Richtigstellung. II. Dr. Ernst Müller-Meiningen, (1866-1944)

Abg. Dr. Müller-Meiningen, von dem Lewin einen Satz aus einer vor 12 Jahren gehaltenen Rede zitiert, erklärt demgegenüber: Die Ententeschriftsteller sind Meister in der Kunst, alles zu verdrehen und zugunsten ihrer Auftraggeber zu benützen. Ihnen muss alles zum Besten dienen!

Es ist möglich, dass ich einmal einen ähnlichen Satz auf Grund einer konkreten Behauptung ausgesprochen habe. Das Zitat ist jetzt in der Broschüre der Entente jedenfalls völlig aus dem Zusammenhang gerissen und verallgemeinert. Diese Fälschung zeigt aber zugleich jedem halbwegs objektiven Beurteiler, wie scharf wir deutschen Parlamentarier in der Vergangenheit stets kolonialen Übeltätern auf die Finger klopften. Rücksichtslos haben wir jeden Sünder verurteilt, und nicht eher geruht, bis Sühne für ein Vergehen folgte. Haben die englischen Cant-Fabrikanten ebenso gehandelt?


Ihre Sünden in Ägypten, Südafrika, Indien, Südamerika, von Irland ganz abgesehen, haben zum Himmel gerochen: aber mit scheinheiligem Augenverdrehen blicken sie, die wahren Pharisäer, die alle Scheußlichkeiten des Krieges der schwarzen Rasse gegen die Weißen durch den Bruch der Kongoakte, durch den größten Frevel einer zivilisierten Nation im Jahre 1914 herbeigeführt haben, auf die deutsche Kolonialvergangenheit, der soeben erst einer der besten Kolonialkenner, Sir Harris Johnston, ein glänzendes Zeugnis ausgestellt hat. Wo bleibt denn die englische Entrüstung über die belgischen Kongogräuel, dieses vieljährige Steckenpferd englischer Selbstgenügsamkeit und überlegener Kultur? Wo die Entrüstung gegenüber serbischer und über französische Grausamkeit?

Man staunt nur immer von neuem über das geradezu unbegreifliche Maß naiver Gläubigkeit gegenüber dem englischen Weltschwindeltum. Jedenfalls erhebe ich gegenüber dem schändlichen verallgemeinernden Missbrauch meiner schon viele Jahre zurückliegenden gelegentlichen konkreten Bemerkung schärfsten Protest, Unsere Kolonialarbeit kann sich kulturell vor der ganzen Welt sehen lassen. Wir kämpfen um die Zurückerstattung und den Ausbau unseres kolonialen Reichs als um eines der großen Ziele dieses Weltringens und werden nicht erlahmen, bis wir das Recht auf freie Entwicklung, auf Rohstoff und Absatz in der Welt uns erkämpft haben; das ist die Anschauung der erdrückenden Mehrheit des deutschen Volkes ohne Unterschied der politischen Parteistellung, das mögen sich die Herren Balfour und Genossen merken.

München, 28. 8. 1918.
Dr. Ernst Müller-Meiningen,
Mitglied des Reichstags.