Die Lage der Juden in Babylonien und die Rückkehr nach Palästina. (537 v. C h r.) .
Das Exil dauerte nicht lange. Das große babylonische Reich konnte dem Ansturm eines frischen, starken Naturvolkes, wie es die Perser waren, nicht Widerstand leisten; auf den Trümmern des alten Reiches hat Kyros ein neues, noch größeres, noch mächtigeres errichtet.
Er war gleichzeitig auch der Befreier der Juden, der ihnen erlaubte, wieder nach Palästina zu ziehen. Von einer eigentlichen Befreiung aus dem Exil kann man jedoch nicht reden; denn die babylonischen Juden bedurften deren gar nicht.
Nebukadnezar, samt seinem Volke, war in dem Lande, in das er die Juden fortführte, selbst ein Fremder; die heimische Bevölkerung wurde niedergemetzelt, verjagt oder zu Sklaven gemacht. Das Land lag verödet, Grund und Boden gab es genug, und tüchtige Kaufleute konnte Nebukadnezar sehr gut brauchen. Außerdem verstanden die Juden es ausgezeichnet, sich in der neuen Heimat einzurichten, zumal sie auch ihr bares Vermögen aus der alten Heimat mitgebracht hatten; ebenso hatten sie besitzlose Arbeitskräfte, die nach der zweiten Zerstörung Jerusalems ins Land nachkamen.
,,Baut Häuser und wohnt darin, pflanzt Gärten und genießt ihre Früchte! Nehmt Weiber und zeugt Söhne und Töchter . . . Kümmert euch um die Wohlfahrt des Landes, in das ich euch weggeführt habe" soll Jeremia im Namen Gottes den Juden aus Jerusalem nach Babylon geschrieben haben. (Jeremia 29, 5—7.) Gleichviel — die Juden haben nach dieser Maxime gehandelt und förderten wirklich den Wohlstand des Landes, indem sie sich — und das sei hier schon vorweggenommen — an den meisten Handelskarawanen beteiligten. Dadurch verbreiteten sie sich nicht nur durch das ganze Land, sondern auch auf dem gesamten Gebiete, das unter persischer Herrschaft stand (hauptsächlich in Kleinasien). Schon damals begannen mithin die Wanderungen einzelner jüdischer Kaufleute, die wir später überall finden.
Jedoch wäre es sehr verkehrt, wenn wir uns die babylonische Judenheit als eine homogene Gruppe dächten. Abgesehen davon, dass es außer den Grundbesitzern und Händlern noch eine ziemlich starke Gruppe von Hofleuten gab, die ihre Unterkunft am persischen Hof fand, mangelte es auch an Armen und Besitzlosen nicht. Und die letzteren waren es, die aus der Erlaubnis des Kyros, wieder nach Palästina zurückzuziehen, Gebrauch gemacht haben; der König selbst begünstigte möglichst ihren Auszug. Denn es lag jetzt im Interesse des Kyros, in Palästina eine anhängliche und treue Bevölkerung zu gewinnen, die er gegen die alten Feinde aller am Euphrat und Tigris entstehenden Reiche: nämlich gegen die Ägypter, gebrauchen konnte. Herodot (III, 4) erzählt, dass „der Überläufer Phanes dem König Kambyses riet, als dieser die Expedition gegen Ägypten unternahm, sich mit dem König der Araber in gutes Einvernehmen zu setzen, um seinen Truppen einen sicheren Durchzug durch das Land bis Ägypten zu gestatten" (14) . Es mag wohl richtig sein, dass eine ähnliche Absicht auch bei Kyros vorlag: er wollte, den künftigen Krieg voraussehend, dadurch einen Vorposten gegen Ägypten schaffen.
Zwar sind in dieser Epoche auch schon die Griechen ein Volk, dessen Handel seit dem 8. Jahrhundert einen mächtigen Aufschwung genommen hatte, doch waren dadurch die alten Handelswege noch nicht verschoben und der Handel zwischen dem Niltal und Babylonien groß genug. Palästina hatte seine Bedeutung als Durchgangsland noch nicht eingebüßt, und dies bewog Kyros, die Grundlage zu seinem späteren Aufblühen zu legen.
Die Rückkehr der Juden nach Palästina fand also durch Kyros' Gnade statt, doch wollten nicht alle Exulanten dieser Gnade teilhaftig werden. Die Zahl der Zurückgekehrten betrug 42.360, darunter etwa 30.000 Männer nebst 7.337 Knechten und Mägden; etwa 20.000 Männer blieben in Babylonien zurück, und zwar die reichsten, die sich am Auszuge nur durch reiche Geschenke beteiligten. Die Rückkehrenden aber unter der Führung einiger Adeligen und Hofleute, die die Wiederherstellung des jüdischen Staates schon längst planten, gelangten nach ca. sechsmonatlicher Reise in die alte Heimat, wo sie das verödete Land wieder in Besitz nahmen.
Wie die Juden sich nunmehr in Palästina wieder eingerichtet haben, und zwar mit fortdauernder Hilfe der babylonischen Judenheit und unter ihrem starken Einfluss, wie die innere Entwicklung des Judentums in Palästina weiter sich gestaltete — dies alles geht uns hier nichts an; uns ist es nur darum zu tun, den Verlauf der Wanderungen darzustellen, und nun gehen wir, einige Jahrhunderte überspringend, zu den nächsten Wanderungen der Juden über.
Doch bevor wir es tun, möchten wir versuchen, die Bedeutung der ersten jüdischen Wanderbewegungen uns klar zu machen.
Er war gleichzeitig auch der Befreier der Juden, der ihnen erlaubte, wieder nach Palästina zu ziehen. Von einer eigentlichen Befreiung aus dem Exil kann man jedoch nicht reden; denn die babylonischen Juden bedurften deren gar nicht.
Nebukadnezar, samt seinem Volke, war in dem Lande, in das er die Juden fortführte, selbst ein Fremder; die heimische Bevölkerung wurde niedergemetzelt, verjagt oder zu Sklaven gemacht. Das Land lag verödet, Grund und Boden gab es genug, und tüchtige Kaufleute konnte Nebukadnezar sehr gut brauchen. Außerdem verstanden die Juden es ausgezeichnet, sich in der neuen Heimat einzurichten, zumal sie auch ihr bares Vermögen aus der alten Heimat mitgebracht hatten; ebenso hatten sie besitzlose Arbeitskräfte, die nach der zweiten Zerstörung Jerusalems ins Land nachkamen.
,,Baut Häuser und wohnt darin, pflanzt Gärten und genießt ihre Früchte! Nehmt Weiber und zeugt Söhne und Töchter . . . Kümmert euch um die Wohlfahrt des Landes, in das ich euch weggeführt habe" soll Jeremia im Namen Gottes den Juden aus Jerusalem nach Babylon geschrieben haben. (Jeremia 29, 5—7.) Gleichviel — die Juden haben nach dieser Maxime gehandelt und förderten wirklich den Wohlstand des Landes, indem sie sich — und das sei hier schon vorweggenommen — an den meisten Handelskarawanen beteiligten. Dadurch verbreiteten sie sich nicht nur durch das ganze Land, sondern auch auf dem gesamten Gebiete, das unter persischer Herrschaft stand (hauptsächlich in Kleinasien). Schon damals begannen mithin die Wanderungen einzelner jüdischer Kaufleute, die wir später überall finden.
Jedoch wäre es sehr verkehrt, wenn wir uns die babylonische Judenheit als eine homogene Gruppe dächten. Abgesehen davon, dass es außer den Grundbesitzern und Händlern noch eine ziemlich starke Gruppe von Hofleuten gab, die ihre Unterkunft am persischen Hof fand, mangelte es auch an Armen und Besitzlosen nicht. Und die letzteren waren es, die aus der Erlaubnis des Kyros, wieder nach Palästina zurückzuziehen, Gebrauch gemacht haben; der König selbst begünstigte möglichst ihren Auszug. Denn es lag jetzt im Interesse des Kyros, in Palästina eine anhängliche und treue Bevölkerung zu gewinnen, die er gegen die alten Feinde aller am Euphrat und Tigris entstehenden Reiche: nämlich gegen die Ägypter, gebrauchen konnte. Herodot (III, 4) erzählt, dass „der Überläufer Phanes dem König Kambyses riet, als dieser die Expedition gegen Ägypten unternahm, sich mit dem König der Araber in gutes Einvernehmen zu setzen, um seinen Truppen einen sicheren Durchzug durch das Land bis Ägypten zu gestatten" (14) . Es mag wohl richtig sein, dass eine ähnliche Absicht auch bei Kyros vorlag: er wollte, den künftigen Krieg voraussehend, dadurch einen Vorposten gegen Ägypten schaffen.
Zwar sind in dieser Epoche auch schon die Griechen ein Volk, dessen Handel seit dem 8. Jahrhundert einen mächtigen Aufschwung genommen hatte, doch waren dadurch die alten Handelswege noch nicht verschoben und der Handel zwischen dem Niltal und Babylonien groß genug. Palästina hatte seine Bedeutung als Durchgangsland noch nicht eingebüßt, und dies bewog Kyros, die Grundlage zu seinem späteren Aufblühen zu legen.
Die Rückkehr der Juden nach Palästina fand also durch Kyros' Gnade statt, doch wollten nicht alle Exulanten dieser Gnade teilhaftig werden. Die Zahl der Zurückgekehrten betrug 42.360, darunter etwa 30.000 Männer nebst 7.337 Knechten und Mägden; etwa 20.000 Männer blieben in Babylonien zurück, und zwar die reichsten, die sich am Auszuge nur durch reiche Geschenke beteiligten. Die Rückkehrenden aber unter der Führung einiger Adeligen und Hofleute, die die Wiederherstellung des jüdischen Staates schon längst planten, gelangten nach ca. sechsmonatlicher Reise in die alte Heimat, wo sie das verödete Land wieder in Besitz nahmen.
Wie die Juden sich nunmehr in Palästina wieder eingerichtet haben, und zwar mit fortdauernder Hilfe der babylonischen Judenheit und unter ihrem starken Einfluss, wie die innere Entwicklung des Judentums in Palästina weiter sich gestaltete — dies alles geht uns hier nichts an; uns ist es nur darum zu tun, den Verlauf der Wanderungen darzustellen, und nun gehen wir, einige Jahrhunderte überspringend, zu den nächsten Wanderungen der Juden über.
Doch bevor wir es tun, möchten wir versuchen, die Bedeutung der ersten jüdischen Wanderbewegungen uns klar zu machen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Wanderbewegungen der Juden