99. Der Brand zu Pyritz.

Jahre 1634 lebte zu Pyritz in Pommern ein melancholischer Student, welcher seiner Schwachheit wegen eingesperrt war; der kündigte eines Tages mit deutlichen Worten an, daß bald die ganze Stadt in Feuer aufgehen werde. Es achtete indeß Niemand darauf, weil er nicht recht bei seinen Sinnen war. Nicht lange darnach, als einstmals die Gemeinde zur Vesperbeichte in der Kirche versammelt war, geschah es wunderbarer Weise, daß unter den Frauenstühlen sich auf einmal ein Rauch erhob, dessen Ursache man nicht entdecken konnte, und der sich durch die ganze Kirche verbreitete. Man achtete auch hierauf nicht, obgleich darin wohl eine genugsam deutliche Anzeigung des Unglücks lag, welches über die Stadt kommen sollte. Dieses blieb nun aber auch nicht lange mehr aus. Denn am ersten Tage des April-Monats, eine Stunde nachher, als die Schwedischen Reuter, die in der Stadt gelegen, ausgerückt waren, entstand in der Stadt eine unerhörte Feuersbrunst, die mit Einem Male an allen Ecken zugleich anging und durch einen scharfen Wirbelwind durch die ganze Stadt gejagt wurde. Auch die beiden Thore der Stadt waren davon ergriffen, und die Noth war so groß, daß die Bürger, da sie nun aus den Thoren nicht mehr heraus konnten, in der Stadt aber verbrannt wären, Löcher in die Stadtmauer hauen mußten, um nur ihr Leben zu retten. Von ihren Sachen behielten sie nichts, und sie dankten nur Gott, daß sie durch solche Löcher in der Mauer ihre Kindbetterinnen, Kinder und Kranke vor dem schrecklichen Tode durch Feuer bewahrten. Auf solche Weise brannte das arme Pyritz ganz ab.

Micrälius, Altes Pommerl. II. S. 229.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Volkssagen von Pommern und Rügen. 1 bis 99