192. Der Riesenstein bei Nadelitz.

Bei dem Dorfe Nadelitz auf Rügen, an dem Wege, wenn man nach Posewald fährt, liegt ein ungeheurer Stein, der Riesenstein geheißen. Der ist auf folgende Weise entstanden: Zu der Zeit, als zu Vilmnitz, eine halbe Meile von Putbus, eine christliche Kirche gebaut wurde, lebte auf Rügen ein großer Riese. Manche sagen, es sey derselbe, der die neun Berge bei Rambin aus seiner Schürze hat fallen lassen. Den, weil er ein Heide war, verdroß der Bau der Kirche; er sagte aber: Laß die Würmer nur den Ameisenhaufen bauen, ich werfe ihn doch nieder, wenn er fertig ist. Als die Kirche nun fertig wurde, und auch der Thurm aufgeführt war, so nahm er einen gewaltigen Stein, damit stellte er sich auf den Putbusser Tannenberg, und warf ihn mit großer Gewalt nach der neuen Kirche. Aber er hatte in seiner Bosheit zu erschrecklich hart geworfen, so daß der Stein wohl eine Viertelmeile weiter, über die Kirche weg flog, auf die Stelle hin, wo er noch jetzt liegt.

E.M. Arndt, Märchen und Jugederinnerungen, I. S. 156. 157.
Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte.


Auf gleiche Weise sind auch die dreizehn kleineren Berge entstanden, die man bei Gustow findet; denn als der Riese das erste Loch wieder zugestopft hatte, und nun bis Gustow gekommen war, riß ein neues Loch hinein, und es fielen nun die dreizehn kleinen Berge heraus. Der Riese bekam übrigens seinen Damm nicht fertig; denn er hatte zu wenig Erde übrig behalten, so daß zwar der Prosnitzer Haken und die Halbinsel Drigge entstanden, aber doch noch immer ein Zwischenraum von Wasser blieb, den er nicht ausfüllen konnte. Darüber ärgerte er sich so, daß er plötzlich vom Schlage gerührt wurde und starb.

E.M. Arndt, Märchen und Jugenderinnerungen, I. S. 155. 156.
Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Volkssagen von Pommern und Rügen. 100 bis 199