Päpste und Gegenpäpste

Allein das fromme Europa konnte so zunehmende Schmählichkeiten nicht ertragen. Die Nebenbuhlerpäpste beschuldigten sich unaufhörlich gegenseitig der Falschheit und aller Arten von Gottlosigkeit. Endlich fand die öffentliche Meinung ihren Ausdruck in dem Konzil von Pisa, von den Kardinälen auf ihre eigene Verantwortung berufen. Dieses Konzil forderte die beiden Päpste — Benedikt XIII. und Gregor XII. — vor, erklärte die ihnen schuldgegebenen Verbrechen und Ausschweifungen für wahr und setzte beide ab, an ihrer Statt Alexander V. ernennend. Es gab jetzt also drei Päpste. Aber außer dass das Konzil so die Lage der Dinge in dieser Beziehung schlimmer machte, als sie vorher gewesen war, hatte es den noch außerordentlicheren Schritt getan, die Selbstherrschaft des Papstes zu stürzen. Durch die Macht der Umstände war es gezwungen worden, den Grund des lateinischen Christentums selbst zu vernichten, indem es die Stellung des Vorranges vor dem Statthalter Christi annahm. Aus den theologischen Streitigkeiten der vorhergehenden Jahre tauchte offenbar ein politischer Grundsatz auf, der demokratische Geist entfaltete sich, und die Hierarchie war im Aufstand gegen ihren Herrscher.

Auch beschränkte sich diese große Bewegung nicht bloß auf die Geistlichkeit. In allen Richtungen nahm die Laienwelt daran teil, indem Geldfragen in sehr vielen Fällen der Antrieb dazu waren. Die Dinge waren bei einem solchen Zustande angelangt, dass es von wenig Gewicht zu sein schien, welches der persönliche Charakter des Papstes sein möchte; die Bedürfnisse der Lage trieben ihn unwiderstehlich, den Schatz auf jede Weise zu füllen. In England, Jahrhunderte eine Fundgrube des Reichtums für Rom. zeigte sich die Richtung der Dinge in Umständen, wie die Vorstellung der Gemeinen an die Krone über die Ernennung von Geistlichen zu allen hohen Ämtern und die vom „Guten Parlament“ gemachten Anführungen in betreff des von Rom aus dem Königreich gezogenen Geldbetrages. Sie behaupteten, dass derselbe fünfmal so groß als die vom König erhobenen Steuern und dass das Einkommen des Papstes aus England größer sei als das Einkommen irgendeines Fürsten der Christenheit.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Welt der Gotik