesten, aller veralteten Roués von St. James dadurch nicht beleidigt werden sollen. Was mich betrifft, so dienen alle diese Ausfalle nur dam, mich zu erneuerten, zu verdoppelten Anstrengungen zu stärken usw.“

Burdetts Schreiben hatte die Frage veranlasst: was wird Brookes's tun? O'Connells Schreiben regte die Frage an: was werden die Wähler von Westminster tun? Sie haben ihn seitdem bekanntlich zur Rede gestellt, und er hat sich bereitwillig erklärt, seinen Sitz zu verlassen, sobald ihm nachgewiesen werde, dass die Mehrheit dies verlange. — Schwerlich wird diese Nachweisung ausbleiben, wenn die Wähler von Westminster glauben, was man sonst allgemein glaubt, dass den reichen Mann der Hochmut und in ihm das Verlangen nach der Pairswürde beschlichen, und die Königin sein öffentliches Lossagen von den Whigs und sein öffentliches Auftreten gegen den Erzfeind O'Connell als Kaufpreis gefordert habe. Mehr jedoch, als in der Gunst der Königin zu stehen, bedarf es nicht, um, in London wenigstens, die Gunst des Volkes zu verlieren. Warum die Frage, was Brookes's tun wird, noch unentschieden ist, erhellt aus dem obenerwähnten, in diesem Club bestehenden organischen Gesetze, dass Verfügungen und Entscheidungen, welche das Interesse des Ganzen berühren, bloß zur Zeit des versammelten Parlaments gefasst werden dürfen. Das Parlament sitzt gegenwärtig nicht, es tritt erst wieder im nächsten Februar zusammen; bis dahin also muss die Erwartung der politischen, die Neugier der unpolitischen und die Sehnsucht der wettenden Clubs unbefriedigt bleiben. Darf man indessen der Konsequenz von Brookes's und den Vermutungen einiger seiner umsichtigsten Mitglieder vertrauen, so hat Burdett von der Entscheidung mehr zu fürchten, als zu hoffen. Es ist erst ein Jahr, seit Lord Alvanlep, ebenfalls Mitglied von Brookes's, auf den Grund mündlich von O'Connell ihm zugefügter Beleidigung und verweigerter Satisfaktion dessen Verweisung aus dem Club beantragte, der Ausschuss jedoch sich deshalb verneinend aussprach, weil O'Connell kein, einen solchen Antrag rechtfertigendes Statut verletzt habe. Dasselbe ist bei Burdetts Gesuch der Fall. Ist daher der Club konsequent, so kann er keine andere als eine abschlägige Antwort erteilen. Man sagt indessen, Burdett sei von einer noch schlimmern Entscheidung bedroht: O'Connell werde, weil Burdett sein an den Club gerichtetes Gesuch nicht beim Club angebracht, sondern durch den Druck veröffentlicht, und solches Verfahren statutenmäßig mit Ausschließung bestraft wird, auf Vollziehung dieses Gesetzes bestehen. Geschieht dies und muss Burdett gleichzeitig den Parlamentssitz für Westminster räumen, so ist sein politisches Ansehen verloren, so kann keine Pairswürde ihm diesen Verlust, keine Gunst der Königin ihm das ersetzen, worauf er seither mit Recht stolz war, so hat er O'Connell einen glänzenden Triumph, und der Whigpartie, statt der Niederlage, die er ihr zufügen wollte, einen Sieg gewonnen, der wohlfeil erkauft sein würde.

London,

London, "Big Ben" 1831

London, St. Paul

London, St. Paul

London,

London, "Big Ben" und die Westminster Brücke