78. Die Raubmönche zu Stettin.

In der Stadt Stettin war vor Zeiten ein Kloster, dessen Mönche sich viel damit abgaben, daß sie Menschen raubten. Neben dem Kloster wohnte ein Bäcker, der für das Kloster backte. Der hatte eine schöne Tochter, für welche ein vornehmer, reicher Herr den Mönchen viel Geld geboten hatte, wenn sie sie ihm verschafften. Wie nun das Mädchen eines Tages wie gewöhnlich den Mönchen das Brod an das Klostergitter brachte, lockten sie dieselbe in das Innere des Klosters, und sperrten sie in ein unterirdisches Gewölbe, bis der vornehme Herr sie abholen würde. Kein Mensch konnte sich denken, wo das Mädchen geblieben wäre, die bei hellem Tage verschwunden war; ihre Eltern grämten sich fast todt um sie.

Um dieselbe Zeit saß in dem Gewölbe des Klosters ein Knabe gefangen, den die Mönche auch gestohlen hatten. Dem glückte es, durch die Klosterkirche zu entkommen, und da er auch das geraubte Mädchen gesehen hatte, so ging er zu dem Bäcker und zeigte ihm an, wo seine Tochter wäre. Anfangs wollte man dem Knaben nicht glauben; als er sich aber erbot, die Leute zu dem Mädchen hinzuführen, da beschloß das Gericht, dem auch Anzeige gemacht war, Nachsuchung zu halten, und sie fanden nun das arme Mädchen und befreieten sie.


Das Haus des Bäckers wird noch jetzt in der Königsstraße zu Stettin gezeigt.

Mündlich.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Volkssagen von Pommern und Rügen. 1 bis 99