Die Islandsfahrten der Hanseaten.

Schon früh sehen wir die Hanseaten mit den Holländern und Engländern allsommerlich auf der großen Fischerei in den nordischen Meeren. Wir wollen aber, unserem Thema getreu, auf die Nordfahrten der Deutschen in älterer Zeit nicht zurückgehen, sondern nur erwähnen, dass wir im 16. Jahrhundert eine regelmäßige Schifffahrt der Hanseaten nach Island sehen, ja zu Anfang des 16. Jahrhunderts finden wir in Hamburg eine Islandsfahrer-Brüderschaft. „Bei Eysland“, lesen wir in den Erläuterungen zu Bläu’s Atlas 1641, „ist das mitternächtische Meer von Fischen dermaßen reich, dass es nicht allein derselbigen Insel [Eysland] Inwohner, sondern auch viele andere an Nahrung erhält und mit aller Notwendigkeit versorgt.“ Dort fanden sich in großen Mengen der Narwal, der Englische Walfisch, der Roider, Seeochse, ja es werden die gewöhnlichen Längen dieser Fische angegeben. Aus einer Reihe von Schriftstücken, welche im Bremer Staatsarchiv sich vorfinden, erhellt, dass im Anfang des 16. Jahrhunderts die Bürger von Bremen „die Unterthanen der Königlich Dänischen Majestät in Island seit undenklichen Zeiten jährlich besuchten und denselbigen ihre Waaren, als Mehl, Bier und allerhand andern Bedarf von Proviant, zuführten, dagegen Fische, Thran, Butter u. dergl. Waaren, so ein Jeder gehabt hat, in Bezahlung angenommen haben“. Die Bremer waren für verschiedene Häfen („Hauens“) vom König von Dänemark „begnadigt und mit Concession versehen“. Der Hafen Bodenstede in „Schneuel’s Sussell“ war bereits im Jahre 1526 von einem Bremer Bürger, Wylken Hudemann, „sammt seinen Mitverwandten“ gefunden und aufgesegelt. Ein anderer Hafen, Kummerwage, wurde, wie es in einer Urkunde von 1564 heisst, vor 30, 40 oder 50 Jahren aufgesegelt „mit großer Gefahr von Leib und Gut und alljährlich von dem Schiffer Johann Munstermann *) und seinen Vorfahren, Schiffsfreunden und Rhedern besucht. Märten Lösekan war auf den Hafen von Ostford in Ostford-Sussell begnadigt und nach einer Eingabe des Rathes von Bremen an den König von Dänemark war auch dieser Hafen seit undenklichen Jahren von Bremer Bürgern besegelt worden. Karsten Baker befuhr den Hafen des Eilandes Flattöj bei Island und Johann Schröder den Hafen Wattlose. Die Bremer Bürger hätten, so heißt es am 18. Januar 1588, den Unterthanen des Königs von Dänemark ihre Waaren in theueren und wohlfeilen Jahren beschafft und solche ihnen nicht nach ihrem eigenen Vortheil und Gutdünken, sondern nach des Vogtes oder Königlichen Befehlshabers in Island angesetztem Werth und Anschlag zukommen lassen. Der Vogt empfing das ihm Gebührende an Bier, Mehl (je 2 Last), Brod (je 1 Last), Salz (je 1 Tonne), Eisen, besonders auch Hufeisen für 50 Pferde. Es waren im Ganzen an acht Häfen, welche auf diese Weise von Bremer Schiffen jährlich besucht wurden. So begab es sich — in welchen Jahren, erhellt nicht — , dass etliche von den Bremer Kaufleuten, die mit Königlich Dänischer Concession auf Häfen belehnt waren, auf der Rückreise von Island mit ihrem Leib und Gütern „zur See blieben“. Es trat eine Unterbrechung der Fahrt ein und diess benutzten, so heißt es, andere Schiffer, um die Bremer zu verdrängen. Namentlich wird dieß von Hamburger Schiffen behauptet. *) In zwei anderen Urkunden, 1578, erklärt Claus Möninckhusen, von Carsten Meier erhalten zu haben: ein Mal 12 gute gangbare Thaler, das andere Mal 15 Mark, „up dat everfur van der se und sant zu Islant up Johann Munsterman’s ship zu Islant“. — Wenn Gott gibt, dass das gute Schiff von Island wieder kommt, so gelobt Monninckhusen dem Meier oder seinen Erben (in der zweiten Schrift auch dem Inhaber der Urkunde) ein Mal 15 gute Thaler oder 1 Tonne Thran, so fern diese nicht weniger wert ist als 15 Thaler, das andere Mal 500 Pfund guder islander vische fri up de wage tho lereren, wenn diese weniger wert wären als 15 Mark, den Rest in Geld. — Beide Verträge sind rechtsgeschichtlich von Interesse. Offenbar erhält Meier Nichts, wenn das Schiff nicht von Island zurückkommt. — In einer Bremer Zollrolle von 1657 erscheint „Hitlender und Islender Fisch“ unter der Rubrik Stockfisch.

Anschaulich schildert uns Zorgdrager, der Holländische Commandeur, S. 50 seines Werkes: „Bloeijende Opkomst der Aloude en Hedendaagsche Groenlandsche Vischerij“, diesen früheren Tauschhandel der Isländer:


„Die Isländer pflegen Waaren weder zu kaufen noch zu verkaufen, weil unter ihnen kein geprägtes Geld im Schwange geht. Man bringt ihnen Mehl, Bier, Wein, Branntwein, Eisen, Tuch und Leinwand, wogegen sie ihre Waaren vertauschen, bestehend in Stockfisch, Butter, Wachs, grobem Tuch, Schwefel, Fellen von Füchsen, Bären und Luchsen. Diejenigen, welche tiefer im Lande wohnen, nähren sich von dem Vieh, als da sind Schafe, Rindvieh und Pferde. Sie halten gemeiniglich nicht mehr als zwei oder drei Kühe, aber eine große Anzahl Schafe. Diejenigen, welche am Strande und nahe bei dem Meere wohnen, treiben meistens die Kabeljau-Fischerei. Am Strande wird der gefangene Kabeljau auf Tafeln zerschnitten und in Tonnen eingesalzen, so dass das Schiff eine Zeit lang auf Ladung warten muss. Auch in anderen Häfen liegen Schiffe bereit, von Kaufleuten ausgerüstet, deren ein jeder vom Könige in Dänemark seinen eigenen Hafen gemiethet oder gepachtet hat, weswegen öfter nicht mehr als Ein Schiff, um Handlung zu treiben, in einem Hafen anlangt. Blefkenius sagt, dass die Deutschen, welche nach Island handelten, nahe bei dem Hafen, wo sie gelandet, Zelte aufschlugen und daselbst ihre Waaren zum Verkauf auslegten, bestehend in Mänteln, Schuhen, Spiegeln, Messern und anderen Kleinigkeiten, welche sie mit den Isländern gegen ihre Waaren umsetzten. Sobald die Isländer von den Fremden Wein oder Bier eingekauft oder vielmehr eingetauscht hatten, so luden sie ihre Freunde, Verwandte und Nachbarn dazu ein und gingen nicht eher von einander, bis sie alle wohl bezecht waren. Bei diesen Saufgelagen sangen sie die Heldenthaten ihrer Feldherren, aber mit einem unförmlichen Ton und sonder einige Kunst.“