Das fischreiche Schloß bei Ragnit.

Nicht weit von der Stadt Ragnit an der Memel hat vor Zeiten ein Schloß gestanden, welches sehr fest war und von den alten Preußen als der letzte Zufluchtsort gegen die benachbarten Russen gehalten wurde. Viele Jahre vor Ankunft des deutschen Ordens hatten einst die Russen mit großem Volke einen Ueberfall in Preußen gemacht; sie hatten die Preußen geschlagen und in dieses Schloß zurückgetrieben; dasselbe belagerten sie nun 9 Jahre lang, und hatten es so fest eingeschlossen, daß keine Maus, geschweige ein Mensch heraus oder hinein konnte. Gleichwohl konnten sie es auf keine Weise erobern. Da gingen sie endlich an die Mauern heran, und fragten die Preußen, wovon diese denn die ganzen 9 Jahre über gelebt hätten. Wurde ihnen zur Antwort, es wäre ein Teich im Schlosse, der wäre so fischreich, daß die Belagerten alle sich davon ernähren könnten. Darauf sahen die Russen ein, daß sie nichts ausrichten könnten, und sie hoben die Belagerung auf und zogen ab.

Der Teich ist noch unweit Ragnit, aber es sind keine Fische mehr darin, sondern nur Frösche und Kröten, und die Litthauer sagen: das seie so, seitdem blos Christen im Lande wären.