Handelspolitik, Machtkämpfe, Kriege, Blütezeit

Mit dieser kurz zusammengefassten Darstellung des Schicksals der norddeutschen Faktoreien bis in das sechszehnte Jahrhundert ist nun freilich dem Gange der Geschichte vorgegriffen. Denn bereits gegen Ende des vierzehnten Jahrhunderts haben diese von unabhängigen Kaufmannsgesellschaften gegründeten und frei entwickelten Niederlassungen ihre Selbständigkeit eingebüßt, und sind zu Comtoiren des Städtebundes geworden, welcher seitdem vorzugsweise den Namen der deutschen Hansa führt. Mit dem großen Städtebund tritt die Hansa in ihr zweites, glänzenderes Stadium, in ihre europäische Machtstellung.

Schon früh hatten die niederdeutschen Städte, einzeln oder auch mehrere zusammen, für den Schutz und die Begünstigung ihrer Bürger auf den auswärtigen Niederlassungen Sorge getragen. Allein eine wirksame Sicherung dieser Lebensinteressen Deutschlands war, bei dem Mangel einer energischen und mächtigen Reichsgewalt, nur durch engsten Zusammenhalt aller Städte zu erreichen. So traten denn seit dem Beginn des dreizehnten Jahrhunderts die norddeutschen Gemeinden zu immer weiteren Verbänden zusammen. Nicht nur zu Landfriedensbündnissen gegen Landesherren und Adel, oder zu gemeinschaftlicher Verteidigung gegen nahe Bedränger — solche Bündnisse sind zahlreich genug vom dreizehnten bis sechszehnten Jahrhundert in allen Teilen Deutschlands geschlossen worden, und haben meistens nur vorübergehende Erfolge errungen. Sondern sie verbinden sich allmählich zur Wahrung aller gemeinsamen politischen und merkantilen Interessen. Das erste umfassendere Bündnis wird 1241 zwischen Hamburg und Lübeck geschlossen, um den wichtigen Binnenverkehr auf dem Stecknitzkanal zu sichern. Auch sonst treffen diese wichtigsten Handelsstädte der Nord- und Ostsee vielerlei gemeinschaftliche Abkommen über Münze, Seerecht u. dergl. Nicht lange darauf stehen Lübeck, die Deutschen auf Wisby und Riga im Bunde zur Beschirmung des Ostseehandels. Engere Verbände bilden sich zwischen Lübeck und seinen östlichen Nachbarorten, Wismar, Rostock, Stralsund und Greifswald, mit welchen es auch in der Folge getreulich zusammenzuhalten Pflegte, zwischen den westfälischen, den preußischen, den livländischen Städten. Schon 1285 sind Lübeck, Rostock, Wismar, Stralsund, Greifswald, Hamburg, Bremen, Wisby, die livländischen und westfriesischen Städte zu einem Seebunde vereinigt, welcher durch mächtige Flotten von Norwegen den Vergleich zu Calmar erzwingt, und die dort entrissenen Freiheiten erweitert. Schon 1293 wird Braunschweig wegen innerer Unruhen von Lübeck, dessen Nachbarstädten, von Hamburg und Lüneburg aus ihrem Rechte gestoßen. Beim Beginne des vierzehnten Jahrhunderts sind fast sämtliche niederdeutschen See- und Binnenstädte zu einer Tagfahrt in Lübeck versammelt, welches tatsächlich an die Spitze dieses Bundes tritt. Mit seinen Nachbarstädten führt es bald darauf einen vierjährigen, nicht unrühmlichen, wenn auch unglücklichen Krieg gegen den vom Kaiser ihnen zum Landesherrn gesetzten Dänenkönig, und dessen Lehnsträger unter den norddeutschen Fürsten. Weitere Fortschritte des Bundes verhindert einstweilen die Übermacht der Dänen und die steigende Zerrüttung im Reiche. Aber schon um die Mitte des Jahrhunderts ist der Bund aller Städte wieder soweit gekräftigt, dass das widerspenstige Bremen demütig seine Wiederaufnahme erbitten muss, dass er in die Verhältnisse der Faktorei zu Brügge gebieterisch eingreift, und als deutsche Hansa zum ersten Mal unter diesem übertragenen Namen von den flandrischen Städten und Herren anerkannt wird. Seine feste Gestaltung aber gewinnt er in den glorreichen zehnjährigen Kämpfen gegen das verbündete Dänemark und Norwegen — gegen Hakon von Norwegen und den kräftigen, aber gewalttätigen Waldemar Attertag, den Zerstörer Wisbys. Ursprünglich ward dieser Kampf nur von den nächstgelegenen Städten geführt. Aber am 19. November 1367 trat der denkwürdige Städtetag zu Köln zusammen, durch alle niederdeutschen Gemeinden von Holland bis Livland beschickt, und errichtete hier die Kölner Konföderation, welche fortan als die Hauptgrundlage des Bundes galt. Vereint mit den Grafen von Holstein, dem Herzog von Mecklenburg und dem mecklenburgischen König von Schweden, nahmen 56 See- und Binnenstädte an dem großen Kriege für die deutsche Kaufmannswelt Teil, von den übrigen durch Geldbeiträge unterstützt, insbesondere durch den Pfundzoll, welcher zur Bestreitung der Kriegskosten von allen aus- und einlaufenden Schiffen in den hansischen Häfen erhoben wird. Alsbald wurde, trotz der kaiserlichen Acht, die dänische und norwegische Küste verheert, Schonen geplündert, Norwegen zu schnellem Frieden gezwungen; dann Kopenhagen, Helsingör, ganz Dänemark bis auf wenige Orte erobert. Im Jahre 1370 mussten der dänische Reichsrat und der geflüchtete König den Frieden erbitten. Waldemar hatte einst höhnisch die 77 Hansen auf dem Kölner Tage mit 77 Gänsen verglichen — jetzt musste er „allen Städten, die in der deutschen Hansa sind,“ alle früheren Freiheiten, welche bisher nur einzelnen zugestanden hatten, bestätigen und erweitern, gewaltigen Schadenersatz leisten, seine festesten Schlösser und Schonen verpfänden. Ja, der Reichsrat und der König selber musste der Hansa die schmachvolle Zusicherung erteilen, dass in Zukunft Niemand den dänischen Thron besteigen solle, ohne Einwilligung der verbündeten Städte und nach vorgängiger Besiegelung aller ihrer Freiheiten. —


Mit diesem Friedensschluss zu Stralsund beginnt die mehr als hundertjährige Glanzzeit des Bundes. 80 Jahre darauf meinte Aeneas Sylvius, Lübecks Ruhm stehe so hoch, dass auf seinen Wink drei mächtige Reiche des Nordens ihre Herrscher anzunehmen oder zu verstoßen gewohnt seien. Die drei nordischen Kronen waren, wie Gustav Wasa bitter klagte, eine Kramware der Hansen geworden. Der freie Verkehr zwischen Osten und Westen war gesichert; die Faktoreien in Brügge und London, in Nowgorod und auf Schonen sahen die Tage ihrer höchsten Blüte. Die Kolonie auf Bergen hatte den ganzen norwegischen Handel monopolisiert. Noch stand als mächtiger Verbündete der deutsche Orden in Preußen und Livland, und selbst nach dessen Verfall brachte das immer gewaltiger anstrebende Danzig die deutschen Handelsinteressen auf den Meeren, und bis nach Litauen zur Geltung, wo es ein neues hansisches Comtoir in Kowno leitet.

Zwar an mancherlei Wandlungen, an selbst unglücklichen Kriegen Lübecks und seiner Nachbarorte gegen die seit der Calmarischen Union enger verbundenen skandinavischen Reiche hat es keiner Zeit gefehlt. Innere Wirren in den Gemeinden haben vorübergehend den Schwung auch der mächtigsten gelähmt. Aber doch gelang es im siebenjährigen Kriege gegen Dänemark, die vom Kaiser preisgegebene Verbindung Schleswigs mit Holstein zu sichern, und die erworbenen Freiheiten zu behaupten. Vierzig Jahre darauf erzwangen die hansische Flotte und die Heldentaten des Danziger Schiffers Paul Benecke von Eduard IV. den Utrechter Frieden, der die Londoner Faktorei und deren Freiheiten auf lange Zeit gesichert hat. Ja, noch 1523, kurz vor der Wendung der Dinge, wurde durch hansische Seemacht die nordische Union gesprengt, Christian II. von Dänemark, obwohl ein Schwager Kaiser Karls V., entsetzt und gefangen genommen, wurde Friedrich von Holstein auf den erledigten dänischen Thron, Gustav Wasa auf den schwedischen Thron verholfen, größere Vorrechte als je in Schweden erworben.

Unvergänglichen Ruhm aber erwarb sich die Hansa durch die hartnäckige Verfolgung und Austilgung jener furchtbaren Seeräuberscharen, welche seit den dänischen Thronstreitigkeiten zu Ende des vierzehnten Jahrhunderts, ursprünglich von einzelnen Städten hervorgerufen, die Ostsee, bald alle Meere bis zur Enge von Gibraltar unsicher machten — unterstützt von nordischen Großen und von ostfriesischen Häuptlingen. Unter den Streichen des Hamburgischen Scharfrichters fielen die Köpfe der Vitalianer oder Likedeeler, welche mit dem frechen Wahlspruch „Gottes Freund und aller Welt Feind“ Städte zerstört, in Wisby ihren Raubsitz aufgeschlagen, und allen Königen Trotz geboten hatten. —

Seit der Kölner Konföderation zählen zur Hansa fast alle niederdeutschen Städte: von Middelburg und Amsterdam bis Reval und Narwa, von Wisby bis Breslau, selbst die deutsche Gemeinde von Krakau; mehr als 77 volle, stimmberechtigte Mitglieder. Doch hat Zahl und Stellung dieser Mitglieder sehr geschwankt. Lübeck gilt unbestritten als Vorort. Mit ihm bilden seine Nachbarn, die 5 sogenannten Wendischen Städte, nämlich Hamburg, Lüneburg, Wismar, Rostock, Stralsund einen engeren Ausschuss. Auf den zahlreichen Tagfahrten, den Hansetagen, welche meist zu Lübeck gehalten werden, sind die Bundesglieder durch ihre nach Instruktionen stimmenden Bürgermeister und Ratsmänner vertreten. Meist erscheinen jedoch nur wenige, da die großen Entfernungen, die Schwierigkeit und Kostspieligkeit der Reise, auch wohl Mangel an unmittelbarem Interesse, namentlich die kleineren Binnenstädte von reger Beteiligung abhalten. Indessen gilt der Beschluss der Mehrheit unter den Erschienenen auch für die Überstimmten oder Ausgebliebenen als bindend. Die örtlich zusammenliegenden Städte bilden Kreise oder Quartiere des Bundes, unter einer oder mehreren Quartierstädten, die den Verkehr der Kreisstädte mit Lübeck vermitteln, und für die Ausführung der Tagsatzungsbeschlüsse Sorge tragen. An der Spitze dieser Quartiere stehen um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts: Lübeck für das erste, Hamburg für das zweite, Magdeburg und Braunschweig für das dritte, Münster, Nimwegen, Deventer, Wesel und Paderborn für das vierte. Dagegen ein Jahrhundert später Lübeck, Danzig, Köln und Braunschweig. Andere mehrfach verschiedene Abtheilungen bestanden unter den Teilnehmern an den Niederlassungen schon aus älterer Zeit, um den Einfluss der verschiedenen Gegenden Niederdeutschlands an den Angelegenheiten der Faktorei geeignet zu regeln. Die Zwecke des Bundes sind höchst umfassend. Nie hat ein Verein meist abhängiger Städte sich so große staatliche Aufgaben gestellt: Erhaltung und Erweiterung der einzeln oder gemeinsam in der Fremde oder von den Landesherrn erlangten Freiheiten; Wahrung gesicherter Fahrt zu Lande und zur See; schiedsrichterliche Vermittelung in allen Streitigkeiten zwischen einzelnen Bundesstädten, um jede Einmischung der Landesherrn und selbst des Kaisers fern zu halten. Endlich: Aufrechthaltung der Ruhe im Inneren der Städte, Stützung des städtischen Regiments gegen Aufruhr und Neuerung. Bei Streitigkeiten zwischen Bürgerschaft und Rath nahm der Bund eine schiedsrichterliche Stellung in Anspruch, und bewahrte den demokratischen Bewegungen der Zünfte gegenüber stets eine hochkonservative Haltung.

Diesen weiten Zwecken entsprechend erstrecken sich die Beschlüsse der Tagsatzungen, welche in den hansischen Rezessen niedergelegt sind, über das ganze Gebiet des auswärtigen Handels, der Schifffahrt und des Seerechts; über die gemeinschaftlichen inneren Angelegenheiten der Städte; über die Wahrung der Ordnung auf den Faktoreien. Diese werden allmählich in ihrer Selbständigkeit beschränkt, und zu hansischen Comtoiren umgebildet, ihre Statuten werden vom Hansetag bestätigt und revidiert, ihre inneren Streitigkeiten hier in höchster Instanz entschieden, ihre Vorsteher gelten als Beamte des Bundes, und werden von diesem bestätigt.

Daher erscheinen auf den Hansetagen, neben den Deputierten der Städte, auch die Abgeordneten der Comtoire, um Bericht zu erstatten, Entscheide, neue Statuten und Beschlüsse entgegenzunehmen. Außer ihnen aber finden sich auch ein die Gesandten des Kaisers, fremder und einheimischer Fürsten und Landschaften, ja nicht selten die Könige von Dänemark und Schweden in Person. Mit diesem Städtebund, dessen bloßen Bestand die Reichsgesetze untersagten, welcher niemals vom Reich anerkannt war, verhandelten der Kaiser selbst, die Könige von Frankreich, Spanien und England, die Herzöge von Burgund, — alle mächtigsten Monarchen Europas, wie mit Ihresgleichen.

Demungeachtet war die Verbindung der Städte eine äußerst lose. Ein jedes Gemeinwesen beteiligte sich in der Regel nur soweit an den gemeinschaftlichen Angelegenheiten, als der augenblickliche Vorteil zu erheischen schien. Lübeck, die vorpommerschen und mecklenburgischen Seestädte befolgten wesentlich die gleiche, konsequente Politik — andere mächtige Bundesglieder gingen aber nicht selten ihre eigenen, gar entgegengesetzten Wege. So Köln, Bremen, Danzig, ja Hamburg, die livländischen und holländischen Städte. Wo es gemeinschaftliche Opfer galt, die Zahlung der matrikelmäßigen Beiträge, die Entrichtung des Pfundgeldes und des Schosses auf den Comtoiren — da sonderte man sich gerne ab; wo es die Teilnahme an den hansischen Freiheiten und Vorrechten galt, da bekannte man sich gerne zum Bunde. Den Beschlüssen der Mehrheit entzogen sich gar oft die mächtigeren Mitglieder des Bundes, und die verhängten Geldstrafen fruchteten wenig, da der Verein keine exekutive Gewalt zu deren Beitreibung besaß. Aber ein Mittel gab es, welches unfehlbar durchschlug, so lange die Freiheiten der Hansa ihren Wert hatten: das war die Verhansung, der hansische Bann, mächtiger als kaiserliche und Reichsacht. Gegen das widerspenstige Mitglied des Bundes, mochte es ein Einzelner sein, oder eine Stadt, ja ein ganzer Kreis, verfügte die Tagsatzung den Abbruch alles Verkehrs, die Ausschließung von allen bundestreuen Städten, von allen gemeinschaftlichen Rechten und Privilegien, von allen Comtoiren des gemeinen Kaufmanns. Die Comtoire und die fremden Könige achteten den Bann, und nach kurzem Widerstreben sahen sich auch die mächtigsten Glieder des Bundes zur Nachgiebigkeit gezwungen. Bremen, Braunschweig, Köln, Hamburg, ja Lübeck selbst haben sich dem Banne oder dessen Androhung fügen müssen. —

Die auswärtige Politik war der Hansa durch die Verhältnisse klar vorgezeichnet. Vielfach und bitter genug hat man ihr engherzige Monopolsucht, ein Ausbeutungssystem gegen fremde Nationen zum Vorwurf gemacht. Allein die Zeit war nicht dazu angetan, um die Theorien des Freihandels zu verwirklichen, und ein gleichberechtigtes Zusammenwirken und Mitwerben war noch nicht möglich. Es galt herrschen — oder beherrscht werden. Die fremden Völker, auf denen das Joch der hansischen Comtoire lastete, waren zudem noch unfähig, selbst den Welthandel zu betreiben: als sie handelsmündig geworden und ihren hansischen Zunft- und Lehrmeistern entwachsen waren, da zerbrachen sie ihre Fesseln, und die merchant adventures, die wagenden Kaufleute, wie die großen Handelskompanien Englands, haben in nicht minderer Selbstsucht den einheimischen und auswärtigen Handel zu eigenen Gunsten ausschließlich an sich gerissen, als bisher die Deutschen für deutsche Zwecke getan hatten.

Höchst sinnreich aber war das innere Gewebe der hansischen Handels-Politik.

Durch Geld, Gunst und Gewalt erwarben und befestigten die Kauf-Mannsgesellschaften, dann die Städte und der Bund jene zahlreichen Privilegien, welche ihnen eine gesicherte, autonome und begünstigte Stellung im ganzen Norden gewährten. Durch strenge Abschließung von der einheimischen Bevölkerung, durch die erzwungene Ehelosigkeit der Faktorbewohner, durch das Verbot, im fremden Lande Bürgerschaft zu erwerben, oder auch nur ein fremdes Weib zu ehelichen, sicherten sie den festen Zusammenhalt außerhalb der Heimat. Niemals haben sie den Ausländern die immer wieder begehrte, ja wohl auch versprochene Gegenseitigkeit ernstlich gewährt, mit großem Geschick die vieldeutig abgefassten Verträge zu ihren alleinigen Gunsten auszulegen verstanden. Nur von hansischen Kaufleuten, nur auf hansischen Schiffen, nur mit hansischem Kapital sollte der gewaltige Handel betrieben werden — nur den Hansen sollten dessen Vorteile zu Gute kommen. Wenn Jahrhunderte später der Protektor Cromwell durch die berühmte Navigationsakte den Handel und die Schifffahrt Englands mächtig gehoben, und den Aufschwung beider auf Kosten der Holländer gesichert hat, so ist ihm darin die hansische Politik das freilich kaum erreichte Vorbild gewesen. Stets gerüstet wusste die Hansa jeden Handel der Neutralen mit ihren Feinden zu verhindern, während sie selbst sich freien Verkehr zwischen den kriegführenden Mächten erzwang. —

So hat kühn und emsig, energisch und zähe die Hansa den großen Zwischenhandel von Spanien bis an das Eismeer zusammengehalten, und Jahrhunderte lang jede erfolgreiche Mitwirkung anderer Völker, jeden Aufschwung des Eigenhandels der nordischen Staaten verhindert. Nicht selten hat sie in ihren Privilegien sich die Ausschließung aller anderen Völker von dem beherrschten Markte zusichern lassen, ja, zeitweise sogar jede direkte Fahrt außerhansischer Schiffe von Osten nach Westen, oder von Westen nach Osten verhindert; in dem angestrebten Zwangsstapelrecht von Lübeck kulminiert die hansische Politik, liegt aber auch der spätere Abfall der östlichen und westlichen Bundesglieder, der holländischen, livländischen, ja, der preußischen Städte beschlossen.

Monopolistisch gegen außen gewendet, erschien dagegen im Inneren ganz Niederdeutschland als ein großes Freihandelsgebiet. Der volle Bürger einer jeden, auch der kleinsten binnenländischen Hansestadt, und wer sich im Dienst oder Lohn eines solchen befand, nahm an den großen Freiheiten des Bundes vollen Anteil. Nur wer seinem Bürgerrecht entsagte, wer unter fremdes Recht trat, wer gemeinen Beschlüssen sich nicht fügte, wer Aufruhr anstiftete gegen seine heimische Obrigkeit, der war auf immer aus hansischem Recht ausgeschlossen. Zwischen den Städten des Bundes bestand fast volle Freizügigkeit und freie Konkurrenz, ein durch Zölle, durch Stapel- und Niederlagszwang nur wenig gehemmter Verkehr. Die Handelsgenossenschaften und kaufmännischen Verbindungen der einzelnen hansischen Kaufleute erstrecken sich von Estland bis Holland, von Hamburg bis Krakau. Handelsgesellschaften bestehen zwischen Danziger Kaufleuten und solchen von Brügge und Reval, von Lübeck, Dortmund und Köln. Ein Kreditverkehr für fremde Rechnung erblüht im ganzen Norden, und die hansischen Comtoire sind die Träger des umfassendsten Kommissionsgeschäfts für das ganze Bundesgebiet. —
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die deutsche Hansa