226. Matthes Pagels.

Nicht weit von dem Dorfe Lanken auf Rügen, in der Nähe der Granitz, wohnte vor Zeiten ein Bauer, Matthes Pagels geheißen, ein böser, betrügerischer Mensch. Der hatte einmal seinem Nachbar das Land abgepflügt, und als dieser ihn verklagte, schwur Pagels durch einen Eid, und brachte auch eine Urkunde bei, daß das Land ihm gehöre, so weit als er gepflügt habe, und noch wohl weiter, so daß sein Nachbar den Prozeß verlor. Pagels war aber ein Hexenmeister, und stand mit den schwarzen Zwergen im Bunde, die nur immer Böses sinnen, und von diesen hatte er auch die falsche Urkunde. Für solche Betrügerei hat den Matthes Pagels schwere Strafe getroffen. Schon während seiner Lebzeit hatte er keine Ruhe, und er mußte jede Nacht, in Wind und Wetter, aus dem Bette heraus, und auf dem abgepflügten Lande umgehen, und zuletzt dort auf eine Buche klettern, wo er zwei Stunden lang stille sitzen und frieren mußte. Das muß er nun auch noch, obgleich er schon über viele hundert Jahre todt ist. Man kann ihn alle Nacht da sehen in einem grauen Rocke und mit einer weißen Mütze auf dem Kopfe. Oft sitzt er auch wie eine schneeweiße Eule auf der Buche und schreit gar jämmerlich. Ein Pferd ist des Nachts nicht an der Stelle vorbei zu bringen.

Die Leute singen auch noch folgendes Lied von ihm und seiner Buche:


Pagels mit de witte Mütz,
Wo koold und hoch ist din Sitz
Up de hoge Bök,
Un up de kruse Eek,
Un achterm hollen Tuun.
Worüm kannst du nich ruhn?
Darüm kann ik nich rasten,
Dat Papier liggt im Kasten,
Un mine arme Seel
Brennt in de lichte Höll!

E.M. Arndt, Märchen u. Jugenderinnerungen, I. S. 249-251.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Volkssagen von Pommern und Rügen. 200 bis 283