32. Die singenden Todtenköpfe.

In der Stadt Stargard in Pommern, welche früher nur ein geringer Flecken war, hat sich einstmals ein gar sonderbares Wunder zugetragen. Die Stargarder, welche damals noch arge Heiden waren, hatten gegen die Christen gestritten, dieselben besieget und viele von ihnen erschlagen. Die Köpfe der Erschlagenen hatten sie mit sich genommen und in ihrem festen Schlosse zum Zeichen des erfochtenen Sieges aufgesteckt. Da trug es sich nun in der heiligen Christnacht des Jahrs 924 auf einmal zu, daß diese sämmtlichen aufgesteckten Christenköpfe mit heller und lauter Stimme angefangen haben zu singen: Gloria in altissimis Deo! Und haben auch nicht eher aufgehört, dann bis sie das ganze heilige Lied zu Ende gehabt. Darüber haben die Heiden sich sehr entsetzt und erschrocken. Das Merkwürdigste dabei aber war das, daß gerade 200 Jahre später, nämlich im Jahre 1124, der heilige Bischof Otto in Stargard das Evangelium predigte.

Das Schloß, wo Solches sich zugetragen, hat im Kaholze bei Stargard gelegen, und ist im Jahre 1295 zerstört worden.


Cramer, Gr. Pomm. Kirch. Chron. I. S. 29. 30.
Micrälius, Altes Pommerland, II. S. 409.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Volkssagen von Pommern und Rügen. 1 bis 99