155. Die Burg Ralow.

Auf der Insel Rügen liegt ein Gut, Namens In-Wiek. Nicht weit davon hat vorzeiten die Burg Ralow gelegen. Die Spuren des alten Burgwalles und des Grabens um denselben findet man noch heut zu Tage. Der Graben ist über zwanzig Ellen breit und hat noch jetzt eine Tiefe, wie die höchste Tanne im Lande, so wie der Wall eine Breite von fünf und zwanzig Ellen hat. Diese Burg ist schon zu heidnischen Zeiten eine starke Festung gewesen, und es hat ein berüchtigter Seeräuber, Namens Rolwiek, sein Raubnest darinnen gehabt, von dem sie auch den Namen erhalten hat. Der hat dort viele Jahre sein Unwesen getrieben, bis es endlich dem Fürsten Jaromar I., der überall im Lande die Räuber verfolgte und ausrottete, glückte, auch ihn zu fangen und seine Burg zu zerstören.

Derselbe Räuber Rolwiek hatte zwei Schwestern, von denen die Eine Agathe und die Andere Jutta hieß. Die hatten ihren Bruder sehr lieb, und als er gefangen und seine Burg zertrümmert war, da flohen sie in die Nachbarschaft, und erhenkten sich Beide aus großem Herzeleid. Die Eine, nämlich Jutta, ging auf einen Berg, der in der Nähe lag, die Andere in ein kleines Gehölz. Davon heißt denn noch die Höhe, die nicht weit von In-Wiek, nach der Pribrowschen Wedde zu, rechts am Wege nach Landau liegt, der Jüttenberg, und das Holz, welches sich einen guten Flintenschuß weiter befindet, das Agathenholz. – Die Zerstörung der Burg soll im Jahre 1182 geschehen sein.


v. Schwarz, Pommersche Städtegeschichte, S. 695. 696.
Grümbke, Darstellung der Insel Rügen, I. S. 95.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Volkssagen von Pommern und Rügen. 100 bis 199