Afrikanische Menschenstämme und deren Wohnsitze - Teil III

Die vielfach mit Pathos angepriesenen Familien- und Stammesregister der Schekhs und Marabouts aber haben als Dokumente einen ebenso geringen Wert für uns, wie die Adelsdiplome solcher europäischen Familien, welche sogar zu altrömischen Ahnen hinaufreichen sollen, oder wie die gefälschten Zeugnisse der unsere Städte heimsuchenden Hochstapler und Sporting-Gentlemen.

An die Berabra und Bedja in Nordostafrika stoßen geographisch an die Funje, welche ihren Hauptsitz im Süden der vom Blauen und vom Weißen Nil umspülten Halbinsel Sennar oder Senar haben (vom Berberwort Senna oder Sena und Arti [Insel] , Senarti). Zu ihnen gehören zunächst die Berun oder Burun, die Ingassana oder Bewohner des Tabigebirgs und die Hammedj der Länder Roseres und Fasogl. Im weitern Sinne scheinen aber auch die dunkelhäutigen Bewohner des Abay, die Basena oder Bewohner von Basen (Westabyssinien), sowie die Edlen in dem sonst vom Nobavolke bewohnten Takla, Tagela oder Tegeli in Südkordufan echte Funje zu sein. Ich zähle die letzteren zu jenen Gliedern der Nigritier, welche die Übergänge zu den Bedja, Berabra und Berbern bilden. Ein anderer Kenner der Funje, Baron Pruyssenaere de la Wostyne, nennt die Hammedj „schöne Neger" und bemerkt, „sie bildeten die Übergangsform zum Neger, wie die Nuba in Kordofan." 20) Eine scharfe Abgrenzung der Berber, Berabra und Bedja gegen die Schwarzen existiert nirgends, es finden sich zahlreiche Übergangsglieder zwischen allen diesen Typen.


Fig. 008 Funje

Die Funje erlangten im 16. Jahrhundert durch gewaltsame Unterdrückung des Staates Aloa (S. 14) große Macht. Sie gründeten das Reich Sennar und erlangten die Hegemonie über eine Anzahl auch entfernter wohnender Stämme von Nubien, Taka und Kordufan. Vom Heidentume zum Islam bekehrt, gerieten die Funje als Grenznachbarn der Abyssinier mit letzteren, bekanntlich schon alten Christen, in häufige Fehden. Noch im vorigen Jahrhundert fand ein abyssinisches Heer in den Wäldern von Sennar durch die allezeit kriegsbereiten Funje seinen Untergang. Allmählich aber doch an Macht und an Einfluss verlierend, von Innern Zwistigkeiten zerrissen, wurden die Funje im dritten Jahrzehnt unsers Jahrhunderts nach allerdings sehr tapferer Gegenwehr eine Beute jener desperaten Kriegsvölker, mit deren Hilfe Mohammed-Ali-Pascha von Ägypten seine Herrschaft südlich der nubischen Grenze zu bereichern wusste. Die Ägypter entthronten den Funje-Sultan in Sennar, verliehen aber einem Nachkommen der alten Wesirfamilie Adlan noch ein Scheinkönigtum am Guleberge, woselbst dies noch heute unter Oberhoheit des Khediwe fortvegetiert. Infolge der Berührungen zwischen Funje, Berabra, Bedja, Noba und nigritischen, sowie abyssinischen Sklaven aus verschiedenen Gegenden Zentralafrikas sind in Unter-Sennar, ferner in Kordufan Mischvölker entstanden, welche im allgemeinen von nigritischem Habitus, der Hauptsache nach die körperlichen Eigentümlichkeiten der Berabra darbieten, deren Blut in diesen Mischlingen vorherrscht. Es gibt unter solchen Leuten ganze Familien, die dunkler gefärbt und mit flachem Gesichtszügen versehen sind, als andere, die sich durch hellere Färbung und durch ein schärfer gebildetes Profil auszeichnen. Diese Schwankungen sind eine Folge der bald stärkeren, bald schwächeren Einimpfung von nigritischem Blut. Die Schwankungen können sich in einer Familie, je nachdem Heiraten mit Vertretern dieser oder jener Nationalität unternommen werden, in absteigender Linie wiederholen, auch können Rückschläge bald nach Berabra, bald nach Funje, nach Bedja oder dergleichen hin stattfinden. Daher bildet dieses Mischlingsvolk, dessen geographische Ausdehnung übrigens von Jahr zu Jahr wächst, wegen der Unbeständigkeit seines Nationaltypus ein wahres Kreuz für den Anthropologen. Die an dieser Mischung teilnehmenden Stämme zeigen eine so große nationale Verwandtschaft miteinander, dass ihre Mischehen sehr fruchtbar sind. In den Strudel dieser Kreuzung sind nun seit Jahrzehnten, seit das türkisch-ägyptische Säbelregiment in gleichmachendem zentralisierendem Vorgehen die ehemals vorhanden gewesenen nationalen Schranken zwischen den nubischen Stämmen beseitigt hat, namentlich die den Bedja angehörenden Djaalin hineingerissen worden. Es war dies ein zahlreiches und tapferes Volk am oberen Nillauf, dessen Melik oder Fürst, im vorigen Jahrhundert noch ein Vasall der Funje, dann unabhängig geworden war und zu Schendi residierte. Die Djaalin verbanden von jeher Energie und Schlauheit mit Hochmuth und religiösem Dünkel. Sie waren glaubenseifrig, und in keinem andern Volke Ostsudans haben sich mehr Fukaha oder Schriftgelehrte des Islam entwickelt, aus keinem Stamme dieser Gegenden sind mehr der niederen Geistlichen, der Frömmlergemeinden (Fukra) und mehr Missionare des Islam hervorgegangen, als aus der Mitte der Djaalin. Schon mit ihrem Volksnamen (Djaali!) und ihrer Neigung zur islamitischen Schwärmerei verknüpfte sich bei ihnen von jeher der hochmütige Drang, sich für ein besonders gebenedeites Volk und für recht echte arabische Abkömmlinge auszugeben. Ohne Kritik und ohne Selbstumschau haben verschiedene Bereiser Südnubiens diese Angabe der Djaalin für bare Münze genommen und weiter verbreitet.

Im Jahre 1821 gelangte der zur Eroberung von Sennar ausgesandte ägyptische Prinz Ismail-Pascha nach seinem Siege über die Schaikie oder Schekie bei Korti nach Schendi, Hier hielt damals Melik El-Nimr, ein stolzer, unabhängig gesinnter Mann, sein schlichtes Hoflager ab. Unfähig, sich dem mit Artillerie versehenen und mit Musketen bewaffneten, durch vorzügliche Reiterei verstärkten Ägypterheere in offenem Kampfe zu widersetzen, unterwarf sich El-Nimr zähneknirschend dem Pascha. Letzterer fügte seinem neuen Vasallen im osmanischen Übermut, trunken von Merisi oder Sudanbier, eine schwere Beleidigung zu. El-Nimr rächte sich dadurch, dass er den Pascha samt seinem Stabe bei nächtlicher Weile überfiel und in den jenen Türken zum Aufenthalte dienenden Strohhütten verbrannte. Infolge dieses Attentates flüchtete El-Nimr nach May-Gogwa an der abyssinischen Grenze. Seine getreuen Djaalin zogen zu ihm und scharten sich um ihn her. Durch Unzufriedene aus allen Teilen Ostsudans und durch abenteuernde Abyssinier verstärkt, führten El-Nimr und der Djaalin-Schekh Abu-Roasch einen langjährigen blutigen Guerrillakrieg gegen die Ägypter. Nach des Melik Tode setzte der namentlich durch König Tedrus, den Helden von Magdala, aufgehetzte Sohn Hasan Woad (Wolled) Nimr den Krieg fort. Dieser hat erst vor kurzem auf gütlichem Wege sein Ende erreicht.

Nach dem Verrat von Schendi eröffnete Ismail-Paschas Schwager, der grausame Mohammed Bey-el-Defterdar, einen Rachekrieg gegen die aufsässigen nubischen Provinzen, ließ etliche tausend Berabra und andere Eingeborene über die Klinge springen und gab das ganze nubische Niltal dem Verfall, der Verarmung preis. Die Djaalin haben sich seit jener Zeit in alle Winde verzogen. Sie, welche von unsern Reisenden noch mit aller Zähigkeit für echte Hedjas-Araber erklärt werden, zeigen jetzt den nigritischen Habitus in deutlichster Weise. Das den oberen Nillauf zwischen Khartum und Berber, sowie Untersennar bewohnende, ebenfalls sehr nigritisch-gebildete Mischvolk zeigt eine starke nationale Unterlage von Djaalin. 21)

Aus dem Vorhergehenden haben wir ersehen, wie die Berbern und die ihnen verwandten Berabra, Ägypter, Abyssinier, Somal, Orma und Bedja den Norden wie den Osten des Kontinents innehalten. Zu diesen Völkerschaften gesellen sich einige in vielfacher Hinsicht noch rätselhafte Stämme, die zwar schon von vielen Reisenden besucht, aber trotzdem von keinem einzigen derselben in befriedigender Weise beschrieben worden sind. Ich meine hiermit die Tibu oder Teda, die Kanori oder Kanuri und die Fulan oder Felata. Erstere hausen in der östlichen Sahara, in Tibesti, Wadjanga, Borgu, in welchen Gebieten sie frei sind, ferner in Kauar, wo sie von den Kellui (Tuarik), in Fesan, wo sie von den Türken tyrannisiert werden, endlich leben sie zerstreut durch viele Gebiete Zentralsudans. So weit die vorhandenen Beschreibungen und figürlichen Abbildungen uns zu selbst nur vorläufigen Schlussfolgerungen berechtigen, dürften sich diese meist schlank und edel gebildeten Leute den Berbern und den Bedja eher anreihen lassen als den Negern. Die Teda bilden einen Teil der Troglodyten und Garamanten der Alten, zu denen übrigens auch noch die südlich von Algerien wohnenden Mischlinge zwischen „Kabylen" und Nigritiern gerechnet werden müssen, jene Oasenbewohner, welche ein so reichliches Kontingent zu den Tirailleurs indigenes oder Turcos der französischen Heere geliefert haben. Auch sollen die Blemmyer, deren Angriffe auf die Nilbewohner und deren Besiegung durch den christlichen Nubierkönig Silco eine Inschrift im Tempel zu Talmis oder Kalabsche besingt, teils den Teda, teils den Bedja angehört haben.

Die Fulan oder Fulbe, Einheit Pullo, die Felata, der Ostsudanesen, die Peuhls oder Pouls im Gumbo-Französisch der Senegalkolonie, scheinen aus Futatoro im westlichen Afrika zu stammen. Zu Ende des vorigen Jahrhunderts eroberten sie das den Mandinka gehörende Futadjalon, gründeten 1802 unter ihrem islamitisch begeisterten Fürsten Danfodio das Reich Sokoto und dehnten sich von da ab weiter, immer weiter nach dem Innern des Festlandes aus. Manche ihrer Gemeinden haben sich bis in die Hausaländer und nach Bornu eingeschmuggelt. Hagere Leute von schlankem Gliederbau, von wenig krausem Haar, etwas Bartwuchs und von rötlich-brauner, öfters aber auch noch dunklerer Färbung, eine Sprache redend, welche nicht geringe Anklänge an die berberinische (S. 7) hat, scheinen die Fulan mit den Berabra, den Bedja, vielleicht auch mit den Munbuttu zu einer großem Familie, einer nubisch-berberischen, zu gehören.

Die Kanori in Bornu endlich sind Nigritier, zu denen auch die Bewohner von Bagirmi, Waday, sowie die zahlreichen teils in den letzteren Sudan-Staaten, teils in deren Süden wohnenden Bidduma, Bulala, Musgu und noch andere, von unsern bisherigen Reisenden leider nur sehr mangelhaft charakterisierte, dunkelhäutige Stämme gerechnet werden müssen.

Die Nigritier (S. 3) zerfallen in zahlreiche Völkergruppen. Von letzteren sind freilich bis jetzt erst sehr wenige nach wissenschaftlich-anthropologischer Methode untersucht worden. Van der Hoeven, Fritsch, Bilharz, Falkenstein, Köhler und der Verfasser dieses Büchleins sind fast die einzigen, welche dem Nigritier in seinen Heimatländern buchstäblich auf den Zahn gefühlt, ihn als ganzen Menschen, als ein Objekt der Naturbeschreibung, ins Auge gefasst haben. In vergleichend ethnographischer Darstellung hat Schweinfurth die Nigritier meisterlich beleuchtet. Bastian, Güssfeldt und Pechuel-Lösche erwiesen sich als vortreffliche Erforscher der nigritischen Sitten und Gebräuche. In ähnlicher Weise haben Burckhardt, Rueppell, Russegger, Klunzinger, Pallme, Brehm, Pruyssenaere, Heuglin, Kaufmann, Krapf, New, Guilain, Hildebrandt, Speke, Stanley, Caraeron, Livingstone, Baines, Alberti, Andersson, Thomas, Bowditch, Lenz, Fleuriot de Langle, Barth, Vogel, Nachtigal, Denham und Clapperton, Park, Lander und Beurmann gewirkt. Freilich müssen wir lebhaft bedauern, dass es den ebengenannten hervorragenden Reisenden nicht vergönnt gewesen war, das Rüstzeug des durchgebildeten Anthropologen, der zugleich Arzt, am besten Anatom sein muss, in Anwendung bringen zu können.

Übrigens wollen wir nicht verfehlen, auch auf etliche in Europa mit Fleiß und Geschick vorgenommene Untersuchungen an von Nigritiern herstammendem anthropologischem Material aufmerksam zu machen und hierbei Männer wie Owen, Ecker, Zuckerkandl, Weissbach, Aeby, Davis, ferner den Verfassern der „Crania ethnica" 22) unsere gebührende Anerkennung zu zollen.

Angesichts der angedeuteten Verhältnisse fällt es uns sehr schwer, aus der Unmasse von ethnologischen Angaben, welche uns von verschiedener Seite über die Nigritier vorliegen, ein einigermaßen genügendes Bild hinsichtlich der Abstammung und Verteilung der schwarzen Völker Inner- und Westafrikas zusammen zu konstruieren. Nachfolgendes darf daher nur als ein vorläufiger schwacher Versuch dazu aufgefasst werden.

Ich habe oben bereits mehrfach angedeutet, dass die bisher abgehandelten Stämme der Berbern u. s. w. den eigentlichen Nigritiern keineswegs schroff gegenüberstehen, und sehe mich genötigt, den manchem Anthropologen neuerdings wieder vorschwebenden „typischen blau-schwarzen Neger" für ein Fabelwesen zu erklären.

Zu den Nigritiern reichen von Norden und Osten her die Funje, die Teda, Orma, die Mandinka oder Mandingo, die Wolof als verbindende Glieder herüber. Die Nigritier aber bieten unter sich so zahlreiche Stammesabweichungen dar, dass wir von der uns geläufigen Vorstellung des Nigger mit Wollhaar, stumpfer Nase, wulstigen Lippen und pechrabenschwarzer Haut durchaus absehen müssen. Dergleichen Gebilde gehören als Schaupuppen in die Tabaksläden und nicht in die „Wissenschaft vom Menschen"!

Fig. 009 Niam-Niam.
Fig. 010 Kasongos Musikbande
Fig. 011. Der Monbuttu-König Munsa


An die Funje schließen sich die den Süden der Halbinsel Sennar bewohnenden Stämme und die Völker des Weißen Nil. Unter letzteren behaupten die Schilluk die nächsten Verwandten der Funje zu sein. Geschichtlich ist nun wenigstens erwiesen, dass die heidnischen Zerstörer des Aloa-Reichs (S. 35) eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Schilluk als Hilfstruppen benutzt haben. Alle Stämme des Weißen Nil gehören bis auf die Bari einem völlig gemeinsamen physischen und Sprachstamme an und wenn wir die große Gruppe der Djenge oder Denka, Dinka, von den Gruppen der Schir, Nuer und Bari zu trennen pflegen, so dürfen wir doch hierüber des sie verbindenden allgemeinen Bandes nicht vergessen. Auch die im Süden Bornus hausenden Musgu (S. 39), ferner die Djur, Bongo, Mittu, Golo und Momwu gehören ebenfalls diesem Haupttypus an. Um die großen Seen Ukerua Nyanza und Mwutan her scheinen Ormavölkör das herrschende Bevölkerungselement inmitten ureingesessener nigritischer Völkerstämme zu sein. Mit den Sande oder Niam-Niam im Zentrum beginnt eine sehr ausgedehnte Völkergruppe, welche sich bis zu den gegen die Gabonterritorien sich vorwälzenden Fan oder Faon erstreckt, die letzteren allem Anschein nach in sich begreifend. Auch die von Livingstone, Cameron und von Stanley beschriebenen Wanyema, Waguha, Warua, sogar die Wanyamesi im Osten und im südlichen Innern, die Balonda und Bandombe scheinen sich jener Gruppe anzuschließen.

Wie eine isolierte Völkeroase nehmen sich aber nach den bisherigen durch Schweinfurth gewonnenen Erfahrungen die kannibalischen, im Bereiche des Uelleflusses wohnenden Monbuttu aus. Unser Reisender bemerkt, dass mindestens 5 Prozent dieser einen nicht unbedeutenden Grad von Zivilisation darbietenden Nation grau-blondhaarig seien, dass alle eine hellere Hautfarbe und stärkeren Bart wie die Niam-Niam hätten, sowie dass sie vielfach eine krankhafte Unruhe in den Augen wahrnehmen Hessen. Die Nase der Monbuttu soll häufig durch ihre größere Länge und Krümmung auffallend von der gewöhnlichen Form der Negerrassen abweichen und an semitische Profile erinnern. Verfasser dieses Werks kann nun versichern, dass die von Schweinfurth präparierten und in natura vorliegenden Monbuttuschädel einen durchaus dolichocephalnigritischen Charakter an sich tragen. Halten wir uns aber für jetzt an Schweinfurths Darstellung, so finden wir diesen Forscher geneigt, die Monbuttu mit den Fulbe in verwandtschaftliche Beziehung zu setzen. Die falbe Haarfarbe würde uns bei Afrikanern nicht allzu absonderlich erscheinen, zumal sie doch allem Vermuten nach nur einem gewissen Prozentsatze jener Kannibalenbevölkerung eigentümlich ist. Gebogene Nasen zeigen sich hier und da selbst bei ausgesprochenen Nigritierstämmen. Auch steht entwickelterer Bartwuchs keineswegs ohne Beispiel in der Negerbevölkerung da, wie dies unter vielen andern durch die beigegebene, sehr charakteristische Abbildung Stanleys, der bekanntlich mit dem photographischen Apparat arbeitete, bezeugt wird. Die Manyema sollen sehr haarreich sein und dürften überhaupt den Monbuttu ebenso wenig fern stehen, wie die bereits erwähnten Waguha, deren vielartig toupierte Haartracht, gebogene Nasen und geflochtene Kinnbärte Livingstone in so charakteristischer Weise abbildet.

Fig. 012 Kitete, der Häuptling von Mpungu in Manyema.

Diese genannten, im Osten des Tanganika-Sees wohnhaften Stämme bilden den Übergang zu den Balonda und teils durch diese, teils direkt zu den A-Bantu. Aber auch die Bedjastämme müssen in Vergleich mit den Monbuttu gezogen werden. Wir dünken uns nämlich ebenso mit im Recht, diese Leute den Beduinen von Kordufan, Sennar und Taka beizugesellen, wie andere sich im Recht glauben, letztere als Abkömmlinge der Araber verzeichnen zu dürfen. Wenn man nun mir gegenüber bei dieser Gelegenheit behaupten will, dass unter den Bedja sich auch an die arabischjüdischen (syro-arabischen) erinnernde Physiognomien vorfänden, so antworte ich darauf zweierlei: entweder ist das ein sich überall wiederholender Zufall oder, es können die dem afrikanischen Völkerkomplex angehörenden Bedja durch Heiraten mit syrisch-arabischen Einwanderern Nachkommen hervorgebracht haben, bei denen gelegentlich der letztere Typus in atavistischer Weise wieder zum Durchschlag gelangt.

Zu den Nigritiern des afrikanischen Nordostens gehören aber außer der großen auch die Kunama oder Basena (Bewohner von Basen im Westen der abyssinischen Provinzen Hamasen und Sarae), die Hammedj und Berun in Sennar umfassenden Familie der Funje auch die Stämme des Weissen Nil. Unter diesen lassen sich zwischen dem 12 und 2° nördl. Br. folgende (zum Teil schon erwähnte) Hauptfamilien unterscheiden: die Schilluk, die Denka oder Dinka und die Bari.

Alle dieser Familie angehörenden Tribus zeigen untereinander eine gewisse Ähnlichkeit in ihrem physischen Habitus. Es sind hochgestaltete, dunkelgefärbte Leute mit wollig-gekräuseltem Haar und einer meist entwickelten Nasenbildung. Die Nase tritt bei ihnen noch aus dem Antlitz heraus, und zwar teils gerade, teils gebogen. Sie zeigt seltener die starke Einsattlung und Plattheit wie bei den Niam-Niam und bei vielen westlichen Stämmen. Am Schädel der Schilluk wird z. B. noch eine kräftige Entwicklung der firstenartig vorspringenden Nasenbeinchen beobachtet, wogegen diese knöchernen Teile bei den Monbuttu auffallend unbedeutend erscheinen. Die Sprachen der Schilluk, Denka und Bari haben viel Ähnlichkeit miteinander.

                                                Anmerkungen

20) zu S. 34. Baron Pruyssenaere de la Wostyne im Ergänzungsheft zu Petermanns Mitteilungen, Nr. 51, Teil II, S. 7.

21) zu S. 38. Obwohl die im Sennar nomadisierenden Djaalin noch ihrem ursprünglichen physischen Bedjacharakter treu geblieben sind, so haben doch die am untern Blauen Nil und am oberen Nil wohnenden Angehörigen dieser Nation durch häufige Vermischungen mit Berabra, mit Schilluk, Funje und andern Nigritiern den erstem eingebüßt. Vgl. Hartmann in: Zeitschrift für Ethnologie, 1879, Heft II.

22) zu S. 40. Crania ethnica; les cranes des races humaines par Quatrefages et Hamy. Mit zahlreichen Holzschnitten und Steindrucken (Paris).

Fig. 008 Funje

Fig. 008 Funje

Fig. 009 Niam-Niam

Fig. 009 Niam-Niam

Fig. 010 Kasongos Musikbande

Fig. 010 Kasongos Musikbande

Fig. 011 Der Monbuttu-König Munsa

Fig. 011 Der Monbuttu-König Munsa

Fig. 012 Kitete, der Häuptling von Mpungu in Manyema

Fig. 012 Kitete, der Häuptling von Mpungu in Manyema

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