Die Frau des Athos.

„Jetzt erübrigt uns noch, Nachrichten über Athos einzuziehen,“ sagte d'Artagnan zu dem aufgeräumten Aramis, nachdem er ihm mitgeteilt hatte, was seit seiner Reise in der Hauptstadt vorging, und nachdem sie beide durch ein vortreffliches Mittagsmahl alle Schwärmerei und Müdigkeit vergessen hatten.

„Glaubt Ihr also, daß ihm ein Unglück begegnet sein könnte?“ fragte Aramis. „Athos ist so kalt, so mutvoll, so geschickt in der Führung des Degens.“


„Das ist wohl wahr, und niemand kennt so gut wie ich den Mut und die Gewandtheit des Athos; allein, mir ist lieber ein Angriff von Lanzen gegen meinen Degen, als ein Angriff von Keulen; so fürchte ich, daß Athos von dem Gesindel gestriegelt worden sei; die Dienstleute schlagen derb zu und können nicht so bald aufhören. Ich gestehe, daß ich deshalb so schnell wie möglich wieder abreisen möchte.“

„Ich will es versuchen, Euch zu begleiten,“ sagte Aramis, „obwohl ich mich kaum noch kräftig genug fühle, ein Pferd zu besteigen.“

„Ihr waret krank, und Krankheit schwächt, darum entschuldige ich Euch.“

„Wann reiset Ihr schon ab?“

„Morgen mit Anbruch des Tages; ruhet diese Nacht noch recht gut aus, und morgen, wenn Ihr es vermöget, reisen wir mitsammen.“

„Morgen,“ erwiderte Aramis; „denn wie eisern Ihr auch seid, bedürft Ihr doch der Ruhe.“ Als d'Artagnan am folgenden Tage zu Aramis kam, traf er ihn am Fenster.

„Was betrachtet Ihr denn?“ fragte d'Artagnan.

„Meiner Treu! ich bewundere diese drei herrlichen Pferde, welche die Stalljungen am Zaune halten; es wäre fürstliche Lust, auf solchen Tieren zu reiten.“

„Nun, mein lieber Aramis, macht Euch diese Lust, denn eines dieser drei Pferde gehört Euch.“

„Ah, bah! Welches denn?“

„Dasjenige, welches Ihr wollt; ich gebe keinem den Vorzug.“

„Potz Wetter! das sind prachtvolle Tiere!“

„Es schmeichelt mir, daß sie nach Eurem Geschmack sind.“

„Hat sie Euch also der König zum Geschenk gemacht?“

„Gewiß nicht der Kardinal.– Doch kümmert Euch nicht, woher sie kommen und denkt bloß daran, daß eines von den dreien Euch gehört.“

„Ich nehme jenes, das der rotgekleidete Diener führt.“

„Es ist ganz recht.“

„Bei Gott!“ rief Aramis, „das benimmt mir vollends allen Schmerz; ich würde es besteigen, hätte ich dreißig Kugeln im Leibe. Ha, bei meiner Seele, wie schön sind die Steigbügel!“ Aramis schwang sich mit seiner gewöhnlichen Anmut und Leichtigkeit in den Sattel, doch fühlte der Reiter nach einigen Sprüngen und Wendungen des Tieres so unerträgliche Schmerzen, daß er ganz blaß wurde und zu wanken anfing. D'Artagnan, der auf diesen Unfall schon gefaßt war und ihn deshalb nicht aus den Augen ließ, sprang hinzu, fing ihn in seinen Armen auf und führte ihn nach seinem Zimmer.

„Es ist gut, mein lieber Aramis,“ sprach er, „pflegt Euer, ich will Athos allein aufsuchen.“

„Ihr seid ein eherner Mann!“ rief Aramis.

„Nein, ich habe nur Glück, weiter nichts; wie wollt Ihr aber leben in Erwartung meiner Rückkehr?“ Aramis lächelte und sprach:

„Ich werde Verse machen.“

„Ja, duftreiche Verse nach dem Wohlgeruch des Briefchens der Zofe der Frau von Chevreuse. Unterweiset Bazin in der Prosodie, das wird ihn beschäftigen; was Euer Pferd betrifft, so reitet es täglich ein wenig und gewöhnt Euch so an seine Sprünge.“

„O, in dieser Hinsicht seid ganz ruhig,“ versetzte Aramis; „Ihr werdet mich bereit finden, Euch zu folgen.“ Sie sagten sich Lebewohl, und zehn Minuten darauf trabte d'Artagnan bereits in der Richtung von Amiens, nachdem er vorher seinen Freund der Wirtin und Bazin empfohlen hatte. Wie kann er Athos finden– und wird er ihn wirklich finden?

„Ach,“ dachte d'Artagnan, „der arme Athos ist vielleicht zu dieser Stunde schon tot, und tot durch meine Schuld; denn ich war es, der ihn in diese Angelegenheit zog, deren Ursprung er nicht kannte, deren Erfolg er nicht kennen wird, und aus der er gar keinen Vorteil schöpfen soll!“

„Zu gestehen, mein Herr,“ sagte Planchet, „daß wir ihm auch unser Leben verdanken; Sie erinnern sich ja noch, wie er schrie: ›Auf, d'Artagnan, ich bin festgenommen!‹ Und als er seine zwei Pistolen abgebrannt hatte, welches Geräusch machte er nicht mit seinem Degen! man hätte geglaubt, es seien zwanzig Menschen, oder vielmehr zwanzig tolle Teufel!“ Gegen elf Uhr früh erblickte man Amiens, um halb zwölf Uhr hielt man vor der Tür des leidigen Gasthofes. D'Artagnan hatte oft daran gedacht, an dem falschen Wirt eine solche Rache zu nehmen, wie sie den Menschen in der Hoffnung tröstet. Er ging somit in den Gasthof, indem er den Hut ins Gesicht drückte, die linke Hand an den Degengriff hielt und mit der Rechten die Reitgerte schwang.

„Kennt Ihr mich?“ fragte er den Wirt, der ihm grüßend entgegenging.

„Ich habe nicht die Ehre, gnädigster Herr!“ antwortete der Wirt, die Augen noch von dem glänzenden Anzug geblendet, in dem ihm d'Artagnan erschien.

„Ah, Ihr kennt mich nicht?“

„Nein, gnädigster Herr.“

„Nun gut; zwei Worte sollen Euch das Gedächtnis aufwecken. Was habt Ihr mit jenem Edelmann getan, den Ihr vor ungefähr vierzehn Tagen mit solcher Keckheit der Falschmünzerei beschuldigt habt?“ Der Wirt erblaßte, denn d'Artagnan nahm seine bedrohlichste Haltung an und Planchet ahmte seinem Herrn nach.

„O, gnädiger Herr! sprechen Sie nichts mit mir davon,“ versetzte der Wirt mit seiner kläglichsten Stimme. „O, gnädiger Herr, wie hoch kam mir dieser Fehler zu stehen! Ach, ich unglücklicher Mann!“

„So sagt, was aus diesem Edelmann geworden?“

„Hören Sie mich gütig an, gnädiger Herr, und seien Sie nachsichtig. Nehmen Sie gefällig Platz.“ D'Artagnan setzte sich stumm vor Zorn und Ungeduld und blickte drohend wie ein Richter. Planchet stellte sich rückwärts an die Stuhllehne. „Vernehmen Sie die ganze Geschichte, gnädiger Herr,“ fuhr der Wirt zitternd fort, „denn jetzt erkenne ich Sie. Sie ritten eben davon, als ich mich mit dem besagten Edelmann in Streit setzte.“

„Ja, das war ich, und Ihr seht, daß Ihr auf keine Gnade rechnen könnt, wenn Ihr nicht die lautere Wahrheit redet.“

„Wollen Sie gnädigst zuhören, Sie sollen alles erfahren.“

„Ich höre.“

„Die Behörden ließen mir im voraus melden, es würde ein berüchtigter Falschmünzer mit mehreren Genossen, als Garden oder Musketiere verkleidet, in meinem Gasthaus eintreffen. Gnädigster Herr, mir wurden Ihre Pferde, Ihre Lakaien, Ihre Gesichter, kurz alles, genau bezeichnet.“

„Was nun weiter?“ sagte d'Artagnan, der sogleich erriet, woher eine so scharfe Beschreibung rühren konnte.

„Ich habe sonach auf Befehl der Obrigkeit, die mir sechs Mann Verstärkung schickte, diejenigen Maßregeln genommen, die ich für zweckdienlich hielt, um mich der angeblichen Falschmünzer zu versichern.“

„Wieder das!“ rief d'Artagnan, dem das Wort „Falschmünzer“ schrecklich in die Ohren hallte.

„Verzeihen Sie, gnädiger Herr, daß ich solche Dinge spreche: allein sie dienen mir zur Entschuldigung. Die Behörde erweckte mir Angst, und Sie wissen, ein Wirt muß sich vor der Behörde schmiegen.“

„Doch noch einmal, wo ist dieser Edelmann, was ist aus ihm geworden? Ist er tot oder lebendig?“

„Geduld, gnädigster Herr, wir werden hören. Was geschah, wissen Sie, und Ihre schnelle Abreise schien das Benehmen zu rechtfertigen,“ fügte der Wirt mit einer Spitzfindigkeit hinzu, die d'Artagnan nicht entging. „Dieser Edelmann, Ihr Freund, wehrte sich wie ein Verzweifelter. Sein Diener, der zum Unglück Streit suchte mit den Leuten von der Behörde, die als Stalljungen bekleidet waren...“

„Ha, Schurke, Ihr waret folglich einverstanden, und ich weiß nicht, warum ich Euch nicht alle in die Pfanne haue!“

„O nein, gnädigster Herr, wie Sie hören werden, waren wir nicht alle einverstanden. Ihr Herr Freund, verzeihen Sie, daß ich ihm nicht den ehrenhaften Namen gebe, den er zweifelsohne trägt, doch wir wissen diesen Namen nicht, Ihr Herr Freund zog sich, nachdem er mit seinen Pistolenschüssen zwei Männer kampfunfähig gemacht hatte, fechtend zurück und wehrte sich mit seinem Degen, wobei er einen meiner Leute verstümmelte und mich durch einen Schlag mit der flachen Klinge betäubte.“

„Doch, Henker! kommst du bald zu Ende?“ rief d'Artagnan. „Athos– was ist mit Athos geschehen?“

„Wie gesagt, zog er sich fechtend zurück, gnädiger Herr, und als er hinter sich die Tür der Kellertreppe offen sah, so sprang er hinein. Als er nun im Keller war, zog er den Schlüssel ab und verrammelte sich von innen. Bei der Sicherheit, ihn hier wiederzufinden, ließ man ihn frei.“

„Ja,“ versetzte d'Artagnan, „man legte es nicht darauf an, ihn zu töten, man suchte bloß, ihn einzusperren.“

„Gerechter Gott, ihn einzusperren, gnädigster Herr, er hat sich selbst eingesperrt, das kann ich beschwören. Er hat sich zuvörderst tüchtig angestrengt: Ein Mann lag tot am Platze, zwei andere waren schwer verwundet. Der Tote und die zwei Verwundeten wurden von ihren Kameraden weggeschafft, und ich hörte weder von dem einen noch von dem andern seither etwas. Als ich selbst wieder zur Besinnung kam, ging ich zu dem Herrn Gouverneur und erzählte ihm alles, was vorgefallen war; ich fragte ihn, was ich mit dem Gefangenen tun soll; allein der Gouverneur sah aus, als wäre er aus den Wolken gefallen, indem er sagte, daß er gar nicht verstehe, was ich da spreche, die Befehle, welche ich erhielt, wären nicht von ihm ausgegangen, und würde ich unklugerweise gegen jemanden äußern, er hätte den mindesten Anteil an diesem leidigen Streite, so würde er mich aufhängen lassen. Es scheint, gnädiger Herr, daß ich mich irrte, daß ich den einen für den andern hielt, und daß derjenige gerettet war, der hätte festgenommen werden sollen.“

„Aber Athos?“ rief d'Artagnan, der sich noch mehr ärgerte, daß die Behörde die Sache von sich ablehnte, „was ist aus Athos geworden?“

„Da ich mein Unrecht gegen den Gefangenen so schnell wie möglich wieder gutmachen wollte,“ fuhr der Wirt fort, „so eilte ich zu dem Keller, um ihn freizulassen. Ach, gnädiger Herr, das war kein Mensch mehr, das war ein Teufel! Auf meinen Antrag der Freilassung erklärte er, das sei nur eine Schlinge, die man ihm legen wolle, und ehe er hervorginge, würde er Bedingnisse machen. Ich entgegnete ihm ganz demutvoll, denn ich verhehlte mir die schlimme Lage nicht, in die ich mich dadurch versetzte, daß ich Hand an einen Musketier Seiner Majestät legte, ich wäre bereit, mich seinen Bedingnissen zu unterwerfen. ›Für's erste‹, rief er, ›will ich, daß man mir meinen Bedienten ganz bewaffnet zurückgebe.‹ Man suchte diesem Befehl in Eile nachzukommen, denn Sie begreifen wohl, gnädigster Herr, wie sehr uns daran lag, alles zu tun, was Ihr Freund begehrte. Herr Grimaud, dieser nannte seinen Namen, obwohl er sonst nicht viel redet, Herr Grimaud wurde nun, obgleich verwundet, in den Keller hinabgelassen. Als dieser bei seinem Herrn war, verrammelte er gleichfalls die Tür und gebot uns, in unserer Stube zu bleiben.“

„Doch sagt einmal,“ rief d'Artagnan, „wo ist– wo ist denn Athos?“

„Im Keller, gnädiger Herr!“

„Wie, Unglückseliger, Ihr versperrt ihn seit dieser Zeit im Keller?“

„Guter Himmel! nein, gnädiger Herr, wir sollen ihn im Keller versperren?!“

„Sie wissen also nicht, was er im Keller getan hat?“

„O, wenn Sie ihn herausbringen könnten, ich würde Ihnen mein Leben lang dankbar sein, ich würde Sie anbeten.“

„Also ist er dort– und ich kann ihn finden?“

„Gewiß, gnädiger Herr, er besteht darauf, im Keller zu bleiben. Man reicht ihm täglich am Ende einer Gabel Brot und Fleisch, wenn er es fordert, aber ach, sein größter Verbrauch ist nicht Brot und Fleisch. Ich versuchte es einmal, mit zweien meiner Burschen hinabzugehen, allein er geriet in eine entsetzliche Wut. Ich hörte das Geräusch, mit dem er seine Pistolen und die Muskete seines Bedienten lud. Wie wir nun fragten, was ihre Absicht wäre, so erwiderte er, daß er mit seinem Lakai noch vierzig Schüsse machen könne, und sie würden sie eher abbrennen, als sie einen von uns in den Keller treten ließen. Somit beklagte ich mich bei dem Gouverneur, allein dieser gab zur Antwort: es geschehe mir bloß, was ich verdiene, und dadurch würde ich belehrt, künftig ehrenhafte Leute, die bei mir einkehren, nicht mehr zu beleidigen.“

„Nun, und seitdem?“ fragte d'Artagnan, der nicht umhin konnte über die klägliche Miene des Gastwirtes zu lachen.

„Nun, seitdem führen wir das traurigste Leben, gnädigster Herr, denn Sie müssen wissen, daß ich alle meine Vorräte im Keller verwahre, den Wein in Flaschen und in Fässern, das Bier, das Öl, die Liköre, den Speck und die Würste. Und da wir nicht hinabgehen dürfen, so sind wir gezwungen, den Reisenden, die bei uns einsprechen, Speise und Trank zu verweigern, wonach unser Gasthof von Tag zu Tag mehr abnimmt. Verbleibt Ihr Freund noch eine Woche im Keller, so bin ich zu Grunde gerichtet.“

„Und das ist ganz billig, Schelm! Habt Ihr es uns denn nicht im Gesicht angesehen, daß wir Personen von Stand und nicht Falschmünzer seien?“

„Ja, gnädiger Herr, ja. Sie haben recht,“ entgegnete der Wirt. „Doch hören, ja, hören Sie nur, wie er tobt.“

„Man wird ihn zweifelsohne gestört haben,“ sagte d'Artagnan.

„Aber man muß ihn doch stören,“ versetzte der Wirt, „da eben zwei englische Edelleute ankamen.“

„Nun?“

„Nun, wie Sie wissen, so lieben die Engländer den guten Wein, und diese hier haben vom besten verlangt. Meine Frau wird wohl Herrn Athos gebeten haben, in den Keller gehen zu dürfen, um diesen Herren zu willfahren, und er wird sich, wie gewöhnlich, dagegen gesträubt haben. Ach, guter Gott, das Getöse nimmt noch zu.“ D'Artagnan vernahm in der Tat in der Richtung gegen den Keller einen großen Lärm. Er stand auf. Der Wirt ging, die Hände ringend, ihm voraus, und Planchet folgte mit der geladenen Büchse nach, und so trat er zu dem Orte jenes Auftritts.

Die zwei Edelleute waren in peinlicher Aufregung; sie machten einen langen Ritt und verschmachteten schier vor Hunger und Durst.

„Das ist doch eine Tyrannei!“ riefen sie gut französisch, obwohl mit einem fremden Akzent, „daß dieser Erznarr die guten Leute nicht zu ihrem Weine lassen will. Auf, stoßen wir die Tür ein, und macht er es zu toll, so schlagen wir ihn tot.“

„Ganz gut, meine Herren,“ sprach d'Artagnan, und nahm seine Pistolen aus dem Gürtel, „Ihr werdet Wohl niemanden totschlagen.“

„Gut, gut!“ rief hinter der Tür Athos mit ruhiger Stimme, „man lasse die Kleinkinderfresser nur ein bißchen eintreten, wir wollen sehen.“ Wie wacker auch die zwei vornehmen Engländer zu sein schienen, so blickten sie sich doch zaudernd an; man hätte glauben mögen, im Keller sei einer der hungrigsten Werwölfe oder einer der riesigen Helden der Volkssage, in deren Höhlen niemand ungestraft eindringen kann. Es trat ein kurzes Stillschweigen ein, doch schämten sich endlich die zwei Engländer des Zauderns, und der Streitsüchtigste von ihnen stieg die fünf oder sechs Stufen hinab und stieß so ungestüm an die Tür, als müßte er eine Mauer durchbrechen.

„Planchet!“ rief d'Artagnan und spannte die Pistolen, „ich nehme den unteren, du nimm den oberen über dich. Ha, meine Herren! Ihr wollet eine Schlacht, gut, die soll Euch geliefert werden.“

„Mein Gott!“ rief Athos mit dumpfer Stimme, „wie mir dünkt, so höre ich d'Artagnan.“

„Mein Freund!“ schrie d'Artagnan, „ich bin es in der Tat.“

„O, so ist's recht,“ versetzte Athos, „wir wollen uns über diese Torbrecher hermachen.“ Die Engländer nahmen den Degen zur Hand, doch befanden sie sich zwischen zwei Feuern; sie zauderten noch ein Weilchen, allein der Stolz gewann, wie das erstemal, die Oberhand, und ein zweiter Fußtritt erschütterte die ganze Tür.

„Rüste dich, d'Artagnan, rüste dich!“ schrie Athos, „ich werde schießen.“

„Meine Herren!“ rief d'Artagnan, den die Besonnenheit nie verließ, „bedenken Sie wohl, meine Herren.– Und du, Athos, Geduld. Sie lassen sich da in eine böse Geschichte ein und werden schlecht davonkommen. Ich und mein Bedienter feuern dreimal, ebensooft wird man aus dem Keller schießen; dann haben wir noch unsere Degen, die ich und mein Freund recht gut zu handhaben verstehen, dessen kann ich Sie versichern. Lassen Sie mich also Ihre und meine Angelegenheit abtun; Sie sollen sogleich zu trinken bekommen, darauf gebe ich Ihnen mein Wort.“

„Wenn noch etwas übrig ist,“ murmelte Athos mit höhnischer Stimme. Der Wirt fühlte, wie ihm ein kalter Schweiß über den Nacken lief.

„Wie,“ stammelte er, „wenn noch etwas übrig ist?“

„Zum Teufel, es wird doch noch etwas übrig sein; beruhigen Sie sich,“ sagte d'Artagnan, „die beiden werden doch nicht den ganzen Keller ausgetrunken haben. Meine Herren, stecken Sie die Klingen in die Scheide.“

„Gut, doch stecken Sie auch Ihre Pistolen in den Gürtel.“

„Recht gern.“ D'Artagnan gab das Beispiel, dann wandte er sich zu Planchet und bedeutete ihm durch einen Wink, daß er seine Büchse absetze. Sonach steckten die Engländer murrend ihre Degen in die Scheide. Man erzählte ihnen die Geschichte von Athos' Einsperrung, und da sie gute Edelleute waren, gaben sie dem Wirt unrecht. „Nun gehen Sie hinauf in Ihre Zimmer, meine Herren,“ sagte d'Artagnan, „und ich bürge Ihnen, nach Verlauf von zehn Minuten wird Ihnen gebracht, was Sie verlangen.“ Die Engländer verneigten sich und gingen. „Jetzt, lieber Athos, da wir allein sind, macht die Tür auf, ich bitte Euch.“

„Auf der Stelle,“ entgegnete Athos. Man vernahm nun ein Geräusch von aufgeschichteten Reisbündeln und knarrenden Balken. Das waren die Gegenminen und Wälle des Athos, die jetzt der Belagerte selber wegräumte. Einen Augenblick darauf knarrte die Tür und man sah den bloßen Kopf des Athos erscheinen, der rings alles mit den Augen umspähte. D'Artagnan warf sich an seinen Hals und umarmte ihn zärtlich; dann wollte er ihn hervorziehen aus seiner feuchten Bewohnung, merkte aber jetzt, daß sein Freund strauchle.

„Seid Ihr verwundet?“ fragte er. „Ich? ganz und gar nicht; ich bin nur stark berauscht, das ist alles, und um es zu werden, habe ich den besten Weg von der Welt eingeschlagen. Fürwahr, Herr Wirt, ich für meinen Teil muß wenigstens hundertundfünfzig Flaschen geleert haben.“

„Barmherzigkeit!ächzte der Wirt, „hat der Diener nur halb soviel getrunken, so bin ich ein geschlagener Mann.“

„Grimaud ist ein Lakai aus gutem Hause, der es sich nicht erlaubt hätte, so zu tafeln wie ich; er hat bloß aus dem Faß getrunken– doch halt, ich glaube, er vergaß darauf, den Zapfen wieder vorzustecken. Hört Ihr nicht? Es rinnt.“ D'Artagnan erhob ein lautes Gelächter, das den Schauder des Wirtes in ein hitziges Fieber verwandelte.

Iu diesem Moment erschien auch Grimaud hinter seinem Herrn, die Büchse auf der Schulter, mit dem Kopfe wackelnd wie berauschte Satire auf den Bildern von Rubens. Er war vorn und hinten mit einer fetten Flüssigkeit benetzt, an welcher der Wirt sein bestes Olivenöl erkannte. Der Zug bewegte sich durch den großen Saal und begab sich in das schönste Zimmer, das d'Artagnan in seiner Herrlichkeit eingenommen hatte.

Mittlerweile stürzten der Wirt und seine Gemahlin mit Lampen in den Keller, der ihnen so lange versperrt war, doch hier erwartete sie ein schreckliches Schauspiel. Hinter den Verschanzungen, die aus Reisbündeln, Brettern, Balken und leeren Fässern bestanden, die Athos nach allen Regeln der Fortifikation ausgerichtet hatte, die er aber dann durchbrach, um herausgehen zu können, sah man hier und da in Teichen von Wein und Öl die Überreste von verspeisten Schinken schwimmen, indes sich ein Haufen von zerbrochenen Flaschen im linken Kellerwinkel auftürmte, und ein Faß, dessen Pipe offengeblieben war, durch diese Öffnung die letzten Tropfen seines Blutes vergoß. Das Bild der Verwüstung und des Todes herrschte hier, wie ein alter Dichter sagt, gleichwie auf einem Schlachtfeld. Von fünfzig Würsten, die an den Stangen hingen, waren kaum mehr zehn übrig. Nun erschallte das Wehgeheul des Wirtes und der Wirtin durch das Kellergewölbe. D'Artagnan selbst ward von ihrem lauten Jammer gerührt, während Athos nicht einmal den Kopf umwandte. Aber auf das Leid folgte die Wut. Der Wirt bewaffnete sich mit einem Bratspieß und stürzte sich in das Zimmer, in das sich die zwei Freunde zurückgezogen hatten.

„Wein!“ rief Athos, als er den Wirt sah.

„Wein!“ versetzte der Wirt voll Erstaunen. „Wein! Sie haben mehr getrunken als für hundert Pistolen; ich bin geschlagen, verloren, zu Grunde gerichtet!“

„Bah,“ sagte Athos, „unser Durst blieb sich immer gleich.“

„Wären Sie doch nur mit dem Trinken allein zufrieden gewesen, Sie haben aber auch alle Flaschen zerschlagen.“

„Nun, Ihr habt mich auf einen Haufen hingedrängt, der zu rollen anfing. Das ist Eure Schuld.“

„All mein Öl ging zu Grunde.“

„Öl ist ein Hauptbalsam für die Wunden, und der arme Grimaud mußte sich doch die Wunden, die Ihr ihm geschlagen habt, ein bißchen einreiben.“

„Alle meine Würste sind aufgezehrt.“

„Es gibt ungemein viel Ratten in diesem Keller.“

„Sie werden mir alles das bezahlen!“ rief der Wirt höchst erbittert.

„Dreifacher Schuft!“ schrie Athos und stand auf. Er fiel aber alsogleich wieder zurück und zeigte damit das Maß seiner Kräfte. D'Artagnan schwang seine Reitgerte und kam ihm zu Hilfe. Der Wirt trat zurück und brach in Tränen aus.

„Daraus werdet Ihr lernen,“ sagte d'Artagnan, „die Gäste artiger zu behandeln, die Euch der Himmel schicken wird.“

„Der Himmel? – sagen Sie lieber: der Teufel!“

„Lieber Freund!“ versetzte d'Artagnan, „wenn Ihr noch länger unsere Ohren quält, so sperren wir uns alle vier in Euren Keller und werden sehen, ob der Schaden wirklich so groß ist, wie Ihr angebt.“

„Nun ja, meine Herren,“ sprach der Wirt, „ich bekenne, daß ich unrecht habe, doch Gnade für jede Sünde; Sie sind vornehme Herren, ich ein armer Gastwirt, haben Sie Mitleid mit mir.“

„Ha, wenn du so sprichst,“ erwiderte Athos, „so zerreißest du mir das Herz und meinen Augen entströmen die Tränen, wie deinen Fässern der Wein entströmte. Man ist nicht so sehr ein Teufel, wie man aussieht. Komm, laß uns mitsammen plaudern.“ Der Wirt trat ängstlich näher. „Komm, sage ich,“ rief Athos, „und fürchte dich nicht. In dem Augenblick, wo ich dich bezahlen wollte, legte ich meine Börse auf den Tisch.“

„Ja, gnädiger Herr!“

„Diese Börse enthielt sechzig Pistolen, wo ist sie?“

„Gnädiger Herr, sie ist in der Gerichtsstube deponiert; man sagte, daß es falsche Münze wäre.“

„Nun laß dir meine Börse zurückstellen und behalte die sechzig Pistolen.“

„Doch, gnädiger Herr, die Gerichtsstube wird nichts mehr zurückgeben; ja, wenn es wirklich falsches Geld wäre, könnte man noch hoffen, aber leider sind es gute Goldmünzen.“

„Das mach du mit der Gerichtsstube ab, braver Mann, darum kümmere ich mich nicht mehr, um so weniger, als mir kein Livre mehr bleibt.“

„Sagt,“ fragte d'Artagnan, „wo ist das alte Pferd des Athos?“

„Im Stalle.“

„Was ist es wert?“

„Höchstens fünfzig Pistolen.“

„Es ist achtzig wert, nimm es, und so ist alles in Richtigkeit.“

„Wie doch, du verkaufst mein Pferd,“ rief Athos, „du verkaufst meinen Bajazet? worauf soll ich den Feldzug machen, auf Grimaud?“

„Ich brachte dir ein anderes Pferd,“ entgegnete d'Artagnan.

„Und zwar ein prachtvolles!“ rief der Wirt.

„Nun, wenn ich ein schöneres und jüngeres bekomme, so nimm das alte und bringe zu trinken.“

„Von welchem?“ fragte der Wirt ganz erheitert.

„Von jenem, der hinten auf den Latten liegt; es sind noch fünfundzwanzig Flaschen davon vorhanden; die andern habe ich bei meinem Fall zerschlagen. Schnell!“

„Das ist doch ein Teufelsmensch!“ murmelte der Wirt in den Bart, „wenn er noch vierzehn Tage hierbleibt und alles bezahlt, was er trinkt, so bin ich wieder aufgerichtet.“

„Und vergiß nicht,“ rief ihm d'Artagnan nach, „vier Bouteillen von demselben auch den zwei Engländern zu bringen.“

„Nun, lieber Freund,“ sagte Athos, „erzähle mir, während er den Wein holt, was aus den übrigen geworden ist. Rede.“

D'Artagnan erzählte ihm, wie er Porthos mit einer Verrenkung im Bett und Aramis an einem Tisch mit zwei Theologen angetroffen habe. Als er mit seiner Mitteilung zu Ende war, erschien der Wirt mit den verlangten Flaschen und einem Schinken, der glücklicherweise außerhalb des Kellers gewesen war. „Es ist gut,“ sagte Athos, indem er sein und d'Artagnans Glas anfüllte, „soviel von Porthos und Aramis; doch Ihr, mein Freund, was ist Euch selber zugestoßen?' Ich finde Euch so düster.“

„Ach,“ seufzte d'Artagnan, „ich bin wohl der Unglückseligste aller Sterblichen.“

„Du unglücklich, d'Artagnan?“ rief Athos, „rede doch, laß hören, wie du unglücklich sein kannst?“

„Später,“ entgegnete d'Artagnan.

„Später, warum denn später? weil du glaubst, daß ich berauscht bin, d'Artagnan? Sei überzeugt, ich denke niemals heller, als wenn ich im Wein schwimme. Rede also, ich bin ganz Ohr.“ D'Artagnan erzählte sein Abenteuer mit Madame Bonacieux. Athos hörte ihm gelassen zu, und als jener zu Ende war, rief der Musketier: „Das sind Erbärmlichkeiten, nichts als Erbärmlichkeiten!“ Das war Athos' Sprichwort:

„Ihr redet nur immer von Erbärmlichkeiten, lieber Athos,“ erwiderte d'Artagnan, „das steht Euch übel, der Ihr niemals geliebt habt.“ Das tote Auge des Athos flammte plötzlich auf, doch war es nur ein Blitz; es wurde wieder matt und düster wie zuvor.

„Es ist wahr,“ sprach er gelassen, „ich habe niemals geliebt.“

„Also seht Ihr wohl ein, Marmorherz,“ sagte d'Artagnan, „daß Ihr unrecht habt, wenn Ihr hart gegen uns seid, die wir ein zartes Herz besitzen.“

„Zarte Herzen sind durchlöcherte Herzen,“ murmelte Athos.

„Was sprecht Ihr da?“

„Ich sage, die Liebe ist eine Lotterie, wo der Gewinnende den Tod gewinnt. Glaubt mir, lieber d'Artagnan! Ihr seid recht glücklich, wenn Ihr verloren habt. Ich rate Euch, verliert immerhin.“

„Es schien doch, daß sie mich so innig liebte.“

„Es schien so?“

„O, sie hat mich geliebt.“

„Kind, es gibt keinen Menschen, der sich nicht von seiner Schönen geliebt glaubte und der nicht von ihr getäuscht worden wäre.“

„Ausgenommen Euch, Athos, der Ihr nie geliebt habt.“

„Es ist wahr,“ versetzte Athos nach kurzem Stillschweigen, „ich habe nie geliebt.– Doch laß uns trinken.“

„Aber da Ihr Philosoph seid,“ sagte d'Artagnan, „so belehrt mich und helft mir, ich brauche Eure Weisheit und Euren Trost.“

„Weshalb Trost?“

„Für mein Unglück.“

„Euer Unglück bringt mich zum Lachen,“ entgegnete Athos, die Achseln zuckend; „ich möchte wissen, was Ihr sagtet, wenn ich Euch eine Liebesgeschichte mitteilte.“

„Die Euch begegnet ist?“

„Oder einem meiner Freunde, das ist gleichviel.“

„Sprecht Athos, sprecht.“

„Wir wollen trinken, das wird besser sein.“

„Trinkt und erzählet.“

„Nun, das kann auch sein,“ versetzte Athos, indem er sein Glas leerte und wieder anfüllte; „beides paßt ganz gut zusammen.“

„Ich höre,“ sagte d'Artagnan. Athos sammelte sich, doch je mehr er sich sammelte, desto blässer sah ihn d'Artagnan werden: er kam in die Krisis der Trunkenheit, wo gewöhnlich die Trinker umsinken und einschlummern. Er träumte ganz laut, ohne zu schlafen, und dieser Somnambulismus von Trunkenheit hatte etwas Schreckenvolles.

„Ihr wollt es durchaus?“ fragte er.

„Ich bitte Euch,“ erwiderte d'Artagnan.

„So soll denn Euer Wunsch geschehen. Einer meiner Freunde– hört mich Wohl, einer meiner Freunde, nicht ich,“ sagte Athos, sich mit düsterem Lachen unterbrechend, „einer von den Grafen aus meiner Provinz, nämlich von Berry, und edel wie ein Dandolo oder Montmorency, verliebte sich, fünfundzwanzig Jahre alt, in ein sechzehnjähriges Mädchen, das reizend war wie eine Venus. Durch die Natürlichkeit ihrer Jugend schimmerte ein glühender Geist, kein weiblicher, sondern poetischer Geist, sie gefiel nicht, sie machte trunken. Sie lebte in einem kleinen Flecken bei ihrem Bruder, der Pfarrer war. Beide kamen in diese Landschaft, ohne daß man wußte woher, doch wenn man sah, wie schön sie und wie fromm ihr Bruder war, so dachte man gar nicht daran, zu fragen, woher sie kamen. Außerdem hieß es, sie stammten aus einem guten Hause. Mein Freund, der Gutsherr war, hätte sie nach Belieben verführen oder gewaltsam fortschleppen können, denn er war der Gebieter; und wer hätte zwei Fremden, zwei Unbekannten Hilfe geleistet? Unglücklicherweise war er ein ehrbarer Mann und heiratete sie. Der Narr, der Schwachkopf, der Esel!“

„Warum das, wenn er sie liebte?“ fragte d'Artagnan.

„Wartet nur,“ sagte Athos. „Er führte sie in sein Schloß und erhob sie zur ersten Dame der Provinz, und man muß ihr Recht widerfahren lassen, sie behauptete sich vollkommen in ihrem Rang.“

„Nun?“ fragte d'Artagnan.

„Nun,“ fuhr Athos mit gedämpfter Stimme und schneller fort, „als sie eines Tages mit ihm auf der Jagd war, stürzte sie ohnmächtig vom Pferde; der Graf eilte ihr zu Hilfe, und als sie in ihren Kleidern fast erstickte, so schlitzte er diese mit seinem Weidmesser auf und entblößte ihre Schulter. Erratet, d'Artagnan, was sie auf ihrer Schulter hatte?“

„Kann ich das wissen?“ fragte d'Artagnan.

„Eine Lilie,“ versetzte Athos, „sie war gebrandmarkt.“ Und Athos leerte mit einem Zuge das Glas, das er in der Hand hielt.

„Es ist schrecklich, was Ihr da erzählt,“ entgegnete d'Artagnan.

„In der Tat, mein Lieber, der Engel war ein Dämon, das arme Mädchen hatte gestohlen.“

„Und was tat der Graf?“

„Der Graf war ein vornehmer Herr, er hatte in seinem Gebiet die hohe und die niedere Gerichtsbarkeit; er zerriß vollends die Kleider der Gräfin, band ihr die Hände auf den Rücken und hing sie an einem Baum auf.“

„Himmel, Athos, das ist ein Mord!“ rief d'Artagnan.

„Ja, ein Mord, weiter nichts,“ erwiderte Athos, blaß wie der Tod, „doch mir scheint, daß uns der Wein ausgeht.“ Er griff nach dem Halse der letzten noch übrigen Flasche, hielt sie an den Mund und leerte sie, als wäre sie nur ein Glas, mit einem Zuge. Dann senkte er den Kopf in seine beiden Hände, während d'Artagnan stumm vor Schrecken blieb. „Das hat mich von allen Frauen geheilt, von den schönen, von den poetischen und von den verliebten,“ sagte Athos, der sich wieder erhob, ohne daran zu denken, die Geschichte des Grafen fortzusetzen. „Gott möge Euch ebensoviel bescheren. Lasset uns trinken.“

„Ist sie also tot?“ stammelte d'Artagnan.

„Potz Wetter!“ rief Athos. „Doch reicht mir Euer Glas... Schinken, elender Wirt!“ schrie er, „wir können nicht mehr trinken.“

„Allein ihr Bruder?“ fragte d'Artagnan schüchtern.

„Ihr Bruder?“ sprach Athos.

„Ja, der Priester.“

„Hm, ich wollte ihn gleichfalls henken lassen, doch war er mir zuvorgekommen und hatte tags vorher sein Pfarrhaus verlassen.“

„Wußte man, wer der Arme war?“

„Er war der Mitschuldige der Schönen und wird hoffentlich seine Strafe erhalten haben.“

„O, mein Gott!“ rief d'Artagnan ganz betäubt vor Schrecken.

„Esset doch von diesem Schinken, d'Artagnan, er ist köstlich,“ sprach Athos und legte ihm eine Schnitte auf den Teller.

„Ach, daß nicht einmal vier solche im Keller waren, ich hätte fünfzig Flaschen mehr getrunken.“ D'Artagnan konnte dieses Gespräch nicht länger aushalten, es hätte ihm den Kopf verrückt; er ließ den Kopf auf seine Hände niedersinken und tat, als ob er einschlummerte. „Die jungen Leute verstehen nicht mehr zu trinken,“ murmelte Athos und blickte ihn mitleidsvoll an, „und doch ist dieser junge Mann hier noch einer von den wackersten.“


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die drei Musketiere