König Widewuto’s Ende.

Als König Widewuto ob seines hohen Alters nicht mehr wie sonst seine Heere zum Siege zu führen vermochte, da richteten des Landes Feinde ein großes Bündniß auf, daß sie die Brutener mit Heeresmacht überzögen. Als Widewuto dies kund ward, und er gegen die großen Ausrüstungen der Feinde keinen andern Rath bei sich befand, denn daß er sich den Göttern selbst opfere, um so den Seinen mehr Herzens zu machen und sie anzufeuern, seinen Tod zu rächen, so eröffnete er seinem ältesten Sohne sein Vorhaben, ihm zu Gemüthe führend, wie die Benachbarten fast rings umher in Ausrüstung wären, die Brutener zu überziehen oder gar zu vertilgen, er aber mit hohem Alter beladen und unvermögend sei, solchen schweren Krieg durchzuführen, demnach er beschlossen habe, sein nunmehr unnützes Leben im Feuer zu opfern, auf daß er mit den Göttern sich unterreden und Hülfe zu diesem Kriege erbitten könne. Befahl also dem Sohne, wenn sein feierlicheses Begängniß gehalten und seine Asche verwahrt sei, den Kampf rühmlich zu beginnen und die Götter im Uebrigen walten zu lassen, deren Hülfe ihm dann nicht entstehen werde.

Darauf ließ Widewuto vor der großen Eiche zu Romove einen hohen Holzhaugen aufrichten, auf den das Volk brennende Fackeln warf, so daß die Flamme mit großem Geprassel in die Luft stieg. Demnächst brachten sie die Opfer an kleinem und großem Viehe, sonderlich Ochsen mit vergoldeten Hörnern, deren Eingeweide sie in die Gluth warfen. Der König selbst stand herrlich bekleidet, eine goldne Schaale mit Meth, den er einer großen schwarzen Kuh zwischen die Hörner goß, haltend; den rechten Fuß und den linken Arm hatte er unbekleidet, und sprach also ein feierliches Gebet: ,,Ihr Götter des Meeres und der Erden, ihr Götter der Nacht und Finsterniß, ihr, die ihr in diesen Wäldern und an diesem geheiligten Orte euren Tempel und eure Wohnung habt, die ihr den feurigen Blitz vom Himmel hinabwerfet und mit Donner der Menschen Herz erschrecket, die ihr Ungewitter und Regen aussendet, die ihr unter den Wolken und bei dem lichten Monde euren Haushalt habt und mit schnellen Flügeln durch die Luft fahrt, schauet an dies Opfer, schauet an mich, der ich zur Aufopferung bei diesem heiligen Altare geweiht werde, und nehmet mich, als den König, der sich für sein Volk im Flammentode dargiebt, gnädig an; aber unter unsre Feinde sendet Schrecken, Furcht, Flucht und Kraftlosigkeit im Kampfe; verleihet meinen Brutenern Sieg, so will ich ich freiwillig für mein Land opfern.“ Nach dieser Rede stürzte er sich sonder Zagen inmitten der Flammen. Darauf führten die Obristen des Volks und die Jünglinge einen Kriegsreigen mit kläglichem Jammer und Geschrei um den Scheiterhaufen und schlugen dreimal mit den Waffen an einander, daß es durch die Luft ertönte und durch die Wälder weit und breit erschallte. Also entbrannten ihre Herzen, daß sie kühn wurden, und sie schrieen Alle, jung und alt, zu den Waffen und verbanden sich zusammen, der Götter Hülfe durch ihres Königs Opfer gewärtig, gegen den Feind zu ziehn.


Eine andere Sage aber berichtet: daß sich außer Widewuto auch Bruteno, sein Bruder, freiwillig im Feuertode geopfert, und das Volk beide nachher als Götter, jenen unter dem Ramen Ißwambrato, diesen unter dem Wurßkaito perehrt habe.