Der Pallast der Ehrenlegion.

Der Pallast der Ehrenlegion

zeichnet sich besonders durch seine einfache, aber schöne Erhabenheit aus. Die Façade am Quai d'Orsay mit ihren Säulen, Büsten und Statuen ist die sehenswertheste. Das Gebäude selbst wurde schon 1786 nach M. Rousseaus Zeichnungen für einen Fürsten Salm erbaut, und damals Hôtel de Salm genannt, welchen Namen es bis 1802 trug, wo Bonaparte den Orden der Ehrenlegion gründete, in welchem mehrere Mitglieder des Tribunals einen Eingriff in die bürgerliche Gleichheit sahen, und sich sogar weigerten, diese Dekorationen anzunehmen; sie hatten so Unrecht nicht, wie die Folge nur zu sehr bewies. Wir theilen hier die merkwürdige Geschichte seiner Entstehung unsern Lesern mit.


In der Sitzung des Staatsraths vom 14. Floreal des Jahres 10, ließ der erste Consul den Staatsrath Röderer den Plan zur Errichtung einer Ehren-Legion vorlesen und entwickelte hernach selbst die Gründe dafür.

Diese Ehren-Legion sollte bestehen aus einem Ober-Verwaltungs- Rath, von 7 Personen und aus 15 Cohorten, zu welchen nachher noch für Piemont die 16. kam; jede Cehorte hatte 7 Oberbeamte, 20 Commandirende, 30 Officiere, 350 Legionär, eine besondere Residenz und 200,000 Franken jährliche Einkünfte von Nationalgütern. Mitglieder der Legion wurden alle Krieger, welche Ehrengewehre erhalten hatten; „es können solche Militär-Personen dazu gewählt werden, die während des Freiheits-Krieges große Dienste geleistet; auch andere Bürger, welche durch Wissen, Talente, Tugenden, zur Gründung oder Vertheidigung der Republik beitragen; doch müssen sie in ihrem Wohnort als National-Garden Dienste gethan haben. Die Mitglieder der Legion werden vom Verwaltungsrath ernannt, und behalten ihre Stellen auf Lebenszeit. Der erste Consul ist ihr Chef, jeder Oberbeamte hat jährlich 5000 Franken, jeder Commandirende 2000, jeder Officier 1000, jeder Legionär 250. Jedes Mitglied schwört auf seine Ehre, sich dem Dienste der Republik, der Erhaltung ihres Gebietes in seiner Unversehrtheit, der Vertheidigung der Regierung, der Gesetze und des öffentlichen Eigenthums zu widmen; durch alle Mittel, welche Gerechtigkeit, Vernunft und Gesetze gut heißen, jedes Unternehmen zu bekämpfen, das auf Wiederherstellung der Feudal-Verfassung, der dazu gehörigen Titeln u. s. w. abzwecke; kurz, aus aller seiner Macht zur Behauptung der Freiheit und Gleichheit mitzuwirken.“

„Das gegenwärtige System der militärischen Belohnung,“ sagte der erste Consul, „ist nicht geregelt. Der 87. Artikel der Constitution sichert zwar den Soldaten National-Belohnungen zu, aber es ist nichts Festes darüber bestimmt. Es existirt allerdings ein Beschluß, nach welchem Ehrenwaffen mit doppeltem Gehalt ertheilt werden sollen, was eine beträchtliche Ausgabe verursacht. Es gibt ferner Ehrenwaffen mit bloßer Vermehrung des Gehalts, und wieder andere, ohne eine damit verbundene Gehalts-Zulage. Das ist eine Verwirrung, aus der Niemand kommen kann. Es ist aber vor allen Dingen nöthig, dem Geiste der Nation eine Richtung zu geben, noch mehr aber ihn zu erhalten. Was aber diesen Geist im gegenwärtigen Augen, blicke bei den Soldaten erhält, ist die Idee, daß sie an die Stelle der ehemaligen Adeligen getreten sind. Der vorgelesene Plan gibt dem Systeme militärischer Belohnungen mehr Consistenz, macht daraus ein Ganzes, und ist der Anfang der Organisation der Nation.“

Mathieu Dumas las seinerseits eine Denkschrift vor, um die vorgeschlagene Institution zu unterstützen; bekämpfte aber den Theil des Plans, vermöge dessen auch die Übrigen Bürger in die Legion aufgenommen werden können, und wollte, daß es ein rein-militärisches Institut seyn sollte, um dadurch den militärischen Geist in der Armee und der Nation aufrecht zu erhalten. „Seit dem Verfall und der Auflösung des Feudal-Systems,“ rief er aus, „das dem Kriegsstande die erste Stelle im Staate anwies, habe die militärische Ehre und der militärische Ruhm immer mehr abgenommen.“ Er führte sodann diese Ideen weiter aus, und endigte damit, „es solle wenigstens kein Staatsbürger, in die Ehren-Legion aufgenommen werden können, wenn er nicht erweisen könne, daß er den Conscriptions-Gesetzen ein Genüge geleistet habe.“

Der erste Consul hielt hierauf folgende höchst interessante Rede: „Diese Ideen würden sehr gut in die Zeiten des Feudal-Regiments und des Ritterthums oder in die Zeit, als die Gallier die Franken unterjochten, gepaßt haben. Damals bestand die Nation aus lauter Sclaven, die Ueberwinder allein waren Freie, und da sie alles in Allem waren, so waren sie auch als Soldaten die ersten im Staate. Damals war körperliche Stärke die erste Eigenschaft eines Generals. Clovis, Carl der Große, waren auch zugleich die stärksten und gewandtesten Männer ihrer Armee, so daß sie für ihre Person allein ein ganzes Bataillon werth waren, und dieß war es, was ihnen Gehorsam und Achtung verschaffte. Das Alles paßte zu dem Militär-Systeme jener Zeit. Die Ritter schlugen sich Leib gegen Leib, und körperliche Geschicklichkeit allein entschied den Sieg. Als aber das Militär-System sich änderte, als organisirte Corps, macedonische Phalangen und die Massen des Ritterwesens verdrängten, hat sich dieß ganz geändert. Nun entschied nicht mehr körperliche Stärke, sondern der schnelle Ueberblick, wissenschaftliche Bildung u. s. w. das Schicksal der Schlachten, den Beweis hie- von kann man bei den Schlachten von Azincurt, Creen nnd Poitiers sehen. Der König Johann mit seinen Rittern wurde von den gasconischen Phalangen geschlagen, wie einst die Truppen des Darius von den macedonischen. Hierin lag auch der Grund, warum keine Macht den siegreichen Lauf der römischen Legionen hemmen konnte.“

„Das veränderte Militär-System, und nicht die Abschaffung des Feudal-Wesens, machte, daß ein General Eigenschaften besitzen mußte, die von den frühern sehr verschieden waren. Uebrigens ward das Feudalwesen von den Königen selbst abgeschafft, um sich von dem Joche eines trotzigen und übermüthigen Adels zu befreien. Indem sie die Nation frei machten, verschafften sie sich Nationaltruppen, und verbreiteten dadurch den militärischen Geist über alle Gallier, der bisher auf einige tausend Freie beschränkt gewesen war, und der, anstatt dadurch geschwächt zu werden, an Stärke gewann. Er war nicht länger auf körperliche Kraft und Gewandtheit, sondern mehr auf Civilisation gegründet. Die Entdeckung des Schießpulvers, und alle ihre Folgen, hatten auch einen ungeheuern Einfluß auf die Veränderung des Kriegssystems. Seit dieser Zeit bestehen die Vorzüge eines guten Generals in seinen bürgerthümlichen Eigenschaften, einem schnellen Ueberblicke, Berechnung, Verstand, Kenntniß der Administration, Beredsamkeit und zwar nicht in einer juridischen, sondern in einer solchen, wie sie für die Soldaten taugt, hauptsächlich aber in Menschenkenntniß; alles das sind aber Eigenschaften des Bürgers. Wenn zu einem Generale blos Körperkraft und Bravour gehörte; so hätte jeder Soldat Anspruch auf das Commando der Armee. Nur derjenige General, der alle jene bürgerlichen Eigenschaften in sich vereint, wird große Dinge ausrichten. Denn der Soldat gehorcht und achtet seinen Führer nur deswegen, weil er ihm mehr Verstand zutraut. Man höre ihn nur urtheilen, wenn er neben seinem Feuer liegt, er achtet Umsicht weit höher als Bravour. Ich will damit nicht sagen, als wenn dem Soldaten Bravour nichts gälte; im Gegentheil, er würde den General verachten, dem solche mangelte. Murad-Bei war der stärkste und gewandteste Mann unter seinen Mameluken, denn sonst hätte er nicht ihr Bei seyn können. Er konnte deswegen, als er mich zum ersten Male sah, nicht begreifen, warum mir meine Soldaten gehorchten; und erst als er einmal unser System kannte, ward ihm dieß klar.“

„Die Mameluken schlugen sich, wie die alten Ritter, ohne Ordnung, und Leib gegen Leib, deswegen überwanden wir sie auch. Hätte man die Mameluken ausgerottet, Egypten frei gemacht, und Nationalbataillone errichtet, so wäre der militärische Geist nicht ausgestorben, sondern dessen Stärke hätte vielmehr zugenommen.“

„In allen Ländern muß die rohe Stärke bürgerlicher Civilisation weichen. Die Bajonette senken sich vor dem Priester, der im Namen Gottes spricht, zu Erde, so wie vor dem Manne, der ihnen durch sein Wissen zu imponiren weiß. Ich habe es mehreren Militärs, die in einiger Besorgniß schwebten, voraus gesagt, daß eine Soldatenregierung in Frankreich nur dann aufkommen könne, wenn die Nation durch eine 50jährige Barbarei in den Wissenschaften herabgewürdigt wäre. Alle Versuche der Art werden mit dem Untergang ihrer Urheber enden. Die Nation hat mir nicht als General die Regierung anvertraut, sondern weil sie mir die zum Regieren nothwendigen bürgerlichen Eigenschaften zutraut; wenn sie nicht diese Meinung von mir hätte, so würde sich die Regierung nicht halten können. Ich war mir gar wohl bewußt, was ich that, als ich, obgleich Anführer einer Armee, die Stelle eines Mitglieds des Instituts annahm; und ich konnte sicher seyn, daß auch der letzte Tambour meine Absicht dabei begriff. Man kann in unsern Zeiten nicht ferner die Jahrhunderte der Barbarei anführen. Wir sind jetzt eine durch Kenntnisse, Eigenthum und Handel vereinte Nation von dreißig Millionen. Was wollen 3 — 400,000 Soldaten gegen eine solche Masse bedeuten? Außerdem, daß ein General nur durch seine bürgerlichen Eigenschaften zu befehlen fähig wird, tritt er auch, so wie er nicht mehr in Thätigkeit ist, in die Classe der Bürger zurück. Was sind überhaupt die Soldaten anders als Söhne der Bürger? Die Armee ist ein Theil der Nation. Wollte man den Soldaten außer aller Beziehung betrachten, so kann man sich leicht davon überzeugen, daß er kein anderes Gesetz kennt, als die Stärke, und daß er sich als den Mittelpunct der Gesellschaft betrachtet, während der Zivilist nur das allgemeine Beste im Auge hat. Despotismus liegt im Wesen des Soldaten, der Zivilist hingegen unterwirft Alles der Untersuchung der Wahrheit und der Vernunft. Das Prisma, wodurch sie die Dinge sehen, ist verschieden, es täuscht sie zwar häufig; indeß ist größeres Licht immer Folge der Erörterung. Ich nehme deswegen keinen Anstand, zu behaupten, daß der unstreitig dem Bürgerstande gebührt. Wollte man also die Nationalbelohnung in bürgerliche und militärische eintheilen, so würde man dadurch die Nation in zwei Abtheilungen stellen, da es doch nur eine Nation gibt. Wollte man aber gar dem Militär allein Ehrenzeichen ertheilen, so wäre dieß ein noch schlimmerer Vorzug, denn in diesem Falle würde man die Nation für nichts zählen.“

Eine große Mehrheit des Staatsraths, aus Leuten vom Civilstande bestehend, theilte obige Grundsätze, die, mit einer ungewöhnlichen Stärke der Beredsamkeit und der Vernunftgründe vorgetragen, noch in dem Munde des Staats-Ober-Haupts und des Ober-Generals der Armeen ein größeres Gewicht erhielten. Dumas fiel es nicht ein, darauf zu antworten; überhaupt wollte Niemand ferner das Wort nehmen. Es schien, als fürchtete man sich davor, den Eindruck dieser Rede zu stören, und der erste Consul selbst hob die Sitzung auf, um solchen nicht selbst zu verwischen.

Allein noch hatte man den zartesten Punkt, den Vortheil oder Nachtheil dieser Institution, nicht erörtert.

Die Discussion hierüber wurde in der Sitzung vom 18. fortgesetzt. Obgleich die Gegner des Vorschlages ein System der Belohnungen und Auszeichnungen, welche schon früher durch die gesetzgebenden Versammlungen decretirt worden waren, nicht ganz verworfen, so sahen sie doch in dem vorliegenden Vorschlage den Anfang zu einem Orden, den sie mit dem Geiste der Gleichheit, dem wesentlichen Charakter der französischen Republik, unverträglich fanden, und es entschlüpften einigen Rednern Anspielungen auf die Römer und Griechen.

Berlier sagte unter anderm: „Der vorgeschlagene Orden führt zur Aristokratie; Orden und Bänder aber sind das Spielwerk für Monarchien. Ich will hier nicht die Römer als Beispiel anführen, denn diese waren in Plebejer und Patricier abgetheilt; dieß geschah aber nicht etwa zur Belohnung, sondern es war eine politische Einrichtung, eine Zusammensetzung der Volksclassen, die ihr Vortheilhaftes und Nachtheiliges haben konnte. Es war die Geburt und nicht die geleisteten Dienste, welche die Classification bestimmte. Die öffentlichen Ehrenbezeugungen und Belohnungen waren nur eine vorübergehende Auszeichnung, änderten nichts an den Classen, und die auf diese Art Ausgezeichneten bildeten deßwegen keine eigene Classe. Da wir aber überhaupt nichts mehr von Classen wissen, so laßt uns auch solche nicht wieder einführen. Obrigkeitliche und andere Stellen allein dürfen in einer Republik die Belohnungen für geleistete Dienste, für Talent und Tugend seyn.“

Berlier suchte sofort Dumas zu widerlegen.

Der erste Consul aber antwortete sowohl Berlier, als hauptsächlich allen denen, welche die alten Völker angeführt, folgendes: „Man spricht uns stets von den Römern vor, und es ist wirklich ganz eigen, um Auszeichnungen für die Bürger zu verwerfen, ein Volk als Beispiel anzuführen, bei dem solche am auffallendsten stattfanden. Heißt das die Geschichte inne haben?“

„Die Römer hatten ihre Patricier, ihren Ritter- und Bürger-Stand und ihre Sclaven, und jede Classe hatte sogar ihre eigenthümliche Kleidung und Sitten. Sie ertheilten zur Belohnung alle Arten von Auszeichnungen, als das sind Beinamen, welche an geleistete Dienste erinnerten, Mauerkronen, Triumphe, und bedienten sich hiezu sogar des Aberglaubens. Man nehme Rom seine Religion, und es fällt in sich selbst zusammen. Als endlich jene edle Genossenschaft der Patricier zu Grunde ging, wurde Rom von allen Seiten zerfleischt, das Volk war nichts mehr als ein elender Haufen, man sah es unter der Geißel eines Marius bluten und unter Sylla und den folgenden durch Proscriptionen mißhandeln. So citirt man, noch immer Brutus als den Feind der Tyrannei während er der größte Aristokrat war.“

„Brutus tödtete Cäsar nur darum, weil er die Macht des Senats mindern und die Bedeutsamkeit des Volkes vermehren wollte. Hieraus kann man sehen, in welchem Sinne gewöhnlich die Unwissenheit und der Partheigeist die Geschichte citirt.“

„Ich fordere Jedermann auf, mir eine der ältern oder neuern Republiken zu zeigen, worin es nicht Auszeichnungen gegeben. Man nennt es zwar Spielereien; es bedarf deren, um die Menschen zu führen. Ich würde zwar Anstand nehmen, das, was ich sagen will, vom Rednerstuhle herab zu behaupten, allein in einer Versammlung von Weisen und Staatsmännern darf man Alles sagen; ich behaupte, daß die französische Nation nicht einmal einen Werth auf die Freiheit und Gleichheit setzt, denn sie hat sich durch zehn Jahre der Revolution nicht geändert, es sind immer noch die alten Gallier, stolz und leichtsinnig, nur für die Ehre allein empfänglich; man muß ihnen also hier etwas geben. Der Franzose bedarf der Auszeichnungen. Man sehe nur die tiefe Ehrfurcht, die der Pöbel vor allen fremden Decorationen hat; er wurde förmlich davon außer sich gesetzt, deßwegen ermangelt er auch nicht, solche zu tragen.“

„Voltaire hat Alexanders Soldaten die Sechskreuzer-Helden genannt, und er hatte Recht, denn dem ist wirklich so. Glauben Sie etwa, daß Sie die Menschen durch philosophische Erörterungen dahin bringen können, sich zu schlagen? Nie, diese taugen nur für den Stubengelehrten. Der Soldat schlägt sich für den Ruhm, für Auszeichnungen und Belohnungen. Die republikanischen Armeen haben deßwegen große Dinge ausgerichtet, weil sie aus Söhnen der Bauern und Pächter, und nicht aus Werbgesindel bestanden; weil sie statt der adeligen Officiere neue bürgerliche Officiere und Ehrgeiz hatten.“

„Die Armeen Ludwig XIV. thaten aus dem nämlichen Grunde dasselbe. Man kann das vorgeschlagene Institut auch einen Orden nennen; Worte thun nichts zur Sache. Seit zehn Jahren schon spricht man von Institutionen, was ist aber bis jetzt geschehen? Nichts. Die Zeit war noch nicht gekommen. Man hatte einmal den Einfall, die Bürger in den Kirchen zu versammeln, wo sie, (halb todt vor Kälte), die Gesetze vorlesen hörten, welche sie selbst lesen und studiren sollten. Eine Sache, die sogar Denjenigen Langeweile verursachte, die solche vollziehen sollten; wie konnte man nur glauben, das Volk durch eine solche Institution an sich zu ziehen! ich weiß gar wohl, daß, wenn man, um den Vorschlag annehmbar zu finden, sich in den Tiegel, welche die zehn Revolutionsjahre in sich begreift, versetzt, man ihn untauglich finden wird. Wenn man sich aber in die auf Revolution folgende Zeit, und in die Nothwendigkeit versetzt, der Nation endlich wieder eine Organisation zu geben, so wird man ganz anders davon denken.“

„Nachdem man Alles über den Haufen geworfen, muß man nun wieder anfangen, aufzubauen. Man hat zwar eine Regierung und öffentliche Gewalten eingesetzt; die Nation selbst aber befindet sich noch in einem Chaos, während wir noch die alten Pivilegirten in unserer Mitte haben, welche durch ihre Grundsätze und Interessen wohl organisirt, wohl wissen, was sie sollen. Diese kennen ihre Anzahl, indessen wir durch ganz Frankreich zerstreut, ohne System, ohne Vereinigung und Berührung dastehen. So lange ich an der Spitze der Republik bin, stehe ich gut für dieselbe, allein man muß auch an die Zukunft denken. Wenn Sie die Republik für unerschütterlich fest gegründet halten so irren Sie sich sehr. Wir haben zwar die Macht, es zu thun, haben es aber noch nicht so weit gebracht und werden auch nie dazu gelangen, wenn wir nicht einige Granitwälle auf Frankreichs Boden aufführen. Wer sich auf das Volk verläßt, der irrt! Man kann es eben so leicht: „Es lebe der König, es lebe die Ligue!“ rufen machen.“

„Man muß ihm eine bestimmte Richtung geben, und hierzu bedarf es der Werkzeuge. Ich habe gesehen, wie während des Krieges in der Vendée dreißig Menschen in einem Departemente den Meister gespielt haben, dasselbe System müssen auch wir ergreifen.“

„Darüber, daß wir Institutionen bedürfen, sind wir einig; wer also die vorgeschlagenen nicht für gut findet, schlage eine andere vor. Ich behaupte gar nicht, daß sie allein die Republik retten werde, aber ihre Rolle wird sie spielen.“

Der zweite Consul unterstützte den Vorschlag und suchte hauptsächlich zu beweisen, daß überhaupt Auszeichnungen durch die Constitution nicht verboten seyen.

Savoye Rollin bekämpfte denselben, in einer durch Grundsätze und Thatsachen unterstützten Rede, welche tiefen Eindruck machte. Chauvelin vollendete das System seines Angriffs durch seine ebenso wohl begründete Meinung.

Folgendes waren seine Haupt-Einwürfe gegen den Gesetzes-Vorschlag: „Die Ehren-Legion schließt alle Elemente in sich, welche bei allen Völkern des Erdballs dem Despotismus vorangegangen sind; sie ertheilt besondere Vorrechte, Macht, Ehrenzeichen, Titel und bestimmte Einkünfte; Vortheile, welche selbst dem Adel bei seiner Entstehung mangelten. Die Verschiedenheit der Zeiten, und die Fortschritte der Aufklärung dürfen uns nicht einschläfern. Das menschliche Herz bleibt immer dasselbe. Gleiche Umstände verführen es zu gleichen Verirrungen, und regen dieselben Neigungen in ihm. Dem zu Folge wird auch die Errichtung der Ehren-Legion die schlummernden, in ganz Europa geehrten Vorurtheile wieder erwecken, den militärischen Einfluß und die Ideen des Adels, die stets eine Folge der Vorurtheile sind, verstärken, und den Gemeingeist durch den Partheigeist verdrängen. Unter dem Vorwande, den Adel gänzlich zu verbannen, setzt man durch die Errichtung der Ehren-Legion einen neuen ein, und gibt dem alten Adel seine Macht wieder. Es ist wahr, daß Zwischenstellen in despotischen Staaten von Nutzen sind. Allein bei einer Regierung mit Volksvertretung und bei einem Volke, dessen Gesetze glücklicherweise öffentlich erörtert werden, sind die constituirenden Körperschaften die einzigen und wahren Zwischenstellen zwischen Volk und Regierung. Die vorgeschlagene Institution ist aber ganz gegen den Geist und die Grundsätze einer Republik und dem Inhalte der Constitution zuwiderlaufend.“

Freville vertheidigte den Gesetzes-Vorschlag; Lucian Bonaparte hingegen behandelte seine Gegner ganz wie ein eitler junger Mensch, der sich auf seine Verwandschaft mit dem ersten Consul etwas zu gute that; er legte ihnen verbrecherische Absichten unter, sprach von einem Angriff auf die Regierung, von Indignation und ergoß selbst einen Theil seiner Galle über die Nation, die er mit der Benennung „erbärmlich“ brandmarkte. Die Unklugheit dieses Redners schadete dem Gesetzes-Vorschlage sehr, und er ward nur mit 56 Stimmen angenommen.

Nun begann dessen Erörterung in der gesetzgebenden Versammlung, wo er aber keinen großen Widerspruch erlitt. Sowohl die treuen Redner, von Seiten der Regierung als auch jene vom Tribunate hatten bloß den Auftrag, den Gesetzes-Vorschlag zu vertheidigen, und suchten daher alles Mögliche auf, was zu seinen Gunsten seyn konnte. Die Erörterung ward eine Anspielung, welche Dumas aus der römischen Geschichte herholte, nämlich auf Markus Claudius, der das Römerschwert genannt wurde, beendigt.

„Unser Consul,“ rief der Redner aus, „den das Volk so eben für die Dauer seines Lebens zur ersten Magistrats-Person ernennen will, derselbe Mann, der mitten unter den Gräueln des Krieges Künste und Wissenschaften beschützte, und solche sogar in Egypten, der Wiege derselben, von wo aus sie die Griechen und Archimedes hergeholt hatten, durch den Schutz seiner siegreichen Waffen wieder aufleben machte, dieses Franzosenschwert schlägt auch Euch, ihr Hohenpriester des Gesetzes, die Errichtung eines der Ehre und Tugend geheiligten Tempels vor.“

Endlich stimmten diese Hohenpriester über den Gesetzesvorschlag ab, und obgleich man alle denkbaren Mittel der Beredsamkeit angewandt hatte, um ihre Stimmen für sich zu gewinnen, wurde die Einführung der Ehrenlegion nur mit 169 Stimmen gegen 110 beschlossen.

Ein so lebhaft bestrittener Sieg, der diesen beiden Körperschaften, die überdieß erst kürzlich eine Reinigung erlitten hatten, auf eine so mühselige Weise abgezwungen worden war, war für den ersten Consul nicht sehr schmeichelhaft; weswegen auch der Staatsrath Il zu ihm sagte:

„Sie sehen also doch, daß diejenige Staatsräthe, welche für eine Vertagung gestimmt haben, einigen Grund dazu hatten, denn eine so starke Opposition ist immer unangenehm.“

„Sie haben Recht,“ antwortete er ihm, „man hätte warten und die Sache reif werden lassen sollen; denn der Fall war keineswegs dringend. Ueberdieß waren die Gründe, welche die Redner zur Verteidigung dieses Gesetzvorschlages angeführt haben, nicht gut gewählt.“

Die Annahme der Ehrenlegion geschah also

      im Staatsrathe mit 14 gegen 10
      im Tribunate mit 56 gegen 38
in der gesetzgebenden Versammlung mit 166 gegen 110
      236 gegen 158

      Mehrheit 78.

Keine Institution fand je einen so gewichtigen Widerstand; mit derselben wurde die Grundlage zu einem neuen Adel gelegt, was ebenfalls nicht wenig dazu beitrug, Bonaparte vielen Gemüthern zu entfremden, und ihm die Herzen zu entziehen, die ihn bisher noch bewundert hatten. Das Schlimmste dabei war, daß es gerade die besten und vorurtheilsfreisten Köpfe waren, deren Stütze er sich beraubte. Man sagte unter Anderem: „Durch die Legion wird ein förmliches Patriciat eingeführt; sie besitzt alle Elemente, aus denen der Erbadel entsprang; Privilegien und Erblichkeit werden bald nachfolgen, sobald man in den Gemüthern eine Neigung, sie zuzulassen, wahrnehmen wird. Civilpersonen werden hier durch militärische Auszeichnungen belohnt, doch so, daß der Officier, der eine Schanze erstürmen half, durch die Statute der Legion, weit über dem unsterblichen Genie eines Montesquieu stehen würde.“ Am lautesten sprach Shauvelin im Tribunate. „Persönliche Auszeichnungen eines besondern Corps wecken einen Particulargeist, und gebären Zwietracht; die Legion bedroht uns mit der Wiederkehr des Zunftgeistes, der die besten Gedanken entstellt, die edelsten Absichten vergiftet, und alle Freiheit und Gleichheit vernichtet.“