Vierte Fortsetzung

Nachdem englische Staatsmänner und Kolonialpolitiker seit ungefähr einem Jahre plötzlich entdeckt hatten, dass sich die Deutschen zum Kolonisieren in keiner Weise eignen, dürfte es nicht uninteressant sein, festzustellen, in welch lobender Weise sich noch einige Monate vor dem Kriegsausbruch 1914 hervorragende englische Kolonialleute, wie Lord Milner etc., über deutsche Kolonisationsmethoden ausgesprochen haben; Deutschland wird in mancher Beziehung dem Engländer geradezu als Muster hingestellt. Damit sie folgenden Angaben jederzeit nachgeprüft werden können, wird eine genaue Angabe des Datums, an dem die Aussprüche getan wurden, beigefügt. Veröffentlicht sind die Reden in der englischen Monatsschrift „United Empire“, Heft vom Februar 1914, erste Sitzung des Royal Colonial Instituts vom13. Januar 1914. Viscount Milner als Vorsitzender sagte nach einer Rede des Münchener Professors Bonn:

„Großbritannien hätte eine lange und sehr vielseitige Erfahrung als kolonisierendes Land. Deutschland ist verhältnismäßig ein Neuling auf kolonialem Gebiet und hat sich, nachdem es eingetreten ist, seiner ungewohnten Aufgabe mit charakteristischer Gründlichkeit und Energie unterzogen. Es würde ein großer Fehler sein, zu glauben, dass wir von seiner Erfahrung auf diesem Gebiet nichts zu lernen haben, wie auch Deutschland viel, auf jeden Fall aber etwas, zu lernen hat von unserer langen Geschichte als Kolonialvolk. Stolz wie wir auf unseren alten Ruf in dieser Hinsicht sind, würde derjenige ein sehr oberflächlicher oder unerfahrener Mensch sein, der dächte, wir wissen alles, was über Kolonialpolitik zu wissen ist, oder dass wir uns es leisten können, die Anstrengungen und Erfahrungen anderer Nationen zu missachten, welche denselben Aufgaben, die wir haben, gegenüber gestellt . . .


Wir haben alle Hände voll zu tun, gerade in dieser Hinsicht zu voll, als dass uns Zeit oder Entschuldigung bliebe für Feindseligkeit und Neid. Andererseits ist Raum genug, für ehrbaren Wetteifer, die materiellen Hilfsquellen dieser reichen Länder zu entwickeln und das Prestige der europäischen Zivilisation unter ihren primitiven Völkern aufrecht zu erhalten.“

George Foster, Parlamentsmitglied und Handelsminister von Kanada:

„Wir waren immer geneigt zu glauben, dass das britische Reich und Volk ein bedeutendes Kolonialvolk ist und sicherlich ist sein Ruf ein sehr stolzer und berühmter gewesen, aber die Kraft und Stärke und das System, mit dem Deutschland sich in den letzten Jahren der Arbeit der ausländischen Kolonisation unterzogen hat, ist sehr beachtenswert gewesen. Ich hatte immer schon einen Einblick darin und ich freue mich darüber, feststellen zu können, dass ich von jetzt ab noch einen deutlicheren Begriff davon haben werde.“

Sir Lucas:

„Professor Bonn hat soeben über die deutsche Kolonialpolitik gesprochen. Vergegenwärtigen Sie sich auch, dass das eine Arbeit von nur 30 Jahren ist? Es ist die fabelhafte Leistung eines großen Volkes. Man hat uns gesagt, dass die Deutschen im Nachteil wären, weil sie die Überseearbeit begannen, als der Rest der Welt aufgeteilt war; aber sie sind auch andererseits wieder im Vorteil gewesen; da sie später damit anfingen, haben sie durch die Fehler anderer Leute Vorteile errungen und es gibt nichts Wertvolleres und nichts Erfreulicheres, als die Fehler der Älteren zu studieren, Und als ein wissenschaftliches Volk haben sie sich zu einer Zeit dieser Arbeit unterzogen, als die Macht der Wissenschaft bereits entwickelt war. Die Engländer, Franzosen und Holländer machten Fehler über Fehler vom Zeitalter des Dampfes bis zur Elektrizität, aber die wissenschaftlichste Nation der Welt hat die Arbeit zu einer Zeit aufgenommen, als die wissenschaftlichen Kräfte ihren Höhepunkt zu erreichen besannen. Die Deutschen haben noch einen anderen Vorteil gehabt; sie sind ein Volk, das selbst weiß, was es will und da sie gute Sprachkenner sind, wissen sie auch für gewöhnlich, was andere Leute wollen. Wir sind nicht gute Sprachkenner, geben uns nicht die Mühe, anderer Leute Wesen zu studieren.“

Robert Melville:

„Die Kolonialvölker sollten gemeinsame Bestrebungen haben statt wie jetzt gegeneinander zu arbeiten und zu streiten. Achtung ist der wissenschaftlichen Art und Weise, mit der Deutschland seine Hilfsquellen entwickelt hat, bereits gezollt worden; es war keine Frage, dass Deutschland weiter gewaltige Fortschritte gemacht hätte. Die Arbeitsmengen, die Deutschland im Kolonisieren geleistet hat, gereichen ihm zur Ehre.”

Weiter liest man im Heft Nr. 7, Juli 1913 der genannten Zeitschrift von L. Hamilton über die deutschen Kolonien 1911/12:

„Wo immer der Deutsche sein mag, der Schulmeister ist überall dabei; in Verbindung mit den Missionaren haben die Kolonialregierungen die Erziehung der Eingeborenen zu einer geradezu bewunderungswerten Größe entwickelt. Die Zahl der eingeborenen Schulkinder ist in schnellem Steigen und der Grund hierfür liegt vor Allem in der friedlichen und harmonischen Art und Weise, mit der Verwaltung und Mission sich gegenseitig unterstützt haben. Die Verwaltungsarbeit in den Hinterlandsbezirken ist durch die Hilfe der Missionare wesentlich erleichtert worden, und wir haben das angenehme Bild, dass Regierung, Mission und Schutztruppe ohne jede Friktion in der Verwaltung der Kolonien und in der Erziehung der Eingeborenen Hand in Hand arbeiten.“

Heft 1 vom Januar 1911 enthält einen 11 Seiten langen Artikel über deutsche Kolonialpolitik. In der Einleitung heißt es:

„Deutschland ist, was Erziehung anlangt, in der Welt Führer, wenn man das Wort in der Bedeutung von Kultivierung der intellektuellen Kraft auffasst. Daher ist es auch nicht überraschend, dass ihre Kolonialerziehung eine gute ist. Wir Engländer wissen zu unserem Schaden, dass die Deutschen in den Fällen, in denen sie uns übertroffen haben, es getan haben kraft ihrer besseren Erziehungsmethoden, und wir würden gut tun, diese Lektion zu studieren. Um ein Beispiel zu nennen! „Wenn wir uns fragen, warum und wie ist Deutschland so schnell vorwärts gekommen, sagen wir in der Schiffsbaukunst, so finden wir, dass Institute, wie die Charlottenburger Technische Hochschule, eine viel größere Rolle als 1—2 Dreadnoushts gespielt haben und weiter noch spielen werden, dasselbe gilt vom Hamburger Kolonialinstitut.“ . . .

Es folgten dann eingehende Schilderungen der drei Institute: Orientalisches Seminar, Berlin, Kolonialschule Witzenhausen, Hamburger Kolonialinstitut.

Noch eine beachtenswerte englische Stimme z Schluss aus der Zeit des Weltkrieges. In „The Milestones | of African Civilisation“ Nr. 7. July 1917, United Empire, schreibt Robert Williams:

„Deutschland war vor diesem Kriege weit und breit das einflussreichste Volk in diesem Lande. Die Deutschen waren allen überlegen, und sie werden es nach dem Kriege bleiben, wenn unser Land nicht seine Geschäfts- und Erziehungssysteme reformiert. Warum waren die Deutschen so erfolgreich? Ich glaube aus einem sehr einfachen Grunde, und der ist: dass Deutschland hundert gründlich ausgebildete Geschäftsleute und ausgezeichnete Sprachkenner aussendet gegen einen einzigen von uns, Leute, die Tag und Nacht arbeiten, selten spielen, und die Freude an der Arbeit haben. Die Deutschen arbeiten fast nach militärischen Grundsätzen. Sie erfassen alle strategischen Lagen des Handels und des Finanzwesens.”

So haben Engländer ruhig und sachlich geurteilt. Schämt sich Evans Lewin nicht vor seinen eigenen Landsleuten? Lewin verfolgt ein festes Ziel. Er will Deutschland ausschließen von der Kolonisierung Afrikas, er will eine Alleinherrschaft Englands in Afrika herbe?führen. Gegenüber diesem englischen Machtbestreben habe ich bereits am 22. Februar 1918 im Reichstag ausgeführt:

„Die Kolonialpolitik in Afrika kann deutschen Geist und deutschen Einfluss überhaupt nicht entbehren. Wir haben es bewiesen — ich weise nochmals hin auf unsere ostafrikanische Politik, wo die Geschichte es gezeigt hat —: die restlose Erschließung, Kultivierung und Christianisierung Afrikas konnte ohne Mitwirkung des deutschen Volkes gar nicht herbeigeführt werden. Es sind nicht etwa lediglich engherzige deutsche Gesichtspunkte vom Standpunkt unserer Wirtschaftspolitik aus, die uns zu dieser Forderung bestimmen, sondern es sind große allgemeine Menschheitsideale, die wir vertreten, wenn wir die Forderung erheben, dass bei der Neuaufteilung der afrikanischen Welt auch Deutschland in gebührendem Masse berücksichtigt werden muss.“

Ich befinde mich damit in voller Übereinstimmung mit dem Leiter des Kolonialwesens, Staatssekretär Dr. Soli, welcher am 20. August 1918 in seiner bekannten Rede in der „Deutschen Gesellschaft‘ ausführte: „...Die kurze Geschichte unserer Kolonien zeigt, dass wir weder in Afrika noch in der Südsee aggressive Politik treiben wollten und getrieben haben. Wir erstreben keine Vorherrschaft und kein Übergewicht, wir wollen einen Ausgleich unter den Kolonialstaaten. Wir wünschen eine Regelung der kolonialen Fragen nach dem Grundsatz, dass kolonialer Besitz den wirtschaftlichen Kräften der europäischen Nationen entsprechen soll und ihrer in der Geschichte bewiesenen Würdigkeit, die ihnen anvertrauten farbigen Völker zu beschützen. Die wirtschaftliche Tüchtigkeit allein ist kein genügender Rechtstitel, Kolonisieren heißt Missionieren. Diejenigen Staaten, die nach. diesem Grundsatz vor dem Kriege zu handeln bestrebt waren, die die Menschheit auch in den Farbigen achteten, diese Nationen haben das moralische Recht erworben, Kolonialmacht zu sein. Dieses Recht hatte sich Deutschland vor dem Kriege erworben. Deutschland hat in kurzfristiger, dreißigjähriger Tätigkeit den vollen Befähigungsnachweis dafür erbracht, dass es kolonisatorisch mit Erfolg tätig sein könne. Ich werfe keinen Stein auf ein anderes Volk, aber das darf ich sagen: Es gibt Kolonialvölker, die länger als dreißig Jahre auf diesem Gebiete arbeiten und weniger an Segen für die Eingeborenen und für die Erschließung fremder Gebiete gearbeitet haben als Deutschland. Englands große Erfolge auf kolonialem Gebiete bestreite ich nicht; sie sind weltbekannt. Aber auch der englische Kolonialweg ist mit Blut bespritzt und mit Leichen besät; auch dies ist weltbekannt. Unbestritten steht die Tatsache, dass Deutschland in drei Jahrzehnten in Ostafr?ka mehr Kultur den Eingeborenen gebracht hat als England in drei Jahrhunderten in Indien. Bis heute ist Englands Herrschaftssystem in Indien ein solches brutalster Vergewaltigung. Der in Indien regierende, Vizekönig betitelte Generalgouverneur, oberster militärischer Befehlshaber und höchster Zivilbeamter des Kaiserreichs, ist geradezu absoluter Herr über die indischen Millionen Menschen; er darf nur nicht dem Indischen Amt in London ausdrücklich zuwiderhandeln und keinen Angriffskrieg führen. Die Provinzgouverneure wie die ihm zur Seite stehenden Räte, fast ausnahmslos Engländer, stärken seine diktatorische Gewalt in jeder Richtung. Von den 250 Millionen Indern stehen aber nur eine Viertelmillion auf der Zivilisationsstufe halbgebildeter Engländer, und auf wenige Tausend gar beläuft sich die Zahl derjenigen, die als indische Intelligenz mit europäischer Bildung und von modernem politischen Empfinden angesprochen werden können; diese gehören zudem fast ausschließlich der Kaste der Brahmanen an. Deutsch-Ostafr?ka in seinen Missions- und Eingeborenenschulen umfasste vor dem Krieg einen weit höheren Prozentsatz des Volkes als alle Schulen in Indien. Die san?tären Verhältnisse dieser Jungen deutschen Kolonie sind besser als die englischen Einrichtungen im alten Kulturland Indien mit seiner Pest (Hunger, Beulen) und anderen volksverheerenden Seuchen.