Zweite Fortsetzung

Unter den einzelnen Zweigen der Kolonialwirtschaft steht die landwirtschaftliche Produktion obenan, namentlich wenn man nicht bloß an die Ausfuhrproduktion denkt, bei welcher ja die Diamanten an erster Stelle stehen. Bei den Eingeborenen-Kulturen ist außer ihrer großen Bedeutung für die Ausfuhr stets der eigene Verbrauch für die Eingeborenen zu berücksichtigen. Durch die Versorgung der Eisenbahnarbeiter mit Lebensmitteln haben die Eingeborenen Kulturen noch einen besonderen Anreiz erfahren. Im Einzelnen ist das gleichmäßiger gewordene gute Ergebnis der Baumwollernte der Eingeborenen in Deutsch-Ostafrika darauf zurückzuführen, dass die für den Baumwollbau in Eingeborenen-Kultur geeigneten Gegenden mehr und mehr erkannt worden sind. Die Viehhaltung der Eingeborenen in Deutsch-Ostafrika ist durch die Rinderpest an einzelnen Orten geschädigt worden, In Kamerun bedeutet die Ausdehnung der Eingeborenen-Kulturen von Kakao, Ölpalmen usw. namentlich im Süden eine wichtige Aufgabe der Verwaltung. In Togo ist die Maiskultur durch trockene Witterung sehr geschädigt worden, die Ausfuhr von Baumwolle und Kautschuk hat sich aber gesteigert. In der Südsee kam der hohe Koprapreis den Eingeborenen sehr zustatten. Die Plantagenwirtschaft hat sich im allgemeinen einer guten Konjunktur erfreut. Auch die Kautschukplantagen in Deutsch-Ostafrika dehnten sich noch erheblich aus. In Sisalhanf gab es eine gute Ernte. Die Produktion von Kaffee nahm zu. Die Plantagenwirtschaft Kameruns ist im Fortschreiten; für einen neuen Zweig, die Bananenpflanzung, sind durch ein Exportunternehmen günstige Aussichten geschaffen worden. In Togo haben sich die bestehenden Pflanzungen vergrößert und neue sind dazu gekommen. Beträchtlich ist die Zunahme des Plantagenlandes in Deutsch-Neuguinea, von dem auch immer größere Teile in das Stadium der Ertragsfähigkeit kommen. Zu begrüßen ist der zunehmende Anbau von anderen Produkten wie Kautschuk, Kakao, neben den Kokospalmen. Die südwestafrikanische Farmwirtschaft hat sich günstig weiterentwickelt. Der wichtigste Teil der Farmwirtschalt, die Rindviehzucht, ist in vieler Beziehung noch im Versuchsstadium; allgemein anerkannte Methoden werden sich erst bei intensiverem Betrieb herausstellen. Dies gilt auch für die Schafzucht, die im Übrigen ebenso wie die Rindviehzucht gute Fortschritte aufzuweisen hat. Das Gestüt für Pferdezucht und die Versuchsfarm für Straußenzucht haben die besten Erfolge aufzuweisen. Besonders hervorzuheben ist auch, dass die Viehbestände der Eingeborenen sich gut entwickelt und vermehrt haben. Der auf Bewässerung betriebene Ackerbau, einschließlich des aussichtsreichen Tabak- und Obstbaues, hat in den regenarmen Jahren die Vorteile der künstlichen Bewässerung besonders zu schätzen gelehrt. Die Einrichtungen der Verwaltung zur Förderung der Landwirtschaft einschließlich der Viehzucht sind weiter ausgebaut worden und haben eine rege Tätigkeit entfaltet, so in Kamerun, Togo und besonders in Deutsch-Ostafrika, wo diese Anstalten auf 8 erhöht worden sind. Dazu kam hier noch die Bekämpfung der Rinderpest durch ausgedehnte veterinäre Maßnahmen. Auch in Deutsch-Südwestafrika ist mit der Tierseuchenbekämpfung fortgefahren worden und in Deutsch-Neuguinea wurden für den Veterinärdienst die Grundlagen geschaffen. In Samoa wurde das landwirtschaftliche Versuchswesen mit besonderer Berücksichtigung der Pflanzenschädlingsbekämpfung neu eingerichtet, in Deutsch-Neuguinea weiter ausgestaltet.

Die forstwirtschaftlichen Maßnahmen betrafen in der Hauptsache, so namentlich in Deutsch-Ostafrika und Togo, die weitere Schaffung von Waldreservaten und Schutzwäldern. Die Aufforstung wurde in Togo mit dem gleich günstigen Resultat wie bisher weitergeführt. Die guten Ergebnisse der Forstverwaltung in Togo haben auch das Interesse der englischen Kolonialverwaltung erregt, die darüber einen Reisebericht veröffentlicht hat. In Kamerun weist die Holzgewinnung steigende Ziffern auf. Die Jagd wurde in Deutsch-Ostafrika besser geregelt, die Wildschutzreservate wurden ausgedehnt. In Deutsch-Neuguinea wurde der Schutz der Paradiesvögel verschärft. Die Seefischerei ist in Deutsch-Südwestafrika von einem Unternehmen im Großbetriebe aufgenommen worden.


Der Bergbau und der sonstige Abbau von Mineralien, einschließlich der Phosphate, hat ein besonders günstiges Betriebsjahr zu verzeichnen. Obenan steht Deutsch-Südwestafr?ka, wo der Diamantenbau eine sehr bedeutende Steigerung erfuhr. Auch die Kupferproduktion weist eine bedeutende Steigerung auf. Eine rege Prospektierung und Schürftätigkeit für andere Metalle, namentlich Zinn und Edelmetalle, geht nebenher. Die Marmorvorräte erwiesen sich zwar als reichlich, der Abbau leidet aber unter Transportschwierigkeiten. In Deutsch-Ostafrika wurde der Bergbau rege betrieben. Auch die Schürftätigkeit besonders nach Gold seitens südafrikanischer Unternehmer war lebhaft. In der Südsee wiesen die Phosphatunternehmungen in Naura und Angau erhöhte Produktionsziffern auf, während die Goldgewinnung in Deutsch-Neuguinea sich immer noch nicht als ausreichend für einen Großbetrieb darstellt. In Deutsch-Neuguinea ist ein wichtiges Petroleumvorkommen festgestellt worden.

Die industrielle und gewerbliche Tätigkeit entwickelte sich weiter. Besonders hervorzuheben ist die zunehmende Aufbereitung und gewerbliche Verarbeitung der Ölfrüchte in Kamerun.

Der Binnenhandel hat namentlich durch die Versorgung der zahlreichen am Eisenbahnbau beschäftigten Arbeiter mit Nahrungsmitteln in den afrikanischen Schutzgebieten lebhafte Anregung erfahren. Die Marktplätze haben sich, besonders in Deutsch-Ostafrika, stark vermehrt. Der auswärtige Handel der sämtlichen Schutzgebiete (mit Ausnahme von Kiautschou) hat sich von 240 Millionen Mark auf 263 Millionen Mark erhöht, wozu am meisten die Steigerung des Gesamthandels von Deutsch-Ostafrika von 68 Millionen auf 81 Millionen Mark beitrug. Aber auch in allen übrigen Kolonien hat der Gesamthandel zum Teil beträchtlich zugenommen.

Abgesehen von den schon erörterten, dem Verkehr dienenden öffentlichen Bauten sind hervorzuheben der Beginn der Kanalisationsarbeiten und Wasserwerkseinrichtungen in Duala und die Vorarbeiten für ein ähnliches Unternehmen in Lome, Die Hochbautätigkeit sowohl für Wohnhäuser wie für landwirtschaftliche und gewerbliche Gebäude war in allen Schutzgebieten, besonders in Deutsch-Neuguinea, Deutsch-Ostafrika und Deutsch-Südwestafrika, sehr rege.