Der englische Reformator Wiclif (1324 - 1387)

John Wiclif (1324—1387). Nach „Les vrais pourtraits des hommes illustres“, Genf 1581.

Wieder zeigte sie sich in Tatsachen, wie das Durchgehen der Statuten der toten Hand, der Expektanten, des Prämunire und in dem allgemeinen Geschrei gegen die Bettelmönchorden. Diese Unzufriedenheit mit der Geistlichkeit war von einem Verlangen nach Wissen begleitet. Tausende strömten nach den Universitäten, sowohl des Kontinents wie Englands. In einer wohl vorbereiteten Gesellschaft fand Wiclif keine Schwierigkeit, seine Ansichten zu verbreiten. Seine Übersetzung der Bibel ins Englische war die praktische Ausführung seiner Lehre zum Frommen seiner Landsleute. Alle Klassen der Gesellschaft wurden angesteckt. Die Regierung schwankte eine Weile. Es hieß, dass jeder zweite Mensch in England ein Lollard sei. Die Lollards waren Wicliffiten. Allein die Kirche überredete endlich die Regierung, sie ihre Macht versuchen zu lassen, und 1400 n. Chr. ging das Statut „de haeretico comburendo“ durch. William Sautree, ein Priester, der Wicliffit geworden, war der erste englische Märtyrer. John Badbee, ein Schneider, welcher die Transsubslantiation leugnete — beschuldigt, gesagt zu haben, dass, wenn sie wahr sei, es auf jedem Kornfelde Englands 20.000 Götter gebe —, litt danach in ähnlicher Weise am Pfahl in Gegenwart des Prinzen von Wales. Lord Cobham, das Haupt der Lollards, der den Papst als Antichrist, den Sohn des Verderbens, angeklagt hatte, wurde eingekerkert, entkam jedoch, wurde in politische Bewegungen verwickelt und erlitt endlich die doppelte Strafe für Ketzerei und Hochverrat, indem er mit einem zu seinen Füßen brennenden Feuer an einen Galgen gehängt wurde. Es ist interessant, den gesellschaftlichen Rang dieser drei frühen Märtyrer zu bemerken. Die Ketzerei durchdrang alle Klassen von den niedrigsten bis zu den höchsten.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Welt der Gotik